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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 23.01.1914
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1914-01-23
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19140123024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1914012302
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1914012302
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-01
- Tag 1914-01-23
-
Monat
1914-01
-
Jahr
1914
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Abend-Ausgabe kür Lttpzig oa» v»r»rt« Sor« oafrr, krü-rr uat Sprsttrur« LmalttlgNck» in» Yao» grdrockt: «»natU»i.»M.. »i«rt«lUihrtt» ,.7S M. Sri »rr v«tt>an,N,U«. unsrn, Mal«, «n» Nu.gad,N«U«o odgrhottr monattt» i M.. »>«rt«llLhrU» r M. D»r<d Sl» p»ft, im>«rhald d«ntschlon», un» ürr Srutfch« S»l»at«a «»aatUch >^s «.. »trrtrUSHrUch «.so M., ausschUrAllch p»std»Ü»U,,tS. da» leipziger Tageblatt «rfchelat werktags Lmal, «oon- u. jeterrag» lmal. 2a Leipzig, S»a Nacddarorten unS Sen «vrten mit eigenen Zltialru wirS Sie ftbenSausgab« noch am ftdeaü Se» Erscheinen» i » Hou» geliesert. ch»rl>a»rKeSaktionr2nS»nA»It»nt7,^crntvr»-»>, n^>>'ii»- Nr.«»7 /lrntsbloLt des Rute» und despolizeimnLes der Stadt Leipzig «»Saktlon un» Seschütt-geller ^»bonni-gost» Nr.«. o Zernsprech-NnschiuS Nr. 14001, 14SSZ ua» >«»»«. ISS. Jahrgang . m« Inserat, au» Leipzig ua» Umgebung big /^"I* *kF»lls)rkIfst » ispatttgepetitzeiieupf.. Sie Nekiamezettet M., »»n ouiwatt» zo Pf., Nekiomen I.LS M.. ZamiUra» o. klein» hnzetgea St» peNezeil, nuri» Pf , Inserat« van VehSrüen im amtlichen Teil St» petitzril« S0 Pf. S»fchSf»»aaz,ig«n mit plagvorschritt im Preis« »rbtbt. Rabatt »ach larif. veilagegrdühr: Sesamtoufi.S M. Sa» TauseaS au»schl p»stg»dübe. Mazrigkn-Nnaahm«: Iohaaai»gasse», b«t sämtlichen tiuo»»a Se» Leipzig«« Iog«blatt«» unS aU«a Nnn»acrn-<xp«-itt»a«a S«» In- unS no»ivnS«s. SeschSstssiell« für Vrrltn u. St« pr. Vran «ndurg: vtrekttan walt«r Ztt«g«l, Serltn w. io. Mor»aretl>"iNraS» ». Z«rnspr«ch-NnschluS! LUgaw »071. m. 4l. Muag, Len LS. Isnusr. IS 14. Vas Wichtigste. * Die Zweite Kammer erledigte heute vor mittag einige kleinere Etatkapitel. (S. Ber.) * Im Reichstag begann heute mittag die Er örterung über die Zabern-Intcrpellation. (S. Der.) * Die englische Kabinettssitzung hat zu einer Verständigung im Kabinett über die Flottenfrage geführt. (2. Ausl.) * Nach einer amtlichen Meldung beträgt die Zahl der Arbeiter Petersburgs, die die Arbeit niedergclegt hat, 110604. sS. Ausl.) - Der provisorische Präsident Albaniens Ismael Kemal hat seine Machtbefugnisse der Inter nationalen Kontrollkommission über geben. (S. Ausl.) Der politische Kurs in Sapern. Don Dr. M. I. Jacobi, München. Die politischen, kulturellen und wirtschaftlichen Scheidewände zwischen Süd und Nord im deutschen Vaterland sind längst gefallen. Die Wesens verschiedenheit zwischen den deutschen Stämmen, die in Jahrhunderten politischer Zersplitterung und Ent kräftung von den Feinden des deutschen Volkes künst lich großgezüchtet worden ist — auch sie hat im Früh ling der neuen deutschen Einheit fast völlig ver schwinden müssen. Mit dem wachsenden Verständnis für die in Blut und Tränen gereifte Eigenart der deutschen Stämme ist auch das unerschütterliche