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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 07.09.1911
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-09-07
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19110907013
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911090701
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911090701
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-09
- Tag 1911-09-07
-
Monat
1911-09
-
Jahr
1911
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Nr. 24S. 105. Zsttrysny. manchen Vorzug, als er den jungen Soldaten eher die Möglichkeit gibt, Unteroffizier zu werden, als es der Fall wäre, wenn ein Unteroffizier seine 15 Jahr« in einem Bataillon abdicnt. Eine so lange Frist muh in dem jungen Nachwuchs jedes Streben er stillen. Die Erfahrung hat gelehrt, das? sich die gleiche Erscheinung im Osfizierkorps veobachten läßt. Die einzelnen Truppenteile stellen zu Friedenszeiten ge wissermaßen Militürschulen dar, in denen nicht nur Offiziere, sondern auch Unteroffiziere für den Krieg vorbereitet werden. Die Nachfrage nach Unter offizieren ist während eines Krieges gewaltig, dabei dürste die Neueinsührung das Kontingent der Re ferveoffizicrc bedeutend vermindern, wobei der Armee im Kriegsfälle keineswegs gedient ist. Schon aus diesem Grunde müßten einige Verbesserungen an der Neueinsührung vorgcnommcn werden. Die einzelnen Truppcnchefs werden in der Folge wohl darüber be richten, wieweit die Tätigkeit der neuen Unter offiziere den auf sie gesetzten Erwartungen entspricht. Doch können diese Berichte keineswegs als endgültiges Urteil über die Reform betrachtet werden. Ein solches Urteil ist erst bei einer Mobilisation der Armee möglich, weil sich alsdann mit deutlicher Klar heit Herausstellen wird, ob die Vorteile, welche die Mehrausgabe von 10 Millionen Rubel jährlich er fordert, eine solche Last aufwicgcn. LrlelrttHer Schutz üer iu Irrensnsikttten Internierten. In den letzten Tagen hat sich vor dein Land gericht Berlin ein sehr interessanter Irren prozeß abgespielt, der die Unzu-länglichtert und Lückenhaftigkeit der auf diesem Goböele bestehenden gesetzlichen Bestimmungen klar nachwics. Der be kannte Rechtsanwalt für Irrensachen Dr. Ehren- fried stellte, wie schon berichtet wurde, in einer Klage des in der Privatirrenanstalt des Lanitätsrats Dr. Keiler internierten Studenten Hagen gegen den Anstaltsleiter den Antrag, dem Beklagten, Dr. Weiler, auszugeben, den Studenten Hagen bei Vei- meidrmg einer Gefängnisstrafe von einem Monat für jede Viertelstunde der Verzögerung in Freiheit zu sehen. Das Gericht löste den in iuristischer Beziehung sehr verwickelten Fall dadurch, daß es den Kläger als Geisteskranken nicht für prozeßfähig erklärte und daher die Klage admies. Rian muß dabei mit allem Nachdruck konstatieren, daß der internierte Hagen, trotzdem er schon längere Zeit in der Irren anstalt sitzt, bisher noch nicht einmal einen vorläufigen Vormund bestellt bekommen hat. Cs sind zux'r schon Schritte getan worden, die aber noch zu keinem Resultat geführt haben. Wie der Vor sitzende aus den Akten fcststellte, hat das Landgericht den Antrag auf vorläufige Vormundschaft bisher ab gelehnt, weil dem Gericht bisher nicht Gelegenheit gegeben war, den Hagen vor der endgültigen Be schlussfassung persönlich zu hören. Während nun die ses langwierige vorläufige Entmündigungsverfahren in