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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 30.09.1911
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-09-30
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19110930026
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911093002
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911093002
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-09
- Tag 1911-09-30
-
Monat
1911-09
-
Jahr
1911
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it»kie»tsch«, Kreuzer zwei türkisch« Trosportdawpfer, die Truppeuladungen an Bord hatten, «erfolgt und befchoffen hat. Die türkischen Schiffe fluchteten an die Küste von Prevesa in» türkischen Epirus. Jtalieuiscke Schiffe vorSaloniki. Konstantinopel, 30. September. (Eigene Drahtmelduug.) Die „Agrnce Orientale" meldet aus Saloniki: Heut« nachmittag wurde vom hiesigen Leuchtturm ein Schiff gesichtet, das in einer Entfernung von 5 Kilometer von der Küste kreuzte. Die Hafenbehörden glauben, daß es sich um ein ita lienisches Kriegsschiff handelt. Bereits in vergangener Nacht wurden mehrere Schiffe ge sichtet, die unweit von der Küste mit abgeblen. deten Lichtern fuhren. P a r i s, 30. September. (Eig. Drahtmeld.) Der „Agcnce Havas" gehen Blättermelduuge» aus Kon stantinopel zu, nach denen italienisch« Panzerschiffe vor Smnrna und Saloniki erschienen sind. ^lnmnrstst der Türken in Tcffnlien. Nach einer Meldung des „B. T." aus Konstan tinopel sollen türkische Truppen bereits in Thessalien einzurüclen begonnen haben. Tatsächlich wird in unterrichteten Kreisen ernstlich mit dem bevorstehenden Einmarsch türkischer Truppen in Thessalien gerechnet. Man weist, dast die Mächte dagegen protestieren werden, will sich aber auf das Beispiel Italiens berufen und rechnet damit, dast eine gemeinsame Aktion der Mächte für Griechen land doch unwahrscheinlich ist. Die Türkei ist aber fest entschlossen, gerade Griechenland gegenüber sich schadlos zu halten und eventuell dem italienischen Beispiel des räuberischen Ucberfalles zu folgen. Ein hoher türkischer Staatsmann soll erklärt haben: „Wir werden von Athen aus mit Italien und den Mächten verhandeln!" Doch wird diese Eventualität von anderer Seite ernstlich angezwcifelt. Italienischer Schutz für Griechenland. Rom, 30. September. lEig. Drahtm.) Hiesigen Blättcrmeldungen zufolge hat das italienische Geschwader, das augenblicklich in türkischen Ge wässern kreuzt, Befehl erhalten, unverzüglich nach Griechenland abzudampfen. Es soll den Schuh für Griechenland übernehmen und das Land vor einem eventuellen Angriff seitens der Türket schürzen. Türkische Vorsichtsmaßregeln. Konstantinopel, 30. September. lEig. Drahtm.) In Militärkrcisen herrscht groste Besorgnis über das Schicksal der türkischen Noten- Meer-Flotte, die nur aus einigen alten Kanonenbooten besteht. Man befürchtet einen Hand streich der Italiener von Erythräa aus und glaubt, dast die Italiener den Aufstand imIemen noch schüren werden, da cs ihnen leicht ist, von MassauL aus die aufrührerischen Araber mit Waffen und Munition zu versorgen. Konstantinopel, 30. September. (Eig. Drahtm.) Die türkische Negierung hat angeordnct, dast an der ganzen