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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 22.12.1911
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-12-22
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19111222016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911122201
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911122201
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-12
- Tag 1911-12-22
-
Monat
1911-12
-
Jahr
1911
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Dezember, abends 8 Nhr, ^ohannisgasse 8 nn Ne- triebsgebäude, Hof parterre, abgegeben werden. flk Inlerat» au» U«to,ia unv Umgebung In« IlpalNg» Vetltiette LPs d:e Akklame» »etl» I Mk. »an au»wS:l» R> M. Neklamrn llv Ml. Initial» oo» «ebsrSen im aml- ttche» Teil dl, Pctllj«il« SN Ps S«1ltzLsi»ani<igrn mll Pta»vor1chUtt«n »n> PreN» »kdüdl -tadatt nach larlt «eNugegedah« Lelaml» auNag» L Ml o Taulrnd «:U. Postgebühr. TelldeNug, düster. kfekerletlt« Äuslraae könne» nlcbt zurück» gezogen werden. Nür da» Erlcheinen an »elllmmlen lagen and Planen wird kein« lbaranli« übernommen. Lni«ig«n. Ännastm»^ 2»danni»g»H« 8, d«t tämllichin llilialen ». allen Annoncen» ElvedMonen de» In» and «»»lande». Druck „» Verla, »o, gliche» » «türfte» Inhad»r. Paal »kürle«». Rrdaktio» and S»»Ichill,lt«ll«: Iostannirgast» k. Haupt« Filiale Pr„»„: Leestras» l lleiephon 482lk lür Leiviig and Pvrorle durch unser, tlräaei and Eoedileur« 2m »I idalich in» hau» aedrawl !k> VI monoli. T.7Ü Mt. viert,liadri «ei unieru Filialen u An« nahmestellen adaedoll k» Pl. «aaatll, L»M« oieriellahrl. Dur» »«» Pak: innerdald Veuiichiand, and der deullchen Kolonien vieri,liadrl »ldi Pik» monaU. I.Al MI au.lchi Polldellellgeld Ferner in Belgien, van,mark den vonoaftoairn, Italien. Uu^embala. 3l>«deiland« «ar» wegen it>«N«i>e>ch Ungarn Bustland, Schweden richwei» » Eounlen In allen Übrige» Slaoiea nu> »>r,k» darch di« Lelchail»st,ll, de» «lalle» ervallttch. Da» Leipziger Tagedian erlchein« rmai loglich Sonn, n Feierlog» na> morgen». Adonn,meal».lklnnad>n« Iodanaiogast» li, dei anieie» 4 lagern Filialen, «rpediieare» »ud lllanahm,stellen, lowi, Postamlern und «ttetlragern. 0l»»»>»,rlu,t»»,,t» io P4 Unsere gestrige Abendausgabe umfaßt 8 Seiten, die vorliegende Morgennummer 18 Seiten, zusammen 26 Leiten. Dss Diihliglle. Prinz Johann Georg von Sachsen wohnte gestern nachmittag in der Leipziger Universität einer Sitzung der König!. Kommission für Sächsische Geschichte bei. (S. Lpzg. Ang. Seite 6.) * Als Nachfolger des Eourerneurs von Deutsch- Lstafrika Freiherrn v. Rechenberg wird an Ber liner gut unterrichteter Stelle Herzog Adolf Friedrich von Mecklenburg genannt. (S. Dtschs. N. Seite 9.) * Die Veröffentlichungen über den Reichs haushaltsetat 1912 werden abgeschlossen. (S. d. des. Art. Seite 2.) * Vor Tripolis schlugen die Türken einen ita lienischen Angriff auf Birtobras zurück. (S. d. bcs. Art. Seite 2.) * Aegyptische Truppen haben Sol um besetzt. (§. d. bes. Art. Seite 2.) * Die Telefunlenverbindung Spitz bergen—Jngö (Hammerfest) ist dem öffentlichen Verkehr übergeben. (S. Feuill. Seite 2.) * Aus London wird ein Fall von Krebs- heilungdurch Radium berichtet. (S. K. u. W. Seite 2.) * Schwere Stürme richteten im Reiche und Auslande großen Schaden an. (S. d. bes. Art. Seite 8.) * Pariser Blätter wissen von einem deutsch französischen