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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 16.12.1911
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-12-16
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19111216028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911121602
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911121602
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-12
- Tag 1911-12-16
-
Monat
1911-12
-
Jahr
1911
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ferner fest, da- Deutschland in der marokkanischen Frage ein« steh aletchbleibenb« Politik -e. wiesen -ab«, wayrend di« fran-öfilch« Politik »iderfprnchoooL gewesen fei und ei» doppelte« Geficht ae- zeigt -ab«. Der Redner verlas sodann Erklä rungen von Rouvier, LLon Bourgeois und Pichon, um festzustellen, bah die Haltung d«r franz ö« fischen Negierung Len Erklärungen ihrer Letter nicht entsprochen habe. Tr macht« auf den Widerspruch aufmerksam, der zwischen der von her Komrmer angenommenen Tagesordnung und der in Marokko befolgten Politik bestehe und schloß, indem er ein« ooilstiindiger« Internation alii ie- rung Marokkos empfahl. Er tadelte Delcass 4 wegen der Rede, die er bei der Flottcnschau in Dover gehalten habe. Ferry (radikal) gab dem Zweifel Ausdruck, datz das Abkommen Marokko von allen poli- pclitischen und wirtschaftlichen Dienstbarkeiten, mit denen es belastet gewesen sei, befreit habe. Er kri tisiert« di« Klausel des Abkommens, die sich auf die Schutzbefohlenen bezie'fi. Durch diese Klausel werde Deutschland wieder seinen Weg in die französische Bolitir in Marokko hineinfinden. Jerry bedauerte, daß die französische Diplomatie den BauderLahn von Tanger nach Fez nicht zu der von ihr gewünschten Zeit erreicht habe, da ja Frankreich doch das Geld dafür geben werde, und dog die französische Industrie nickzt mehr erreicht habe. Darauf tritt« sterte er die Klausel, die sich auf die Eisenbahn« und Berggerechtsame besieht. Der marokkanische Boden mit keine» Lasten bleibe Frankreich, die Bodenschätze aber mit ihren Erträgen gingen verloren. (Beifall.) Er schloß seine Rede damit, daß das Abkommen nicht alle Gefahr einer Kompli kation für die Zukunft verschwinden lasse, Ge- gemvärtig sei das beste Mittel, um dem Frieden zu dienen, sich für rede Eventualirat bereit zu halten. Der Deputierte de la Haye l Mitglied der Rechtens sagt«: Der Augenblick ist gekommen, von der Regierung Rechenschaft zu fordern. Er griff den Ministerpräsidenten Taillaux an, weil er zu viel Entgegenkommen gegenüber Deutschland gezeigt habe. Redner tadelte heftig die äußere Politik der Re gierung und wandte sich gegen Delcaff.Z wegen seiner (heheimvertriige. Zum wiederholten Mole bedauerte er die Abwesenheit des Ministerpräsidenten, der im Augenblicke nicht im Sitzungssaals anwesend war. Der Deputierte de la Haye sagte weiter: Ls gibt in Frankreich fast vierzig Millionen chauvinistischer : tionüre (Gelächter!), welche die Aufgabe nario. i a Grund und Bodens nicht so leicht hinnehmcn wie die Finanzleute. Ohne den Funken in das Pulverfaß zu schleudern, hätte man auf die Entsendung eines Schiffes mit der Entsendung eines andere» Schisse» antworte» könne«. Wir hätten dann einerseits «in« weniger herrschende, anderseits eine weniger unter würfige Haltung beobachtet. (Das Haus schenkte dem Redner wenig