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Sächsische Volkszeitung : 05.03.1931
- Erscheinungsdatum
- 1931-03-05
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-193103054
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19310305
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19310305
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1931
-
Monat
1931-03
- Tag 1931-03-05
-
Monat
1931-03
-
Jahr
1931
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 05.03.1931
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Dahnhof Köln in Richtung LUtttch. Zn yerbestyal Grenz« Übergang und Paßkontrolle. Ach Hrrbesthal! Du liebes und d» häßliches Hcrbesthal! Welcher Westsrontkrieger würde dich nicht kennen! Wenn man von der Front kommt, um auf Urlaub zu fahren, heim zu Mutter», da warst du uns immer ein liebes Hcroesthal. Vergessen war da Front und Krieg. Aber umgekehrt, wenn wir wieder zurücksuh- ren, da warst du uns recht herb und häßlich! Da riefst du uns in stummer und doch so widerwärtig lauter Sprache zu: Aus isrs mit den schönen Tagen! Hinein geht's wie der jetzt in den Schlamassel! — In Lüttich etwas länge ren Aufenthalt, aber erfreulicherweise geht es ohne Um steigen weiter. Nun muß der Zug bald durch einen Tun nel, das weiß ich, und dann liegt rechter Hand die Villa, die mein letztes Quartier war im Feindesland, als wir heimwärts zogen nach vergeblichem vierjährigen Ringen, heimwärts zogen besiegt, als geschlagenes Heer! O, wie da die Erinnerungen aus mich einstürmten! Wie klar mir einzelne Situationen und einzelne Episoden vor Augen standen! An der Maas geht die Fahrt entlang. Je wei ter wir fahren, desto schöner wird das Maastal. Vielleicht hatte ich des Ma-rstals wegen überbaust diele Route ge wählt, denn die anderen Möglichkeiten über Luxemburg, Metz oder Straßburg hatte ich gar nicht erst erwogen. Namur ist da! Bis hierher geht meine Fahrkarte. Also heraus aus dem Zuge und mit belgischem Eelde eine Fahrkarte kaufen! Hoffentlich bekomme ich st« jetzt wenig stens gleich bis Reims. — Na, also doch! — „Noim» en Francs?" fragt er mich. Jawohl, dort will ich hin. Es glückt, ich bekomme die Karte. Schnell erspähten meine Augen und erhorchten meine Ohren, daß der Zug drüben auf dem Geleise im Begriff steht, in Richtung Eivet abzu fahren. Nur mit! Dort muß ich hin. Eivet ist die Grenze zwischen Belgien und Frankreich. In schönem, liebenswür- » . rn,t mir oer Schajsner zu „Beeilen Sie sich, bitte, mein Herr! Wir fahren gleiä ab." Wie schön das klang, und wie ich das auch sosor verstanden habe, dachte ich in einem sträflichen Anfall vo« Eelbsteingenommenheit. Nun also nicht aus der Roll, fallen, jetzt geht's französisch weiter. Drei Herren sitze« tm Abteil, also Plural wählen! Mit einem schneidigen ,8o» jour, klsssieurs!" begrüße ich sie. Als Erwideruns «rhielt ich ein recht seltsames: „Bong schür!" Nanu! War war denn das! Das klang doch aber ganz unfranzösisch! — Ich verstaue meinen Koffer im Netz, und, — du mein- Güte! Die drei sprechen ja deutsch! Wahrhaftig! Kei« Zweifel mehr, sie sprechen deutsch. Das heißt, nicht direk deutsch, sondern eine Abart des Deutschen, nämlich sächsisch So was aber auch! Hier, wo ich glaubte, daß alles Deutsä endgültig aufhören werde, stoße ich auf drei Deutsche, sitze« drei Deutsche