Erenzzwischenfall zu be richten. (S. d. bes. Art. Seite 8.) „Gsn; wie del uns." Das französische Abgeordneten haus hat gesprochen. Tie parlamentarischen Talente Frankreichs haben sich in den sechstägi- gen Marottoverhandlungen kraft der freien, von Ueberlieferung nicht sichtlich beeinflußten For men ausleben können, die der französischen Volks vertretung eignen und die durch die Parteienfülle gefördert werden. Tiefe Formen, oder, wenn man will, diese Formlosigkeit gemahnt mehr an die deutschen als an die englischen Verhältnisse. Auch bei uns die Ungeniertheit, ja Zügellosig keit des Wortes, auch bei uns der Reichtum an politischen Parteibildungen, nur daß die Par teien in Deutschland, so klein sie sein mögen, eine eigenartige Starrheit anzunehmen pflegen, während in Paris die Partcigrenzen fließen; die P^teien sind dort biegsamer und kombina- lionssühiger, Sezessionen und Verschmelzungen kommen dort häufiger vor; der parlamentarische Charakter der Regierung trägt dazu bei. Jeden falls sind die französischen Parlamentarier uns keine fremde Welt. Hat man das Abc der Par teigruppierungen und des Ehrgeizes der Einzel persönlichkeiten erfaßt, so versteht man das Trei ben im Palais Bourbon recht gut; es trägt zum großen Teil allbekannte deutsche Züge. Tie „Redner aus dem Hause", wie man bei uns zu sagen pflegt, sind uns noch verständ licher als die Minister. Ter klerikale Rohalist Graf de Mun, der die Erörterung einleitete, ist ein Ebenbild unseres Heydebrand. Jeder sol cher Vergleich hat natürlich seine Grenzen; aber die Parallele ist vorhanden: der nationale Stolz, die Ehre des Landes erscheint als treibender Fak tor; in ihrem Namen werden die höchsten An forderungen gestellt; die Regierung genügt diesen Anforderungen nicht und, wenn der Redner ab tritt, hat er dem französischen Machtgedanken einen guten Dienst erwiesen — nicht minder der Partei. Aüch die Aufnahme der Rede des royalistischen Grafen scheint so gewesen zu sein wie bei Herrn von Heydebrand: starke unmittelbare Wirkung auf die Hörer; jeder sagt: „der Mann hat Recht, der hat's der Regierung ordentlich gegeben"; aber nachher spielt das, worin er „Recht" hatte, keine Rolle, wie auch der Hauptvorschlag Lcydebrands, Deutschland hätte in der marokkanischen Frage die Politik des Abwartens treiben sollen, fast von niemand außer dem Reichskanzler beachtet worden ist. Teschanel, vielleicht auch noch Mille rn nd, könnte mau mit Basser mann in Pa rallele stellen. Den Vergleich mit Deschanel könnte man auf das persönliche Gebiet ausspin nen. Beide sind Menschen von Bildung oder „Kultur", wie man heute sagt, beiden ist eine ge ¬ wisse Milde eigen, wenigstens sind sie nicht aus dem Holze geschnitzt, aus dem die skrupellosen politischen Gewaltmenschen gemachl werden. Tie politische Uebcreinstimmung würde noch weiter gehen, wenn man sich den Abg. Bassermann in der Bülowzeit vergegenwärngte und eine seiner damaligen Reden zur auswärtigen Politik heran zöge. Die Millerandschc Rede hat kein sachliches Gegenstück im deutschen Reichstage. Ten Umständen nach hätte etwa ein Fortschrittler oder Zentrumsmann bei uns die Stellung Mille rands einnehmcn können; aber ein derartiges Maß von Kenntnis, Gestaltungskraft und na tionaler Leidenschaft war, scheint es, nicht vor handen, vielleicht auch nicht die Neigung, diese Eigenschaften zugunsten der Regierung voll ein