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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 02.02.1914
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1914-02-02
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19140202021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1914020202
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1914020202
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-02
- Tag 1914-02-02
-
Monat
1914-02
-
Jahr
1914
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Set» 2. Nr. SS. Nveno»ttusoaoe. Vas wichtigste. * Oberst v. Reute r wurde zuin Komman deur des Grenadier Regiments Nr. 12 in Frankfurt». O. ernannt mrd Leutnant Frei - Herr v. F o r st n c r in das Infanterie-Regiment Nr. 14 nach Brom berg versetzt. (S. Pol. Uebers). * In Br a ll n s ch weist kam es am Sonn tag bei erneuten S t r a s; e n t u n d st e b u n g e n der Sozialdemokratie zu einem ernsten Zusammenstoss mit der Polizei. (S. Pol. Uebers). * Das griechische Königspaar wird im Frühjahr eine Reise nach England untere nehmen. » Beim Unterstang des deutschen Vicrmasters „H e r a" sind sechzeh n M ann, darnnter der Kapitän, ertrunken. (S. Nachr. v. T). * Bei den U e b e rs chw e m m u n g e u im Staate Bahia, sollen nach einem Kabelgramm ans Rio de Janeiro viele Menschen um gekommen sein. politiletie UeberlieM Aaberner Nachklänge. Oberst von Reuter und Leutnant von Forstner versetzt. Oberst von Reuter, Kommandeur des S. Oberrhein. Infanterie-Regiments Nr. 99, ist als Kommandeur des Grenadier-Regiments Prinz Karl von Preußen (2. Brandenburgischen) Nr. 12 nach Frankfurt a. O. versetzt worden. Die Order des Kaisers, durch die ihm diese Bersetzung persönlich mitgeteilt wird, ist, wie der „B. L." meldet, am Sonntag nachmittag an ihn abgegangen. Der Oberst von Reuter tritt damit an die Spitze eines durch seine ruhmvolle Kriegsgeschichte weitbekannten Regi ments, und die Bersetzung erhält noch für den Obersten dadurch eine besondere Bedeutung, daß einst sein Bat er an der Spitze dieses Regiments in» Jahre 1870 aus reichslän dischem Boden einen ehrenvollen Sol dat e n t o d gefunden hat. Wenn eine Bersetzung des Obersten von Reuter im Interesse der Be ruhigung der Gegensätze vielleicht manches für sich hat, so ist sie jedoch in einer Form erfolgt, die für ihn durchaus ehrenvoll ist. Gleichzeitig wird bekannt, daß der Leutnant Frhr. von Forstner in das Jnsanterie-Rc- gimcnt Graf Schwerin (8. Pommcrschcs) Nr. 11 nach Brom berg versetzt ist. Ueber die neuen Männer im Elsaß sagt die „Boss. Ztg.": Wenn auch die Wahl des künftigen Statthalters noch in der einen oder anderen Richtung einen Kurswechsel be deuten kann, was aber kaum anzunchmen ist, so dürste sie jedenfalls irgendwelche Hoffnung auf eine Bergeltungspvlitik nicht erfüllen. Gras Roedern ist eine zielsichere und durchaus selbst bewußte Persönlichkeit, dabei von liebenswürdi gem und entgegenkommendem Wesen. — Der „L o k a l-A n z e i g er" sagt: Die Bereitwillig keit des Grafen Wedel, noch einige Monate an der Spitze der Regierung auszuharren, bietet der elsaß-lothrmgischcn Bevölkerung gewiß sehr wertvolle Garantien für die Kontinuität der Bcrhältnisse. — Die „Straßburger Bür ge rzeitilug" (fortschrittlich) schreibt: „Die Ernennungen der preußischen Bcrwaltungs- bcamtcn sind hier im Lande erwartet worden. Wenn die beiden ncuernannten Männer mit den Borgängen und Berhältnissen in Elsaß-Loth ringen nicht besser vertraut sind als die Elsaß- Lothringer mit ihnen und ihrer Vergangen- hcit, so iverden sie wohl eine ziemlich mühe Leipzlger Logediatt. Montag, 2. Februar 1914. volle Laufbahn Haven." — Die „Straßb. Neue Ztg." (demokratisch) schreibt: „In der Tat ist die Ernennung der beiden neuen Herren für uns im Lande keineswegs überraschend, da die bisher genannten Kandidaten anscheinend nicht in Betracht gezogen iverden tonnten. Beide werden als gute preußische Berwaltungsbeamtc schlechtweg bezeichnet und sind bis jetzt politisch so gnt wie gar nicht hervorgetreten." Der Ihrresche Entwurf -es Washingtoner Sotschafterpalais zurückgewiefen. Von unterrichteter Leite wirt uns geschrieben: Die Entscheidung des Kaisers, daß keiner der vvn der Jury preisgekrönten Entwürfe für ein Bot schafterpalais in Washington zur Ausführung ge langen solle, insbesondere nicht der vor allem dazu auserjehene Entwurf des Professors Möhring, er regte seinerzeit, wie erinnerlich, in den Kreisen der beteiligten Architektenschaft berechtigtes Aussehen und ries lebhafte Kegenäußerung hervor. Be sonderen Anstoß nahm man daran, daß der Kaiser ausschließlich das Projekt des Geheimrats v. Ihne zur Bauausführung bestimmt wissen wollte, ein Entschluß, der innerhalb der deutschen Architekten aus künstlerischen und baulichen Gründen als un glücklich bezeichnet wurde. Den Protesten und ab lehnenden Aeußerungen gegenüber hat sich nunmehr die Akademie des Bauwesens in gründ lichster Weise mit dem Ihneschcn Entwurf befaßt, und das Resultat dieser Prüfung durch die sachver ständige Stelle ergab die gleiche Meinung von dem Entwurf Ihnes, wie sie von der öffentlichen Meinung und der deutschen Architektenschast schon längst ausgesprochen war. In ihrem Gutachten be zeichnet die Akademie des Bauwesens das Ihnesche Projekt in der ihr vorliegenden Form als zur Ausführung in keiner Weise geeignet. Diese Ablehnung des an Allerhöchster Stelle ge wünschten Entwurfes wird aller Voraussicht nach einen neuen Wettbewerb zeitigen. Es sollen zu dieser Konkurrenz noch einmal herangezogen werden die vier Preisträger des ersten Wett bewerbs, nämlich die Architekten Prof. Möhring, Thnriot, Pros. Dülser und Engler aus der einen Seite und Geheimrat v. Ihne auf der anderen Seite. Nach dem Wunsche der Akademie wird wahrscheinlich ihr Gutachten über die Ablehnung des Ihneschcn Entwurfes demnächst der Oeffentlich- kcit zugänglich gemacht werden. Neue Straßenkun-gebungen in Sraunfchweig. Am gestrigen Sonntag nachmittag fanden nach einer von der sozialdemokratischen Parteileitung ein berufenen großen öffentlichen Volksversammlung in Braunschweig erneute Kundgebungen statt. Um 12 Uhr drang die Menge in geschlossenem Zuge nach der Stadt vor, wo inzwischen die Polizei- Verwaltung umfassende Vorkehrungen getroffen hatte. Ueberall standen starke Schutzmanns ketten und sämtliche Nachtschutzleute standen in Reserve bereit. Zum ersten ernsten Zu sammenstoß kam es diesmal am Hagen markt an der Hagenbrücte. Schmährufe auf die Polizei veranlaßten die Beamten