im Abteil! Natürlich spreche ich sie sofor an:'„Hallo! Ich bin auch Deutscher, was machen Cie denn hier?" — Man kam« sich vorstellen, wie freudig überrascht auch die drei waren. Wir schüttelten uns die Hände und verbrüderten uns fast ein wenig, zumal es sich herausstellte, daß die drei — auch ein Grab suchten. Zwei Söhne uin die dreißig herum mit ihrem 74jährigen Vater suchen das Grab des Aeltesten, des Bruders und Sohnes, der bei Rethel auch auf einem größeren Friedhof ruht. Der alte Vater war sehr schweigsam, die beiden Söhne erzählten mir viel und gern. Der eine war nämlich bei Dinant, durch das wir gerade fuhren, verwundet worden, 1914, gleich zu Anfang des Krieges. Seine Augen hinge«« förmlich an den Maas usern. Er erklärte und rekonstruierte: seine Echilderungeu waren mir sehr interessant. Der andere mar während der Krieges Eisenbahner gewesen und monatelang die Strecke Lüttich-Charleville gefahren. Natürlich wußte auch er viel Interessantes beizntragen. Co waren wir denn gar dald tn Eivet, der Grenzstation, angelangt. Die Gepäck revision wurde hier sehr leger gehandhabt. Ob wir Tabak hätten, fragte man, sonst weiter nichts. Leider hatten wir hier IN Stunden Aufenthalt. Wir tranken einen Kaffee und ein Vier — der Kaffee war sehr schlecht, und das Bier noch schlechter —, stellten unsere Weiterreise fest und er sahen mit Bedauern, daß wir In Charleville noch einmal ungefähr den gleiche«« Aufenthalt hatte». Ach, wie schade! Gegen 8 Uhr abends komme ich in Reims an, das konnte Ich nun feststellen. Also «verde ich vor die Wahl gestellt sein: Entweder Uebernachtung oder nächtliche Fußwanderung. Die Wartezeit in Charleville verbrachten wir mit einen« Ctadtbummel, und in Rethel mußten wir uns trennen. Ohne sentimental erscheinen zu wollen, möchte ich sagen: Die Trennung hatte etwas Rührendes an sich. Den« alten Vater standen die Tränen in den Augen. Wir wünschten uns gegenseitig guten Erfolg im Auffinden des Grabes. Nach etlva einer halben Stunde lief der Zug in Reims ein. Noch hatte ich nicht ausgekämpft, ob ich mein Gepäck auf geben und gleich den Fußmarsch beginnen, oder ob ich ins Hotel übernachten gehen solle. Ich «verde wohl einige Minuten ratlos und sinnend so dagestanden haben, bis ich merkte, daß ich bereits als Fremder anssalle. Da stieg ich nunmehr kurz entschlossen in das Auto des Hotel du Nord, das «nir ain nächsten stand, und landete nach ein paar hundert Metern Fahrt in einem gut bürgerlichen Hotel, so wie ich es mir, wenn ich von vornherein die Absicht gehabt hätte, gesucht hätte. Vein« Abendessen hatte ich etwas Schwierigkeiten mit der Entzifferung der Speisekarte. Ich hals mir damit, daß ich den Ober bat, mir zu erklären, was das und jenes sei. D-a ging es dann. Auch sprach d«r eine Ober, sowie, was ich später merkte, auch der Hausdiener deutsch. Der Hausdiener sogar ganz perfekt. Man sicht, das Hotel «var also ans deutsche Grabbesucher eingestellt. Diese Nacht schlief ich wohl schwer ein, dann aber recht fest durch. Offenbar war ich stark übermüdet und vielleicht auch schon zufriedener, innerlich ruhiger. Daß ich den Nachtmarsch nicht unternommen hatte, erschien mir jetzt als sehr ver nünftig. Denn hatte ich mich solange gesehnt und hatte ich solange warten miissen. dann kain es doch jetzt auf einige Stunden auch «licht mehr darauf an. und die Ferien sind ja schließlich zur Erholung da, wozu sich also nbstrapazieren! Erst verhältnismäßig spät wachte ich morgens auf, nahm mein Frühstück, und nun aber hielt mich nichts mehr. Schnurstracks ging ich znm Bahnhof, fragte dort den ersten besten Chauffeur, ob er den Friedhof Blignn kenne, was die Fahrt dorthin koste, und ob er mich fahren wolle. N.'