schwerfälligster, anscheinend noch in fehlerhafter Weise vor sich geht, sitzt der Internierte inzwischen die ganze Zeit ohne die notwendige gesetzlickze Vertretung oder vormundschaftlichen Schutz im Irreizhause. So kann denn das Absurde passieren, daß ein Rechts anwalt für ihn, den angeblich Geisteskranken, eine Klage anstrcngt und das Gericht ibm, bevor er noch entmündigt ist. die Prozeßfähigkeit wegen (veistes- kronkheit abspricht. Das mindeste wäre dock;, daß so fort im Augenblick der Internierung das vorläufige Entmündigungsverfahren singe leitet und für die Möglichkeit größter Beschleunigung gesorgt werden müßte. Es fehlt hier zweifellos an den zum Schutz i der Internierten ausreichenden Garantien. Da unsere t Psychiatrie trotz aller Fortschritte immer noch sehr I vielen Irrtümern ausgesetzt ist, so müssen wir in der I Irrcngesctzgebnng für alle nur irgend möglichen Go - I rantien zum Schutze -er Persönlichkeit Sorge tragen. « leipziger Lsyevwtt Hoffentlich wird das von so vielen Seiten verlangte Reichsirrengesctz diese durchaus berechtigten Wünsche erfüllen. Lein /elüzug geyen üle Vosmbos. Die mit der letzten Post au» Südwestafrika nach Deutschland gelangten Zeitungen enthalten, gegenüber den vor einiger Zeit wieder ausgetauchten Gerüchten von einem beabsichtigten kriegeritchen Vorgehen gegen die Ovambos, eine Erklärung des Gouverneurs Dr. Seitz, in der es heißt: „Ich muß demgegenüber darauf Hinweisen, daß es gegenwärtig, wo etwa 5000 Ovambos als Arbeiter bei den Bahnbauten und in den Minenbetriebcn beschäftigt sind und das Verhalten der gesamten Ovambos auch nicht den geringsten Anlaß zu einem lriegerischen Einschreiten bietet, nichts T örichteres und Frivoleres geben kann, als die Verbreitung derartiger Kombinarionen. die selbstverständlich den im Lande arbeitenden Ovambos nicht unbekannt bleiben können. Ganz abgesehen davon daß dadurch ein plötzlicher Masjenaozug der Ovambos und ein erhebUaur Rückschlag in einein Teile der Wirt schalt des Schutzgebietes einlreten kann, wird durch derartige Gerüchte auch Unruhe und Mißtrauen ins Ambo land selbst getragen, wo sich zurzeit zwei Vertreter der Regierung aufhalten, um wegen Regelung dauernden Arbeitcrbezugs mit den Häuptlingen zu verhandeln/' Mwtgernatznslimcn weyrn öer Mirrnot beim Mnnöuer. Aus Anlaß des durch die lange Trockenheit her vorgerufenen Futterinangels sind, wie der Korre spondenz „Heer und Politik" von militärischer Seite mitgeteilt wird, von den Generalkommandos der beteiligten Armeekorps Maßnahmen getroffen worden, um einer Steigerung der Futternot durch die dies jährigen Herbftübungen und durch den Bedarf der Pferde vorzubeugen. Die Intendanturen sind ange wiesen worden, überall dort, wo es mit Rücksicht auf den Futterstand notwendig erscheint, für die Pseroe- verpslegung der berittenen Truppen selbst Sorge zu tragen und in diesem Jahre die gesetzlichen Bestim mungen in Kraft treten zu lassen. Nach 8 5 des Naturalleisrungsgesetzes muß die Pferdeverpflegung während der Uebungen von der Trupps besorgt werden und darf von den Gemeinden und Gutsbczirken nur dann gefordert werden, wenn die Genehmigung der Kommunalaufsichtsbehörden vorliegt. Die Furage durch die Gemeinden erfolgt nur bei den Marschen der berittenen Truppen. Diese gesetzlichen Bestim mungen und Einschränkungen haben bisher nur auf dem Papier gestanden und waren auch nur dazu be stimmt, im Notsalle in Anwendung gebracht zu