Aufmerksamkeit, der zu wieder holten Malen gegen die Privatunterhaltungen der Deputierten protestiert.) De la Hay« führte weiter aus, da« allen europäischen Zwistigkeiten in Marokko Tür und Tor geöffnet bleibe, und betonte den Wert der abgetretenen Gebiete im Kongo. Für Spanien stände dagegen die Tür zu einem großen Reiche offen. Als der Redner Caillaux und Rouvier als Finanz- und Geldleutc hinstellt, ertönt auf der Linken der Zuruf: Respektieren Sie die Toten' Da die Privatgefpräche die Stimme des Redners zeitweise übertönten, verließ de la Haye die Tribüne, mit der Bemerkung, er werde morgen leine Rede fortsetzen. (Bewegung.) Millerand, der nunmehr das Wort ergriff, sagte, «ine Idee werde seine Worte leiten, die Haltung des Landes bei den jüngsten Ereignissen. Das Land har im Verlauf der Spannung in diesem Sommer einmütig eine Haltung bewahrt, die für feine Vertreter eine Lehre und ein Beispiel sein sollte. Wir schulden cs ihm, mit der größten Kalt blütigkeit zu diskutieren, ohne uns zu irgend einer Erregung kortreißen zu lasten und ohne auf andere Stimmen zu hören, als die der nationalen Ehre und der Interessen des Landes. sBeifall.) Das Ausland muß wissen, daß es in Frankreich gegen über Fragen der auswärtigen Politik weder in der Kammer noch im Lande Parteien gibt. Millerand erklärte sodann, daß er entschieden für die Annahme des Abkommens sei. und sagt: Frankreich erhält das Protektorat über Marokko unter Bedingungen, die wir prüfen werden. Ist das Protektorat z« teuer bezahlt worden? Hat man es vorschnell gekauft? Man kann darüber streiten, aber niemand würde es zu behaupten wagen, Die da- dieses Protektorat in unserer Laa, nicht «in« Notwendigkeit sei und der Tradition unserer Politik entspreche. Die Politik der Republik kennt wolst di« Größe ihrer Ziele. (Beifall auf der Linken.) Niemand könnte behausten, da- wir, nachdem wir dieses Protektorat erhalten haben, es wieder auf« geben können, um zu versuchen, « morgen wieder zu erlangen. (Beifall.) Unser Entschluß, das Ab kommen anzunehmen, mutz uns da» führen, keine Unklarheit fortbeftehen zu lassen, damit die Regierung morgen stark genug ist, um au» diesem diplomatischen Instrument den größtmöglichen Nutzen zu ziehen. (Beifall.) Die AbtretungeinesTeil«, de» Kon« gos ist für uns eine grausame Losreigung und ein empfindlicher Verlust. Man hat Befürch tungen über di« Absichten Deutschlands gehegt. W o z u d i e s e beiden Zipfel? sagte man. Der Minister des Aeutzeren hat uns darüber beruhigt. Was die Zukunft Les belgischen Kongos betrifit, so war cs unbegreiflich, batz man über dieses Gebiet verfügen konnte, ohne Belgien zu befragen. Die Ach tung vor öem Recht der Neutralen mutz ein Hauptgrundjatz unserer Politik bleiben. (Lebhafter Beifalls Wir bemessen die Verpflichtungen, die wir gegenüber den anderen Mächten haben, nicht nach der Grötze ihrer militärischen Macht. (Lebhafter Bei fall.! Unsere belgischen Freunde wissen das sehr wohl. Nach dem großen Opfer, das wir im Kongo gebracht habe», können wir Deurfchland in keiner Form eine weitere Entschädigung zugestcl-en. Deulsch- lano kann nicht außer dem Kongooertrag noch oben drein in Marokko Privilegien verlangen. (Beifall; Durch den Vertrag w.rb in Marokko di« wiNichcmliche Gleichberechtigung eingeführt. Die deutschen Staats angehörigen werden dieselben Rechte genießen, wie L e aller anoeren