rumelischcn und kleinasiati schen Küste die Schiffahrtszeichen ent fernt werden und Leuchtschiffe und Leucht türme, soweit sie sich' im Besitz der Regierung be finden, ihre Feuer zu löschen haben. Auf den Inseln des Archipels ist dieselbe Order ergangen. Konstantinopel, 30» September. (Eig. Drahtm.) Die Militärbehörden haben groste Bor« sichtsmastrcgcln getroffen, um alle türkischen Häsen mit dem nötigen Schutz zu versehen. Groste Be ¬ sorgnis herrscht hier über das Schicksal der Flotte, die sich augenblicklich auf dem Weg« von Syrien »ach den Dardanellen befindet. Kabinettwechsel in Konstantinopel. Paris, 30. September. „Agence Havas" meldet au, Konstantinopel 10 Uhr abends: Das Kabi nett Hakki Pascha hat demissioniert. Said Pascha wurde zum Erostwesir ernannt, Kiamil Pascha zum Minister des Aeußern, Mahmud Schewket Pascha bleibt Kriegs-- Minister. Di« italienischen Mobilisierungen. Man ist in Wien, Blättermeldungen zufolge, un terrichtet, dast Italien vier Armeekorps mobilisiert hat, zwei im Süden für Tri polis und zwei im Norden für die österreichisch« Grenze, da Italien glaubt, sich für alle Eventualitäten schützen zu müssen. Abreise des türkischen Geschäftsträgers au» Rom. Der türkisckze Geschäftsträger Seifeddin Bei ist am Freitag abend 8 Uhr abgereist. Der italienische Geschäftsträger in Konstan tinopel hat seine Abfahrt für Sonnabend abend an gekündigt. Entfernung der englischen Offiziere von türkischen Kriegsschiffen. Rom, 30. September. (Eig. Drahtm.) „Agencia Stefani" meldet aus Konstantinopel: Die englische Regierung erteilte den in Diensten der tür kischen Flotte befindlichen Offizieren den Befehl, die türkischen Kriegsschiffe zu ver lassen. Die Stimmung in Konstantinopel. Konstantinopel, 30. September. (Eig. Drahtm.) Non den Polizeibehörden sind alle Mastnahmen ge troffen worden, um eventuellen Unruhen in der Stadt vorzubeugcn. Doch hat sich bis jetzt die Be völkerung im grosten und ganzen ruhig verhalten. Personen, die den Sultan bei seiner letzten Aus fahrt gesehen haben, berichten, dast dieser äusterst niedergeschlagen sei und sehr sorgenvoll aussehe. Unter den Jungtürken herrscht wegen der ränkevollen Politik Italiens groste Erre gung, doch macht man auch anderseits dem demis sionierenden Kabinett Hakki Paschas bittere Dor würfe, dast es jede notwendige Mastnahme gegenüber Italien versäumt hat. Kriegsbegcistcrung in Rom. Rom, 30. Sevtember. (Eig. Drahtm.) In Italien herrscht große Begeisterung. Ueberall, wo die Bevölkerung Militär zu Gesichte be kommt, jubelt sie ihm lebhaft zu und bringt ihm wahre Ovationen entgegen. Am gestrigen Nach mittag war die Stimmung in der Stadt äußerst ge spannt. Bon Stunde zu Stunde erwartete man die Nachricht, dast Italien die Verhandlungen mit der Türkei abgebrochen und seinem Gegner den Krieg erklärt habe. Bor dem Gebäude der „Tribuna" hatte sich eine tauscndköpsige Menschenmenge angesammelt. Um 6 Uhr abends verkündeten Extra blätter, dast der Krieg erklärt sei. Die Bevölkerung nahm die Nachricht selbst mit grösster Ruhe auf. wenn man auch merkte, dast sie, als die Kriegserklärung bekannt wurde, doch etwas seelisch erregt war. Abends fanden groste Freuden- kundgebungen statt, in deren