.iürlih sehr gern. klebrigen» waren die Autojahrpreije «rheblich billiger als bet uns tn Deutst-lano. ^a> flieg ein, und los tzing die Fahrt. Bald lagen die letzten Häuser von Reims hinter uns. Vorwärts ging es durch schönes Hügel gelände, vorbei an einem Weinberge, alle Häuser sind neu «lusgcbaut, man sieht es ihnen an. Jetzt noch etwa fünf Kilometer, noch drei Kilometer! O, ich kannte den Weg! Hatte mir ihn tadellos von der Karte her einstudiert, wenigstens die Strecke Reims—Vligny. Wo der Friedhof dann liegen würde, das konnte ich ja genauer nicht wissen. Aetzt hier hinter.dieser.Bodenwell« liegt da» Dorf Blignn! Wir müßen gleich va fern. Das Aura sayn nur dem nemen Gange den Berg hinauf, rechts und links unregelmäßiger Laubholzbestand. Instinktiv spähen meine Augen nach rechts. Hier hinter diesen unregelmäßigen Baumgruppen aus dem Abhang nach Vligny zu könnte der Friedhof liegen. Meine Spannung war aufs höchste gestiegen. Und richtig! Ach, da ist er! Ich bin am Ziel«, am langersehnten! Beete mit Kreuzen, Beete mit Kreuzen, nichts als Beete mit Kreuzen! Das Auto biegt von der Chaussee rechts ab und fährt noch einige Meter auf de» Friedhof zu. Mich selbst zu möglichster Ruhe mahnend, schreite ich durch das Portal. In der Hand halte ich den Zettel mit der Grabnummer 2890. Zuerst sehe ich auf allen Beeten weiße Kreuze. Das sind Franzosen, die interessieren mich jetzt nicht. Zwischen den weißen Kreuze«« einige oben abgerundete Tafeln mit arabischer Aufschrift. Aha, das sind die Kolonialsoldaten, die Schwarzen. Nur weiter! Dort hinten fehe ich schon schwarze Kreuze. Eines von diesen muß Georgs sein. Sein Grab wird ganz hinten sein, es hat ja eine so Hobe Nummer, ^etzt habe ich die ein« .-^eiye oer schwarzen Kreuze erre>u->. Weiter! Das sind die Zehnerzahlen. Da sehe ich, daß ein Mann aus mich zukommt. Ah so! Der Friedhosswärter! Den brauchte ich jetzt gar nicht. „Guten Tag, mein Herr. Sie suchen «tn Grab nicht wahr?" iraat er freundlich. „Ja", säge ich, „das Grab meines Bruders." — Frage und Antwort natürlich aus französisch. — „Kennen Sie die Nummer?" — „Ja, hier ist sie." — „Bitte, kommen Eie mit, das ist ganz hinten, drittletzte Reihe." Er ging voran, ich folgte, beide schweigend, keiner sprach ein Wort — Nun muß es bald kommen, die Zweitausender sind schon vorbei. Aeußerlich blieb ich wohl ruhig, aber es klopfte und pochte in mir. Ob es vielleicht doch eine Enttäuschung gebe«« wird? Da! — Dort ist der Friedhof ja zu Ende, das ist ja die dritt letzte Reihe. Der Friedhosswärter biegt nach rechts ein, ich folge ihm mit einem Meter Abstand. Auf einmal hebt er die Hand, zeigt aus ein Kreuz, und schon sehe ich deutlich, klar und unverwischt das Wort Harmut (ohne h am Schluß), und darüber die Zahl 2890. „Volei, dlonsioui-, ess« volre ki-Sro?" fragt er mich. „Hier mein Herr, ist es Ihr Bruder? " — „Oul, dlonsiour, esst divn ea. C'est man kröro," ant wortete ich ihm. „Ja, mein