Be wußtsein nationaler Zusammengehörigkeit vom Fuße der deutschen Alpen Ins zur Wasserkante Dolksgut im edelsten Wortsinne geworden. Um so unbeachtlicher werden hier und da bemerkbare Rückfälle in parti- kularistische Eigenbrödeleien bleiben. Sind sie doch zumeist nur ein charakteristisches Zeichen politischer und kultureller Unbildung, vielleicht auch übertriebe ner Empfindlichkeit und böser Absicht aus partei politischer Engherzigkeit. Das Wortgeschmetter der Volkstribunen vom „Preußenbund" über die drohende Demokrati sierung Preußens vom deutschen Süden, besonders von Bayern her, beweist nur, daß auch in sozial vor gerückteren Berufsschichten Preußens das Verständ nis für das bayerische Volk recht mangelhaft ent wickelt isr. So entsteht dann aus dem Eindrücke Sportliche Setätkgung. Von Theodore Roosevelt*). Wenn ein Mann sein Leben überschaut, denkt er Uber sich selbst als Kind in der Tat objektiver als über Vater und Mutter. Er hat das Gefühl, als ob jenes Kind» nicht sein eigenes, gegenwärtiges Ich, sondern ein Vorfahr wäre: genau so gut ein Vorfahr wie beide Eltern. Das Sprichwort „Das Kind ist der Vater des Mannes" kann ebensogut in einem Sinne aufgefaßt werden, der fast das Gegenteil von dem ist, der ihm gewöhnlich beigelcgt wird. Das Kind ist insofern der Vater des Mannes, als seine Individualität eine ganz andere ist als die des Er wachsenen, zu dem es sich entwickelt. Vielleicht ist dies einer der Gründe dafür, daß ein Mann mit solcher Objektivität über seine Kindheit und erste Jugend reden kann. Da ich ein kränklicher, von Natur durchaus nicht zu körperlichen Heldentaten veranlagter Junge ge wesen war und meist zu Hause gelebt hatte, war ich anfangs völlig außerstande, mich zu behaupten, wenn ich mit andern, rauher erzogenen Jungen in Be rührung kam. Ich war nervös und furchtsam. Dabei hatte ich aber so viel von bewundernswerten Män nern, wie den Soldaten von Vally Forge, Morgans Büchsenmännern und den Helden meiner Lieblings geschichten gelesen, so viel von den Taten meiner süd staatlichen Vorfahren und Verwandten gehört und blickte mit solcher Bewunderung zu meinem Vater auf, daß ich auch hohe Bewunderung empfand für Männer, die furchtlos waren und sich in d:r Welt zu behaupten vermochten, und mich danach sehnte, ihnen zu gleichen. Fast bis zu meinem vierzehnten Lebens, fahr blieb dieser Wunsch nur ein leerer Traum. Dann aber begegnete mir etwas, das mir wirklich gut tat. Da ich wieder Asthma hatte, wurde ich allein nach dem Moosehead See geschickt. In der Postkutsche traf ick ein paar Knaben meines Alters, die sehr viel selbständiger und mehr zu Unfug geneigt waren als ich. Es waren gewiß gutmütige Zungen, aber sie waren eben Jungen! Sie fanden, daß ich von vornherein zum Opfer bestimmt und prädesti niert sei, und begannen emsig, mir das Leben zur Qual zu machen. Das schlimmste an der Sache war, daß es mir, als ich mich endlich zur Wehr setzte, bald klar wurde, daß jeder von ihnen nicht nur allein mit mir fertig werde, sondern mich noch dazu, ohne mir weh zu tun, im Schach halten und verhindern konnte, meinen Gegnern Schaden zuzufügen. *) End« Januar erscheinen die Memoiren de» Erpräsi» drnten Raasevelt unter dem Titel „Au» meinem Leben". Durch da» sreundliche Entgegenkommen