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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 05.09.1911
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-09-05
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19110905017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911090501
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911090501
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-09
- Tag 1911-09-05
-
Monat
1911-09
-
Jahr
1911
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pollliscve Umschau. Ssupwerlsmmluns ües Vereins lschvlcher Gemeinüeveamten. l!) Dresden, 3. September. Im Drohen Saale des Gewerbehauses trat heute der Verein sächsischer Gemeindebeamten zu seiner diesjährigen Hauptversammlung zusammen. Neben rund 1000 Mitgliedern aus allen Teilen Sachsens wohnten auch zahlreiche Ehrengäste, darunter Wirkl. Geh. Rat Dr. Mehnert, Bürgermeister Dr. Kretzschmar, die Landtaasabaeordneten Wittig. Rabenau und Dr. Roth-Burgstädt sowie mehrere Vertreter der städtischen Kollegien, den Verhandlungen bei. Die selben wurden von dem Vorsitzenden. Verwaltungs direktor Uhlemann-Leipzig. mit begrüßenden Worten eröffnet, worauf er ein Huldigungs telegramm an Se. Majestät den König verlas, das stehend angehört wurde. Dann begrüßte der Redner die Ehrengäste und widmete den im letzten Jahre verstorbenen Mitgliedern herzliche Worte des Nachrufes, worauf sich die Versammlung von ihren Plätzen erhob. Nach der Bekanntgabe von Dank schreiben des Staatsministers Grafen Vitzthum von Eckstädt, des Präsidenten der II. Kammer Dr. Vogel, des Kreishauptmanns Dr. von Oppen uiw. ernannte die Versammlung Herrn Raisobersetretär Feiler- Plauen zum Ehrenmitgliede. Im Namen der Stadt Dresden begriißteHerr BürgermeistcrDr.K retzschmar die Versammlung. Der Verein raae beute seit seinem 40 jährigen Bestehen mm 5. Male in Dresden, das ia gewissermaßen einen Mittel- puntt der Gemeindeoerwaliungsinteresscn bilde, jedenfalls habe aber auch die Internationale Hygiene-Ausstellung, die vieles Interessante für die Gemeinde - Beamten^ biete, ihre Anziehungskraft mit ausgeiiot. Er hoffe, daß die Ver ammlung eine weitere Grundlage für das Wachstum des Vereins und für die große Wertschätzung, deren er sich er freue, bilden möge. Wirkl. Geh. Rat Dr. Mehnert wies darauf hin, daß er heute als Ehrenmitglied zum ersten Male in der Mitte des Vereins weile. Er sei jedoch jederzeit zur Stelle gewe en, wenn es gegolten habe, die Interessen der Gcmeindebeamten an maßgebender Stelle zu vertreten. In den kleineren Srädten hätte die Beamtenschaft oft unter dem Terrorismus zu leiden, der sich überall breit mache. Deshalb gebühre jedem Beamten, der trotzdem auf recht «eines Weges gehe, der be andere Dank des Vaterlandes, (Lebha'tes Bravo!) Im Anschluß an den gedruckt vorlieaenden Geschäfts- und Kaffen bericht teilte der Vorsitende mit. daß die Mitglieder zahl Les Verbandes kürzlich die 8000 überschritten habe. Jahres- und Kassenbericht wurden einstimmig genehmigt. Dann berichtete der Vorsitzende über die Frage der Reorganisation des Vereins, der in ein zelne Beamtenkategorien eingetcilt werden soll. Die Versammlung beschloß, die vorliegenden Vorschläge durch den Vorstand und durch die Bezirksvereine prüfen zu lassen und dann der Hauptversammlung 1914 das Ergebnis dieser Erörterungen vorzulegen. Weiter nahm die Versammlung noch Stellung zu der beabsichtigten Gründung eines Deutschen Gemeinde- öeamtenbundes und zur Abhaltung eines Deutschen Gemeindcbeamtenlages und beschäftigte sich noch mit Anträgen auf Abänderung des Grundge etzes, mit der Umgestaltung des Vereinsorgans, mit der Bereit stellung einer Summe zu Unterstützungszwecken u,w. Die SchutzKuMcht über üle JugenüUchen. Seit