werden, da die Gemeinden ohne Rücksicht auf Riärsche oder Hebungen in den meisten Fallen die Furage an die berittenen Truppen hergaben. Da dieses Jahr aber für die Landwirte ein besonders unan genehmes Ausnahmcjahr ist, so sotten die gesetzlichen Bestimmungen in allen in Betracht kommenden Fällen in Kraft treten, aber naturgemäß nur dann, wenn es sich nm wesentliche Futterlieferungen han deln sollte. Bei kleineren Mengen, die für den Oie samtbestand der Futtermittel von unwesentlicher Be deutung sind, dürfte die Lieferung durch die Militär verwaltung von den Gemeinden und Gutsbezirken schon aus Gründen der Zeitersparnis kaum in An spruch genommen werden. Die GemerklHslten m Gnglanü weisen nach den amtlichen Berichten für 1910 den höchsten Stand auf, den sie bisher erreichten. Ins» gesamt wurden Ende 1910 gezählt 2126 592 Mit glieder. 2,4 Prozent Zuwachs gegen das Vorjahr. Diese Millionen aber sind zersplittert in 1154 Ver bänden. Stark zurückgegangen sind die Gewerkschaften im Baugewerbe, die 1901 fast 'F Million Mitglieder zählten, 1910 aber 80 000 weniger, und die Gewerk schaften im Bekleidungsgewerbe, die seit 1902 einen Rückgang von fast 20 000 verzeichnen. Alle übrigen Verbände sind gewachsen. Die größten Gewerkschaften sind: Baugewerbe (71 Verbände) 157 796 Mitglieder; Bergwerke (84 Verbände) 729 722 Mitglieder; Me tall- und Maschinengewerbe sowie Schiffbau (212 Ver bünde) 369 374 Mitglieder; Tertilgewerbe (271 Ver- bände) 379108 Mitglieder; Schuhmacher (12 Ver bände) 34 457 Mitglieder; Schneider (29 Verbände) 32 326 Mitglieder; Eisenbahner (7 Verbände) 116 214 Mitglieder; Trambahner (17 Verbände) 42 691 Mit glieder; Seeleute, Hafenarbeiter (34 Verbände) 71 636 Mitglieder; Druckgewerbe (38 Verbände) 73 880 Mitglieder; Holzgewerbe (91 Verbünde) 38 842 Mitglieder; Handlungsgehilfen (4 Verbände) .'»6 312 Mitglieder; andere (bewerbe (192 Verbünde) 107 409 Mitglieder; sonstige Arbeiter (15 Verbände) 119065 Mitglieder; Staats- und Gemeindearbeitcr (77 Verbände) 97 737 Mitglieder. Weibliche Mit glieder hatten die Gewerkschaften 221 272, zumeist in vor Baumwollindustrie. Die verschiedenen Vereine eines Gewerbes haben sich zu Föderationen zusam- mengeschlvssen, hauvtsächlich kommen hier in Betracht die „Federation of trade uuivns", der Verband der Bergarbeiter und der R.statt-, Maschinen- und Schikfbnuarbeiter. Auffällig ist die Schwäche der Or ganisation im Handelsgewerbe, von „Trade unions" der technischen Angestellten wird überhaupt nichts berichtet. pretzltimmkn. In -er „Wiener Neuen Freien Presse" mahnt der preußische Landiagsabgeordnete von Rath zu ruhiger Beurteilung -er Maroltoftage: Die Beurteilung der englischen Poli tik in der Mnokkofrage wird voraussichtlich in Deutschland mit der Zeit eine objektivere wer den; der Eindruck -er unnötigen Schärfe in den Aus führungen der britischen Staatsmänner wird sich all mählich verwischen. In England wird mau um eine Erfahrung reicher sein, daß in den meisten und wich tigsten Vorkommnissen der internationalen Politik das eigene Interesse auf deutscher Seite Lesser fährt als aus derjenigen der Gegner. Diese Erfahrung mag keine besonders bequeme sein, aber sie ist unvermeid lich, solange noch Reste der alten Einkreisungspolitik zur Betätigung drängen. In Deutschland hofst man, wie durch die Potsdamer Annäherung au Rußland, so durch die Verständigung mit Frankreich die e u r o- päischen Zündstofflager mehr und mehr auszuräumen und über Petersburg und Paris auch nach London den Weg zu einer dauernden und aufrichtigen Annäherung zu finden. Daß dies Bestreben nicht durch sachlich ungerechtfertigte und un verantwortliche Quertreibereien gestört werde, da rüber zu wachen ist ernste Plicht in beiden Ländern. lieber das kricgssicber schreibt die „Nat.