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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 02.09.1911
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-09-02
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19110902025
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911090202
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911090202
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-09
- Tag 1911-09-02
-
Monat
1911-09
-
Jahr
1911
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Be^ugS-Prei» »ür L«vn» <m» V»i»n« »,rch mite« Traaei »nd Loediieui, Lmal ti,ltch in» v»u» aevkochl A>P> mona«U.r.7u»ik. vieNeUohil. Br« uni,en AiUalen » Ln» natzucrliellrn adaedolt 7S PI. «onatl, LS Mt. oienrltatzkl. Dnr» «, B»S: innrrhuld Druvchianv» anv der devtlchen Kolonien «nrneUädrl. r.» Ml. monatl. I.Ai Ml au»;ch( PokdeiieUaeid ürrnrr in Beigir», Doiiemacl. den ronauftaairn. Iialirn euirmburg Nieveilanb« Nur» we««n Ornrririch. Unoarn -iunland. Schweden, Echwru u Spanien In allen übrigen Siaoien nui birrli »arch di» Geichui»»il,U« oe» Bia«,» erdlUNuU Da, Leip,,«,, Lagedlav rrichemi »mal iaglich Sona. u. «Zeirttag» nur moraen». Üldonn»mrni».Ännavm» I«danni»»aN» 8, be« unirrea Iraaren Filialen Eoebiieare» unb BnnahmrNellra. iowi, Pouamlern »ab Bneliragera. Llbend-Ausgabe. MlWgcrTaMM TrU-Auschl. 14 692 (Rachtnnlchllch» 14 KS3 1,694 Handelszeitung. t 14 892 lNüchlialckln» Tel.-ÄNschl. i 14 69S i 14 694 Nmtskkatt des Nates «nd des Notizeiamtes der Ltadt Leipzig. Anzeigen-Preis s»e Jnlera» an» üeivtig aST Umgrdnn« di« Ilpaliigr Beititeilr SBs^die ÜteNainr» »eil« I Ml. von aa»wärr» »> Pt, Reklamen 1^!V Mk. Inlerai« von Behörden im ami» lichen Teil di, Bei«,eil» SU Pi. S«ichasi,an,eigen mii Planvorlchrisien a. in der Ädrndau»gade im Preil« «rhöhi. Sl«batt nach Taris. Brilagegedüdr Driami» auslage ä Mk. p Tauiend rrkl. Poltgedühr. Teilbeilage höher. kZektertrille Aaitröae können nichi zurllck- ae«ogen werden Für da» Erlchelnen an bestimmten Tagen und Plagen wird kein« Garantie übernommen. Anzeigen - Annahme: I»d»n»i»,ag» 8, bei iämtlichen Filialen u. assen Annoncen. Erpedittonen de» In» und Au»tande». Druck ,n» Verl«, »,» Nlche» L RSrst«, Inhaber: Paul dürften. -ledivion und G«lchält»ftell«: Iodannirgaii« 8. -aupl'Filinl» Dresden: Eerstra'ge i, 1 (Telephon EI'. !lr. 243. Sonnsbenü. üen 2. September lSll. l05. Zshrgsns. Die vorliegende Ausgabe umfaßt 6 Seiten. Die Rsthsusmrihe in Lhemnitz. Chemnitz steht im Zeichen des Festes! Fahnen schmuck, Girlanden und Ehrenbogen in großer Zahl bilden das Festkleid. Eine nach Tausenden zählende Volksmenge wogt freudig gestimmt im festlichen Sckmuck durch dre Straßen. Die Weihe des neuen, schönen Rathauses ist ein Volksfest, an dem alle Kreise der Bürgerschaft, sowie zahlreiche Gäste aus nah und fern teilnehmen. Der Festmorgen wurde in fünf Stadtteilen durch ein Konzert auf öffent lichen Plätzen eingeleitet. Pünktlich um 10 Uhr :i0 Min. traf der Königliche East, König Friedrich Äugust, im Sonderzuge von Berlin auf dem Haupt- kahnyose in Chemnitz ein. In seiner Begleitung be fanden sich Oberstallmeister Generalleutnant v. Haugk, G,neraladjutant Generalleutnant v. Müller, die