des Verlose» Brockhau« sind wir in der Lage, unseren Lesern jetzt schon einen inter essanten Abschnitt aut dem Werk »u bieten, das di« allgemein« Aus»erksa«teil ernenn dürst«. Da« Buch ist «ich mit Ab- «Seeftattit und »ebunden 10 Mark. mißverstandener politischer Tagesoorgänge- heraus, vielleicht auck aus halbverdauten Erlebnissen in irgendeinem Münchner Bierkeller während der Fcrienrcise, ein seltsames, der Wahrheit fremdes Bild über den politischen Charakter des bayerischen Volkes. Der ewig nörgelnde zersetzende „Demo kraten"- Geist, gegen den die Redner des Preußen tages vom Leder gezogen haben, ist in Bayern, vor allem in Altbaycrn sicherlich nicht daheim. Das gerade unter dem Ministerium Hertltng Bayern als Herd eines preußenfeindlichen Zer- setzungsgeistcs von preußischen Konservativen ver schrien wird, ist freilich die grausame Ironie eines unverdienten Schicksels. Man muß dem ehemaligen Zentrumsdiplomaten und Befürworter des Flotten- septennats im Reichstage, eben dem bayrischen Ministerpräsidenten von Hertling zugeben, daß er wie als Parlamentarier, so als Leiter des „homo genen" Ctaatsministcriums jederzeit für den inner politischen Ausgleich zwischen Preußen und Bayern, sogar auf dem starren Fundament gemeinsamer kon servativer Weltanschauung eingetreten ist. Die auf richtige Bundestreue und rcichsdeutsche Gesinnung des Königs Ludwigs III. hat diese an sich sehr bei fallswerte nationale Aufklärungsarbeit dem bayrischen Ministerpräsidenten wesentlich erleichtert. Und nun der merkwürdige Dank der Prätorianer garde vom Preußenbund! Auch diese rabiatesten Partikularsten der bayrischen Zentrumsfraktion, die in ihrer alltäglichen Wahlagitation noch gelegentlich das Schreckgespenst der schwarzweißen Verfärbung des heiteren weiß blauen Himmels heraufbeschwören — auch diese auf den Aussterbeetat gesetzten Kirchturmspolitiker haben viel Sprecwasser in ihren Maßkrug gießen müssen. Die ultramontane Mehrheitspartei der bayrischen Abgeordnetenkammer ist durchaus preußenzahm. Von ihrem willenlosen angeblich konservativen An hängsel aus dem Bunde der Landwirte ganz zu schweigen. Der „Demokratenflügcl" des bayrischen Zentrums ist mit seinem Führer Heim abgesägt worden. Und Heims dienstlicher Famulus, Eenossen- schafts-Verbandsdirektor O s e l, der noch im Land tage mitreden darf, zieht an demselben politischen Strang wie der berufene Hüter klerikal-ronseroativer Gesinnung in Bayern, Domkapitular Dr. Seraphicus Pichler. Das Ministerium Hertling hat auch im Jahre 1913 seinen konservativen Zickzackkurs nicht verlassen. Da bei hat es auch nach dem Fehlschlag mit der E.n- schmuggelung der Jesuitenmi,fronen sich seltsame poli tische Extravaganzen geleistet, die ihm, ganz abgesehen von der dick aufgetragenen schwär,Flauen Grund färbung, kein besonderes günstiges Zeugnis in Sachen Dieses Erlebnis lehrte mich, was die weisesten Ratschläge mich wohl nicht zu lehren vermocht hätten. Ich wurde mir darüber klar, daß ich versuchen müßte zu lernen, damit ich nicht wieder in eine so hilflose Lage geriete, und in dem unangenehmen Bewußtsein, daß ich nicht genug angeborene Tapferkeit besaß, um mich andern gegenüber zu behaupten, beschloß ich, diesen Mangel womöglich durch Uevung zu ersetzen. Reiter und