Herr, tatsächlich, es ist «nein Bruder." Daraus zog sich der Friedhofswärter sofort zurück. Feingefühl, nicht wahr! Es war erreicht, es war geglückt und gelungen! Ich stand am Grabe meines Bruders. „Lieber Georg! Hier stehe ich »iid ich grüße dich herzlichst." Wie soll ich jetzt weiter er ¬ zähle«« ... Ich breche hier ab und will nächstes Rial weiter berickit-m. (Schluß folgt.) kalkankasare In» Dämmer äer (-sgsen Uoke — Handwerkskunst un^l'röäelkram Fünfhundert Jahre türkischer Herrschaft ließen im Innern des Balkan «ine Insel des Ostens zurück, die. trotz mannig facher Durchsetzung mit westlichen Bestandteilen unverfälscht ost genug das bewahrte, was dem Morgenlande selbst verloren ging. Weit mehr als Moscheen, Minarette und Fes es können, machen die Basare mit ihrem fremden Völkergemisch und der Offenbarung alles dessen, was zum Leben des Mohammedaners gehört. Europa vergessen Ein jeder Ort ist eigentlich das, was sein Basar aus ihm macht. Vieles zwar ist anders geworden, seit die Türken das Land verließen. Lo mancher der reichen Händler verarmte und zog von dannen, um anderwärts bessere Dascinsbcdingungen zn suchen. Lebenerfiilltc Basare im Innern des Landes gingen mehr und mehr zurück, die Bauten stehen verlassen und zerfallen, wurmzerfreßene Holzladen ichließen lagaus ragen« die Stätten ehemaliger Herrlichkeit. Nur wenige Berkaussstände bergen den armseligen Plunder für eine verarmte Bevölkerung. Je mehr man aber sich löst von westlicher Nähe, fe weiter man in das Innere der Balkanländer dringt, vornehmlich aber in Südserbien und Albanien, um so reizvoller und reicher bieten die Basare sich dar. Schmale, ost nur ein Meter breite Gäßchen, ziehen sich zwischen langen Reihen von Berkaussständen hin. Selten findet man aus dem Balkan die in der asiatischen Türkei üblichen Basare aus Stein, in deren hohen, aber schmalen Gewölben ein ungewisses Dämmer herrscht Vereinzelt, in Sarajewo und Skutari z. V., bergen sie die Warenlager der Stosfhändler. Im allgemeinen jedoch sind die Läden niedrige Holz- oder Lehm hütten mit weit vorspringenden Holzdächern und Holz verschlüssen, die vom Knoblauch bis zum Regenschirm, in buntem Wechsel von kunstvoller Volksarbeit oder fabrikmäßigem Talmi kram alles das enthalten, was zum Leben des Valkanmenschen gehört Selbst den ärmsten dieser Vcrkaussstände ziert ein Teppich oder teppichähnliches Gewebe. Daraus hockt mit über kreuzten Beinen, ohne Schuhe, — auch beim Betreten seines Ge schäftsraumes legt der Mohammedaner sie ab — der Besitzer, betreibt eines seiner seit vielen Geschlechtern überlieserteu Hand werke, und arbeitet, den Fes auf dem Kopse, allein oder mit feinem Gehilfen. Oder er sitzt in stillem Nichtstun da, wartend, wie alle Orientalen immer warten. Es ist die Eigenart dieser Händler, daß sie sich nicht um ihre Käufer bemühen. Scheinbar teilnahmslos sitzen sie da, die Gebctsperlen gleiten unablässig, gleichmäßig durch ihre Hände Ihren scheinbar abgekehrlen Augen aber entgeht nichts lind kommt ein Käufer, so breiten sic schweigend, ohne Hast bcreitwilligst alles von ihm aus, nie mals versuchen lie -u «roendeinem K'uk -u überreden Liegt ihnen an einem Abschluß, so bewirten sie den Kunden als ihren East mit starke,» türkischem Kasse«, den sie in kleinen Schalen reichen. So manches alte Hausgewerbe