Verlauf Hoch rufe auf den König, die Negierung und die A-mee wi^erholt laut wurden. Entsendung der „Elsaß" nach Tripolis. Kiel, 30. September. (Eig. Trahtmeld.) Das Linienschiff „Elsaß" erhielt gestern mittag geheime Order, sofort auszurüsten und in m ö g- lich st kurzer Zeitjeeklar zu fein. Die Be stimmung des Schiffes ist unbekannt, da die geheime Order erst auf Ser geöffnet werden darf. Hier ver lautet, das Schiff hab« den Auftrag, sichunvcrzü g- lich ins Mittelmeer zu begeben. Die „Elsa ß" ist gestern abend 10 Uhr bei Holtenau in den Kaiser-Wilhelm-Kan al eingelaufen. Da in den letzten Tagen die Reserven der Schiffe entlassen worden sind, wurde sofort nach dem Ein treffen der Ausrüstungsorder die „Elsaß" durch Mannschaften anderer Kriegsschiff« auf die etats mäßige Besatzungsstärke von 750 Mann gebracht. Wie hier bestimmt versichert wird, geht die „Elsaß" zum Schutze der deutschen Interessen direkt nach Tri polis. Die Stichwahl in Düllelüorf die am gestrigen Freitag stattfand, hat das von uns nach der Hauptwahl vorausgesagt« Ergebnis ge zeitigt: der Kandidat der Sozialdemokratie, Haber land wurde mit 39 823 Stimmen gewählt, der Zentrumskandidat Dr. Friedrich unterlag mit 36111 Stimmen. Bei der Hauptwahl erhielten Dr. Friedrich (Ztr.) 29 291, Haberland (Sog.) 34 973, Dr. Breitschcid (Dem. Dgg.) 3321, Herkenrath (rechts stehende Parteien) 3147 und ChiciscewSki 326 Stim men. Mit Sicherheit ist anzunehmen, daß für den Sozialdemokraten die Stimmen der Demokratischen Bereinigung und für den Zentrumsmann die Stim men der rechtsstehenden Parteien und der Polen mit in die Wagschale gefallen sind. Da di« Kandidaten indes darüber hinaus noch einen Stimmenzuwachs zu verzeichnen haben, so ist erwiesen, daß beide an der Stichwahl beteiligte Parteien noch über einige Reserven verfügten, die am Stichwahltag« mit in Aktion traten. Die Liberale Bereinigung von Düsseldorf hatte, wie am Hauptwahltage, so auch am Stichwahltage Wahlenthaltung proklamiert und diese Parole der Parteileitung ist zweifellos von den liberalen Staatsbürgern des Wahlkreises auch befolgt worden, denn es steht fest, daß rund 30 000 Wahlberechtigte von ihrem Wahlrecht keinen Gebrauch gemacht haben. Das Zentrum hat, und das ist Las Bemerkenswerte an dieser Wahl, einen seiner ältesten und sichersten Besitze verloren. Es trifft sich eigentümlich, dast gerade am Stich- wabltage im „Vorwärts" der Briefwechsel zwischen den Leitungen der Sozialdemokratie und des Zentrums veröffentlicht worden ist. der die seltsamen Wahlpraktiken des „nationalen" Zentrums enthüllt. Wie erinnerlich, hatte der Zentrumsabgeordnete Dr. Bell behauptet, dast bei den letzten Reichstags wahlen von maßgebender sozialdemokrati scher Seite der Zentrumsfraktion ein Wahl bündnis an geboten worden sei, und dast die Zen trumsfraktion einmütig das Bündnis abgelehnt hätte. Aus der im „Dorw." veröffentlichten Kor respondenz geht indessen hervor, dast Herr Dr. Bell zum höheren Ruhme seiner Partei die Sache gerade umgekehrt dargestellt hat, als sie sich offenbar ab spielte. Als erstes der in Betracht kommenden Schreiben gibt der „Vorw." nämlich folgenden ver traulichen Brief des Abg. Müller- Fulda an den..Genossen" Singer vom 