Hindernisrennen. Das Reiten liebte ich sehr, gewöhnte mich aber ebenfalls nur langsam und schwer daran, wie ans Boxen. Es dauerte lange, bis ich ein einigermaßen anständiger Reitersmann wurde, und viel weiter habe ich es nie gebracht. Ich meine damit, daß ich bei der Hetzjagd nie im ersten Felde ritt, und mich nie auch nur entfernt mit den Mustangbändigern des Wilden Westens habe messen können. Jeder Mann kann, wenn er will, seine Nerven bis zu dem erforderlichen Grade schulen und sich allmählich den erforderlichen Sitz und die Hand aneignen, die ihn befähigen, an ständig querfeldein zu reiten oder auf einer Ranch Durchschnittsarbeit zu leisten. Ein vor züglicher Reiter kann zweifellos ohne Steigbügel ebenso gut reiten wie mit solchen. Aber ich war kein vorzüglicher Reiter. Wenn sich irgend etwas Uner wartetes ereignete, neigte ich dazu, das fromme Kutschpferd feit zwischen die gespornten Absätze zu nehmen, und die Folge davon war, daß es auslegle, um sein möglichstes im Galoppieren zu leisten. Da es bald merkte, daß ich es der Trense wogen nicht gur parieren konnte, lief es gewöhnlich mit erhöhter Ge schwindigkeit, sobald es bergab ging. Kam dann unten eia Hindernis, und verhielt es auch nur im ge ringsten, so schoß ich jäh vorwärts, und dann kamen wir auf eine Art hinüber, die mich lebhaft an Leechs Zeichnung im „Punch" erinnerte; sie stellt dar, wie Herr Tom Noddy und seine Mähre ein Hindernis in folgender Reihenfolge nehmen: Nummer eins, Herr Tom Noddy; Nummer zwei, seine Mähr«, klebrigen» traf rch trotzdem beim Halali ein. Lufdem Scheiben st and. Mrt der Flinte habe ich nie viel ausgerichtet, hatte aber ziemlich viel Hebung im Büchsenschießen. Ich besaß in Sagamore Hill einen Scherbenstand und nahm oft Freunde mit hinaus, um da zu schießen. Als ich nach dem Südafrikanischen Krieg mehrfach Besuch von stt.»gegebenen Burengesangenen empfing, haben wir ein paarmal miteinander Wettschieben ver anstaltet Der beste Pistolen- und Büchsenschütze, der je auf meinem Schcibenstande geschoßen hat, war Stewart Edward White. Baron Speck von Stcrnbnrg. Zu den guten Schützen gehörte auch ein treuer Freund, Baron Speck von Sternburg, später der politischen und ministeriellen Taktik sichern wer den. War cs notwendig und zweckmäßig, den finan ziellen Löwenanteil an der erhebenden Huldigungs feier in Kelheim nur aus Angst vor den nun doch nicht vermiedenen parlamentarischen Ansragen von einem reichen Privatmann tragen zu lasten? War es ratsam, den Entwurf zur Rede des Prinzregenten in Kelheim erst dem allgewaltigen Domlaptlular Dr. Pichler in Pastau vorzulegen? Damals traf den Prestsde erneuten Hertlinzs, Legation rat v. Stock- Hammern, das tragikomische Mißgeschick, die A.ten- mappe mit dem Entwurf und verschiedenen anderen Dokumenten auf der Rückfahrt nach München einzu büßen. Sofort wandte man sich, voll des bösen Ge wissens, mit der Bitte um Diskretion an die Leitun gen sozialdemokratischer Presseorgane, die in Wahr heit keine Ahnung von dem betrübenden „Verlust" hatten. Auch in wirtschaftspolitischen Fragen kommt das Ministerium Hertlings nicht aus seiner nach giebigen Pendelbewcgung. Die staatliche Wasser kraftoerwertung und Elektrizitätsversorgung, die dem rohstoffarmen bayrischen Staat Aussicht auf eine