mit Beginn dieses Jahrhunderts — am 2. Juli 1900 — das preußische Fürsorgegesetz in Kraft getreten ist, hat die Arbeit an der verwahrlosten jirgend erst recht eigentlich eingesetzt. Namentlich die Jugendgerichte haben sich in der kurzen Zeit ihres Be stehens zu einem Faktor entwickelt, der gar nicht mehr wcggcdacht werden kann. Man versteht es gar nicht, daß es eine Zeit gab, in der die straffälligen Jugend lichen mit demselben Maß gemessen wurden wie die Erwachsenen. Besonders segensreich war die Verbindung von Strafrichter und Vormundschaftsrichter in einer Person. Auf diese Weise behält der Strafrichter auch nach der Ver urteilung oder Freisprechung die Aufsicht über den Jugendlichen in der Hand. Derselbe Gedanke der dauernden Aufsicht über die kriminellen Jugendlichen hat die sogenannte Schutz aufsicht ins Leben gerufen. Amtsgerichtspräsident Dr. Becker-Dresden, Vorsitzender des Verbandes iür Jugendhilfe, macht im neuesten Heft des „Zentral blattes für Vormundschaftsioesen, Jugendgerichte und Fürsorgeerziehung" eingehende Mitteilungen über den Stand der Schutzaufsicht im Rahmen der Jugend- gcrichtspflege und knüpft daran Vorschläge, die die eingehendste Beachtung und Würdigung verdienen. Mit Rücksicht auf die Verschiedenheit der einzelstaat lichen gesetzlichen und verwaltungstechnischen Be stimmungen einerseits, wie auch auf die Mannig faltigkeit der pädagogischen Grundsätze für die Jugend erziehung anderseits gibt Becker gewissermaßen nur in Obcrsätzen, in allgemeinen Normen die Ziele dieser Bestrebungen an, während er den Weg, der zu diesem Ziele führt, den Maßnahmen des einzelnen überläßt. So eröffnet sich ein wertes Feldfürdie freie Liebestätigkeit. Jugendschutzvereine aller Art vermögen in engstem Zusammenhang mit dem Jugendgericht die Schutzaufsicht fruchtbringend zu gestalten. Die Schutzaufsicht besteht in kurzen Worten darin, daß ein straffällig gewordener Jugendlicher sich nicht selbst überlasten bleiben darf. Aufgabe des ihn aburteilenden Jugendgerichtshofes ist es daher, im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen Erziehungs- unL Fürsorgemaßregeln zu treffen. Die öffentliche Fürsorgeerziehung soll stets nur das letzte Hilfsmittel sein. Zunächst soll es mit Einschränkung und Kor rektur der elterlichen Erziehungsmacht durch eine be aufsichtigende Person versucht werden. Diese Schutz aufsicht, die eine Erziehungs aufsicht sein soll, und nicht Len Charakter der Polizeiaufsicht tragen darf, hat die Aufgabe, die elterliche Beaufsichtigung zu ergänzen und deren Fehlgänge beseitigen zu helfen. Sorgt der Staat, sorgen die Kommunen dafür, daß alle diejenigen, die sich dieser sozial so wertvollen Auf gabe unterziehen, die nötige Unterweisung und An leitung erhalten, so wird die Einrichtung vollen Er folg haben. Eine große Anzahl von Existenzen, die sonst rettungslos untergingen, wird auf diese Weise -em wirtschaftlichen Leben erhalten. Vie SrMtzlMunyen Krupps im Jahre lSio. Ueber die Schießleistungen und den Materialver brauch auf den Schießplätzen der Firma Krupp werden der Korrespondenz „Heer und Politik" von militärischer Seite folgende Mitteilungen gemacht: Auf dem Schießplatz bei Meppen wurden im letzten Jahre insgesamt an Schießmateriyl 585 700 Kilo gramm verbraucht, davon entfielen 85 300 Kilogramm auf rauchschwaches Pulver und 500 400 Kilogramm auf sonstiges Geschoßmaterial. Es wurden 1230 ver schiedene Versuche ballistischer Art gemacht, zu denen 195 verschiedenartige Geschütze verwendet wurden. um die Erfahrungen, die bei den verschiedenen Ge schützen und bei den verschiedenen Versuchen gemacht wurden, zu sammeln und bei Neubauten von Ge schützen zur Anwendung zu bringen. Auf diesem Schießplatz, der 25 Kilometer lang und 4 