Nationen. Nicht weniger und nicht mehr. (Beifall.) Di« Marokkanische Staaisbank bleibt ohne Zweifel bestehen, aber wir haben darin eine besondere Stellung. Wir werden die Mithilfe der Zeit brauchen, um bas Land von den hetercge- nen Einrichtungen zu befreien, die sich dort be- finden. Das Abkommen wird sein, was wir daraus mach?». Es wird so viel wert sein, als unsere Aktion wert sein wird. Unsere Ak:ion in Marokko muß klug sein und darf nicht einer Eroberung gleichen. Hüten wir uns, eine furchtbare Revolte Les Volks empfindens hervorzurufen. Das Verhältnis zu Spanien muß auf der Basis d«s geschlossenen Abkommens, mit Rücksicht auf die späteren Ereignisse, in Wahrung französischer Interessen, aber ohne Preisgabe der herzlichen Freundschaft geregelt werden. Rur wird eine Verständigung zwischen den Mächte» unerläßlich sein, damit Spanien Herr in seiner Zone bleibe. Es sei natürlich, daß England sich in die Verhandlungen gemischt habe, aber das eigene Interesse sei der gemeinsame Massstab der einzelnen wie der Staaten. Es wäre eine schlechte Vorbereitung des Landes für fruchtbare Möglichkeiten, wenn mau cs mit Hirngespinste» Hinhalten wollte. Wir dürfen diejenigen, die in schweren Stunden an unserer Seite gestanden haben, nicht enttäuschen. Wir müssen unse ren Freundschaften und unserem Bündnis, die gegen niemand ein« Spitze haben, treu bleiben. Millcrand sprach sodann seine Befriedigung über die Ver. tragsbestimmung aus. welche für den Fall von Strei tigkeiten die Anrufung Les Haager Schiedsgerichts hofes in Aussicht nimmt. Das beweise, daß Frankreich reine Hintergedanken habe. Der Friede sei für Frankreich das sicherste und das erwünschteste Mittel zur Entwicklung seiner Ideen. Aber es verstelle darunter nicht den Frieden ohne Ehre und werde ihn nie darunter verstehen. Im Vertrauen aus seins Stärke, sicher seiner Freundschaften und seines Bündnisses, weil die Freunde und der Ver bündete wüssten, daß auch sic auf Frankreich zählen könnten, sei Frankreich gleichermaßen entschlossen, die Rechte anderer zu achten und seinen eigenen Rechten Achtung zu verschaffen. Es werd« diesen Vertrag halte» mit dem sorglichen Bemühen, alle Konfltktsmöglichkeitsn zu vermeiden, aber mit dem Entschluß, aus dem Vertrage alle gegebenen und nütz lichen Konsequenzen zu ziehen. (Anhaltender Beifall.) Hierauf wurde di« Sitzung geschlossen. * pariser pretzltimmen. Pari«, 16. Dezember. (Eig. Drahtmeld.) gesamte Presse hebt die Nede Millerands als das bemerkenswerteste Ergebnis der gestrigen Kam- mersitzung hervor. Mehrere Blätter sagen, Mille rand habe als künftiger Minister des Aeutzeren gesprochen. Die „Action" meint: Mitterand erteilt, dem Grafen de Mun «ine be redte Antwort, indem er mit Nachdruck hervorhob, da- Frankreich seine national« Betätigung ti» Weltfrieden suchen müsse. Iaure, sagt in der „HumanttL": Di« Red« Millerands enthielt einige feste und richtig« Id««n, aber «» trat darin doch «ine etwa» zu bequeme Absicht hervor, die von de» »erant- wörtlichen Ministern begangenen Fehler be seitigt zu sehen. Die „Autvritä" meint: Millerand hielt die Rede, Vie de Seloes tags zu vor hätte halten sollen. Er ist al» der näch steM i- nister des Aeuh « ren ausgetreten. Die Wärme, mit der ihn Caillaux beglückwünschte, zeigt dies deut lich. Der Ministerpräsident dürfte wobl daran den ken, sich dc Seloes' zu entledigen, um sein