28. Januar 1907 (also zwischen Haupt- und Stich wahl) zum besten: „Vertraulich. Fulda, den 27. Januar 1907. Geehrter Herr Kollege! Den Empfang Ihres Werten vom 21. er. be stätige. Auf Stichwahlhilfe im Kreise Hiinseld- Hersfeld Rothenburg will ich verzichten, weil ich in diesem Kreise gegen die Antisemiten, Konserva tiven, Freisinnigen und Liberalen Loch nicht durch dringe. Dagegen möchte ich Ihr« Aufmerk samkeit auf die gefährdete Gesamt lag e le n k e n. Zwar kehrt das Zentrum nicht er heblich geschwächt zurück: durch den Verlust Ihrer Partei in Sachsen, Thüringen usw. und durch das Zusammengehen der Freisinnigen mit der Reaktion erscheinen mir die Verfassnngsrechte gefährdet und Zustände geschaffen, wie solche sich im Jahre 1887 nach den Wahlen ergaben, nur mit dem Unter schiede, dast solche diesmal noch rücksichtsloser aus genutzt werden könnten. Dast ich hieraus die Konsequenzen ziehe, versteht sich von selbst: es fragt sich jedoch, ob das Verständnis für dieSituation allseitig, besonder, auch bei Ihren Leuten vorhanden ist, und wäre Ihnen verbunden, wenn Sie mir dar über «inen kurzen Bescheid an einl. Adresse (wo mich Briefe am 29. und 30. d. M. treffens zu kommen lasten wollten. Hochachtungsvoll Richard Müller." Dem folgt ein Brief Bebels an Müller- Fulda vom gleichen Tage, in dem Bebel an Stelle des erkrankten Singer auf das generelle kleri kale Stichwahlangebot ein geht und end lich wieder ein Brief des Abg. Müller- Fulda an Singer vom 30. Januar 07, der darauf binausläuft, daß es für eine generelle Einigung leider zu spät sei, und mit den bezeichnenden Worten schließt: „Nun tue jeder nach bester Ueberzeugung seine Pflicht, auch ohne gegenseitige Zusicherung." Wenn der sozialdemokratische Parteivorstand hier nichts unter drückt oder frisiert hat, so hätte er den Beweis erbracht, daß Dr. Bell die Unwahrheit gesagt, dast nicht die Sozialdemokratie dem Zentrum, sondern daß zuerst das königstreue Zentrum der Revolutions partei ein Generalangebot für die Stichwahlen ge macht hat und Laß man sich bei der vorgerückten Zeit aber auch ohne schriftliches Eeneralabkommen ver stand und sich in allen in Betracht kommenden Wahl kreisen gegenseitig mit dem größten Erfolge unter stützte. Armes Zentrum! Wo bleiben nun die „nationalen" Meriten? Der „Kölnischen Vclksztg." ist der ganze Handel sehr peinlich. Sie behauptet, Müller-Fulda habe nicht im Auftrage der Partei, sondern aus eigner Machtvollkommenheit gehandelt. Hat das rheinische Zentrumsblatt aber ganz die Er eignisse vergessen, die sich 1907 in Wiesbaden und in anderen bedrohten Wahlkreisen abspielten und zwei fellos nicht eingetreten wären, wenn das Zentrum wirklich „national" gehandelt hätte? Lultbsrkeitstteuer für Tanzvergntigrrr. „Wolffs Sächsischer Landesdienst" schreibt in offi ziösem Auftrag: In der Presse ist in letzter Zeit wiederholt die Ansicht vertreten worden, daß es nach dem Reichs- vereinsgefetz unzulässig sei, für Tanzvergnügen geschlossener Gesellschaften in Gastwirtschaften eine Lustdarkeitssteuer zur Armenkasse erheben und Laß entgegenstehende ortsgesetzliche Bestimmun gen als aufgehoben zu betrachten seien. Dabei sind die Tanzwirte und BereinsoorstÜnde aufgefordert