Flügeladjutanten Oberstleutnant Meister, Major Freiherr v. Könneritz und Major v. Schmalz und der Präsident der Eeneraldirektion der Konigl. Sachs. Staatsbahnen, Geheimrat Dr. Ulbricht. Auf dem Bahnhoje hatten sich zur Begrüßung bereits eingefunden sämtliche Staatsminister, der Minister des königlichen Hauses v. Metzsch, Justizminister Dr. v. Olt», Kriegsiiüniiter Freiherr v Hausen Kultus minister Dr. Beck, Minister des Innern Graf Vitz thum v. Eckstädt und Finanzminister v. Seydcwitz, sowie eine Anzahl Bürgermeister. In flotter Fahrt, lebhaft vom Vublikum begrüßt, ging es durch die Straßen der Stadt zum Neumarkt, der prächtig ge schmückt mii dem imposanten Rathaus einen be stechenden Eindruck machte. Nachdem der König den Wagen verlaßen hatte, wurde er in die große Eingangshalle geleitet, die mit ihren mächtigen gelben Marmorsäulen einen vorteilhaften Eindruck gewährte, dann ging es nach den prachtvollen Reprajentatlonsräumen. In dem mit gediegener Eleganz ausgestatteten Stadtver- ordnetensitzungssaale fand die stimmungsvolle Weihescier statt. Die Feierlichkeit wurde mit dem Vortrag: Auf zug der Zünfte aus „Die Meistersinger" eingeleitet. Hierauf ergriff Oberbürgermeister Dr. Sturm das Wort zur Festrede. Er führte u. a. folgendes aus: Eure Majestät! Hochgeehrte Herren! Gewaltig ist die Entwicklung gewesen, die unsere Stadt in Len letzten Jahrzehnten genommen hat. Kaum ein Vicrteljahrhundert ist verflossen, seitdem ihr ein Platz unter den deutschen Grossstädten eingeräumt wurde, unü nur wenige Monate werden vergehen, dann wird ihre Einwohnerzahl das dritte Hun derttausend überschreiten. Groß war in dieser Zeit das Arbeitsfeld für die Stadtverwal tung. Auf allen Gebieten reckte cs sich und regte es stch. kleberall verlangte das kräftig pulsierende Leben jein Recht alles drängte darnach, das enge Kleid der kleinstädtiichen Verhältnisse ab- nistreifen unü neue, der jungen Großstadt würdige Einrichtungen zu schaffen. Insbesondere war es das städtische Hochbauamt, dem oas letzte Jahrzehnt Aufgaben bot, wie sie in dieser Reichhaltig keit in einem so kurzen Zeiträume wohl selten an eine Verwaltung herantreten. Schulwesen, Krankenanstalten, Wohlfahrtspflege, besonders wichtige Kapitel der Haushaltpläne der deutschen Grossstädte, stellten Anforderungen, die frühere Generationen auch nicht einmal geahnt hatten. Aber auch für die Kunst mußte eine ihrer würdigere Stätte geschaffen werden, und heute nun wollen wir den Bau weihen, der der Verwaltung selbst als neues Heim dienen soll, den Bau, dem die gesamte Bürgerschaft ihre besondere Anteilnahme gewidmet und dessen Fortschreiten sie mit lebhaf testem Interesse und liebevollster Freude verfolgt hat. Nur Gefühle des innigsten Dankes können es sein, die uns an dem heutigen Tage beseelen, des Dankes gegen Gott, bag er uns diesen Bau, der aus Jahrhunderte hinaus ein Wahrzeichen unserer Stadt bilden und späteren Geschlech tern Zeugnis, für die Kraft des Bürgertums unserer Tage ableaen sott, ohne jeden Unfall hat vollenden lassen, so daß alle, die an ihm mitgewirlt haben, sich heute der ungetrübten, aufrichtigen Freude über das Gelingen des schönen Werkes hingeben dürfen. Eine ganz besondere