zusetzen. Ganz deutsch-kritisch muten manche Einzel vorwürfe an, wie: Frankreich habe das Privi legium der Lasten und die französischen Steuerzahler würden diese Lasten zahlen müssen, ein wirkliches Protektorat über Marokko werde Frankreich nicht erhalten, die Staatsbank werde die Verwaltung lähmen, durch die Einrichtung der Schutzbefohlenen werde Deutschland wieder seinen Weg in die marokkanische Politik Frank reichs finden. Urdeutsch klingt es auch, wenn der geeinigte Sozialist Vaillant die Stetig keit der deutschen Politik der widerspruchsvollen französischen als Muster vorhält, und Jaurös die deutsche Mäßigung lobt. Im übrigen besteht ein starker Unterschied zwischen dem Auftreten Jaurös und dem Bebels. Dem Gedanken nach ist die Verwandtschaft unverkennbar; auch Bebel wollte gegen die Kräfte, die den Krieg herbeizuführen drohten, austrcten, aber es fehlte ihm der freie Ueberblick und der Schwung der Sprache; ob Jaurss als deutscher Sozialdemo krat wirklich Englands Eingreifen verteidigt hätte, kann auch bezweifelt werden. Jaurös ver stand, seine Ansichten über die Durchführung des Rechtes im Völkcrlebcn besser zu gruppie ren, uni) weder Gcdankenschärfe noch Großartig keit der Anschauung ist ihm abzustreiten, wenn er folgende Zusammenstellung macht: „In tie fen: Frieden hat sich Italien auf Tripolis ge worfen; das war die Folge des Gcheimver- trags von 1900. Frankreich hat gesagt: Ich nehme Marokko, das mir nicht gehört, nehmt ihr Tripolis der Türkei, mit der ich gute Be ziehungen zu unterhalten vorgebe. Das ist die internationale Moral! Es hat eine Zeit gegeben, in der es Ehrensache der Republikaner war, Anschläge, die in der Welt gegen Na tionen begangen wurden, zu brandmarken. Lei den Sie nicht wie ich, wenn Sie sehen, wie Ita lien Tripolis den Jungtürken entreißt, wenn Sie sehen, wie Persien ein Opfer von Vor gängen wird, gleich denjenigen, unter denen Po len litt? Völker rufen um Hilfe. Sie (zur Mehrheit gewendet) sagen: das sind Geschäfts angelegenheiten." Tas ist das echte Pathos des Mannes, dessen Gedanken der Menschheit und dem Traume der Ausrichtung der Gerechtigkeit im Verkehr der Völker gehören. Wir tennen diese Träume auch in Deutschland, in sozialdemokrati schen und in bürgerlichen Kreisen. Nicht deutsch, sondern französisch war die „Aufnahme" die ser Rede. Sie erregte stürmischen Wider spruch, namentlich auch an den Stellen, in denen der französischen Marokkopolitik ein Ver stoß gegen die Loyalität dec Verträge vorgewvr- sen und den lärmenden Mehrheitsparteien nach gesagt wurde, daß patriotische Entrüslungskund- gebungen schon früher das Vaterland ins Ver derben gestürzt hätten. Vielleicht wird die jetzt mißachtete Rede Jaurös' doch noch nachträglich wirken. Aber das müssen die Franzosen unter sich ausmachen. Daß das Ministerium eine dauernde Stär kung durch diese Rede, nämlich durch ihre Gegen wirkung, erfahren sollte, läßt sich nicht gut den ken. Ein Sitzungserfola ist noch kein politischer. Eher mag die Rede des Kolonialministers Lebrun, die Millerands und die des Ministerpräsidenten selbst dauernde Wirkung haben. Wenn Mille rand bereit wäre, in das Kabinett Caillaux ohne weitere Veränderungen einzutreten, könnte es ja ruhig noch einige Zeit wciterbcstehen. Eine Parallele zwisck;en dem allgemein erwarteten Ab danken de Selvcs und dem Rücktritt des deutschen Staatssekretärs von