zum Vorgehen Die Erbitterung auf beiden Seiten war sehr groß, und eine große Anzahl Fensterscheiben wurden in der Umgegend der Hagenbrücke ein geworfen. Die Polizei ging rücksichtslos vor und trieb die Menge auseinander, wobei mehrere Demonstranten, man spricht von 9—12 Personen, erhebliche Ver letzungen erhielten. Auch einige Polizeibeamte wurden verletzt. Mehrere Verhaftungen er folgten. Französische Vreßsiimmen über -ie Neöe Caillaux. * Aus Paris meldet der Telegraph: Die Rede des Finanzministers Caillaux wird von den ge mäßigt - republikanischen und konserva tiven Blättern überaus scharf kritisiert. Die „Röpubligue franeaise" erklärt: Wie die Reden Eaillaur verblüfft auch diese durch ihre Verwegen heit. Keine einzige seiner Behauptungen ist richtig, und Caillaux wagte nur deshalb, sie zu stellen, weil er auf die Unkenntnis und Vergeßlichkeit seiner Zuhörer rechnete. — Der „Figaro" schreibt: Caillaux' Rede bewegte sich nur in Allgemeinheiten, die sich jeder Erörterung entziehen. Ist dies mit der Geringschätzung M er klären, welche der Plutokrat der gesunden und nüch ternen Denkweise seiner Zuhörer entgcgenbringt, oder handelt es sich um die Geschicklichkeit eines Dema gogen, der alle Einzelheiten verweigern wollte, um die Versammlung nicht zu erschrecken? Sicher ist, daß die einzige bestimmte Erklärung, die er abzugeben bereit war, bewußt oder unbewußt irrtümlich war. — Die radikale Presse drückt zu Caillaux' Rede ihre lebhafte Zustimmung aus. So schreibt der „Radikal": Selbst denjenigen, welche ihn beschuldigen, die Sicherheit zu stören und die Gesetze zu hemmen, zeigte der Minister die Not wendigkeit der Reformen, und er tat dies mit dem klaren und methodischen Geiste, der die Um- gestaltung der Zukunft vorbereitet. — Die „Aurore" sagt: Caillaux hat durch seinen Hinweis auf die Ver blendung der bevorzugten Klassen einen seltsamen Akut bewiesen, der ihm vielleicht den Kroll und Haß der Bourgeoisie zuziehen oder ihm in der Geschichte einen Ehrenplatz einräumen wird. — Jaures be dauerte in der „Humanits", daß Caillaur die Rede des Kriegsministers Noulens über die Notwendig keit der dreijährigen Dienstzeit nicht korrigiert habe, denn was nütze die Sreuerreform. wenn in der Kriegsverwaltung alles rückschrittlich, träge und nachlässig ici, wie es die jüngste Senatsdebatte über das Militärflugwesen gezeigt habe. Heer und Flotte. Seschleunigung -es französischen Linken- sihistbaues. Die französische Kammer hat bekanntlich einen Gesetzentwurf angenommen, der eine Aenderung des französischen Flotten-Bauprogramms insofern ent- hält, als er den Marincininister ermächtigt, im Jahre 1911 ein Linienschiff und drei Aufllärungs- schisfe auf Stapel zu legen. Von dem französischen Marincminister war diese Aenderung folgendermaßen begründet worden: „Nach dem Flottengcsetz von 1912 sollten im Jahre 1911 zwei Linienschiffe auf Stapel gelegt werden, und zwar am 1. Oktober. Die Regierung beabsichtigt nur die Stapellegung eines Linien schiffes, diese aber am 1. Januar, aus folgenden militärischen Gründen vorzunehmen: Es ist eine allgemein anerkannte Tatfache, daß die Lirrien- schiffstresfen aus gleichen Schiffen und die Ge schwader aus 8 oder 8 Lchiffen bestehen müßen. Der Conseil superieur