Weihe erhält aber dieser für unsere Stadt bedeutungsvolle Tag da durch, daß Eure Majestät, wie vor zwei Jahren, so auch heute wieder die Freude unserer Bürgerschaft teilt. Eure Majestät wollen mir gestatten, den untertänigsten Dank der Bürgerschaft für Höchstihre Teilnahme auszusprechen und den Gefühlen der innigsten Freude über die Gegenwart des geliebten Landesherrn Ausdruck zu verleihen. Mein ehrerbietiger Gruß gilt ferner den Herien Vertretern der Ltaatsregierung, den Ehrenbürgern unserer Stadt, den beiden Herren Präsidenten unsrer Ständekammern, den Vertretern der Lchwester- stäcue und denen der Zivil- und Militärbehörden, die in unserer Stadt ihren Sitz haben. Ich danke dem Erbauer des Rathauses, Herrn Stadtbaurat Möbius, allen seinen Mitarbeitern in der Bauleitung, sowie allen denen, die — sei es in freundlicher Gesinnung für unsere Stadt, sei es in Betätigung edlen Bürgersinns — herrliche Gaben gespendet haben, um das neue Heim der Verwaltung zu schmücken. Vollendet ist das Werk, unü die Arbeits stätten, die heute durch Eure Majestät Anwesenheit ihre Weihe erhalten haben, sollen sich öffnen. Mit welchem Wunsche soll ich sie ihrer Bestimmung über geben? Möge aus diesen Räumen auf alle Zeiten der Parteien Kampf und Streit verbannt sein und alle, die darin beraten, sich in dem Streben ver-, einen, allein der Bürger Bestes zu fördern. Mögen die Beratungen auch getragen lein von dem Geiste der Liebe zum Heimatlande, der Treue zu unserem angestammten Königshause. Möge aber auch unsere Bürgerschaft, wie bisher, so in alle Zukunst dessen ein gedenk sein, daß sie, wenn die Erzeugnisse ihres Fleißes in alle Welt hinausgehen, die Pflicht hat, Zeugnis abzutegcn für deutschen Fleiß und deutsche» Können, für deutsche Kuufmannsrhre. Dann ist mir um die Zukunft nicht bange. Dann wird unsere Stadt unter dem starken Schutze von Sachsens er habenen Herrschern sich zu immer schönerer Blüte entfalten. Deutschland in der Welt voran im fried lichen Wettbewerbe der Völker. Es ist ein stolzes Wort, bas einst gesprochen wurde. Möge in diesem friedlichen Kampfe unsere Stadt stets einen Ehren platz behaupten. Eure Majestät aber bitten wir, unserer Stadt und ihrer Bürgerschaft auch fernerhin die tönigtichc Huld zu erhalten und auch in dieser Feierstunde das Gelübde unwandelbarer Treue cnt- gegennehmen zu wollen, Las wir m den Ruf kleiden: Seine Majestät unier allergnädigster König und Herr, er lebe hoch, hoch, hoch! Staatsministcr Dr. Beck führte aus: „Eure Majestät! Meine hochgeehr ten Herren! In huldvoller Anwesenheit unseres attergnädigsten Königs, sowie vor dieser glän zenden Festversammlung und der weiter darüber hinausreichenden wärmsten Anteilnahme der weitesten Kreise vollzieht sich in diesem fcstlichen Augenblicke ein« Feier, di« in der Geschichte dieser Feststadt heute und alle Zeit einen besonderen Ehrenplatz einnehmen wird, an einem vaterlgndischen Gedenk tage von weltgeschichtlicher Bedeutung, der mit seiner nationalen in seinem Erdige beispiel losen Kraftentfaltung unseres deutschen Volkes und seinem Selbstvertrauen auf seine — wenn es einträchtig — unüberwindlichen Stärke in der ernsten Gegenwart immer mehr begcistcrn