worden, die Zahlung derartiger Abgaben zu ver- weigern und es auf behördliche Entscheidung ankom- men zu lasten. Demgegenüber ist iedoch darauf hin zuweisen, dast das Oververwaltungsgertcht kürzlich die Erhebung der ortsgesetzlich vorgeschrie benen Abgaben zur Armenkaste von Tanzvergnügun gen geschlossener Gesellschaften nach wie vor unter nachstehender Begründung für zulässig erklärt hat: Nach § 1 des Reichsvereinsgesetzes unterliegt das Recht der Reichsangehörigen, zu Zwecken, die den Strafgesetzen nicht zuwioerlaufen, Vereine zu bilden und sich zu versammeln, polizeilich nur Len ist diesem Gesetze und anderen Reichsgesetzen enthaltenen Beschränkungen; außerdem finden Li« allgemeinen sicherheitspolizeilichen Bestimmungen des Landes- rechts insowett Anwendung, als es sich um di« Ver hütung unmittelbarer Gefahr für L«ben und Gesund, heit der Teilnehmer in einer Versammlung handelt. Danach untersagt das Reichsvereinsgesetz Beschränkun gen des Vereins- und Versa mmlungsrecht«, nur für das Gebiet der Polizei und des Ponzeirechtes. B e. schränkungen auf anderen Rechtsgebieten da gegen sind ohne Ausnahme zulässig, wie dies bei den Reichslagsoerhandlungen beispielsweise für das Disziplinarrecht, das Schulrecht, Las bürgerliche Vcrtragsrecht anerkannt worden ist. Ob die Er hebung einer Steuer bei einem Vereinsvergnügen überhaupt eine Beschränkung des Vereinsrechtes ent hält, kann deshalb dahingestellt bleiben, werl steuer- lichen Beschränkungen Las Reichsversinsgefetz nicht entgegentritt. . — . Aus neuen kriefen Wilhelms I. sn kNlerin ÄMlsm. (Nnchdruct verboten.) Der 100. Geburtstag der Kaiserin Augusta geht nicht vorüber, ohne eine hochbedcruende literarische Veröffentlichung zu zeitigen, die auf Las Leben der Kaiserin Augusta und auf ihre ganze Zeit eine Fülle neuer interesianter Lichter wirit. Unter den, Titel „Aus dem literarischen Nachlasse der Kaiserin Augusta" veröffentlichen der Archivrat Dr. Georg Schuster und der Geh. Archivrat Dr. Paul Bailleü im Verlage der Vossiscben Buchhandlung zu Berlin eine Auswahl aus dem Briefwechsel der Kallerin und aus dem von ihr geführten „Journale", dem sie die Erlebnisse uno Erfahrungen des Tages anzuvertrauen pflegte. Zum ersten Male werden hier diese bisher in den Staats archiven aufbewahrten Dolumente der Oeffentlichkeit zugänglich gemacht. Der erste demnächst erscheinende Teil gilt der Zeit bis 1840, und kaum bedarf es Les Hinweises, welcher Reichtum neuer Ein- und Ansichten sich in diesen hier neuerschlosicnen Schätzen öffnet. Wir seben die Gestalten, die in den Lebenskreis der Prinzessin Augusta traten, in diesem Briefwechsel anschaulich vor uns, wir blicken in das intime Leben nicht allein der damaligen Prinzessin Augusta, sondern auch aller derer, die ihr nahe sichen, hinein. Dazu zählt natürlich in erster Linie ihr Gemahl, der Prinz Wilhelm. Der Briefwechsel zwischen dem Prinzen und der Prinzessin, soweit er in diesem Bande zur Veröffentlichung gelangt, gehört zu dem anziehendsten dieser Art, was die neuere Zeit ge bracht hat. Wir sind durch das freundliche Eni- gegenkommen des Verlages in den Stand gesetzt, aus diesem Briefwechsel bereits heute einige der schönsten Stücke mittcilen zu können. An