bescheidene wirtschaftliche Entfaltung sichern sollte, kommt nicht über das unfruchtbare Stadium kost spieliger Projekte und parlamentarischer Dauerreden hinweg. Die Verwertung der Wasserkräfte des Walchensees, die einst Major v. Donath in groß zügigen Entwürfen angeregt hatte, if?trotz der schon vor fünf Jahren in den Staatshaushalt eingesetzten Laufsumme jetzt zugunsten des technisch recht bedenk lichen, aber einigen einflußreicheren Zentrumsabge- ordneten genehmeren Verwcrtungsprojektes der Saalach-Wasterkräfte hintangesetzt worden. Gegen die Heranziehung befähigter und sonst geeigneter Prak tiker zu in wirtschaftspolitischen Angelegenheiten zu ständigen Sparten im Ministerium des Aeußeren und des Inneren sträuben sich maßgebende und einfluß reiche Kreise von Verwaltungsjuristen. An deren Widerstand und an der Zurückhaltung des Reichsrats scheitern auch alle Pläne auf einheitliche und sachver ständige Behandlung aller wirtschaftspolitischen An gelegenheiten in einem eigenen Arbeitsmini» sterium. Nur in die Generaldirektion der Berg werks hat das Staatsministerium der Finanzen, durch die üblen Erfahrungen von Stockheim und Bergen gewitzigt, jetzt eine bewährte kaufmännische Kraft aus Rendsburg als Leiter der kaufmännischen Abteilung berufen. Daß diese eine Schwalbe keinen Sommer machen kann, ist bei der sonst rrh Wirtschaftspolitiken Reformfragen ablehnenden Haltung des bayri chen Finanzministeriums leider kaum zu bezweifeln. Vrn der Einschränkung der unübersichtlichen, kaufmännisch unhaltbaren kameralistischen Buchführung zugunsten der doppelten italienischen oder amerika nischen Buchführung in den wichtigsten staatlichen Gewerbebetrieben will das Finanzministerium nichts wissen. Das Wachstum bedeutender bayrischer Im» porthandelszweipe, wie das von Obst und Gemüse au» dem Süden, hindert cs durch geschäftsschädigende Rück ständigkeiten in Zolloollzugsdienst. Auch die staatliche Derkchrsverwaltung Bayerns zeigt in ihrer Tarif politik und in der Zugsverteilung noch immer unzu reichendes Verständnis für die Förderung von Ge werbe. Handel und Industrie. Der „Ausbau" der ministeriellen Zentralstelle für Gewerbe, Handel und Industrie durch Hin uzichung eines Sachverständigen aus vorher bestimmten Handelszweigen von Fall zu Fall kann als ernsthafte Reform nicht in Frage kom men. Achnlich liegt es mit allen Hoffnungen und Versprechungen des Ministeriums Hertling auf landwirtschaftlichem Gebiete. Wo bleibt die Re vision des gänzlich veralteten Alm-Forst- und Weide schutzrechtes, wo die des inneren Verwaltungsappa rates, wo endlich die so notwendige Umgestaltung der bayrischen Fideikommißgesrtzgebung? Vielleicht will Herr v. Hertling, wie er es auch sonst in wichtigen gesetzgeberischen Arbeiten zu tun beliebt, erst Ein druck und Wirkung des neuen preußischen Fidei- kommißgcsetzentwurfes abwarten? Dann aber wird ihn auch die Rücksichtnahme auf die „Reizsamkeit" gewisser hochgeborener Herren der Ersten Kammer von der allzu raschen und unsanften Berührung dieser kitzlichen Frage abhalten. Ueberhaupt ist die Mehr heit der Reichsratskammer für die vom Ministerium Hertling verbreiteten politischen Zukunftsträume nicht zu haben. Nur nach fast endlosen Verhandlun gen und durch die Vermittlung des Erzbischofs