möge. Wenn jenes Weltgeschichte licke Ereignis von Sedan mit Recht als der Grund stein zu unserer unvergleichlichen Entwicklung ge feiert wird, und wenn seitdem auf dem festgegrün deten Boden und unter dem Schutze des Reiches und der Staatsregierungen die deutschen Städte in opfer freudiger Betätigung und im Verständnis für ihre Aufgaben einen ungeahnten kulturellen und wirtschaftlichen Aufschwung genommen haben, so ist es ein überaus glückliches Zusammen treffen, diesen Ehrentag der Stadt Chemnitz zu dauerndem Gedächtnis mit jenem größten Ehrentage der neueren deutschen Geschichte zu verbinden und an einem solchen Tage die Weihe des Neuen Rat hauses und damit eines Wertes zu vollziehen, das in monumentaler Verkörperung von der Kraft und dem berechtigten Stolz der Bürgerschaft dieser S.adt Zeugnis ablegt. Nunmehr das große Werk vollendet ist, erfüllt hohe einmütige Festfreude die gesamte Bürgerschaft, und in besonderem Maße nehmen die Ehrenbürger der Feststadt daran herzlich An teil. Wenn ich zugleich im Namen meiner Herren Mitchrenbürger, Seiner Erzellenz des Herrn Staats minister v. Metzsch und des Herrn Fabrikanten Uhlich, sowie gewiß im erhofften Einverständnis des anläßlich der Rathausweihc in unsere Reihen freudig aufgenommenen Herrn Geh. Kommerzienrat Vogel der Dolmetsch der Glückwünsche der Ehren bürger sein darf, so schätze ich mich in diesem Auf trage um so glücklicher, als ich mich nicht nur wäh rend meiner langjährigen, mir unvergeßlichen Amtierung an der Spitze der lieben Stadt, sondern auch in Erinnerung daran, jetzt und auch in der Zu kunft mit ihrer Bürgerschaft eng verbunden fühle, und als es mir vergönnt war, den nunmehr zur Tat gewordenen Gedanken unter der einmütigen Zustim mung der städtischen Körperschaften die LlZege bis zur Ausführung zu ebnen. Im Namen der Ehrenbürger bitte ich Sie, hoch geehrter Herr Oberbürgermeister, und die Herren Vertreter der Feststadt, neben der bereits überreich ten Erinnerungsgabe unsere wärmsten K lü ck - und Segenswünsche zur Vollendung dieses mäch tigen Werkes entgegenzunehmen, das seinen um die künstlerische Ausschmückung von Chemnitz hochverdien ten Meister in besonderem Maße lobt. Möge unter Ihrer umsichtigen und zielbewussten Leitung und dem mir bekannten vorbildlichen guten Einvernehmen in den städtischen Körperschaften die Stadt Chemnitz, die sich mit Stolz Sachsens welt bekannte Stadt der Arbeit nennen darf, auf der Bahn ihrer kraftvollen, kulturellen, wirtschaftlichen und ge sundheitlichen Entwicklung und im besonderen auch auf dem zu meiner lebhaften Freude immer hervor ragend gepflegten Gebiete ihrer Kirchen und Schulen so rüstig wie bisher fortschreiten und als eine Zierde im Kranze ihrer deutschen Schwestergroßstädte zur Ehre unseres Sachsenlandes und zum Heile und Wohl ergehen ihrer Bürger einer immer reicher gesegneten Zukunft entgegcngehen. In diesem innigen Wunsch begrüßen die Ehren bürger von Chemnitz die Feststadt an ihrem heutigen Ehrentage mit einem herzlichen „Glück auf im neuen Hause!" Oberbürgermeister Geh. Rat Dr. Beutler, der hierauf als Vertreter der Städte sprach, führte etwa folgendes aus: Einer liebenswürdigen Sitte folgend, kommen mit den