die Spitze setzen wir das Schreiben, in dem Prinz Wil helm um die Hand der Prinzcssrn Augusta warb, und wir lassen einen charatleristiichen Bries, den die Prinzessin während ihrer Brautzeit an ihren Bräutigam richtete, folgen Anschließend geben wir endlich einige Briese des Prinzen Wilhelm aus dem Jahre 1838, die seinen Bericht von der in diesem Jahre unternommenen Rheinreise enthalten und die Persönlichkeit des Prinzen in ihrer ganzen Klarheit und Wahrheit, Schlichtheit und Frische zeigen. Die von uns mitgeteiltcn Stücke mögen als Proben davon dienen, wieviel des Neuen und Interessanten von dieser schönen Veröffentlichung zu erwarten ist. Prinz Wilhelm an Prinzessin Augusta. Berlin, den 29. August 182k Ihro Hoheit vermag ich kaum die Regung meines Herzens zu schildern, welche mich in diesem Augen blicke ergreift, da ich die Feder zur Hand nehme, um den wichtigsten Schritt meines Lebens zu tun. Zwar mit Bangigkeit, aber auch mit der festen Zuversicht zu Gott, daß er mir in diesem entschei denden Augenblick nahe sei, nähere ich mich Ihnen vertrauensvoll. m M SStt MWI» I»I nmc i MINI I IIMMNVUrnNWHWMISMWWIMSMWM Ihro Hoheit selbst haben das Gefühl des Ver trauens in mir erzeugt: aber mit dem Entstehen desselben standen andere Gefühle in Verbindung, die Sie mir unaussprechlich teuer machen und die mich auf immer an Sie fesseln, — wenn Sie mir Ihre liebevolle Genehmigung dazu geben. Ob ich diese Genehmigung erwarten darf, ob ich meine teuersten und kühnsten Wünsche erfüllt sehe und auf Erwiderung jener Gefühle rechnen darf, — darüber die Ungewißheit in meinem Innern zu schlichten, darf ich Ihro Hoheit Entscheidung und Antwort entgegensetzen. Gehen meine teuersten Hoffnungen durch Ihren Entschluß in Erfüllung, so ist das Glück meines Lebens gesichert. Mein Schicksal ist dann entschieden: denn ich weiß, daß ich Ihnen mein ganzes Leben weihen darf und Ihnen mit Gottes Beistand, so viel es in meinen Kräften steht, ein Glück zu bereiten trachten darf, welches mein höchstes und schönstes Ziel sein und bleiben wird. Ich darf 2hro Hobeit in diesem wichtigen Augen blicke an die gütige, ja ich darf sagen, sreundschaft- liche Weise erinnern, mit welcher Sie mir bisher stets begegneten. Hierdurch allein ermutigt, durfte ich es wagen, Ihnen ein Geständnis auszusprechcn, zu dem ich sonst wohl vergeblich den Mut gesucht haben würde. Von Ihrem Ausspruch hängt es ab. ob ich zu viel wagte, oder ob mein getaner Schritt so liebevoll von Jbnen ausgenommen wird, als er mit Herzlichkeit von meiner Seite geschah. Täuschte mich mein Herz nicht, jo darf ich hoffen, bald die Bestätigung meines Glückes von ihnen zu erfahren. Gewährt mir Gott diese Gnade, so eile ich, von Dank gegen ibn und gegen Sie erfüllt, meine Dankbarkeit selbst zu Ihren Füßen niederzulegen. Ich unterzeichne mich als Ihro Hoheit ganz ergebenster Diener Wilhelm, Pz. v. Pr. Prinzessin Augusta an den Prinzen Wilhelm. Weimar, 29. November 1828. Ich bin viel zu glücklich über Ihren lieben Brief, um nicht im ersten freien Augenblick Ihnen meinen herzlichsten Dank dafür auszusprechen, daß Sie meiner schon am ersten, unruhigsten Tage gedachten. Doch darf ich bei weitem nicht alles das sagen, was ich dabei Lenke und empfinde, indem sonst das Bureau seine Rechte behaupten möchte. Sie würden es wenigstens glauben, obgleich Sie von dem in mir überzeugt sind, welches sich fühlen, aber nicht aus drücken läsit. Ich empfinde ein wahres Vergnügen bei dem Gedanken, daß Cie nach langer Trennung im Kreise der Ihrigen die Freude des Wiedersehens und Mitteilens genießen, versetze mich aber lebhaft in die Geschäftstätigkeit, die Sic umgibt und oft ermüden muß. Gewiß wird das3(!)