Kilometer breit ist, wurden insgesamt 7850 Schüsse abgegeben. Krupp verfügt außerdem noch über andere Schieß plätze, auf denen auch Versuche gemacht werden. So wurden auf dem Schießplatz in Tangerhütte 500 ver schiedene Versuche gemacht, die gleichfalls der Er probung der Geschütze dienten. Auf dem Schießplatz der Gußstahlfabrik wurden nicht weniger als 13 240 Schüsse abgegeben. Diese dienten teils zur Erprobung vorhandener Geschütze, teils wurden sie zum Aus schießen von Geschützen verwendet, die zur Abnahme von der Heeresverwaltung bereitstehen. Zur Er probung der einzelnen Geschosse dient ein sogenannter „Rüttelapparat". Dieser Apparat wird elektrisch be trieben und besteht aus einem Kasten, der die Ge- schosse aufnimmt. Dann wird er nach allen Rich tungen hin geschüttelt und in die Höhe geworfen. Wenn die Geschosse den Stößen, denen sie durch diese Bewegungen des Kastens ausgesetzt sind, standhalten, dann dürfen sie als explosionssicher gelten und können von der Heeresverwaltung zum Transoort auf Wagen und Eisenbahnen verwendet werden. Tatsächlich ist auch bisher durch Explosionen von Ge schossen ein Unglück noch nicht angerichtet worden. Sttslsnü. OeNerrrich-Un aarn. * Ferdinand der Slawe. Die tschechischen Blätter verzeichnen mit Genugtuung, daß König Fer dinand von Bulgarien während seiner letzten An wesenheit in Pilsen auf die an ihn gerichtete deutsche Ansprache in tschechischer Sprache ant- wartete. Auch die Konversation wurde vom König in tschechischer Sprache geführt. * Ei« Kuriosa«. Sine politisch hochinteressante Wendung hat die Frage der Lehrergehalts- regulierung in Böhmen gezeitigt. Wie der Deutsches Reich. Lripzig, 5. September. * Kaiser und Kanzler in Kiel. Der Kaiser be sichtigte am Montag vormittag in Kiel das Linien schiff „Thüringen" und begab sich dann nach Holtenau, um die Fortschritte an den Schleuse» und den Kanalarbeiten zu sehen. Der Reichskanzler ist nachmittag um 3 Uhr in Kiel eingetroffen und be gab sich an Bord der „Hohenzollern". * Zu Ehren des scheidenden amerikanischen Bot schafters Hill sand am Montag in Berlin bei dem Staatsiekretär v. Kiderlen-W achter eine Früh- stückstasel statt. An der Tafel nahmen das gesamte Personal der amerikanischen Bcuschast, mehrere Mit glieder des Auswärtigen Amts und die Mitglieder der amerikanischen Sondcrbotschaft Bartholdi und Wolffram teil. * Verbesserung der „Nachrichten für Handel und Industrie". Die „Nordd. Allg. Ztg." kündigt an, daß der Staatssekretär des Innern an etwa lechzig Vertretungen von Handel, Industrie und Landwirt schaft zur Teilnahme an einer mündlichen Erörte rung cinlud, wie die im Neichsamt des Innern zu sammengestellten „Nachrichten für Handel und In dustrie" noch mehr als bisher den Zwecken unseres Erwerbslebens dienstbar gemacht werden können. Zu der Besprechung, die am 29. September in Berlin stattfindet, werden auch Vertreter der Presse als Sachverständige zugczogen werden. * Wechsel im Posener Oberpräsidium. Der schon seit Wochen angekündigte Rücktritt des Herrn von Waldow vom Oberpräsidium in Posen, ein Wechsel, an den man Mutmaßungen über eine Aeirderung in der Polenpolitik knüpfte, ist nunmehr Tatsache ge worden. Friedrich Ernst von Schwerin, der bisherige Oppelner Regierungspräsident, ist zum Oüerpräsidenten der Provinz Posen ernannt worden. Am 4. Juni 1863 als Sohn Les verstorbenen Berg rats von Schwerin in Kattowitz geboren, wurde er 1886 Referendar im Bezirk des Kammergerichts, trat aber zwei Jahre später zur Regierung über. Im Mai 1891 Regierunqsasseffor geworden, arbeitete er in Lehe, Köln und Danzig, verwaltete von 1894 bis 1898 das Landratsamt des Kreises Tarnowitz, dessen Landrat er,, von 1899 -is 1905 war, um dann als Oberpräsident nach Münster zu