Glückwünschenden und den Eadempendenden auch die Großstädte des Landes und die meisten Städte des kreishauptmannschaft lichen Bezirks Chemnitz, die mich beauftragt haben, die Gefühle zum Ausdruck zu bringen, die heute ihre Bürgerschaften und ihre Verwaltungsbehörden gegen über der Stadt Chemnitz beseelen. Ist auch die Erbauung und Einweihung des neuen Rathauses ein hocherfrculiches sichtbares Zeichen für das Wachstum und den Blütestand einer Stadt, so ist doch für den Politiker und Verwaltungsmann die Frage nach der inneren Stärke der Bürgerschaft, nach ihrem Gemeinsinn und ihrer Opferwilligkeit noch viel be- deutiamer. Mit neidloser Freude dürfen wir alle heute bekennen, daß in der Stadt Chemnitz dieser Gemeinsinn und diese Opferwilligkeit allezeit in be sonders glänzender Weise betätigt worden sind. Und wenn wir hoffen dürfen, daß auch die Königliche Staatsregierung ter Erhaltung der für unsere Städte lebenspendenden Kraft von Industrie und Gewerbe ihre Aufmerisamkeit nach wie vor widmet, jo werden die Städte und ihre Bürgerschaften auch im Stande und — wir dürfen es aus voller Ucbcrzcu- gung sagen — in dem kräftigen und dankbaren Ge fühl der Zugehörigkeit zu einem großen blühenden Staatswesen auch allezeit gern bereit sein, ebenso die Lasten der Selbstverwaltung wieder ihr überwiesenen staatlichen Aufgaben zu tragen. Die Geschenke aber, die wir heute darbringen, sollen nicht nur die Er innerung an den heutigen Fest- und Jubeltag wach erhalten, sondern fallen auch kommende Geschlechter an die gemeinsamen Interessen mahnen, die die sächsischen Städte miteinander verbinden, und daran erinnern, daß sie in dem Kampfe und Widerstreit der Bedürfnisse unü Meinungen niemals das Gemeinsame, sie alle Verbindende vernach lässigen, daß sie vor allem niemals die Quelle aller ihrer Kraft, die Zugehörigkeit zu dem geliebten sächsischen Vaterlande und zu dem großen herrlichen Deut schen Reiche vergessen. Ich schließe mit dem Wunsche, daß die Stadt Chemnitz und ihre Bürgerschaft wie an Wohlhabenheit und materieller Kraft jo an ethischen und geistigen Gütern wachse, daß sie alle zeit blühe und gedeihe! Das walte Gott! Im Namen der Schenlgeber aus der Bürgerschaft sprach sodann Herr Haud,l»kammerpräfidrnt Kommerzienrat Gulden. Er betonte, daß cs ihm zur hohen Ehre gleiche, an dem heutigen bedeutungsvollen Festtag die Glück wünsche aller Vereine, Korporationen und Einzel, schenter, die zur Ausstattung des neuen Rathauies beioetragen haben, insbesondere auch der in der Handelskammer vereinigten Kaufmannschaft von Chemnitz überbringen zu dürfen, als desjenigen Teiles der Bürgerschaft, der unserer Stadt schon von altersher ihren Charakter ausgeprägt und in der Hauptsache dazu beigetragen hat. sie zu hoher Blüte und Bedeutung zu entwickeln. In seinen weiteren Ausführungen pries der Redner Chemnitz als erste Fabritstaüt unseres engeren Vater landes und schloß mit dem Wunsche, daß der neue schöne Bau bestimmt sein möge, für alle Zeit der Mittelpunkt eines blühendin Gemeindewcsens zu sein, dass er die zukünftigen Geschlechter stets auf einen starken Gemeinsinn Hinweisen und der Sitz einer Stadtverwaltung bleiben möchte, die mit weit ausschauendem