Kabinett durch das Ansehen Millerands stärken zu können. Die „Libre Parole" erblickt gleichfalls in Mille rand den Erben d« Seloes', doch sagt sie, daß er als Minister des Aeutzeren in einem künftigen Kabinett Clemencecm in Aussicht genommen sei. politische Nachrichten. Kaisermanöver 1912. Wie bereits gemeldet, werden im nächsten Jahre das 3. (brandenburgische) und 4. (sächsische) Armee korps gegen Las 12. (1. kgl. sächsische) und 19. (2. kgl.j sächsische Armeekorps gelegentlich des Kaiser manövers fechten. Auf jeder Seite wirb, wie in glei chen Fällen bisher, ein Armeekommando gebildet werden. Zum Führer der beiden preußischen Ar meekorps ist der Generalfeldmarschall von Bock und Po lach. Generalinjpektsnr der .9. Armee inspektion (Hannover), zum Führer der beiden säch- sisckzen Korps der sächsische Kriegsminister, General oberst von Hausen, bestimmt. Das 3., 4., 12. und Ist. Armeekorps befehligen zurzeit die Generale von Bülow, Sixt von Arnim, d'Elsa und von K i r ch b a ch. Zum Tode de» Freiherr» v. Salza und Lichtenau. Wie wir bereits in unserer heutigen Morgen nummer berichteten, ist der sächsische Militärbevoll mächtigte in Berlin Generalmajor Freiherr o. Salza und Lichtenau am Freitagabend in Berlin ge storben. Hermann Freiherr v. Salza und Lichtenau wurde am 3. September 1858 in Dresden geboren. Seine Erziehung genoß er im sächsischen Kadettenhause und trat 1877 als Fähnrich beim Eardereiterregiment in die Armee ein. Im Jahre 1887 wurde er als Ober leutnant Adjutant der 23. Kavalleriebrigade und rückte im September 1891 in dieser Stellung zum Rittmeister auf. Im folgenden Jahre wurde er Eskadronchef, kam aber 1894 in den Generalstab des XII. Korps. 1897 wurde er zum Groszen Keneralstab nach Berlin kommandiert, wo er, seit 1898 als Major, zwei Jahre blieb, um dann wieder in den sächsischen Eeneralstab zurückzukehren. 1902 kam er an die Spitze des 17. lllanenregiments in Oschatz. Nach dem er im Januar 1901 zum Oberstleutnant aufgerückt war, wurde er im März desselben Jahres als Militärbeoollmächtigter nach Berlin kom. mandiert und nach seiner im Januar 1906 erfolgten Beförderung zum Oberst endgültig zum Militär bevollmächtigten ernannt: bald darauf wurde er auch ,Flügeladjutant. Am 11. Juli 1910 rückte er zum Generalmajor und General ä la suits auf. Entwurf eines Wassergesetzes. Berlin, 16. Dezember. (Eig. Drahtmeld.) Der demnächst dem Landtage zugehende Entwurf eines Wassergesetzes regelt, der „Berliner Corresponüenz" zufolge, das gesamt« Wasserrecht einheitlich und erschöpfend, indem er in ganz Preußen die Bestimmungen aufrecht erhält, die sich in d«n ein- z»lnen Lanoesteilen besonders bewährten. Er regelt in erster Linie das Eigentum der verschiede nen Arte» der Wasserläufe, ihre Unterhal- tvng, Ausbau, Benutzung, und strebt den gerechten Ausgleich entgegenstehender wirtschaftlicher Interessen an. Er enthält ferner Vorschriften zur Per- Hütung von Hochwassergefahren und Bestimmungen über Wassergenossenschofien, Reinhaltung der Ge wässer, wildablaufende Wasser^ Durchleitung von Wasser und anderer flüssiger Stofs« durch fremde Grundstücke und über di« Wasierpolizeibehörden. Er regelt endlich zurzeit nicht oder ungenügend rechtlich geordnete Gegenstände, besonders das Talsperren wesen und di« Freilegung de» lieber» schwemmungs gebietes der Wasserläufe und die Verfügung über unterirdische