-Zto.": „Man beklagt sich in Paris über die lange Dauer -er Marok'kooerhandlunzen! Nun, diese Ver schleppung, welche die Nervosität nährt, ist vor allem auf Englands Konto zu setzen. Aknn die zwischen Berlin und Paris ausgetauschten Noten nicht immer erst nach London und dann wieder zurück nach Paris hätten wandern müssen, waren wir heute zweifellos dem Abschluß der Unterhandlung ganz bedeutend näher. Seiner mehr als zwei deutigen Politik, die ihren schärfsten Aus druck in der Eartwrigth-Affäre gefunden hat, hat es England zu verdanken, wenn es heute bei der Wieder aufnahme der Berliner Konferenz die HSto noiro der deutschen öffentlichen Meinung ist. aber wenn dies auch die Urfache des Kriegsfiebers ist, so ist es doch kein ausreichender Grund, um unfinnigen Gerüchten blinden Glauben zu verschaffen. Nervosität steht dem deutschen Volke schlecht. Das Kriegs fieber kann -en ruhigen Gang der Verhandlungen nur stören. Das deutsche Volk aber soll ihrem Ausgange, wie er auch sein möge, mit Ruhe und Würde entgegen setzen, uiid darf getrost Ausbrüche von Nervosität, wie OvunerslLg, 7. September 19U. sie jetzt in Stettin und Straßburg sich ereignet haben, andern überlassen. So war es bisher, und so muß es auch jetzt sein. Wir Germanen haben, Gott sei Dank/ wirklich immer noch die besten Nerven." Die „Königsberger Hartungsche Zeitung" hofft auf baldige Verständigung: „In London will man mit diesen Nachrichten den leitenden deutschen Männern ein Gruseln verursachen. Tatsächlich ist Las, was über diese angeblichen Vor bereitungen gesagt wird, nur geeiguet, allen militärischen Sachverständigen ein Lächeln abzu ringen. Wenn in Frankreich und England — Bel gien kann außer Betracht bleiben — jetzt erst solche Vorbereitungen getroffen würden, so stünde es um die militärische Schlagfertigkeit beider Länder schlimm. In Deutschland ist Las alles längst fertig. Abgesehen davon aber, in Paris ist man sich über eins vollkommen klar: bei einem Kriege der beiden Weltmächte gegen Deutschland wäre Frank- reichder Teil, der am meistenzu leiden untz am meisten zu verlieren hatte. Auf seinen, Boden würde um die Entscheidung in diesem Kampfe gerungen werden. Gegen England würbe Deutschland sich verteidcgungsweise verhalten, während es gegen Frankreich sofort zum Angriff vorgehen würde. In Paris verhehlt man sich auch nicht, -aß schon einige von den Franzosen erlittene Schlappen genügen würden, um die jetzige Staatsrcform Frankreichs hinrvegz'.ifegen und die jetzt regierenden Schichten aus allen einträglichen Stellen zu entfernen. So viel ohne die dringendste Not aufs Sp^'l zu setzen, fällr -en gegenwärtigen Mackfthabern in Frankreich nicht ein. Danach ist das von England unterhaltene Kriegsgeschrei einzuschätzen. Es kommt nicht zum Kriege, sondern zur Verständigung." Uebcr die Treptower Demonstration der Sozial demokraten schreibt die „konservative Korre spondenz" folgendes: Die Sozialdemokratie hat am Sonntag in Berlin in der Marotkofrage eine Kundgebung veranstaltet und Labei wieder Len Standpunkt vaterlands loser Gesinnung