Lindequist läßt sich schwer lich ziehen. Caillaux und von Bethmann Holl- wetz zeigen in ihrem Verhalten zwar einige Ver gleichspunkte, aber auch erhebliche Abweichpunkte. Ter französische Ministerpräsident stellte alles Vorteilhafte zu; a m in c n nm von dem Erreichten ein möglichst günstiges Bild zu entwerfen; der deutsche Reichs kanzler hob geflissentlich auch das Nachteilige hervor. Die Zahl der schließlich für das Abkommen ab gegebenen Teputiertensiimmen stellte äußerlich eineu Erfolg Caillaux' dar, für die künftige Stel lung des Kabinetts ist sie nicht entscheidend. Eine Verständigung für Deutschland ist noch immer für ein französisches Ministerium eine schwere Be lastung. Man hat darüber in der Deputierten kammer nicht viel gesprochen; schivcigen auch wir davon. — Relchsoerlicherungsorünung unü SozjrUüemokratie. Bei den Wahlkämpfen spielt die Reichsvemche rungsordnung eine große Rolle. Die bürgerlichen Parteien rühmen sich ihrer Mitarbeit an diesem großen Gesetzeswerk und heben dessen Vorzüge, namentlich die großen Fortschritte in der sozialen Fürsorge hervor. Die Sozialdemokratie hat dieses Gesetz wie die anderen sozialen Gesetze im Reichstage abgclehnt. Bei den Verhandlungen im Reichstage hat sie schon Wahlagitation und ihre bekannte Uebertrumpfungspolitik getrieben. Bei dieser Sachlage ist es geboten, die Bedeutung der Reichsversicherungsordnung für das deutsche Volk und die Politik der Sozialdemokratie in Hinsicht auf dieses Gesetz einmal objektiv und zahlenmäßig zu betrachten. Die Anträge der Sozialdemokratie auf größere Leistungen bei der K r a n k e n r e r s i ch e r u n g allein würden eine jährliche M e h r b e l a st u n g von 517 020 900 diejenigen bei der Unfallver sicherung eine Mehrbelastung von 143 410 000 .»l, diejenigen für die Invaliden- und Hinter bliebenenoersicherung eine Mehrbelastung von 1369182 000 .tt Hervorrufen; also insgesamt würde die deutsche Volkswirtschaft durch die sozial demokratischen Anträge allein zur Reichsversiche- rungsoronung eine größer« Belastung von 2029 642 000 erfahren. Nach den sozialdemokrati schen Anträgen würden die Arbeite: alljährlich für die Zwecke der Reichsversicherungsord nung aufbringen müssen 1 239 592 565 »4t; die Ar beitgeber alljährlich 1 295 424 835 .tt, das Reich all jährlich 303 060 690 .4t. Es unterliegt keinem Zweifel, daß bei einer derartigen Belastung die deutsche Produktion auf dem Welt- markte nicht mehr wettbewerbsfähig wäre, die Konsumtion der Versicherten würde durch derartige hohe Beiträge nicht unerheblich beschränkt werden müssen. Die Folge märe also eine große Schädigung der deutschen Volkswirt schaft, die kaum wieder ausgeglichen werden könnte. Es war daher Pflicht der bürger lichen Parteien, im Reichstage genau zu prüfen, inwieweit zurzeit eine Mehrbelastung von Arbeitgebern und Versicherten durch größere Leistun gen in der Neichsversichcrung eintretcn kann. Sie habcy jedoch Mehrleistungen eingeführt, die recht bedeutungsvoll sind und die gegen 150 bis 200 Millionen Mark alljährlich mehr an Bei trägen notwendig machen; ein Betrag, der in Hinsicht auf die schon gegenüber den anderen Wettbe werbs st aaten hohen Lasten für die soziale Ver sicherung und in Hinsicht auf die bevorstehende Ein führung der Angestelltenvcrsicherung erheblich ins Ge wicht fällt. Von den großen Fortschritten, die die Reichsversicherungsordnung