gehen. Seit dem Juli 1907 war er Regierungspräsident in Arnsberg, übernahm aber schon ein halbes Jahr später, am 6. Januar 1907, das Amt des Regierungspräsidenten für Oppeln. Von diesem Posten ist er nun an die Spitze der Provinz Posen berufen worden. * Linienschiffe „Schwaben" und „Wettin". Schon kürzlich wurde mitgeteilt, daß an die Stelle des 9000 Tonnen großen Panzerkreuzers „Prinz Adalbert" der 15 800 Tonnen große Panzerkreuzer „Blücher" die Funktionen als Artillerieveriuchsichiff übern mmt. Unter den zur Inspektion der Schiffsartillerie gehö rigen Schiffen tritt noch ein zweiter Wechsel ein. An Stelle des Linienschiffes „Schwaben" wird im nächste» Monat das Linienschiff „Wettin" Artillerie schulschiff. Eine Vergrößerung des Deplacements erfol t durch diesen Austausch nicht, denn es sind zwei Schwesterschiffe von je 11 800 Tonnen. „Schwaben" ist seit dem 13. April 1904 in Dienst und hat fast während der ganzen Zeit als Artillerieschulschiff ge dient; seit einigen Jahren ist es in Sonderburg stationiert. „Wettin" gehörte vom Herbst 1902 bis zum Sommer d. I. der Hoch eeflotte an. Es wird jetzt Instandsetzungsarbeiten unterzogen. Der bis herige Kommandant von „Schwaben", Kapitän zur See Hebbinghaus, übernimmt auch das Kommando der „Wettin". * Das Schulschiff des Deutschen Tchulschiffvereins „Großherzogin Elisabeth" ist am Sonntag wohl behalten in Eckernförde angekommen und wird am 1. Oktober die Heimreise nach Bremerhaven antreten. * Ein Mißtrauensvotum für d.n Abgeordneten Eickhoff. Ein in Opladen abgehaltener Vertreter tag der Fortschrittlichen Volkspartei des Wahlkreises Solingen hat sich gegen den Abgeordneten Eickhoff ausgesprochen und seine Stellungnahme unter anderem als arbeiterfeindlich bezeichnet. * Sozialdemokratische Mißwirtschaft ia Orts krankenkassen. Wie der „Köln. Ztg." aus Düsseldorf berichtet wird, hatte der Vorsitzende des dortigen christlichen Gewerkschaftskartells in einer Gewerk schaftsversammlung behauptet, daß in der unter sozial demokratischer Verwaltung stehenden gemeinsamen Ortskrankenkasse bei der Anstellung von Be amten weniger auf eine genügende Befähigung als auf die politische Gesinnung Wert gelegt werde: auch werde in der Kasse offen sozialdemo kratische Propaganda getrieben. Der Kassenführer hatte deshalb den Gewerkschaftsführer wegen Be leidigung verklagt, doch erbrachte dieser vor dem Ee- werbegericht den N a ch w e i s, daß in einer Reihe von Fällen die erste Behauptung auf Wahrheit be ruhte. Der Kassierer zog deshalb diesen Teil seiner Klage zurück. Wegen der zweiten Behauptung — sozialdemokratisch« Propaganda in der Kasse — kam ein Vergleich zustande, wobei der Gewerkschaftsführer erklärte, er habe mit seinem Dorwurfe den Privat kläger nicht treffen wollen. Vertreter der „Preß-Centrale" aus unterrichteter Quelle erfährt, sind zwischen den Vertretern der deut, scheu und tschechischen Lehrerschaft vertrauliche Vere inbarungen getroffen worden, die sich auf eine formell getrennte, aber sachlich parallele Aktion zur Förderung der Lehrergehaltsfrage beziehen. Es ist dies seit laugen Jahren der erste Fall, in dem sich Mitglieder deutscher und tschechis che r Kor- porationen zwecks gemeinsamen Bor gehens verständigen. * Generalstreik der österreich.