offenbart, den sie in dieser Frage, wie überhaupt in allen nationalen Dingen, stets crnnimmt und stets einnehmen wird. Wir glau'ben aber nicht, daß die Führer der Sozial demokratie über die von ihren Agitatoren durch Schlagworte verblendeten und verhetzten Kreis« hin aus in weiteren Schichten unseres Volkes, insbeson dere auch nicht in allen Arbeiterkreisen, mit ihren wieder bekundeten unhaltbaren und antin.atioua..u Ansichten Aniklang finden werden. In wohltuen* dem Gegensatz hierzu stecht die Haltung aller bürgerlichen Parteien mird ihrer Presse, insbesondere auch der Zentrumspresse, die in maßvoller und fester Art die mit der Marokko angelegenheit unlösbar zusammenhängenden wich tigen nationalen Notwendigkeiten stets betonen und dabei auch -en letzten Konsequenzen ruhig ins Auge sehen Daß die konservative Presse nie einen anderen Standpunkt eingenommen hat und einnehmen konnte, ist selbstverständlich. Auch wir hegen die bestimmte und feste Erwartung, daß die verantwortlichen Leiter unserer auswärtigen Angelegenheiten die berechtigten Interessen Deutschlands fernerhin mit Energie und Entschiedenheit wahren und daß sich in nicht allzu ferner Zeit zeigen wird, mit welchen pr'l- tisck^en und unbestreitbaren Erfolge dies geschehen -ft. Wenn auch in nationalen Kreisen hier und da Zweifel, Bedenken und Sorge in dieser RickMug zv,7 Ausdruck gelangt sind, so entbehren Liest doch wo-l, soweit wir die Sachlage überschauen, jeder tatsächlrh berechtigten Unterlage. Es ist selbstverständlich, daß die Regierung, wenn sie auf dem Standpunkt der Festigkeit und der Entschiedenheit unbcirrc verharrt, die konservative Gcsamtvartei bis zum Aeußer steil hinter sich haben wird. von Dennemitz bis Leipzig. (6. September bis 18. Oktober 1813.) Bericht des Ratsförsters Sicgncrzu Treuenbrietzen. Au-' dem Archive Les Herrn Herzog!. Areubcrg'schen Försters Krebs zu Oberkail (Eifel). Erstmalige Veröffentlichung durch Dr. Kurt Krebs-(Leipzig). III. In dem letzten Dorfe vor Kropfstädt kam uns schon ein preußischer Marketender entgegen gelaufen und Nagte uns, Laß ihm die Franzosen seinen Wagen mit 2 Pferden Hinommen hätten, da- mit nach dem Magazin gefahren wären, um Brannt wein zu laden und nach Wittenberg zu bringen. Die Dauern i-ätten aucy viel Prügel 1>e1ommen und ebenfalls Pferde und Wagen schaffen sotten; es wären ungefähr /2 bis 13 Mann Kavallerie gewesen. Wir eilten nun nach kropfstädt zu. Eben als wir zur dortigen Heide r.erau-avolltcn, sah ich den Mütter des Doifes, -er zu seiner Mühle, die ein Stück vom Dorse entfernt ist, gehen wollte. Ich vet deshalb den Leut nant Mütter, in der Heide so lange zurückzubleiben, bis ich mit Lem Mütter, den ich kenne, gesprochen hätte; ich würde winken, wenn er kommen soll«. Der Windmüller war ganz erstaunt, mich mit Sä bel und Pistolen k<wasfnet za sehen, und meinte, es wären Franzose» in krvpsstävt, welche mich festhalten würden, ich möchte dock) schnell mich zurückmachen. Ich erwiderte ihm, daß em russisches Armeekorps in Treuenbrietzen stände, welches »ach Wittenberg vor rücke und heute noch bis krcpsstädt kommen würde. Der gutmütige Mann glaubte gewiß von mir Wahr heiten zu hören und meinte, dann wolle er sogleich »ach Hause gehe» und recht riel Kartoffeln koche» l'.ssenl wenn man den Lokalen zu essen gebe, wären sie nicht so schlimm. Er ging »ach dem Dorfe; ich winkt.' dem Leutnant Müller, der nun mit seinen 24 Manu einer