Dr. v. Vettinger ist es gelungen, die Bedenken der Reichsratsmehrheit gegen die Lösung der Königs frage zu beschwichtigen. Daß diese Vermittlungs rolle des Kirchenfürsten von München-Freising mit folgenschweren Zugeständnissen auf dem Gebiete der öffentlichen Erziehung, zunächst mit der Kon» fessionalisierung der Fortbildungs schule, bezahlt werden soll, ist dabei ein beschämen des Zeichen skrupelloser Handelspolitik. Nun wider setzt sich aber die Reichsratsmehrheit jeder wichtige ren wirtschaftspolitischen Reformarbeit. Nicht nur dies! Auch gegen jede „Reformierung" des Reichsrats, d. h. gegen die Verleihung des Wahlrechts zur Ersten Kammer an öffentlich an erkannt« wirtschaftliche Korporationen und an die Hochschulen, nimmt die Mehrheit der hochgeborenen Herren im Reichsrat, der nur vier vom König be rufene Vertreter von Handel und Industrie in seiner Mitte hat, entschieden Stellung. „Man will den Pairsschub nicht." Wohl auch aus Empfindsamkeit vor „demokratischen" Bestrebungen? Ministerpräsi dent v. Hertling wird sich dem Wunsch der Reichs ¬ während meiner Präsidentschaft deutscher Botschafter in Washington. Er war ein vorzüglicher Schütze, Reiter und Fußgänger, ein treuer und ungemein tüch tiger Drener des Deutschen Reiches, der, kaum den Kn ibenjahren entwachsen, den Deutsch-Französisch«» Kr'eg mit Auszeicynung mitgemacht hatte. Er war der Held der Geschichte vom „Schweinhund" in Archt- b-rlo Forbes' „Erinnerungen". Er war es, der zuerst die Aufstellung eines Regiments berittener Schützen aus den Nanchleuten und Cowboys der Prärien mit mir besprach. Als Botschafter siechte der arm«, tapfere, gutherzige Mann an einem schleichenden, schmerz haften Leiden dem Grabe entgegen, so daß er nicht mehr mit uns dem Sport huldigen konnte, aber dte Qualen seiner tödlichen Krankheit haben ihn nie auch nur im geringsten von seiner Arbeit abgehalten. Kunst und Wissenschaft. * Jurqfreie Aussiebung der Leipziger Sezession 1914. Die in den Räumen der Mäoler-Passaae unter gebrachte Jurylreie Ausstellung der Leipziger Sezession wird bestimmk am 5. Februar eröffnet werden. Die Ausstellung wird annähernd 3M Bilder enthalten, die dem Besucher Einblick geben werden in das Kunstschaffen von der atten subtilen Malerei bis zur neuesten Richtung. So werden u. a. ausgestellt sein Werke von Franz Bunke. das berühmte Selbst porträt von Lothar Meggendorser. Ferner sind mit Bildern vertreten die Worpsweder Künstler Vogeler und Modersohn und zahlreiche Mün chener Sezessionisten sowie viele Vogtländische Maler. Von ausländiichen Künstlern stellen bis jetzt aus Professor Mysz und Maßmann, zwei namhafte Wiener. Der bekannte Berliner Futurist Hans Richter und der Petersburger Igor Iakimoo dürften gleichfalls regem Interesse begegnen. Da die Anmeldefrist erst Ende dieses Monats aoläuft, dürften noch Werke verschiedener bedeutender Künstler zu er warten sein. * Au» der Theaterchronik. ,, Stilicho ", Drama in 4 Akten von Fr. Herbert Hirschberg, sand bei seiner Uraufführung im Eisenacher Stadttheater, bei der bei recht lobenswerter Gesamtleistung Direktor Treu die Titelrolle spielte, einen starken Erfolg. Das Drama folgt im großen und ganzen den histo- riscken Ueberlieferungen und zeichnet sich durch eine treffliche Charat.eristtk