-ungar. Eisenbahner? Die Eisenbahnerorganisation der österreichsilh-un- garischen Sraatseisenbahnen, die sämtliche Angestellte zu ihren Mitgliedern zählt, hielt ein« stürmische Sitzung ab, bei der es zu heftigen Szenen und groben Ausfällen gegen die Verwaltung der Staatsbcrhn kam. Die Angestellten fordern ent schieden eine Lohnerhöhung und wünschen auch eine sozialere Einrichtung der Arbeitsver- hältniss«. Der Leiter der Versammlung erklärte, daß falls ihre berechtigten Wünsche von der vorgesetzten Behörde nicht erfüllt werden sollten, sämtliche Ange stellten -er Staatsbahnen in den Streik treten würden. Frankreich. * Schwerer Unglücksfall bei den französischen Kavalleriemauöoern. Bei den Kaoalleriemanövern, die gegenwärtig auf der Ebene von Bicvres statt finden, hat sich ein außerordentlich schwerer Unfall ereignet. Zwischen Penol und Balbins be findet sich ein 5 Mciler breiter Graben. Die Militär- Verwaltung hatte es unterlassen, die Soldaten auf diesen Graben aufmerksam zu machen. Auch die Kavalleristen konnten ihn nicht entdecken, da er ganz durch Las Terrain verborgen ist. Als Mannschaften des 13. Jägerregiments die Stelle passieren wollten, stürzten sie Hals über Kopf in den Graben. Zehn von ihnen erlitten schwere Verwundungen. Mehrere Pferde waren auf der Stelle tot. Die Ver wundeten wurden in das Hospital von Valence gebracht, wo einer von ihnen bereits seinen schweren Verletzungen erlegen ist. Mehrere andere Soldaten erlitten leichtere Verletzungen. Die Militärbehörden haben eine strenge Untersuchung eingeleitet. * Erenzrcgulieruug in Tripolis. Zwischen Frank reich und der Türkei ist, nach Meldungen aus Kon stantinopel, ein Vertrag zustande gekommen, wonach eine Kommission die Erenzfragen in Tripolis regeln soll. Hierzu schreibt der „Corriere d'Jtalia": „Diese Nachricht von einer Erenzregulierung in Tri polis verdient die größte Aufmerksamkeit Italiens. Wir sind cs schon von Frankreich gewöhnt, daß es uns init lleberraschungen kommt. Wir dürfen die Tripolisfrage durchaus nicht als unbedeu- tend ansehen und müssen darauf achten, daß wir nicht über das Ohr gehauen werden. * Präsident Fallidres ist am Montagmorgen in Toulon eingetcoffen und begab sich zur Flotten schau an Bord des Panzerschiffes „Masjena". Belgien. * Die Bewegung im Industriezentrum wächst sich zu einem Boykott aller landwirtichaitlichen Erzeugnisse durch die Zwischenhändler und Kon sumenten aus. Die Fleischer beschlossen zu feiern. Die Hausfrauen wollen am Mittwoch nach Brüisel gehen ui d demonstrieren. Die Bürgermeister des Industriegebietes verlangen von der Regierung die Aufh bung der Lebensmirtelzille. Niederlande. * Zum Amsterdamer Streik. Der niederländische Seemannsbund hat an den Justizminister ein Tele gramm gerichtet, worin er verlangt, daß die wegen der Streikkrawalle verhafteten Arbeiter vorläufig in Freiheit gesetzt werden, da die Hauptzeugen sich zurzeit auf der Fahrt befinden, so daß an eine Ver handlung vorläufig nicht zu denken sei. * Aussperrung der europäischen Heizer in Amster dam. Die Dampfschiffahrtsgescllschaft ,/Reeder land" teilt dem Seemannsbund mit, daß sie in Zukunft auf den Frachtdampfern nur hollän dische und auf den Schnelldampfern chinesische Heizer verwenden werde. Die übrigen Damps- schisfahrtsgesellschaftcn sollen sich angeblich dieser Maßregel anschließen wollen. Diese Nachricht, die sich rasch auf den Docks verbreitete, hat eine große Erbitterung unter den hier anwesen den ausländischen Heizern hervorgerufen. Man be fürchtet größere Demonstrationen und blu tige Straßenkämpfe. Auf diese Maßregel dürfte cs auch zuriickzuführcn sein, daß am Sonntag in den Morgenstunden zwei chinesische Heizer, die aus einer Kneipe kamen, überfallen und schwer verwundet wurden. Wie es heißt, sollen die Angreifer Ameri kaner gewesen sein. Italien. * Stellungnahme des Papstes gegen die Todes strafe. Wie römische Blätter, die gewöhnlich über die Vorgänge im Vatikan gut unterrichtet sind, zu melden wissen, hat der Papst ein Dokument vorbereitet, in dem er sich gegen die Todesstrafe ausspricht. Es heißt, der Papst werde an alle Monarchen, Staats, oberhäupter und gesetzgebende Körperschaften heran treten, damit die Idee der Abschaffung der Todes strafe