Blick die Erfordernisse erkennt und unterstützt, die zur gedeihlichen Fortentwicklung von Handel und Industrie und damit der ganzen Stadt notwendig erscheinen. Im Kasinosaalc fand um 1 Uhr eine Festtafel statt, bei der Oberjustizrat Stadtverorünctcnvorsteher Eulitz einen Trink spruch auf den König ausbrachte. kiitt üer Golüwsse. :6j Roman von Marie Stahl. (Nachdruck verboten.) Frau von Flamberg befand sich in einem Zustand glüalichster Aufregung nach diesem Besuch und sprach >n den darauffolgenden Tagen von nichts anderem. Geiersmart, üer große Mann der Erste im Land« nach dem Souverän, hatte sich so menschlich einfach und natürlich gegeben, als wäre er zu Hause in Satzenfelde, und mit seiner bezwingenden Liebens würdigkeit jede beengende Schranke Les Rangunter- jchicd.s inedergelegt. Die alte Dame fchwärmte; es war fast, als stände ihr Herz noch einmal im Feuer. Kläre mußte end- io>e Hymnen zu seinem Lob und Preis mit anhüren. Unü die glückliche Mutter war geneigt, alles im rosigsten Lickte zu jehen. Sie erklärte Sanna für oas schönste Mädchen und für eine vollendet« Dame. „Nun la, sie ist verwöhnt, aber sie ist auch durch aus berechtigt, große Ansprüche zu machen", jagte sie mit starker Betonung, um jeden Zweifel daran von vornherein als unerlaubt und ungehörig niederzu schlagen. Alles wurde immer von neuem Lurchgcsprochen und mit Hoyer Genugtuung von allen Seiten erwogen u.lo betrachtet, zur äußersten Qual Klärens, die gern Lei angestrengter Arbeit den schweren Tag zu ver gessen gluckt hätte. Aber Frau von Flambera ließ >ie nicht los. sie mußte ihr fast unausgesetzt Gesell schaft leisten, um sich mit ihr über das Glück des Brautpaares zu freuen, sich in dem neuen Glanz oes Hauses zu sonnen und das jetzt jo stolze Thema: Wir Flambergs", in allen Tonarten variiert, zu hören. Als nach drei Taaen die Möglichkeit erschöpft war, von neurm Sannas Haarfarbe, ihre Schönheit und den rrquisiten Geschmack ihrer Toilette wie Geiersmarks Unwiderstehlichkeit und Alexanders unerhörtes, wenn auch wohloerdientes Glück mit Kläre zu erörtern, lud sich Frau non Flambera ihre Schwägerin Frau Alla ran Gallwig ein. und nun konnte die Sache von vorn beginnen, mit verdoppeltem und verstärktem Reiz. Es wurde auch Kläre nicht erlaßen, dieser Sitzung bei Kaffee und Kuck«n beizuwohnen, denn die glück liche Mutter brauchte einen Zeugen für alle dies« fast unglaublichen Ereignisse und jemand, der ihre Schil derungen bekräftigte und verstärkte. Kläre mußtr ihren Teil an den Berichten beitragen, sie war so unvorsichtig gewesen, zu erzählen, was Geiersmark ihr'im Park gesagt von der ..lieben, alten Dame", dem „Heimchen am Herd" und seinem Wunsch, hier acht Tage und länger zu bleiben, um sich zu ver jüngen wie ein Adler. Frau von Flamberg wußte natürlich diese Worte auswendig, aber trctzdcm hatte Kläre sie mindestens dreimal täglich wiederholen und außerdem Pastor Grun-rt und sogar Haideklang rezitieren müssen Selbstverständlich wurde es ibr Frau von Gallwig gegenüber nicht erspart. Frau von Flamberg wandte sicy sofort an sie bei dem Thema „Eeiersmart": „Wre hat er Ihnen im Park gesagt, liebe Kläre? Wie war Lock das?" llnd sie durfte kein Wörtchen