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Beilage zum St. Benn »blatt und zur Sächsischen Volkszeitung Oer Kastenhirtenbrief Bischof Conrads Q t_10 2 N O 2 ss-, VLS i^IOLS TO^SL^^-T- Conrad, durch Gottes Erbarm«ng und die Gnade des heil igen Apostolischen Stuhles Bischof von Meißen, entbietet der hochwürdigen Geistlichkeit und den Gläubigen des Bistums Gruß und Segen iinHerru! So Hobe ich in Gottes Namen die Schwellen meiner Diözese überschritten und Besitz von meiner Bischofskirci;e ergriffen. Am liebsten drückte ich jetzt jedem einzelnen in meinem hochwürdigen Klerus und im katholischen Bolke herzlich die Hand, wie es dem Vater gezieml, wenn er zu seinen Kindern kommt. Aber meine Familie ist zu groß und zu weithin zerstreut, als das; ich in der nächsten Zeit schon alle Psarreien und Seeisorgestellen begrüßen Kon». So schreibe ich den» als schwache» Ersatz diesen Brief und rufe über das sächsisch-thiiringisä;e Land bis in die schnee bedeckten Täler und Höhen des Erzgebirges hinein ein, segnendes: „Pax vobis! Ter Friede sei mit euch!" Aus weiter Ferne bin ich gekommen. Noch einmal blüht vor meinen Augen die Heimat in lockender Schönheit auf. Ich sehe die romanisch-gotische Pracht des Freiburger Münsters mit seinem wunderbar sich verjüngenden Turm, der^vie eine ruhige Flamme menschlicher Sehnsucht und katholischen Glaubens zum Himmel steigt. Ich erblicke die weihen, von winterlich violetten Tannenwäldern umsäumten Bergkuppen des Schwarzwaldes und die srühlingsnahen, fruchtbaren Ebe nen des Breisgaues bis hinüber zu», grünlich schimmern- den Rhein. Ich wandere in erinnerungssrerrdigen Gedan ken am schwäbischen Meere, wo ich säst ein Vierteljahr- Hundert hindurch als Seelsorger weilte und winke wie ulten Bekannte» den jungfräulichen Firnen der Alpen und den willigen Höhen meiner engeren Heimat. Und es zieht in ruscher Flucht der Gedankenbilder alles an mir vorbei, was ich in der Freiburger Diözese an priesterlich Frohem erlebte und an menschlich Schwerem ertrug. Ich stehe endlich in abschiednehmender Trauer an einsamen Grabhügeln, unter denen das Sterbliche meiner Eltern und Verwandten aus den jüngsten Tag und dir Auferstehung der Toten harrt. Alles das liegt nun so sein und verschwimmt vor meinen Augen, wie eine sonnige Landschast, die plötzlich in ein wallendes Nebelmeer ver sinkt. Es siel mir keinesivegs leicht, mich von der Heimat zu trennen, und ich schäme mich dieses Geständmsses nicht. Auch der Heiland liebte sein Volk und sein Land, das galiläische Meer und seine ansteigenden, lieblichen Ufer, die grünende Iordansau und die heilige Stadt und iveinte schmerzliche Tränen, als er im prophetische» Geist die furchtbare Katastrophe Jerusalems sah. Darum ver bietet auch die katholische Kirche nirgends die Liebe zum Stamm und zum Land, dem wir entwachsen, wenngleich sie uns mit dem Apostel hienieden „Pilger und Fremd, linge" nennt und unser Herz von der vergänglichen Erde hinweg zur letzten bleibenden Stätte und zum ewigen Vaterlande weist. So lösche auch ich die Erinnerung an das, was hinter mir liegt, nicht aus, sondern segne aus der Ferne noch die. Menschen und Orte, die ich verlies;. - Aber nun, geliebte Diözesanen, bin ich bei euch, und ich fühle es stark und tief, das; uns gottgcivollte Bande unzertrennlich verknüpfen. Ich oenke dabei zuerst an den Gehorsam, der mich als Bischos in das Suchsenland führte. Ter Allwissende weih es, daß ich diese Ehre nicht suchte, sondern vielmehr vermeinte, der bisherige Kreis meines Wirkens sei die letzte Station meines priesterlichen Lebens. Als aber die höchste Kirch, liche Autorität, unser Heiliger Vater in Rom, der Stell vertreter Christi aus Erden, mich dazu bestimmte, war es meine Pflicht, seinem Wunsche zu entsprechen, ohne nach den Gründen dieser Sendung oder nach den Einsprüchen meines Herzens zu fragen. Das ist jener Gehorsam, den ich in Rom selber bei meiner Priesterweihe dem Nach- folger des heiligen Petrus gelobte, die opferwillige Unter- werfung der eigenen Neigungen und Wünsche unter den Befehl der kirchlichen Obern, wenn das Heil der unsterb lichen Seelen und die Ehre Gottes es verlangt. Tas ist der machtvolle Nachklang der Heilandsmorte durch die Jahr- Hunderte: „Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch .." und der anderen: „Gehet hin in alle Welt und lehret alle Völker!" Tas ist der lebendige Ausdruck des priesterlichen Geistes, den ich allüberall bei meinen Mit. briidern fand, die als Zeugen und Abbilder des göttlichen Meisters selbstlos den großen Zielen des Gottesreiches