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tt«. 33 Iriedrich Georg Wieck's Denis che k8«t» IllMtrn te Gewerbrreiümg. Abonnements-Preis: Halbjährlich 3 Thlr. Herausgegeben von vr. A. Lach mann. Verlag von I. Berggold in Berlin, Links-Straße Nr. 10. Jnseraten-Preis: pro Zeile 2 Sgr. Viernnd-reißigffer Jahrgang. Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Postämter. Wöchentlich ein Sogen. Inhalt: Gewerbliche Berichtet Neber den GesundheitSlchutz in den Spiegelbcle^ereien. — Apparat nm das Schalwerden des Bieres beim Ausschank zu verhüten — Versuche mit Eisschränken. — Neber die Fabrikation der Weizenstärke. — Die neueste» Fortschritte und technische N,»schau in den Gewerben und Künsten: Patente vom Monat Juli. — Verbesserter Spannstab sür Webstühle. — Gräbe'S und Liebermanu's Methode Alizariu künstlich darzustellen. — Bidder'ö Sicherheitslampe mit elektromagnetischem Verschluß. — Grüucberger'S Maschine, Metallbleche in Form von Gegenständen zu pressen. — M. Ravel s Maschine Wolle zu waschen. — Jos. Schmidhammer's Birne zum Besicn,erfrischen. — Heuilleton: Vorschrift zu einer weihen Anstrichfarbe aus Außenwände. — Stolzel's Vorschrift zum Braunfärben »ou Holz. — Die Mainzer Industrieaus stellung im Jahr 1869. — Scharne's Vorrichtung an mechanischen Webstühleu den Schußfaden selbstthätig abznschueiden. — Neue Verwerthung der bei der Afsiuatiou des Goldes mittels Schwefelsäure entstehenden saure» gasförmigen Produkte. — Heinzelmann'S Kitt für Wasserleitungsröhren aus Steingut. — Prüfung der Glasur in frisch gekauftem Tövfergeschirr. — Literarischer Anzeiger. Gewerbliche Aerichie. Ucber de» Gesundheitsschutz in den Spiegelbelegereien.*) (Von vr. Pappenheim in Arnsberg.) Zunächst bezeichnet der Berichterstatter dasjenige, was bis jetzt in den Spiegelbelegereieu zum Schutz der Gesundheit der Arbeiter geschehen ist, als unzureichend; er sagt: In den Be- legereien zu Fürth stehen die Fenster fast das ganze Jahr offen. Die Lokale werden selbst im strengen Winter nicht geheizt. Das Destilliren des überschüssigen Amalgams geschieht im Freien, die Arbeiter stehen dabei noch in der Ferne und rühren nur von Zeit zu Zeit nm. In den Belegereien darf nichts genossen werden. Der Mund wird öfter ausgespült, das Zahnfleisch öfter mit Kohleupulver gereinigt. Sämmtliche Arbeiter und Arbeiter innen der Belegereien werden in Fürth auch periodisch von den Sanitätsbeamten untersucht. Ferner werden diejenigen Personen, deren Constitution nur mäßig leidet, zur Benutzung warmer Bä der und Dampfbäder angehaltcn, jene aber, welche stärker ange griffen sind, aus den Belegränmen entfernt. In den böhmischen Fabriken sind die Belegräume zum Theil sehr geräumig und luftig, mit vielen Fenstern versehen, welche bei guter Witterung geöffnet werden; in einer Belegerei ist die Ventilation durch zahlreiche kleine Oeffnungen in der Wand nnd mehrere schlotartige Röhren, welche von der Decke des Saales unter das Dach führen, hergestellt. Ein regelmäßiges zeitweiliges Aussetzen mit der Arbeit in den Belegräumen findet nur in den wenigsten der böhmischen Fabriken statt. Die Arbeiter vertau schen das Belegen mit einer anderen Beschäftigung, wenn sie sich mehr oder weniger angegriffen fühlen, und treten, wenn sie sich erholt haben, wieder ein. In einer von mir näher stndirten großen Fabrik wechseln die Arbeiter im Belegraume allwöchent lich und kommen erst in der 4. oder 