und kein Titelchsn auolasscn. Frau Alla besaß nun die durchaus menschliche Eigenschaft, lieber selbst große Ehrungen und Glücks fügungen zu genießen, als andere so hochgeehrt und bevorzugt zu sehen. Sic saß zwar gern in der schönen Maienluft auf dem Satzenselder Balkon bei dem sehr guten Kaffee mit fetter Sahne und süßem Streuzcl- kuchen, nm sich einmal von der Unruhe ihres kinder. reichen Daseins zu erholen, aber zuviel durfte man ihr nicht zumuten von Mitfreude und neidloser Er bauung an anderer Glück. Der Aergcr über Huldens Vereitlung der Gelegenheit, den Neid aller Mütter der Umgegeno bei Versendung der Verlobungskartsn zu erwecken, lag ihr noch im Blute. Sie bemühte sich denn auch, die Ekstase ihrer Schwägerin mit einigen kalten Wasserstrahlen zu dämpfen, indem sie gelegentlich fragte, ob Alerander sich nicht daran stoße, daß Sanna bereits cinmal verlobt gewesen, und ob man nicht wisse, das; Geicrsmark ein ganz skan dalöses Verhältnis mit einer verheirateten Fran haben solle. Frau non Flamberg wies diesen Klatsch entrüstet zurück und erklärte ihn für aus der Luft gegriffen. Aber es beunruhigte sie doch, daß man so etwas zu sagen wagte. Kläre hatte einen Brief von Hulde bekommen mit der dringenden Einladung, sie in der ..Villa Heim frieden" zu besuchen, und diese Einladung lautete auf den Namen ihres Onkels und ihrer Tante. Als nun Frau von Flamberg sich für den folgenden Tag eine gute Bekannte aus der Nachbarschaft einlud, bat Kläre um Urlaub zu diesem Besuch und ergriff die Flucht, denn sie fühlte sich außerstande, noch ein mal die ganzen Brautschaftsglückseligkeiten Alexan ders mit durchzukosten und abermals die wunder hübsche Geschichte von der lieben, alten Dame und dem Heimchen am Herd zu der Wirkung zu bringen, die sie verdiente. So fuhr sie auf einen ganzen Tag nach der Re sidenz. und Hulde erwartete sie dort an der Bahn. „Ich habe eine neue Liebe. Kläre. Das ist Onkel Gebhard", erzählte sie sofort in ihrer lebhaften Weste, während sie mit der elektrischen Bahn nach der Vor stadt fuhren. Von dort hatten sie noch ein Stück nach der entlegenen Villa Heimfrieden zu gehen. „Jetzt kann ich es gar nicht mehr begreifen, daß ich ihn früher nicht mochte. Er ist ja in manchen Dingen ein Original und hat Schrullen, aber im Grund« ist er prachtvoll." „Den Eindruck hatte ich von vornherein. Es freut mich sehr, daß Lu Las erkannt hast", «nlgegnete Kläre. „Ich muß sehr viel lernen und arbeiten", berichtete Hulde. „Aber es macht mir Freude und es ist Las einzige Mittel, das Leben zu ertragen, denn oft denke ich, ich halte es nicht aus. Ich meine, die Tren nung von Kuno. Onkel sorgt dafür, daß ich keine Zeit habe zu traurigen Gedanken. Den ganzen Vor mittag, bis drei Uhr, arbeite ich im Geschäft, das heißt, ich habe Unterricht in Buchführung, Schreib maschine und Stenographie und muß etwas Kor respondenz führen. Am Nachmittag habe ich zur Er holung Gartenarbeit und häusliche Arbeiten. In der Gärtnerei unterrichtet mich Onkel selbst, denn das ist sein Steckenpferd' Nähen und Flicken lerne ick bei Tante Lucie. Später soll ich einen gründlichen Koch kursus durchmachen. Und denke dir, auch in National ökonomie und Gesetz und Recht