hat im vorigen Jahre ent schieden, daß die Geschwader aus 8 Schiffen zusam mengesetzt werden sollen. Dieser Beschluß ist be reits durchgeführt. Aus diesen Gründen muß man darauf bedacht »ein, so viel Schiffe gleicher Gattung zu bauen, daß obiger Grundsatz befolgt werden kann. Das trifft zu für die im Jahre 1910 auf Stapel gelegten 4 Schiffe der „Jean Bart"-Klasse („Jean Bart", „Courbet", „Paris", „France") und jür die im Jahre 1913 begonnenen Schiffe der „Normandie"-Klassc („Normandie", „Flandre", „Gascogne", „Languedoc"). Im Jahre 1912 sind aber nur 3 Schiffe auf Stapel gelegt worden. („Bretagne", „Provence" und.Lorraine" als Ersatz für „Liberte". Diese Schiffe gleichen Lenen der „Normandie"-Klasse, aber da sie mit diesen zusam men ein Geschwader von nur 7 Schiffen bilden würden, ist es unbedingt nötig, ein neues Linien schiff möglichst bald aus Stapel zu legen, damit es ungefähr mit der „Normandie"-Klasfe zusammen fertig wird. Deshalb wird beantragt, eines der 1914-Schisfe anstatt am 1. Oktober schon am 1. Ja nuar auf Stapel zu legen, das andere 1914-Schisf aber erst im Jahre 1915 zu beginnen." Diese Darlegung des französischen Marineministers kann zu der falschen Annahme führen, daß Frankreich keine Beschleunigung, sondern vielmehr eine Ver langsamung in der Verwirklichung seines Flotten gesetzes eintretcn lasten will. Die „Marine-Rund schau" weist daher in ihrem Fcbruarheft jene An nahme zurück, indem sie folgendes geltend macht: Wenn man sich kurz die Bautätigkeit der letzten Jahre vor Augen führt, kommt man zu der Ueberzeugung, daß das Flottenqesctz, wenn in dem bisherigen Tempo weitergebaut wird, nicht erst 1920, sondern schon 1918. wenigstens in bezug auf die Linien schiffe, zur Durchführung gebracht sein wird. Bei den Ausführungen des Marineministcrs wird mit keinem Wort erwähnt, daß die nach dem Flottcngesctz erst 1914 zu bauenden Schiffe bereits im Oktober 1913 auf Stapel gelegt worden sind („Flandre" und „Gas cogne"); sie werden also stillschweigend als drittes uno viertes 1913-Schisf gerechnet. Somit wäre >m Jahre 1914 eigentlich gar kein Linienschiff fällig, und die Stapellegung eines Linienrisses lder „B«.arn ) bedeutet ein Vorgreifen auf ein 1915-Schiff. Deutsches Reich. * Aufenthalt der Zarenfamilie in Deutschland. Auf den Rat ihrer Aerzte wird die Zarin Alexandra von Rußland wieder zur Kur nach Bad Nauheim reisen. Auch die Zarenfamilie wird zwei Monate im Herbst dieses Jahres in Darmstadt verleben. * Bayern und der Schutz der Arbeitswilligen. Auf eine Umfrage der Reichsregierung erklärte sich die bayrische Staatsregierung für eine Aende rung des Strafgesetzbuches zum Schutze der Arbeits willigen. * Der Kampf gegen den Schmutz in Wort und Bild. Die süddeutschen Regierungen haben im Bunoesrat den baldigen Erlaß verschärfter Gesetz bestimmungen beantragt gegen den Schmutz in Wort und Bild. Der Antrag der süddeutschen Regierungen geht konform mit dem seit Jahresirisr dem Bundesrat vorliegenden Antrag. Hamburgs auf Beschränkung des Etraßenhandels mit Zeitungen und Zeitschriften, deren Inhalt unsittlich wirkende Abbildungen ent hält, durch die Reichsgewerbeordnung. * Der Aerztestreit in Breslau. Der Verein Bres lauer Aerzte hat beschlossen, vom kommenden