immer weitere Unterstützung und Verbreitung finde. * Italienisch« Offiziere im Ausland. Auf Der- anlassung des Kriegsministers wcrden fortan jähr lich eine größere Anzahl italienischer Offiziere nach Berlin, London, Pest und Kiew entsandt werden, damit sie die Sprache des jeweiligen Landes er lernen. Bereits in allernächster Zeit wird der erste Offizicrstrupp abgehen. Rußland. * Die Rache der Nihilisten. Unweit von Alexan drowsk wurde die Leiche des von der sozial revolutionären Partei zum Tode verurteilten Lock spitzels Arttemrenko aufgesundcn. Der Ermor dete war seinerzeit einer der Führer der sozialrevo lutionären Partei. Auf Intervention Azews wurde Artiemienko für die russisch« politische c^eheim- polizei gewonnen. Als die sozialrevolutionäre Partei von dem Treiben Artiemienkos Kenntnis erhielt, wurde über ihn das Todesurteil verhängt, dessen Vollstreckung er sich nur durch die schleunige Flucht nach Amerika entziehen konnte. Dor zwei Wochen kehrte er jedoch zurück, wollte sich neuerdings unter falschem Namen der revolutionären Partei anschließen. Er wurde erkannt und im Auftrage der Partei ermordet. Bon den Tätern fehlt jede Spur. * Katholische Propaganda. Liner Verfügung de» Ministers des Innern, Stolvpin, zufolge wurd« in der Kanzlei des Erzbischofs von Mo. hylow eine Untersuchung vorgenommen. Die Regierung interessiert sich besonders für die Korre- spondenz des Papstes mit den katholischen Bischöfen Rußland«. Tine große Fülle Materials der katho- lischen Propaganda wurde konfisziert, und dem Mi nister des Innern das Ergebnis der Untersuung mit geteilt. Türkei. * Kriegsminister und jungtürkisch«, Komitee. Hussein Dschawid Bey veröffentlicht im „Tanin" einen Artikel, in dem er sich angelegentlich mit der Kabinettslage befaßt. Er protestiert ent schieden gegen das Gerücht, daß zwischen dem Kriegs« Minister Mahmut Schewket Pascha und dem junglürkischen Komitee Differenzen beständen. Dschawid Bey behauptet, daß der Kriegsminister voll ständig auf feiten des jungtürkischen Komitees stehe. Vereinigte Staaten. * Die Antwort Tafts. Präsident Taft schickte fol gendes Telegramm an den Deutschen Kaiser: „Ich schätze aufrichtig Ihr liebenswürdiges Tele gramm, das mir die Enthüllung des Steuden- denkmals bskanntgab und Ihren Dank und den des deutschen Volke" für das Geschenk über mittelte. Es wird mich mit großer Befriedigung erfüllen, das Telegramm im Dezember dein Kon greß bei der Eröffnung der Session mitzu- teilen, als einen Beweis für die herzlichen Beziehungen, die immer zwischen den Union staaten und dem Deutschen Reiche bestanden haben." pretzltimmen. Dem Sedantage sind von allen nationalen Zei tungen Festartikel gewidmet worden, die auf die kritische Situation der Gegenwart stark Bezug nehmen. So schreibt die „Deutsche Tages- ze itun g": „Wohl sind die Zeiten seit dem ersten Scdanseste manchmal recht klein geworden. Wohl haben wir uns manchmal fragen müssen, ob das Geschlecht von heute noch die sittliche und seelische Kraft habe, das Erbe von Sedan so kraftvoll zu wahren, wie cs not wendig ist. Es hat bisweilen Zeiten gegeben, wo ernste und nachdenkliche Geister an der Zukunft des deutschen Volkes schier verzweifeln wollten. Zu solcher Schwarzseherei ist kein genügender Anlaß vor handen. Noch steht Deutschland mächtig und als des Friedens Hort inmitten Europas und der Welt. Noch ist es gelungen, die fortwährenden Bedrohun gen und Anfeindungen hintanzuhalten und abzu wehren. Wir sind der Hoffnung, daß, wenn es über kurz oder lang hart auf hart kommen sollte, das deutsche Volk nochmals beweisen würde, daß es fähig ist, zu opfern, zu bluten und zu siegen." Die „Berliner Neuesten Nachrichten" werfen die Frage auf: „W o istder Geist, der die Fahnen von