hinter de n «1 der» einen Fußsteig nach. Kropistädl zu ritt. Der Müller, der dies sah und auch mich noch »cmcrckt«, kam sogleich wieder zurück und meinte,. :ort kämen viel« Franzosen, ich möchte 0vcb zurückcilen. Ich mrsickzerte ihm. daß es P'eußen seien, von welche» schor, ein großer Teil über der Wüstcnmark (Frrflhaus und Mühle) nach Wittenberg vergehe. -er Leutnant Mütter kam nun zu mir heran, und der Wm-müller erzählte uns dasselbe, was wir schon von dem Marketender erfahren hatten. Di« Fran- zo,«n wa- 'n indes inzwischen abgegangen. Es wurde nun beschlossen. Laß ich das Magazin bewachen, der Leuln mt Müller, die Franzosen, welche nach Wittcn- t>Lkg m.ückg.'gangcn waren, verfolgen soll«, jedoch nicht weiter als bis zur Mese hinter der Heide: von dort solle er mit Zurücklassung von einigen Mann Wache retourk.'mmen, um uns dann weiter beraten zu können. Mit dem Verschlag- des Leutnant Müller, die Fässer zu zerschlagen l35 Oxthoi) und Lrn Brannt wein austaujen zu lassen, konnte ich nicht einverstan den sein, weil diese mit meiner erdachten NachricA, das russische Armeekorps sei rm Anzuge, nicht mr Ein klang stand. Durch dies« Nachricht gedachte ich Len Btanntwcin vielmehr zu retten, und es sollte mein Vorbaben durch -en Oekonomieinspektor auf dem dortigen Gute, welchen ich genau kannte, gelingen. Demselben erzählte ich nämlich ebenfalls, daß die russische Armee im Anmarsch sc., machte ihn darauf aufmerksam, -aß die Franzosen, wenn sie Len Brannt wein holen, leicht Gefahr laufen würden, von den Russen gefangen zu werden; er möchte deshalb sofort einen Beten zum Kommandanten nach Wittenberg schicken und dem. die Gefahr melden lassen. Der gute Mann wollte anfänglich hierauf nicht eingehen, be quemte sich aber dennoch dazu, als ich ihm zu bedenken gab, daß die Sachsen sich noch als Verbündete der Franzosen zu betrachten hätten und ihm seine Hand lungsweise für Lie Folge von großem Nutzen feln könnte. Der abgcfandte Bote war auch wirklich schon unterwegs bei dem Dorfe Dressen 5 Fracbiwagen mit einiger Kavalkericbedeckuna begegnet, welche jedoch, nachdem der Bote ihnen die preußische Wach« auf jenem Berge gezeigt und ihnen mitgeteilt, daß in Kropfstädt ein große Menge Kavallerie sei, sofort um gekehrt waren. Der Bote chatte für seine Meldung von oem Kommandanten in Wittenberg einen Dukenen als Belohnung erhalten Da wir nun vor den Franzosen sicl)er waren, ver abredeten wir. -aß ein Pikett von 10 bis 12 Mann von unserer Kavallerie in Kropfstädt, der Leutnant Müller.mit den übrigen in Marjahna bleiben, ich hingegen nach Treuenbrietzen reiten sollte, um Wagen zur Fortschafsung des Branntweins zu holen. Dies geschah. — Der Wagcnkommissär in Treuenbrietzen namens Korcul»cr versprach Fuhrleute zu bestellen, die jedoch nicht sogleich zu l>ekommcn waren, weil be kannt geworden, daß Franzosen in kropfstädt stän den. Ich versprach den Leuten 10 Rcicbstaler Trink geld. außerdem noch Vranntrvcin, Len sie jedoch erst in Treuenbrietzen baten sollten. Dies wirkte, ich er hielt Fuhrleute. Herrn v. Burgwedel setzte ich in Kenntnis, was ich veranlaßt hatte. Derselbe aber war damit nicht einverstanden, vielmehr sehr un willig darüber, den Leuten 10 Reichstaler bewilligt zu haben und meinte, ob ich diese aus meiner Tasche geben wolle. Ich erwiderte, daß ich ein Faß Vrannt- wein verkaufen und die 10 Reichetalcr davon «eben würde, worauf er sehr 1 nwillig erklärte, das