Donners tag an, die Mitglieder der im Kampfe stehendenKrankenkassen und ihre Familien angehörigen, die einen Anspruch auf ärztliche Be handlung in den Kasten haben, nicht mehr zu behandeln, auch nicht als Privatpatienten. Die Vorstände oller dieser Kasten sollen sich nur an solche Aerzte wenden, die sie selbst von außerhalb heran gezogen haben. * Ein nichtsozialdemokratischer Borstand der Münchener Ortskrankentasse. Für die bisher unter ausschließlich sozialdemokratischer Parteiherrschajr stehende Ortskrankenkasse München, die größte Bayerns, wurde zum ersten Male wieder seit über 20 Jahren em nicht sozialdemokratischer Vorstand bestellt. Die sozialdemokratische Zwangs herrschaft in den Kastenämtern war bereits durch die letzten Wahlen von den Kastenmitgliedern be seitigt worden. Ausland. Oesterreich. * Verhafteter Spion. Großes Aufsehen erregt einem Telegramm zufolge in Innsbruck die Ver haftung des Privatbeamten Easperazzo, der der Spionage zugunsten Italiens beschuldigt wird. Eine von der Militärbehörde oorgenommene Haus suchung hat viel belastendes Material zutage gefördert. Englan-. * Bolksschullehrerstreik. Aus London, 2. Februar, wird uns gedrahtet: In Herefordshrrc beginnt heute ein Streik von Volksschullehrern. 230 Lehrer haben gekündigt und fünf Schulen müssen zeschlosten werden, während in vielen anderen der Interricht wegen Mangels an Lehrkräften cinge- chränkt werden wird. Die Ursache des Streiks liegt rn den Gehaltsverhältnissen. Italien. * Erenzoerstärkungen. Wie uns ein eigener Drahtbericht unseres Mailänder Mitarbeiters meldet, bringen die dortigen Blätter aus Turin Rteloungen, wonach Italien seine Rüstungen an der ganzen We st grenze verstärke. An den wichtigsten Grenzübergängen und Pässen werden sehr starke Befestigungen erbaut. Selbst gegenüber von M o - naco in nur 8 Kilometer Entfernung ist mit der Anlage von Erdwällen zur Errichtung eines Forts begonnen worden. Nußlan-. * Besuch de» englischen Königspaares beim Zaren paar. Aus Petersburg, 2. Februar, meldet uns ein Telegramm: Las englische Königspaar wird am 9. Juli d. I. in den Finnischen Schären zum Besuch des Zarenpaares eintreffen und dort drei Tage bleiben. HU »i'i»« voll lii.vllnvi', Ullivorsitkitsstrisjv 2. Vas sterbende vorl. 33) Roman von Ewald Gerhard Seeliger. (Nachdruck verbot«») Inzwischen waren die beiden Gäste, auf deren Besuch man kaum noch gerechnet hatte, von der Bäuerin in der Wohnstube begrüßt wor den, die dann ihre Tochter aus der Klickse her- einrief. Sie wär ein großes, starkgewachsenes Mädchen mit kräftigen Händen und einer ge sunden Gesichtsfarbe. Ihr von der Herdhitze glühendes Gesicht wurde noch röter, als ihr Karl Peukcrt die Hand bot. Mehr als einen Guten Tag! wußte sie nicht zu sagen. Auch Karl Peukert schwieg. Es lag ihm zu schwer auf dein Herzen, daß er Margarete Do- btsch nicht vergessen konnte. Nur mit halbem Ohr hörte er auf die Fragen, die Paulas Eltern an ihn richteten, und die in gar keiner Beziehung standen zu dem, was ihn augenblicklich bewegte. Life dagegen fand sich schneller in die neue Situation. Ihr gefiel Paula sehr gut. Bald verschwanden die beiden Mädchen in die Küche, und so blieben der Bauer und die Bäuerin mit Karl Peukert allein. Aber das Gespräch