der Hauptpersonen und durch eine kraftvolle und wohllautende Sprache aus. Der Dich er, der sein Werk selbst in Szene gesetzt hatte, wurde vom 2. Akte an wiederholt nach jedem Akte vor die Rampe gerufen. * Direttionsmechsel am Burgtheater? In Wiener Burgtheoterkreijen verlautet Berliner Blättern zu-' folge, mit Ende dieser Spielzeit werde Direktor. Ihimig dte Leitung des Theaters ntederlegen Zu seinem Nachfolger in der Direktion de» Burg ¬ theaters sei der Generaldirektor des Hoftheaters in Dalmstadt Dr. Egger in Aussicht genommen. * Die Nachfolgerschaft Alfred Lichtwa»ks. Als Kandidaten für die Nachfolgerschaft Lichtwarks an ber Hamburger Kunstschule werden, wie das „B. T." aus Hamburg erfährt, Dr. Wichert, seit 1909 Direktor der Mannheimer Kunsthalle, und Professor Dr. Pauli, der Direktor der Bremer Kunsthalle, genannt. * Frederik Rung s. Der Komponist und Erste Kapellmeister an der Königlichen Oper in Kopen- Hagen, Frederik Rung, ist, wie uns aus der dänischen Hauptstadt telegraphiert wird, dort im Alter von 59 Jahren gestorben. — Rung war 1872 Repetüor am König!. Theater in Kopenhagen, 1884 Zweiter Kapellmeister und seit 1908 Erster Kapell meister. Aus leinen zahlreichen Werken seien ge» nannt: „Ein Karnevalsspuk in Venedig", „Pharaos Ring", „Rhapsodie für Orchester", ein Klavier quintett, zwei Streichquartette, eine Sonate für Klavier und Violine. * Adele Passq-Eornet feiert heute in Nürnberg bei ihrem Sohne den achtzig st en Geburtstag. Sie blickt auf ein Leben voll künstlerischer Arbeit und Erfolge zurück. Am Wiener Kon,ervatorium war die einstige berühmte Konzert- und Oratorien- sängerin viele Jahre als Gesanaspädagogin neben der Marchesi und dann an der Musikakademie in Pest tätig. Die Zahl der Schülerinnen, die später zu hervorragenden Stellungen gelangten, ist Legion. * Tie Bibliothek Rudolf Genöes, aus der vor einiger Zeit bereits die theatergeschichtlichen Werke in bas Eigentum der Berliner Stadt bibliothek übergeaangen sind, wird jetzt, nach dem Tode Genöes, vollständig von der Stadt Berlin angekauft werden. Der N a t i o n a l g a l e r ie hat der Verstorbene übrigens sein von Franz v. Lenbach gemaltes Bild vermacht. Im Nachlaß Gences hat man einen noch nicht veröffentlichten Roman aus der Jugendzeit gefunden, der den Titel führt: „Der Goldschmied". Ob diese Jugendarbeit im Buchhandel erscheinen wird, ist noch unbestimmt. * Ti« Direktionskris« im Deutschen Schauspiel» Hause zu Berlin hat zu einem Rücktritt des Direktors Lantz geführt, der auf Anraten der Be hörde die Konzession niederlegte Schon seit Mo naten war, wie wir bereits mehrfach erwähnten, die wirtschaftliche Lage vieles Bühnenteilers kritisch; leine früheren Heller, die Gebrüder Scheq und Dr. Helmer, hatten sich von rhm zurückgezogen. und Lantz führte in diesem Winter die Direktion allein, ohne nennenswerte Gelder hinter sich zu haben. Da» Lantz che Unternehmen geht, wie dte „Voss. Ztg." hört, in dte Hande des Berliner Verleger» Wolf Mandel über; die Notkonzesfion wird wahrschein lich der bekannte Operettentenor Siegmund Kunstadt erhalten. Das Haus soll von heute an den etwas umständlichen Namen „Theater an der Wetdendammer Brücke — früher KomischeOper" führen.
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