*) zum Erdrücken ") Die Prinzessin hat hier wohl da» Geschäfts- ffmmer des Generalkommandos de» II!. Armeekorps, >eisen Cdef der Vrine damals war. im Auae. voll sein und ein Berg von Papieren keinen erbau lichen Anblick gewähren. Nach dieser Darstellung wage ich es kaum zu sagen, wie sehr ich die Leere empfinde, deren Ursache allein in Ihnen liegt. Denn obgleich mir Ihr liebes, nun in Ruhe stehendes Bild oder andere Gewohn heiten im Laufe des Tages noch manchmal eine clouce il u-ioa geben, kehrt nur zu bald die Gegenwart zurück. Sie stehen vor der Hand, lieber Wilhelm, an dem Platze, wo Sie oft im Fenster saßen, und auf den meine Augen immer fallen. Das rote ist nicht weit davon, und jetzt liegt Ihr Brief neben mir Eben komme ich von Mama, die. über Ihren Auftrag sehr erfreut, mir die herzlichsten Dinge für Sie zu schreiben gibt. Sie befindet sich, Gott sei Dank, recht gut und macht täglich, soviel es die Witterung gestattet, mit mir Promenaden. Neulich erhielt sic endlich Briefe von der Tante Anna (Tochter Pauls l. von Rußland, Kronprinzessin der Nieder lande) und ihrem Gemahl, welche beide auf das das tiefste erschüttert sind (über die inneren Unruhen in den Niederlanden). Je mehr man daran denkt, begreift sich dieses. Hoffentlich haben Sie gute Nach richt von Ihrer Schwester (Charlotte): ich werde ihr durch den zurückgehenden Kurier schreiben. Am Mor gen nach ihrer Abreise kam der Herzog von Meiningen hier an, dem es sehr leid tat, Sie nicht mehr zu treffen. Er brachte mir zwei äußerst sreundliche Briefe von Marie (Schwester der Prinzessin), welche ich mit Dingen beantwortete, die Sie sich wohl vor- stellen können. Vorgestern verließ er uns wieder. Meine Lebensweise bester Prinz, hat sich insofern verändert, daß ich wieder meine sämtlichen Stunden vorgenommen habe. Der Ganymed ist bereits an gefangen, aber mit möglichster Schonung für die Augen. Doch verzeihen Sie, daß ich so viel von mir selber rede: Sie haben mich in dieser Hinsicht etwas verwöhnt, möchte ich fast sagen. Heute sind es dem Tage nach fünf Wochen seit jenem wichtigen, der mern Glück begründete. Dies schreibend, versetze ich mich lebhaft in jene unvergeßlichen Stunden und begegne vielleicht darin Ihren Gedanken. Ich weiß nicht, ob ich Sie bitten darf, mich Sr. Maj. dem Könige zu Füßen zu legen. Noch habe ich Ihnen zu danken wegen des roten Siegels und des Rates, daß die gute Alte (Prinzessin Marie) ganz offen über ihren Zustand der Mama schreiben sollte, was un gleich bester ist. Hätten Sie wohl die Güte, ihr tausend Schönes von mir zu sagen und mich Ihrem Bruder Albrecht im voraus bestens zu empfehlen? Ich muß enden, um nicht lästig zu werden, und tue es, mich von ganzem Herzen nennend Ihre Auguste. ?. 