Wasser. Um Klarheit über die bei Wasserläufen bestehenden fch als Benutzungsrechte im Änne des Entwurfes carstellenüen Rechte zu schaffen, sollen Wasser- tlicher angelegt werden, worin dies« Rechte einzu Sus üen Erinnerungen Oes Palazzo Garnele. Nach vielen Schwankungen und Erörterungen ist das Schicksal des Palazzo Farnese nun endgültig ent schieden und er geht in den Besitz Frankreichs über, dessen Gesandte schon seit 1874 in dem Palaste ehre Residenz haben. In ganz Rom findet man kein Bauwerk, das echter römisch wäre, als dieser Palast, mit dessen Erinnerungen eine ganze Reihe von großen Namen und Gestalten der politischen, der Kunst- nno Kultur geschichte verknüpft sind. In einem Stadtteile ge legen, ter seinen römischen Charalter noch bewahrt hat, in der Nachbarschaft der alten Richistätte, de» Campo de' Fiori, zeigt der Farncfische Palast jene ganze wuchtige Strenge, jene etwas düstere Größe unv Erhabenheit der Formen, die das Kennzeichen des echt römiscken Palastbaues bildet. Der geistvolle Piranesin. der in seinen römischen Veduten ieine sonst ausgezeichnete Darstellung des Palastes Farnekc gegeben hat, hat die Verhältnisse leichter, die Erscheinung des ganzen Baue» eleganter dargestellt, als sich sie in Wirklichkeit darbictet. Stendhal hat den Eindruck, den der Palcuzo Farnese auf Fremde, mit der römischen Baukunst noch wenig Vertraute, qcrvorruft, gekennzeichnet, indem er erzählt, daß eine junge Französin, dte an die Pariser, von hundert Fenstern durchbrochenen Käufer gewöhnt war. ihn für ein Eesängnis aehalten habe. Aber freilich, wer mit geübterem Blicke die Verhältnisse und Formen dieses mächtigen Bauwerkes in sich au»- nimmt, der fühlt mit tiefer Bewunderung, welch' eine große archrtekconische Weisheit hier gewaltet und geschaffen hat. ' Michelangelo war es. der, als es sich um die Simsoekrönung des Palastes handelte, ein sechs Ellen langes Holzmodell de» Gesimses, wie er e» sich dachte, Herstellen und in der Höhe de» Palaste» desestigen ließ um die Wirkung ,u zeigen. Da er» kannte der Paost und ganz Rom, daß Michelangelo allein di« architektonischen Verhältnisse der Fassade richtig beurteilt hatte; er hatte eben sein Gesims out die Gesamtsasjade und nicht, wie es bis her fehlerhaft geschehen war, nur auf den obersten Stock berechnet. Und noch heute bewundern wir den prachtvollen plastischen Abschluß den dies Gesims de« Meister, dem wuchtigen Bau gibt. Der erst« der Farnese, mit dem diese Familie zur Macht kam, Alessandro, der spätere Papst Paul lil., den Tizian so genial porträtiert hat, der war es, der von dem jüngeren Canqallo sich diesen Palast batte erbauen lallen, den dann nach Michelangelo Vignola, vielleicht auch della Porta vollendet Haven Auper durch seine Architektur ist der Palast auch noch durch seine Innen dekoration berühmt. Freilich ist die vielgenannte „Galleria", der große Salon im ersten Stocke des Hinterbaues, gegenwärtig nur auf besondere Erlaubnis der französischen Bot- schäft zu besichtigen. Ihn hat Annibale Tarracci mit mythologischen Bildern geschmückt, in denen die Vorzüge der boloyncsischen Schule, freilich auch ihre schwachen Seiten in das hellste Licht treten. Es war eine große, große Arbeit, die er in diesem Saale unter Beihilfe seines Bruders, seines Vetters und einiger Schüler verrichtete — 500 Goldtaler waren die ganze Belohnung, die er