5. Woche wieder in den selben, nachdem sie inzwischen in anderen Räumen beschäftigt worden. Sie nehmen allwöchentlich ein Schwefelbad, kommen bei ernstlichen Leiden sofort in ärztliche Behandlung, dürfen in der Fabrik nichts genießen, arbeiten in hohen, luftigen, durch Oeffnungen in der Decke ventilirten Sälen und haben eine in der Fabrik bleibende Arbeitskleidung, Jacke und Hose von Leine- *) Aus einer größeren Abhandlung, die der genannte Verfasser über diesen Gegenstand auf höhere Veranlassung geschrieben nnd in der Ztschrft. d. V. zur Beförderung de« Gcwerbflcißes in Preußen veröffentlicht hat, heben wir den folgenden Abschnitt hervor, der an die Technik der Spie- gelbelcgerei anknüpfend, mit der Verminderung der Gesundheitsgefährlich keit dieses in Bayern, Preußen, Böhmen, Frankreich, Belgien, England rc. stark betriebenen Industriezweige« sich eingehend beschäftigt. wand, welche über ihre eigenen Kleider gezogen und allwöchent lich gewaschen werden. Arbeiterinnen werden hier nicht beschäftigt. Diese Schutzmaßregeln genügen aber, schließt unser Bericht erstatter, notorisch nicht, die Arbeiter und Aufseher vor mitunter sehr schweren Merknrialleiden zu bewahren. Als nachhaltigeres Schutzmittel gegen das Auftreten der Mer kurialkrankheiten bei den gewerblichen Qnecksilberarbeitern wird nun weiter Schwefel empfohlen, der mit den aufsteigenden Queck- silberdämpfen in eine Verbindung eiutritt, die ihrer chemischen Zusammensetzung nach zwar noch nicht vollständig ermittelt, von der es aber unzweifelhaft ist, daß wenn sie auch in der Luft eine Zeit lang suspendirt bleibt nnd von thierischen Körpern ein- geathmet wird, doch die zerstörenden Einwirkungen der Queck- silberdämpfe nicht ansübt. Hierzu kommt der Bortheil, daß ans Grund gemachter Versuche die Nähe des Schwefels dem Fabrikat keinen Schaden bringt. Die Idee, den Schwefel somit als Prä servativ gegen Quecksilber in den Spicgelfabrikcn cinznführen, haben demgemäß den Verfasser zu Recherchen in einer solchen Fabrik veranlaßt, um ans diese Weise zu einer richtigen Vor stellung zu gelangen, wie die Anwendung dieses Mittels praktisch anzuwendcn ist. Hören wir nun ihn selbst: Die Beschreibungen der Spiezelfabrikation, wie man sie in technologischen Schriften findet, haben für uns kaum erheblichen Werth. Es ist, von der Destillation des Quecksilbers allenfalls abgesehen, nicht gut möglich, an jenen Bildern die Punkte zu er kennen, welche für uns von Bedeutung sind; die Technologen haben auch kein Interesse daran, diese Punkte überhaupt in ihre Zeichnung aufzunehmen. Leider ist aber von den Aerzten bisher anch kein in gesund heitlicher Hinsicht genügendes Bild der gedachten Fabrikation ge liefert worden. Ich muß daher zunächst dies technologisch-sani- tätspvlizeiliche Bild, wie ich es ans der Beobachtung der Arbeit, beziehentlich aus Mittheilungen*) abstrahirt habe, entwerfen. In einem Zimmer oder Saale steht ein oder stehen viele sogenannte Belegetische, auf welchen sich eine glatte Steinplatte befindet, nnd an deren Rand sich ringsherum eine Rinne zieht, welche an einer Stelle in einen Schlauch führt. Der.Tisch steht *) Ich habe selbst nur in einer westdeutschen und einer belgischen Fabrik meine Studien gemacht. Die Mittheilungen betreffs böhmischer und bayrischer Fabriken haben mir gütigster Weise die Herren Professoren Maschka in Prag und Zenker in Erlangen aus den Fabriken verschafft. 33