8. Papa und Großmama tragen nnr die schönsten Grüße auf: mein Bruder fügt seine Tendresse hinzu, und Frau von Hopfgarten, durch Ihr Andenken gerührt, emphielt sich zu Gnaden. Prinz Wilhelm an Prinzessin August«. Frankfurt a. M., den 11. Juni 38, '/,10 Uhr abends. Soeben traf ich wohlbehalten hier ein, schwart wie ein Mohr von Sonne und Staub. Ich sitze in Deinem Zimmer vom Herbst 36 im Hütel de Russie, in Wonne schwimmend, mich in F. a. M. zu wissen. Gestern abend fiel ich in die Weimarsche Sonntags- Soiree. Die Cousinen (Herzoginnen Marie und Therese von Sachsen-Altenburg) waren gnädig für mich. Deine Eltern sind sehr wohl und schwelgen über Berlin. Alle möglichen Bekannten sah ich nur im Fluge, da ich mit der Mama noch '/, Stunde in ihr Kabinett mich retirierte, wo mir «n f-cmille, aber nur -t 5 und nicht a 50 auch soupierten. Die erste Nacht war sehr kalt: die zweite weniger: die Tage superbe. Denke Dir den ganzen herrlichen Wald hinter Eisenach auf zwei Merlen kahl wie im Winter durch Fraß und Raupen. Ein Horreur! Hier sind gleichfalls die herrlichsten Frucht-Alleen kahl ge fressen. Heute 9 Jahre seit unserer Vermählung! Deine Rührung beim Abschiede machte mich so weich, daß ich rasch endete, um nicht selbst meine Fassung zu verlieren. Gott sei Dank, daß es so ist! Gott segne Dich und Derne Hoffnung! Nur Schonung und Vorsicht! Küste den Jungen von mir. Ich bin todmüde! Stets Drin treuester W. Trier, den 15. Juni 1838. Soeben kehre ich ich von Luxemburg zurück, nach dem ick die unaussprechliche Freude genossen habe, unter seiner belgischen Fahne vorüber gefahren zu sein, die das Landvolk >eit einiger Zeit in Gräfen- machern (in Luxemburg) aufgepflanzt hat, einem Orte, drr nie bestimmt gewesen ist, belgisch zu zu werden: aber der vortreffliche deutsche Bund läßt sich ja alles gefallen. Luxemburg hat mich unendlich interessirt wieder zusehen nach 19 Jahren. Es ist kaum möglich, etwas Pitoreskeres und Riesenhafteres zu setzen, als diese Festung, die nun prächtig restauriert ist, während sie sonst einer Ruine glich. Die ungeheuren Felsen massen, auf denen sich die ungeheueren Mauern erst erheben, sind das Imposanteste, was man sehen kann! Ich wohnte beim Kommandanten, General du Moulin, der eine schwere Stellung vis » v s des revolutionären Clubs zu Arlon, nur wenige Stunden von Luxem- bura, hat, welcher Klub die ganze Umgegend zum Aufstande und Abfall aujhetzt. Unsere Regimenter müssen daher fortwährend in der Gegend umher ziehen, um Ordnung zu erhalten, was dieselben sehr satigiert. Daher habe ich die Regimenter auch nicht ganz besonder» gefunden (37. und 39). Das letztere ist bei weitem das beste: diese Westfalen Gestern abend hatte ich in Luxemburg einen Ball zu bestehen, wo eintae gutgesinnte Französinnen aus der Umgegend anwesend waren: ziemlich bübsch und elegant. Heute steht mir hier, und zwar sogleich, eine ähnlrche Freude bevor. Ich wohne hier beim Präsidenten Ladenburg. — In Mainz wurde ich dann mit allen Schikanen empfangen. Während der Reise hierher war das Wetter ganz schlecht und regnerisch. Der Weg über das Hundsriickgebirge ist gut, die Gegend rauh. Um nach der Mosel runter.
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