ist — nach den einzelnen Handwerkszmeigcn, in gesonderte Gassen verteilt — tn den Basar verschlagen. Aus den Werkstätten der Metallarbeiter dröhnt Gehämmer. Hier werden aus Messing Küpser und Sil ber Tabletts mit Mokkaschalen und Kannen, türkische Kaffee mühlen, Messer und Dolche in kunstvoll getriebener Technik ge fertigt, und zierliche Dosen, Spiegel und Hausgeräte aus silber- «ingelegtem Stahl und Edelholz hcrgestcllt. Lustig und bunt ist die Straße der Lederarbeiter. Farbige Häute liegen und hängen überall herum, die vielsarbigen, ab gefallenen Lederslcckchen häufen sich zu bnntem Mosaik am Boden. An langen Schnüren baumeln vor dem Laden Hand- und Satteltaschcn mit reichen Mctallbeschlägcn, bunte Leder pantoffeln und Opanken, das begueme und für steinige Wege überaus praktische Schuhwerk der Landbevölkerung, mit den zu gehörigen. buntgestickten Socken- Um die Läden der Kürschner weht Verwesungsgeruch. Die Felle hängen von Wänden und Balken oder liegen zu vielen Hunderten geschichtet tn den mauernen Gruben hinter den Ver kaufsräumen. Die schlossen Hochgebirge und die menschenlosen Wälder und Schluchten Bosniens, Mazedoniens und Albaniens sind reich an Tierzeug aller Art: Wölse gibt es in Mengen, Füchse, Marder, Otter Dachse. Vor allem sind es buntsarbige große Felle, die den Wunsch nach Besitz erwecken. Schakale nennt man sie. Weiße Schakale, rote Schakale? Andere wie Wölse gesteckt? Des Rätsels Lösung findet sich, wenn mau das Land durchkreuzt. Herdenhundc sind es, von besonderer Größe, die die allenthalben verstreuten Schäfereien betreuen. Zu vielen Hunderten werden die>e Felle gemeinsam mit denen ihrer Schützlinge, langhaariger Ziegen und Schafe in das nördliche Europa schickt. finden exotisch klingenden Namen ihren Absatz. Der Begriff „Leipzig" als Hauptstapelplatz für Rauchwaren ist diesen, oft des Lesens und Schreibens unkundigen Menschen wohlvertraut. Eine besondere Easie in jedem Basar gehört den Trödler buden, in denen rin Kunterbunt gesammelter Gegenstände aul gespeichert liegt. Oltmale sino es arm>elige Verschlüge, irgend wo in eine Ecke geduckt. Wenn sie gcössnet werden, schlägt e n Dunst und Modergeruch heraus, dicke Staubschichten machen die Dinge unbcnntlich. Nichts als Lumpen vermutet man in diesen, Knäuel verwickelter und iiberlriechendcr Dinge. Mit spitzen Fingern zupft man hier und dort etwas heraus, eine Kosiba,« o"e Seidenstickerei auf zartestem S!osf, ein farbiges Samt jäckchen, über und über mit goldener Tresse benäht Brotat- stosse in alten, müden Farben, handgewebte, wie Teppiche wü tende Schürzen, gestickte Pantö'selchen. Filigranarbeiten, eine geschnitzte perlmutlereingelegte Tamburitza Doch es gibt auch andere Dort sitzt man auf kostbaren Teppichen und weiche» Polstern und läßt die Augen durch ein wohlgeordnetes kleines Museum schweisen. Man handel« auch hier, wie man aus dem Balkan immer handel«, doch es ist schwer, den Preis zu drücken Wertung dieser Dinge nach europäischem Maß hastet diesen Händlern an, die in entfernten einsamen Ortschaften und alten Familien wirkliche Kunstgegenstünde znsammenkaullen. Auch der Gaumen, soweit er sich auf nationale Eigenarten einzustellen vermag, kommt im Basar auf seine Kosten. Zahllos find die kleinen Kasfeestuben «nit ihren niedrigen hölzernen Diwanen, aus deren