dafür erhielt, und es heißt, daß er aus Kummer über diese jammer- liche Bezahlung gestorben sei. Dieser glänzende Raum und die sonstigen Gesellschafisiäle des far- nesischen Palastes haben viel merkwürdiges und reich bewegtes Leden oeiehen. Im 16. Jahrhundert war es besonders ein Nepot Pauls lll.. der Kardinal Alessondro. der hier einen wahrhaft fürstlichen Hof- halt führte. Die gefeiertsten Vertreter des römischen Humanismus. Giooio, Bembo, Annibale Taro waren des Kardinals Tischgenossen, und in diesem Kreise war es. wo Vasari bei einer heiteren Mahlzeit im farnesischen Palast« die erste Anregung zur Ab fassung seiner weltberühmten Kiinstlerbiographieen empfangen hat. Das war ini 16. Jahrhundert. Nahezu 100 Jahre später sah der sarnesische Palast einen berühmten Gast sehr anderer Art: cs war die Tochter Gustav Adolie, Christine von Schweden, die am Tage vor Heiligabend des Jahres 1655 in Rom eintraf. Sie war damals W Jahre alt und zum Katholizismus üvergetreten. und im Palazzo Farnese, was Rom an Adel und Gelehrsamkeit beiaß. ain^ monateweise dort au» und ein, aber die päpstliche Staatskasse sah diesem Treiben mit Mißvergnügen ^u, da sie es war. die dte Haushaltung des nordischen Gaste» zu bezahlen hatte. Da Philipp V. eine Farnese heiratete, so ging der Palast aus dein Besitze des Hauses Far nese in den der neapolitanischen Bourbonen über. Die Bourbonen waren es. die die weltberühmte sarnesische Sammlung au» dem Palaste nach Neapel übergeführt haben. Sie enthielt u. a. den sarnesische« Herkules, die Flora und den farnesischen Stier, den Michelangelo als Brunnenzierde in «inem zweiten ron ihm geplanten Hofe aufzustellen beabsichtigt hatte. Alle diese kostbaren Stücke sind jetzt im Neapeler Museum aufgestellt: Goethe hat gerade noch vor der Uederführung den berühmten Herkules Farnese auf seinen echten Beinen in dem Palaste gesehen, von dessen „Grobheit" er mit Bewunoerung erfüllt wurde. Nachdem der Palast lange Zeit den Gesandten des Königs von Neapel als Wohnung gedient hatte, viurde er, wie bereits bemerkt, 1874 der französischen Republik vermietet. Den französischen Gesandten hatte er übrigens schon im 17. Jahrhundert als Ab- steigequartier gedient, und die Geschichte meldet von mehr als einem Falle, wo die Botschafter des Aller christlichen König» sich in diesem protzigen Bau geradezu verschanzt und so den päpstlichen Sbirren getrotzt haben. Das hat nun Herr Barröre und das haben vor aussichtlich seine Nachfolger nie mehr nötig, aber ittzmer wlrd der Palazzo Farnelle durch seine ernst- düstere Erscheinung einen Rest von Festungscharakter bewahren. Reichsthesler-Konlerenz. Im Reichstagsgebäude trat gestern die v-m Reichstag eingesetzte Kommission zusam men, die sich mit den Vorarbeiten für ein zu schaffen des Reichstbeaterge'etz de chäftigen soll. Die Ver handlungen stehen unter dem Vorsitz des Ministerial- d'rektors Dr. Caspar vom Reichsamt des Innern. Mm Geheimer Regierungsrat Landmann undRegie- rnngsallessor Hornig von der gleichen Reichsbehörde beigegeoen find. Das preußische Ministerium des Innern vertritt Geheimrat Dr. Meister, das Ministe rium der Oeffentlichen Arbeiten Geheimer Ober- rrgierungsrat v. Rohr, das Handelsministerium Regierungsassessor v. Mombart, das Justiz ministerium Geheimer Oberjlfitizrat Steuber, dc» Kultusministerium Geheimer Oberregierungsrat Pallat, das