kam nicht in Gang. Dann wurde selbstgebackener Kuchen und eine Flasche Schlchenlikür auf den Tisch gestellt. Auch eine Zigarre nahm Karl Peukert an, die ihm der Bauer anbot, und ließ sich von ihm durch das Gehöft und die Wirt schaftsgebäude führe». Max Hanschke trafen sic nicht, der saß hinter dem Garten unter der verwilderten Weißdoruhecke und haderte heftig- lich mit seinem Schicksal. Als der Bauer mit seinem Gaste in den Kuh- stall kam, gesellte sich die Bäuerin zu ihnen, die nun Paula kräftig zu loben begann. Am Nachmittag wollten sie sich die Felder anschcn. Da- Mittagessen, das schon nach einer Stunde auf dem Tisch stand, war einfach und kräftig und bestätigte das Lob, das Paula von ihrer Mutter gespendet worden war. Sie fuhr auch deshalb darin fort. Life unter stützte sie nach Kräften, und Paula kam über haupt nicht aus dem Rotwerdeu heraus. Die Männer sprachen nicht viel und machten sich gleich nach dem Essen zu einem Gang auf die Felder aus. Mar Hanschke trieb endlich der nagende Hun ger in die Küche au den Gesindetisch, wo man ihm ohne weiteres den Ehrenplatz einräumte. Die beiden Knechte und die Magd hatten cs bald weg, daß Mar Hanschke kein gewöhnlicher Kutscher ivar, und estiinierten ihn als einen seinen Herrn. Bald daraus saß er wieder unter der Weiß- dornherke. Er wußte wirklich nicht mehr ein noch aus und schmiedete Pläne, die er alle verwarf. Schließlich blieb nur noch Kanada übrig! Was er halb im Scherz gesagt hatte, das mußte nun bitterer Erust werden. Da hörte er aus dem Garleu, von dem ihn die Hecke trennte, näherkvunnende Schritte. Er lugte hindurch und sah Life Peukert und Paula Griebsch, die engumschlnugen durch die blühen den Stockrosen gingen, als könnten sic sich schon jahrelang. „Ihr habt aber einen feinen Kutscher!" hörte er Paula Griebsch sagen. „Ach, das ist so ein verrückter Sladtmensch!" sagte Life ganz ausgelassen. „Ein Schrelber, der Landwirt werden will." „Nicht möglich!" ries Paula Griebsch und schlug die Hände zusammen. „So was ist mir ja mein Lebtag noch nicht vorgckommen, der muß ja ganz durchgedreht sein." „So arg ist c» gerade nicht!" lenkte Life ein und blickte blinzelnd in die Sonne. „Er will nämlich nach Kanada answandern." Mehr konnte Max Hanschke beim besten Wil len nicht verstehen, denn sie entfernten sich wieder von seinem Platze. Aber Lises Rede hatte so anteillos geklungen, daß ihn die blanke Ber- zweiflung packte und er sofort ins Wirtshaus lief, um sich einen Rausch anzutrinken. Allein das Bier war so schal, daß er kaum das erste Glas hinunter brachte. Ilm sieben Uhr mußte er anspannen. Beim Abschied küßten sich die beiden Mädchen. Nach der Heuernte sollte Paula mit ihren Eltern nach Grämtau zu Besuch kommen. Karl Peukcrt reichte Paula die Hand und drückte sic ihr ein wenig. Sic hatte ihre mädchen hafte Scheuheit schon so weit besiegt, daß sie ihn verstohlen anschcn konnte, ohne rot zu werden. Kurz vor 10 Uhr kamen sic ohne Unfall nach Gramkau, und Life schlüpfte schnell ins Haus. Max Hanschke war jetzt fest entschlossen, sei nen Dienst möglichst bald aufzugcbcn un) übers große Wasser zu gehen. Kam er da drüben nicht als Landwirt vorwärts, so wurde er eben etwas anderes, vielleicht Hausierer oder Straßen bahnschaffner. Das ivar freilich bitter, und er schlief endlich mil einem so schweren Kopf ein, als hätte er in Pogerau mindestens zehn Glas von dem schalen Bier getrunken. 