den Versicherten zuführt, seien nur folgende genannt: Es werden weitere 7 Millionen Personen in die Krankenversicherung ein bezogen; der der Festsetzung des Krankengeldes zu grunde zu legende Arbeitsrerdienst ist in seinem Höchstbctrage von 5 auf 6 erhöht worden; der Kreis der Unfallversicherten wird nicht unerheblich erweitert; es können Gcwerbekrankheiten unter die Unfallversicherung gestellt werden; der Höchstjahrcs- arbeitsoerdienst, der bei der Berechnung der Unfall rente maßtzebend ist, ist von 1500 auf 1800 .4t erhöht worden; die Invalidenrente wird durch eine Zusatz rente für jedes vorhandene Kind unter 15 Jahren ziemlich erheblich erhöht; es wird eine Witwen- und Waisenversicherung eingeführt, die Renten und Ab findungen sichert! Diese Angaben und Zahlen sagen jedem Einsichtigen genug. Die Agitation der Sozialdemokratie kann nur bei den- jenigen verfangen, denen jegliches Verständnis für eine richtige Volks wohlfahrtspflege abgeht! Smerikanllche vergeltmiysMe? Ter Handclsvertragsvcrein schreibt uns: Tas höchst seltsame Schreiben des Staatssekre tärs ünox an den Führer des Komitees für Mittel und Wege im Repräsentantenhaus llnterivood muß zu einem scharfen Protest herausfordern, — auch daun, wenn es nicht die Zustimmung des amerika nischen Kongresses sinder, was nach den tepren Raä>- richten erwartet und erhofft werden darf. Man muß sich verwundert fragen, wie ein solches amtliches Schreiben überhaupt veröffentlicht werden konnte. Weshalb droht man uns mit Vergel tungszöllen? Ten eigentlichen Grund hat Staatssekretär Knox in seinem Schreiben wohlweis lich nicht auszusprechcn gewagt. Tatsächlich sollen sich die «»gedrohten Vergeltungszölle nicht so sehr gegen die schon seit Jahrzehnten bestehende angebliche „Benachteiligung" der Vereinigten Staaten durch Deutschland richten, wovon in dem Schreiben die Rede ist, als vielmehr gegen die neuerlia e Verord nung des deutschen Bundesrates, wonach die in neuen Handelsverträgen mit Schweden und Japan ent haltenen Zollermäßigungen auf die Erzeugnisse der Vereinigten Staaten bis auf weiteres keine An wendung finden. Tie Verordnung ist erfolgt auf Grund des letzten Handelsabkommens mit den Ver einigten Staaten von Amerika vom 5. Februar 1910. Am Schluß dieses Abkommens heißt es: „Lassen die Vereinigten Staaten durch Gesetze, Verträge mit dritten Staaten oder ans irgendeine andere Weise bezüglich des Warenaustauscpcs zwi schen Deutschland und den Vereinigten Staaten irgendwelche, den gegenwärtigen Zustand zuun gunsten Deutschlands verschiebende Aenderuugen eintreten, so wird der Bundesrat nach seinem Er messen die den Vereinigten Staaten gewährten Begünstigungen ganr oder teitweise zurückziehen " Eine solche Aenderung zuungunsten Deutsch lands ist nun tatsächlich cingelreten, indem uns bekanntlich die an Kanada eingeräumten Vergün stigungen bis jetzt versagt worden jino, was i:n offenen Widerspruch steht mit Geist und Wortlaut des letzten Abkommens. Ter Bnndesrat war da her, wenn nicht verpflichtet, so doch vollkommen berechtigt, die an Schweden und Japan zugestan denen Zollermäßigungen den Vereinigten Staaten nicht ohne weiteres zugute kommen zu lasten. Auch hat es Staatssekretär Knox wohlweislich unterlassen, darauf formell Anspruch zu erheben, denn gerade die Vereinigten Staaten haben ja zuerst den Grund satz ausgestellt und immer wieder gegen