Reichsjustizamt Geheimer Oberregie- rvnasrat Dr. Struckmann und da» Berliner Polizei präsidium der Theaterderernent Oberregierungsrat v. Glasenapp. Der Bühnenverein, die Organisation der Bühnenleiter, ist vertreten durch Generalintendant Baron zu Putlitz (Stuttgart), Tr. Loewe «Bres lau), Bachur (Hamburg) und Lange (Hildesheim). v-»n der Genossenschaft Deutscher Bühnenangehöriger witren erschienen Paul (Berlin), Rlckelt (Berlnü, tragen sind, so da- st« bi« zum gegenteiligen Beweise al, richtig gelten. Die Mitwirkung der Interessenten bet Unterhaltung und Benutzung der Wasserläufe ist durch vorzchrifte» über Schauämter, Strom- «»»schüss« und Wasserbeiräte vorgesehen. Lade» u»d die Staatslotterie. Mit allen gegen sechs Stimmen hat die Erste badische Kammer den Beschlüssen der Zweiten Kammer über die Einführung der preutzisch^üd- deutschen Staatslotterie in Baden zugestimmt. Da» Befinde» de» Sro-Herzog» vo» Luxemburg. Luxemburg, 16. Dezember. (Privattelegr.) Da» Befinden des erkrankten Grotzherzog» von Luxemburg hat sich io verschlimmert, daß die Sorge um ihn aufs höchste gestiegen ist. Dre Groß- Herzogin-Mutter ist von Schloß Königstein im Taunus in Luxemburg eingetroffen. Kein Eisenbahaunfall der Königin von Bulgarien. Pest, 16. Dezember. (Eia. Drahtnreld.) Die „Büda- pester Korrespondenz" stellt fest, daß an den Gerüchten von einem Anschlag auf den Salonwagen der Kö nigin von Bulgarien kein Wort wahr ist. Das Gerücht ist daher entstanden, datz in «inem anderen Wagen des Zuges der Kondukteur eine Fensterscheibe zerbrach. Portugiesische Marinefragen. Lissabon, 16. Dezember. (Eia. Drahtnreld.) In der Kammer brachte gestern der Marineminister einen Gesetzentwurf betreffend die Erneuerung der Flotte ein. Die serbische Budgetberatung. Belgrad, 16. Dezember. (Eig. Drahtmeld.) Die Skupschtina hat in ihrer heutigen Sitzung das Budget des Ministeriums des Aeußern angenommen. Im Laufe der Debatte hatte der Ministerpräsident Mi lo- vanowitsch auf di» Ausführungen des Vorredners Novakooitfch, des Führers der Fortschrittspartei, ein gehend erklärt, die allgemein« Lage sei derart e r n st, daß niemand wissen könne, wie sie sich im Frühjahre gestalten werde. Deshalb müsse Serbien vorsich tig sein wie Bulgarien und Griechenland. Aus der russischen Duma. Petersburg, 16. Dezember. (Eig. Drahtmeld.) Di« Duma beriet heute in geheimer Sitzung das neue Gesetz zur Regeluna der Wehrpflicht. — Der Abgeordnete Purischkewitsch wurde wegen un gebührlichen Benehmens von den nächsten fünfzehn -Sitzungen ausgeschlossen; ebenso der Sozial demokrat Tomilow für vier, und der Sozialdemo krat Voilochnikow für fünfzehn Sitzungen wegen der Angriffe auf die Armee. Die Duma ging dann zur Beratung der einzelnen Artikel über. Rußland und Persien. Konstantinopel, 16. Dezember. (Wiener Korr.- Bur.s Das hiesige persische Komitee teilte der Presse ein Telegramm der schiitischen Notabeln von Nedjed (Wilajet Bagdad) mit, das an alle Moham medaner den Avell richtet, die Integrität Per siens gegen Rußland zu verteidigen, und in dem erklärt wird, datz man ein Korps von 35000 Mann gebildet habe, das bereit sei, nach Persien zu marschieren. Ein zweites Telegramm meldet, datz der oberste Ulema. Mulla Kiazim Khorassani, in dem Augenblick getötet wurde, al« das Korps abgehen sollte. Au» dem amerikanischen Repräsentantenhaus. Washington, 