Teppichsetzen man mit unlcrkreuzten Beinen hockt und für wenige Pfennige einen Kasjee-Sud von besonderer Stärke und Reinheit genießt. Sommer wie Winter brennen die großen Kachclösen und erhitzen in den eingebauten Blechkunnen das Wasser. Naschwerk gibt es in Hülle und Fülle. Alles ist sehr süß und sekt, irgendwie gebunden mit Honig und Russen. Die Bäckereien, deren Anblick und Namen verlockender sind, als ihr Geschmack, sind dem Europäer durch Vas Hammelselt. das zu ihrer Herstellung verwendet wird, ungenießbar. In buntem Wechsel wie die Waren ziehen die Gerüche au der Nase vorüber. Manchmal glaubt man ersticken zu müssen, und wendet sich voll Abscheu zur Seite Die Stände der Flcischhändler, deren War- oft schwarz von Millionen Fliegen ist. vernichten aus Monat hinaus die Lust an jedem Bissen Fleisch. Berge der Herr lickutcn Früchte entschädigen dafür. Der Hammeldult, der übci allen muslimischen Siedlungen schwebt, verdichtet sich in der Nähe der Garküchen zu einer völligen Durchdringung der Lu» Meist gruppieren sich diese Speischäujer »m einen großen örunneugeschmücktcn Platz. Das wesentliche des Raumes ist ein großer Herd, der die ganze Front für sich in Anspruch nimm« Schwere, zugedcckte Kupferkejsel stehen aus glühenden Kohle- und halten vom frühesten Morgen an die Speisen bereit. W a man ißt, weiß man eigentlich niemals genau Seltjame Suppe mit einer Fülle sauren Rahms, Ragouts, Reis- und Geflügel gerichle, Fleijchpasleteu, fremde Gemüse! Nur die am Spieß gc bratenen Hammel, Lämmer und Hühner bleiben ohne Mischung alles andere erhält zahllose Zusätze von gemahlenem Fleisch Zwiebeln, Knoblauch und Gewürzen aller Art. Saubere, weiß beschürzte Straßenköche mit kleinen E>« lösen dürfen sich rühmen, wenn auch nicht gerade die besten, so doch die zahl reichsten Geschäfte des Basars zu machen. Schmackhafte Speise lind es, die unter freiem Himmel da aus dem Nost gebraten wer den. Naschuitschi, kleine Fleischstückchen am Spieß, und Tschewabtschilschi, gebratenen Würstchen aus gemahlenem, sehr stark gepselserten Fleisch sind Bolk---er,ch'e unter einem gewaltigen Zusatz von rohen Zwiebeln und Pfcsser- schoten ans keinem Basar fehlen. Mitten heraus aus den Ladengassen wachsen Moscheen mit fließenden Brunnen unter uralten Bäumen im Nahmen ihrer untrantüberwuchcrtcn Friedhöfe. Doch erst die Menschen, die das Easscngewirr durchwandern, die ruseu und feilschen, die Schweine- und Truthahnhcrden, die Pferde- und Esels karawancn, die, mit Körben und H^zbündcln schnür bepackt durch das Gewimmel ihren Weg suchen, büßende Derwische in weilen Gewändern, verschleierte Frauen kleine Türkei,- mädchc» in bnnlen Pluderhosen, Landbewohner in bunten Trachten, laugärlige Popen, zerlumpte Zigeuner, BcUelkinder und Hausierer mit bunten Plunderkästen und kleine Schuhputzer, die mit ihrem Kästchen unterm Arm geschästsbcrcit umher ziehen. sie alle erst ersüllen die fremdartige Kulisse des Basar» mit der Lebendigleil eiues bnuten Volksstückes Pis zum Sonnenuntergang pulst das Leben durch die Gassen. Erst mit dem Abendrut des Muezzins, der wie Gesang von Minarett zu Minarett schwebt, mit der niedcrsluteuden Dämmerung verebbt das Treiben und erstirb« in Schweigen, wenn der letzte Schein des Tages verglimmt. Ion») Ile»»«.
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