Deutsch land geltend gemacht, daß die von ihnen zugesrandene Meistbegünstigung sich nur auf den zurzeit des Vertragsabschlusses bestehenden Mindesttarif erstrecke, während die in späteren Abkommen oder Handelsverträgen cingeränmten Zollermäßig- ungen von dem ersten Vertragsslaat durch ent sprechende weitere Gegenleistungen erlauft werden müssen. Deutschland folgt jetzt aljo nur dem amerikanischen Beispiel, ohne natürlich damit die amcrikanisäie Auslegung der Meistbegünstigung als berechtigt anzucrfennen. Die Vereinigten Staaten können sich wirklich nicht beklagen, wenn wir ihnen nicht mehr die unbedingte Meistbegünstigung ein räumen, nachdem sie diese gegenüber Deutschland zuerst vertragswidrig verletzt haben. Es hat daher der Staatssekretär eine angeblirl?e „unterschicdlici e Behandlung" Amerikas z u m V o r w a n d genom men, die schon seit langen Jahren besteht. Daß es sich dabei aber nm keine Tifserenzierung handelt, hat der Präsident der Vereinigter: Starten noch vor kurzem selbst anerkannt, indem er den deutschen Erzeugnisse:: den neuen amerikanischen Miuimaltarif zugestanben hat. Ucbrigens müßten die amerikanische:: Vergel tungszölle gegebenenfalls gegen eine gau e Reihe von europäischen Staaten Anwendung nnbeu. Tenn ähnlickl« .Differenzierungen" finden sich bei den meisten Staaten, die auf dem Boden deS Schutzes der nationalen Arbeit stehen. Schwerlich dörrte aber irgendein größerer euroväischer Slaat eine solche un erhörte Brüskierung seitens der Vereinigten Staaten ruhig hinnehmen. Tas ganze Schreiben ist um so verwundcrlick;er, als fa die Vereinigten Staaten z u e r st die euro päischen Industriestaaten, vor allein Teutschland, durch die einseitig an Kanada eingeräumlen Vergün stigungen (auf Holzmasse, Packpapier usw.) wirk- l i ä> differenziert haben und für dieses Vorgehen nicht einmal die bei ihnen bisher üblick>e Auslegung der Meistbegünstigung geltend macken können; denn diese Vergünstigung Kanadas ist ohne jede Gegenleistung dieses Landes erfolgt. Ja die Vereinigten Staaten haben sich in offenen Wider spruch mit ihrem scheuen Tarifgesetz gesetzt Tenn nach diesen: haben wir und die anderen meistbegün stigten Staaten unbepingt Anspruch auf den je weiligen Mindesttarif. Im weiteren Widerspruch mit dem Tarisgesetz werden Kanada Vorzugszölle gewährt, während der Präsident im Gegenteile verpflichtet wäre, gegen dieses Land den neuen Marimaltarif, d. h. Repressalien anzuwcndcn, weil ja »l a n a d a die Einfuhr der Vereinigten Staaten tatsächlich differenziert, sowohl gegenüber England, wie gegenüber allen meistbegünstigten Staaten. Tenn die amerikanische Einfuhr wird eben so wie die deutscl-e noch immer nach dem kana dischen Generaltarif behandelt. A ozu macht man denn überhaupt in Washington Gesetze, wenn man sie fortwährend mit Füßen tritt, freilich srst, nachdem man auf ihrer Grundlage Vereinbarungen mit dem Auslände ein gegangen ist und diejenigen Vorteile erlangt hat, oie man mit Hilfe der neuen Gcsetzesparagraphen erlangen wollte. Wo, muß man fragen, ist das öffent liche R e ch t S b e w u ß t s e i n der Vereinig ten Staaten, das gegen solche Willkür protestiert und den amerikanischen Staatsmännern zum Be wußtsein bringt, daß internationale Ver träge undAbmachungen heilio und un verletzlich sein müssen. Eine Handelspolitik, die
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