16. Dezember. (Eig. Drahtmeld.) Bezüglich Les Briefes des Staatssekretärs Knox er klärt« der Vorsitzende de» Komitee» für Mittel und Wege Underwood, er glaube, Knox werde im Re präsentantenhaus« w « nigZusti mm u n g zu keinem Verlangen finden, datz dem Präsidenten ausgevehnte Vollmacht gegeben werde, die fremden Nationen zu zwingen, Tarifzugeständnisse »u gewähren. Lind berg h. der Vertreter Minnesotas, beantragte in der Geschäftsordnungskommission die Einsetzung einer Sonderkommission von fünf Mitgliedern zwecks Untersuchung geaen den sogenannten Geld- trust. Lindberah erklärt«, Latz ein Syndikat von Bankiers und Kapitalisten die Reservefonds der amerikanischen Banken in seiner Gewalt habe und so die amerikanischen Finanzen beherrsche. Er betonte, daß Senator Aldrichs Plan einer Geldreform im Jnteresse dieses Trusts gelegen sei. Tageschromk. Neuhaldeusleben, 16. Dez. (Den Tod infolge Verbrennung) erlitt der Maurer Boes rm Armenhause. Er wollte cruf eine brennende Lampe Petroleum nachgietzen, diese explodierte und B. er litt schwere Brandwunden besonders am Kopf und an den Händen, denen er nach kurzer Zett erlegen ist. Reicher (Berlin) und Mvlius (Hamburg), ferner der Syndikus der Genossenschaft Dr. Schlesinger. Vom Verbände Deutscher Bühnenscdriststeller wurden zu den Beratungen hinzugezogen Oskar Blumenthal, vom Verband Deutscher Musik direktoren Effmann (Wilsnack). vom Verband deutscher Orchester- und Chorleiter Hoskapellmeister Meister (Nürnberg), vom Allgemeinen deutschen Musiterver- band Gustav Cords. Al» Vertreter der Internatio nalen Artistenloge erschien Syndikus Dr. Treitel. Die Konferenz beschäftigte sich zunächst mit den öffentlich-rechtlichen Fragen und hier in Sonderheir mit dem Thema der Kautionsleistung. Es wurde angeregt, datz auch die Unternehmer von Varietts und ähnlichen Instituten verpflichtet werden sollen, Kautionen zu stellen. Kus üem Türkenlager ln üer Vltlte. Der englische Korrespondent Alan Ostler hat sich auf dem Wege über Tunis den in Tripolis kämpfenden türkischen Truppen angeschlossen und die Kämpfer des Halbmondes in ihr Wüstenlager be gleitet. Er gibt jetzt seinem Blatte einen von Eharian datierten Bericht über den Kampfeifer und den kriegerischen Geist, der Türken wie Araber ent flammt. und schildert dabei auch das Eintreffen neuer Verstärkungen. „Mit großer Begeisterung wurde heute das Ein treffen von 50 abgehärleten Wüstenknegern begrübt, die als Vorhut einer Schar von 2000 weiteren Kriegern heute im Lager ankamen. Der Haupttrupp wird übermorgen zu uns stoßen. Die ganze Schar kommt aus Fez^an und hat einen nicht weniger als 4Utägigen Marsch durch die Libyiche Wüste zurück gelegt. um dem Kamps entgegenzugchen. Sie bringen große Vorräte von getrockneten Datteln und Mehl für da« ganze Heer mit. Am Morgengrauen er reichte der kleine Vortrupp den Bergpag. an der Spitze der Fahnenträger mit dem Banner des Pro- vheten, das fröhlich im Morgenwinde flatterte Sie sangen bei ihrem Ritte di« Kriegslieder der südlichen Wüsteniöhne. und im Tale hallten die schmetternden Töne ihrer Trompeten und da» dumpfe Rollen ihrer Trommeln wieder. Es sind hochgewachsene, gutbewafznete Männer mit langem, buschigem Haar. Sie erinnern an die Derwische des Sudans, mit denen sie auch verbrüdert find. Es zeigte sich sofort, daß sie ausgezeichnete
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