würde er nicht zngeben. Ich darüber ebenfalls gereizt, gab ihm zu verstehen, Laß er es dann auch nicht zügele» möchte, daß die Franzosen den Branntwein nach Wittenberg holen dürften. Zu diesem Streite fand sich der Herr General non Massenbach, Divisionär vom Landsturm, «in; dem trug ich die Sach« vor. und dieser beauftragte mich, mein Vorhaben au-zuführen, auch den Fuhrleuten 10 Rcichstaler zu bewilligen, welche freilich erst später für st« ausgewirkt werden konnten. Die Fuhrleute, damit einverstanden, holten nnn den Brarniroein. Die 10 Rciclzsialcz. glaube ich. sind nach dem Frieden vom Proviantamt gcz-.hlt worden, mrnizstcns >at sich von den Fuhrleuten niemand wieder bei mir deshalb gemeldet. Nachdem der Branntwein in Sicherheit gebracht morden war, ritten wir. um weiter« Nachrichten über Lie Stellung der Franzosen einzuzreben, noch Bclzig. Dort fanden wir, daß der Kommandant aus Furcht vor den Franzosen di« Flucht ergriffen und sämtliche Gewehre, welche bei Hagclsberg auf dem Schlachtfeld« eingesammelt worden waren, zurückgelassen batt«. Uno indem ich durch meinen Bekannten erfuhr, oaß in dem Dorfe Borne französische Kavallerie stehen solle, kamen zwei Husaren, welch: zum Bürgermeister woll»«n und mir erzählten, daß bei dem preußischen Armeekorps, was in Golzow stände, die Nachricht ein gegangen wäre, «in französisches Armeekorps sei über Treuenbrietzen nach Berlin gegangen, und sie nun den Auftrag hätten, darüber sicher« Erkundigungen einzu- zichcn Ich forderte die Husaren auf, nur mit mir zu kommen, denn zu.n Bürgermeister konnte ich sic nicht lassen. Ich lanitte ja die Nachbarschaft, und der Bürgermeister, obgleich mein guter Freund, dürfte die Nachricht von den Hniaren doch nicht erfahren. Der Leutnant Müller gab den Leuten ein Schrei ben, worin gesagt war. daß keine Franzosen über Treuenbrietzc.t wären und nur eiuige Kavallerie, ca. 16 bis 20 Mann, hinter Borns ständen, mit der Weisung, dassclb'.' -«in Landrat v. Rocbow in Gol-ow vorzuzeigen. Schluß folgt. Kunst unö Mssersschskt. * Neue Bach-Gesellschaft. Für das am 23. und 24. September in Eisenach stattsindcnde Bachfcst der Neuen Bachgesellschaft liegt das Programm jetzt vor. Es bedenkt neben selten gehörten Werken Johann Sebastian Bachs auch Werke seiner Vor- oäiigcr. wie Johann Christoph Bach, ein Onkel Sebastians (1642—1703) Johannes Eccard (1553 bis 1611), Johan» Hermann Schein (1586- 1630), Hans Leo Haßler (1564-1612) und Arcangelo Corelki (1653 bis 1713). Die Leitung der drei Konzerte liegt in den Händen des Herrn Geheimen Rcgierungsrates Professor Dr. Hermann Krctzschmar, Direktors der Kgl. Hochschule für Musik in Berlin, und Herrn Pro fessor Georg Schumann, Direktors der Singakademie in Berlin. Prospekte und Programme versendet die Geschäftsstelle der Neuen Dachgesellschaft, Leipzig, Nürnberger Straße 36. * Die Eröffnung des Neuen Theater» in Frankfurt am Main, die auf Donnerstag ange'ctzt war, muß wegen technischer Schwierigkeiten auf Montag, den 11. September, verlegt werden. * Musikalisches aus Bad Nauheim. Im neuen Konzertsaal des Kurhauses Bad Nauheim wurde unter Leitung des König!. Professors Hans Win delst ein am 4. d. M. zu Wohltätiakeitszwecken ein großes Massenkonzert veranstaltet, oei dem ins gesamt 175 Musiker, Mitglieder der großen Theater- und Konzertorchester von Wiesbaden. Darmstadt, Frankfurt, Mainz, Hamburg und Nauheim mit wirkten. Der Erfolg war glänzend, die