Sedan umrauschte? Gewiß, er lebt noch in unserem Volke. Aber er weicht zurück vor dem Geiste, der aus der Tiefe dringt und dcr mit ihm so wenig gemein hat wie Feuer und Wasser. Und wiederum stehen die berufenen Hüter unserer Zukunft untätig und stumm zur Seite. Es ist, als ob die Kraft des Widerstandes erloschen wäre, als ob man das Fahrzeug, das unse res Volkes Schicksal birgt, fatalistisch vom Strom der Zeit Lahintreiben lassen wolle. Möge drum der Geist der Väter lebendig sein überall da, wo heute deutsche Männer sich zur Feier des Sedantages ver einigen. Möge er aber vor allen Dingen darüber hinaus Kraft gewinnen in unserem gan zen Volke, in seinen Tiefen, nicht zuletzt aber auch bei denen, die es zu leiten und im Kreise dcr Völker seine Rechte zu wahren haben mit der Feder, solange es geyt, aber wenn es sein muß, auch mit dem Schwerte? Ganz deutlich geht die „Schlesis che Zeitg." auf die Gegenwart ein: „Hoffentlich tritt auch in den deutsch-eng lischen Verbrüder ungsversuchen eine recht lange Pause ein. Pflegen wir nach wie vor unser Interesse für die englische Kultur, sowie England dre deutschen Geistesschätze wohl zu wür digen weiß, pflegen wir Handel und Verkehr mit und in ihm und seinen Kolonien, aber reden wir bis auf weiteres nicht mehr von Freundschaft zwischen Volk und Volk. Englands Freunde sin - nur die, die seine Diener oder seine armen Vettern sein wollen. Eine solche Rolle können wir mit Ruhe Frankreich überlassen, Las Englands Lanzknecht sein soll und dessen militärische Bereitschaft eben von dem englischen Generalissimus French einer in mehrfachem Sinne peinlichen Re vision unterzogen wird. Wenn man in Frankreich für das Demütigende, das in diesem Verhältnis liegt, keinen Sinn mehr hat, so ist das ein geradezu er staunliches Zeichen von Schwäche und Unsicherheit. Wir legen mehr Wert auf unsere Selb ständigkeit und wissen, daß wir uns auf unser Heer und unsere Flotte verlassen können. Das ist es, was unserer S e d a n st i m m u n g den stolzen Grund ton gibt. Wir fühlen es, daß auch das heutige Deutschland sich der Väter würdig zeigen wird, wir wissen es wieder, daß cs ein Höheres gibt als Partei kämpfe und den Zank um den größten Happen aus der Futterkrippe. Diese Sedanstimmung ist'der rechte Auftakt für den Wiederbeginn der deutsch-franzö fischen Marokkoverhandlungen. Sie gibt unseren Staatsmännern einen festcn Rückhalt, um unser Recht und unsere Ehre zu wahren." - Die „Deutsche Zeitung" benutzt die Feier des Scdantages zur Ausgrabung einer interessanten Erwiderung: „Augenblicklich gehen wir daran, in aller Ruhe große Käisermanöver abzuhaltcn, obschon Frankreich seine großen Armeemanöver abgesagt hat und sicht lich bestrebt ist, die Armee in ihren einzelnen Armee korps zum Marsch so bereit wie möglich zusammen zuhalten. Und Feldmarschall French in spiziert. Inspiziert die ganze Reihe französischer Sperrforts an dcr deutschen Grenze, an denen sich unsere „Todcsbrigaden" die Zähne ausbeißcn sollen. Ein hoher Gcnie-Offizier begleitet ihn. Die Szene wirkt nicht sehr anregend auf natürliches militärisches Selbstgefühl: aber den Franzosen scheint die Verge wisserung desjenigen englischen Offiziers, der die „hunderttausend Mann" englischer Hilfstruppen, die bei Esbjerg landen sollen, oder aber di« „zweihun derttausend Mann" englischer Truppen kommandieren wird, die bei Antwerpen an Land steigen sollen, Mut zu machen. Das alles sieht aus wie nach letzter Vorbereitung oder wie nach dem letzten Akt vor einer großen Abmachung. So ähnlich ließ es sich äußerlich an, als vor etwas mehr als 40 Jahren Kaiser Napoleon Ils. und der österreichische Erzherzog Albrecht militärische Konferenzen begannen."
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