erteilt Onkel mir Lek tionen. Er sagt, er wolle mich wenigstens über alles aufklären, was Li« Recht« der Frau und die Ver mögensverwaltung beträfe." Kläre äußerte ihre lebhafte Zustimmung und Be wunderung für dies« Art von Ausbildung. „Es ist nur merkwürdig, daß er seine Frau so unselksständig gelassen und eine solche Null aus ihr gemacht hat, da er doch ein ganz anderes Frauenideal zu haben scheint", sagt« sie beiläufig. „Oh, er meint, seine Frau habe es nicht nötig, er sorg« schon gut für sie: aber man könne bei jungen Mädchen nie wissen, ob sie nicht in die Lag« kämen, für sich selbst sorgen zu müssen, auch in der Eh«, uns darum sei «s notwendig, daß sie in allem Bescheid wüßten und sich auch allein helfen könnten. Und denk« dir nur, Kläre, Kuno hat wieder eingelenkt. Nun er sieht, daß ich fest bleib«, gibt er nach. Er hat mir kürzlich einen Brief geschrieben, in dem er sagt, daß er mir ja meine volle Freiheit lassen wolle, ich solle bei Onkel lernen, soviel ich Lust habe, seine! wegen die ganze Papierfabrikation, nur schreiben solle ich ihm manchmal und ihm alles erzählen. Ich habe Onkel Len Brief vorgclesen. und cr hatte nichts dagegen, daß wir etwas korrespondierten. Er wünfchte jedoch, daß ich ihm nur alle oicr.rehn Tage einmal schreibe, denn Briese seien eine brotlose Kunn, und es käme selten viel Gutes dabei heraus. Und ich soll nicht als Braut, sondern nur als Cousine unter zeichnen. Und das tue ich nun auch." Kläre sagte, daß sie f«hr erfreut sei über Liese Wendung der Dinge. „Dein Onkel handelt sehr klug, daß er euch nicht mit Gewalt auseinanüerreißt, er weiß doch, dann würde die Korrespondenz heim lich, hinter seinem Rücken, geführt. Und habe ich nicht recht gehabt, daß Kuno nachgeben würde, wenn du fest bleibst? Jedenfalls ist für jetzt und alle Zeiten deine Stellung ihm gegenüber eine unabhängige und deiner würdig. Das ist es, was alle Frauen in erster Linie beob achten sollten in ihrem Verhältnis zum Mann: nur dann können sie ihre Stellung in der Ehe auf ein höheres Niveau heben, wenn sie sich von vornherein moralisch und materiell unabhängig machen. Nur um Gottes willen nicht auf Gnade oder Ungnade des Mannes angewiesen sein, und wenn er der Beste ist! Es liegt zu tief in der menschlichen Natur begründet, daß wir denjenigen gering einschätzen, der mit seiner ganzen Existenz von uns abhängig ist, und daß Macht stets mißbraucht wird. Auch kann kein Mensch zu dem wahren und eckten Ehrgefühl kommen, der kein Selbstbestimmungsrecht hat." „Ja, ich stehe jetzt ganz auf deinem Standpunkt, und ich habe jo viel von dir gelernt", bemerkte Hulde mit'Enthusiasmus. „Aber erzähle mir doch von Alexanders Braut. Ich sterbe vor Neugierde, etwa» von ihr zu hören." „Sie ist bildhübsch und sehr elegant, aber sie ge hört sicher nicht zu den Frauen, die Männer glücklich machen. Mir ist sie furchtbar unsympathisch", be richtete Kläre offen und ohne Rückhalt. „Sie ist hoch, mutig und kalt. Er läßt sich wohl an ihrer Schön heit genügen und findet reiche Entschädigung in den oroßen Vorteilen, die diese Verbindung für ihn mit sich bringt." (Fortsetzung in der Morgenausgabe, f
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