Klang- wirlnna. besonder» der mehr als 10l' Streicher ideal schön und geradezu verbl-ißend. Das Programm . vor: Beethovens E Mott Sinfonie, Wagners Tann- l häujerouvertüre und Vorspiel zum dritten Akt der « Meistersinger; ferner trug Herr Professor Henri I Marteau in vollendeter Weise das Brahmssche I Violinkonzert vor, während Herr ^Kammersänger I Weber-Darmstadt Sachsens Wahnmonolog spendete. Der ausvcrkaufte Saal zeichnete sämtlich« Mit- wirkendr, insbesondere Herrn Professor Win-er st ei», durch stürmischen Beifall aus. Der Abend trug musikfeftlichcn Charakter. Wiener Theater. Aus Wien wird »ns ge schrieben: Septemberoperetten — das ist ein« ganz bestimmte Kategorie: Das sind Operetten von An fängern. von minder begabten oder auch nur minder bekannten und erfolgreichen Librettistenfirmen und Komponisten. Die Novität -cs Bürqerrheaters „Das neue Mädchen", Vaudeville von Bernhara Buchbinder, Musik von Richard Fronz, iil eine solche typisch« Soptembersache. Das alt«, allzuofi bewährte Possenmotiv vom Stubenmädchen, das von sämtlichen Herren des Hau'es bedrängt wird nn- jich doch tugendhaft und vorteilhaft verlobt aus der Affäre zieht, ist das Gerüst, das die verschiedenen, mehr oder minder lustigen Scherze und die stellen weise gelungenen Texte zu tragen Hai. Tic Musik ist sehr wienerisch, zum Teil gefällig, zum Teil konventionell, und macht von Altwiencr Motiven und vom Radetzkymari-ch gcfchickie Nutzanwendung. Das lustige und sorgfältig gespielt« Vaudeville amüsierte das Publikum sehr. Tags darauf eröffnete das Johann-Strauß-Theater mit einer neuen Operette „Madame Serafin". Das Buch schrieb der jetzt so erfolgreiche Berliner Oion- kowski mit einem jungen Wiener Komponisten, Bruno Granichstädten. Den überaus kompli zierten Eifersucht»-, Liebes« und Scheidunasverwick- lungen liegt vermutlich irgendein verschollener, französischer Schwank zugrunde. Die Haupifiguren sind eine Kankantänzerin. ein ruinierter Marquis und ein ausgesungener reicher Tenorist, den arme Verwandle unzurechnungsfähig erklären lassen wollen, der ihnen zuvorkommt, in eine Irrenanstalt geht, sich irrsinnig stellt usw. — u'.fo einmal eine Operette, in der der Irrsinn ganz offen kundig und eingestandenermaßen mitwirkt. . . Die Musik stammt von Robert Winterberg, einem jungen, allzu eifrigen Wiener Komponisten. Anstatt seine keineswegs robusten Fähigkeiten auf ein Werk zu konzentrieren, bringt er nun eine Operette nach der anderen und alle baden den Familienzug der musikalischen Charakterschwäche, des Unpersönlichen. Solche wiegende schmeichlerische Walzer und englifch: Tanzrhythmen macht heutzutage schon jeder. Herr Winterberg ist ein sympathisches Talent und eine bescheidene Hoffnung, aber noch ein paar solcher Dutzendarbeiten und er hört auf, es zu sein. Auch diese Septembernovität hatte einen sehr freundlichen Erfolg. Tucknig Uirscklelck. * Ruggiero Leoncavallo, der bekannte Komponist, ist gestern in London eingetroffen, um der Auffüh rung der „Pagliacct" (Bajazzi) beizuwohnen. Er wird diese Oper, in der hervorragende Gäste be schäftigt werden, zweimal dirigieren, wofür ihm ein außerordentlich hohes Honorar zuteil wird. * Hochschulnachrichten. Der ordentliche Proiesior für kanoniiwes Recht in Straßburg Dr. Ignatz Fahrner scheidet infolge seiner Ernennung zum Gjeneralvikar aus dem Lehrkörper der llniver» sität au».
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