13. Rübenhack zog mit Sack und Pack in die Stadt und ans seinem leeren Hose nisteten sich eine Menge Maurer und Zimmerleute ein, die einzureißen und auszubaucn begannen, daß der Staub in dichten Wollen emporstieg. Bedächtig aber nachdrücklich wuchs zwischen Kuhstall und Schweinestall, die zu einem Kesselhaus verwan delt wurden, ein dicker Fabrikschornstcin in die Höhe. In die Wände der massiven Scheune, die zum Trockenraum der frischgeschälten Weiden bestimmt war, wurden große Fenster gebrochen. Aus dem Herrenhaus und aus dem Pserdcstall machte mail Wohnungen für die Arbeiter und in dem GraSgarlen hinter der Scheune grub man große flache Gruben, die mit Lehm ge dichtet und mit Wasser gefüllt wurden. Bald kamen die ersten ungeschälten Weiden an, die man in diese Gruben zum Treiben setzte. Einige Tage später stellten sich schon einige vielköpfige Arbeiterfamilien ein, und das Weidenschälen be gann, noch bevor der letzte Bauhandwerker das in eine Fabrik verwandelte Gut verlassen hatte. Auf dem Hof, von dem die Düngcrstätte ver schwunden war, saßen die Frauen mit ihren Kindern und schälten die schlanken Gerten, daß die Rinde nur so wcgflitzte, denn sie arbeiteten im Akkord. An einem Tage wurden bei Medardus Häh- nel nicht mehr als sechzehn schulpflichtige Kin der angemeldet. Mit heimlichem Ingrimm ver teilte er sic auf die Bänke und ging am Mittag zu Karl Peukert, um ihm vorzuschlagen, die Ge brüder Stacher in erhöhtem Maße für die Schul lasten hcranzuziehcn, was auch sofort auf die Tagesordnung der nächsten Gemeindeversamm lung gesetzt wurde. Auch auf dem Stadtgnt begann cs sich zu regen. Eine Kompanie Handwerker rückte heran. Die Gebäude wurden nen gedeckt. Auf den Pferdestall und aus das Wvh Haus wurde em neues Stockwerk gesetzt und un Handumdrehen gab es auf dem Staotgutc zwölf kleine Woh nungen, die von den Gebrüdern Stacher sofort für ihre Arbeiter requiriert wurden. Es war mit Sicherheit voraus zu berechnen, daß sich die Schülcrzahl des Dorfes in kurzer Zeit ver doppeln würde. Das Aergste aber war, daß die Bauerci ansteckend wirkte. Die kleinen Leute - im Dorf besahen sich eingehend ihre Hausgrund stücke und dachten ernstlich darüber nach, an welcher Seite sic wohl am besten einige Arbeiter wohnungen anflickcn könnten. Besonders der kluge Klamt umschlich das Stück Kartoffelland an der Stadtarcnze, wie der Fuchs den Tauben schlag, und berechnete haargenau die Mieten, die ihm ein dreistöckiges oder gar ein vier stöckiges .HauS einbringcn würden. Schlau wie er war, hatte er bereits bei der städtischen Sparkasse um Baugeld angcfragt und sofort eine Zusage erhalten. Karl Peukert wich keinen Schritt zurück. Auf eine» Antrag hin beschloß die Gemeindever- ammlung, nicht nur den Gebrüdern Stacher. andern auch dem Magistrat, als Besitzer des StadtguteS, die Lasten zu den Schulbeiträgen zu erhöhen. Da von beiden Seiten energisch pro testiert wurde, ging die Sache an die Regierung. Da ruhte sie einstweilen in irgendeinem Akten schrank. (Fortsetzung in der Morgenausgabe,)
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