Volltext Seite (XML)
Papierbildung, weil sie rund, glatt und hart ist, wenig Adhäsion in der Masse annimmt, bei der übrigens schwierigen Verarbei tung zu kurzfaserig uud stumpf wird. Ihre Verwendung ist da her nur zu den schlechtesten Packpapieren zu entschuldigen. Lumpensurrogate. Wenn aus dem Vorhergehenden zur Genüge hervorgeht, daß die Leinen- und Baumwolllumpen Fasern materialien liefern, die alle Eigenschaften zur Erzeugung von Papier in bester Beschaffenheit besitzen, so ist damit die Wichtig keit derselben für diesen Industriezweig nachgewiesen und ein Suchen nach anderen Substanzen so lange ohne Bedeutung, als man jene in ausreichender Menge besitzt. Dies ist jedoch leider nicht der Fall, indem nämlich erfahrungsmäßig die Produktion, namentlich der Leinenlumpen, außer Verhältniß zur Papierfabri kation getreten ist, seitdem der Papierverbrauch ein so enormer, noch stets im Zunehmcn begriffener ist. Es ist dadurch das Anf- suchen anderer Materialien nicht allein ein gerechtfertigtes, son dern sogar ein durch die Nothwendigkeit bedingtes geworden. Dabei kann es sich entweder um Stoffe handeln, die im Stande sind die Lumpen ganz zu ersetzen, oder um solche, welche mit denselben vermischt Papierstoff zu geben vermögen. Allein auf die Aufsuchung der letzteren kann es ankommen, indem ja eben die Lumpen nur für die Papiersabrikation Werth haben und ein Verdrängen derselben weder Absicht noch Wunsch sein kann. Eigentlich kann man sogar die Einführung anderer Stoffe als ein Mittel betrachten, die Leinenlnmpen für die feineren Papiere zu gewinnen, indem man ihre Verwendung für Mittelpapiere rc. soviel als möglich beschränkt und für ordinäre Papiere vielleicht ganz überflüssig macht. Alle Stoffe, welche den genannten Zweck erfüllen sollen, werden immer noch Surrogate genannt, obwohl einige der selben mit vollem Recht als Material anzusehen sind. Sie ge hören sämmtlich derjenigen Klasse von Rohmaterialien an, die besonders und nur zur Papierfabrikation vorbereitet werden, wo durch sie des Vortheils entbehren, der oben für die Lumpen an geführt ist und in der Vorbereitung zur Zerfaserung besteht. Die Lumpen sind ferner für die geringen Kosten des Aufbewah rens und des Sammelns zu haben, indem die Entstehungskosten von denjenigen getragen werden, die sie in Benutzung gehabt haben, während bei den anderen Materialien die Gewinnung der Fasern von Anfang an mit allen Kosten der Vorbereitung bis zu dem Grade, in welchem die Lumpen sich befinden, noch neben dem Rohpreise des Materials vom Papierfabrikanten zu bestrei ten ist. Dieser letzte Punkt wird sehr häufig beim Aufsuchen von Faserstoffen außer Acht gelassen. Gleichzeitig erklärt sich daraus die große Anzahl der Vorschläge und Angaben, welche die Faserngewinnung zwar ermögliche», aber auf eine so com- plicirte Weise, daß die Gestehungskosten größer werden als der Preis der Leinenhadern ist, obwohl es sich nur um Fasern für Mittelpapiere rc. handelt. Es giebt eine Menge Faserstoffe, die in ausgezeichneter Weise sich für die Papiererzcugung eignen und sicherlich Verwendung fänden, wenn sie zu entsprechend billigen Preisen die Fasern zu liefern im Stande wären. Vor allen sind es diejenigen, welche in der Beschaffenheit dem Flachs und Hanf am nächsten kommen, wie z. B. der neuseeländische Flachs (Ullor- mium tenux), der ostindische Hanf (Sunnhanf, Sunn, Orotalari» juncea), der Manilahanf (Avaca, lVluea textilis, N. trvAloä^ta- rum), der Juthanf oder Pachthanf (Jute, Dschut, Oorcllorns eaxsularis), der Aloehanf (Pitehanf, von verschiedenen Agave arten), das chinesische Gras (Tschuma, Urtica nivsa, II. ntilis), das Pfriemengras (Spartium juneeum), das Sparto (Esparto, Alfa, 8tipa teraeiemma) u. s. w. Manche derselben sind aller dings und in nicht unansehnlicher Menge verarbeitet und werden es noch, wie z. B. das Sparto und der Juthanf in England. Für deutsche Verhältnisse sind sie so lange, als sie nicht erst als Gewebe Nutzen leisten, unanwendbar. Es giebt hier nur zwei Stoffe, welche, vermöge ihrer Eigenschaften und der billigen Her stellung, alle Aussicht haben, in dauernder Verwendung zu blei ben, nachdem sie jetzt in so bedeutenden Mengen zur Verarbei tung gekommen sind, daß man sie als wirkliches Papiermaterial ansieht. Es ist dies das Holz und das Stroh. Holz. Die rohe Holzmasse ist anzusehcn als Cellulose, umgeben von der sogenannten incrustirenden Materie (Harz, Gummi, Oel, Pflanzeneiweiß, Farbstoff, Gerbstoff und einigen Salzen). Je weniger von den letzten Substanzen in der Holz masse vorhanden ist und je leichter sich die Fasern davon trennen lasten, sich die Cellulose rein erhalten läßt, je größer ist ihr Werth für die in Rede stehende Verwendung. Namentlich eignen sich dazu die europäischen Hölzer wegen ihres weniger dichten Ge füges und unter diesen sind wieder besonders hervorzuheben: die Fichte, Kiefer, Pappel, Espe, Birke, Weißbuche. Die Fichte (^.bies sxcelsu) liefert eine feine, weiße, bieg same, die Kiefer (?inus sylvestris) eine feine, gelbliche, biegsame, die Pappel ^Ilopulus alba) eine sehr weiße aber starre, die Espe (koxulns trcmula) eine weiße, starre, die Birke (Uetulu uldu) und die Weißbuche (Ourpinus dctulus) eine kurze, schwere, starre, anfangs weiße, mit der Zeit aber sich röthende oder bläulich oder grau werdende Faser, so daß die Fichte vor allen Holzarten den Vorzug verdient. Zur Jsolirung der Cellulose kann man zwei Wege ein schlagen. Entweder zerstört man die zu entfernenden Stoffe durch chemische Reagentien oder man gewinnt die Fasern durch mechanische Zertheilung der Holzmasse. Nach der ersten Methode werden die Fasern dadurch bloß gelegt, daß man die Holzmaste in dünnen Blättern, Spänen, mit Aetzlaugen oder starken Säuren behandelt. Sie ist übrigens ziemlich theuer durch die Anwendung solcher Hülfsmittel und, wenn Säuren benutzt werden, auch auf die Gesundheit der Ar beiter von nachtheiligem Einflüsse, weshalb im Großen, worauf es doch ankommt, das ganze Verfahren nicht zur Ausführung ge langt ist. Der Vollständigkeit wegen mögen hier daher nur zwei Vorschriften für die Erreichung des in Rede stehenden Zweckes angeführt werden. Nach einem von Newton in England genommenen Patente werden Holzscheiben erst zwischen Walzen gequetscht, dann 8 bis 10 Stunden in einem Fasse mit Chlorkalklösung während stetiger Bewegung behandelt, darauf Stunde mit SoLalösung, von solcher Beschaffenheit, daß auf 100 Th. Holz 15 Th. Soda kom men. Nach dieser Behandlung wird die Masse gewaschen nur auf gewöhnliche Weise mittelst des Holländers in Ganzzeug ver wandelt. Ein neuerdings in Frankreich erfundenes Verfahren, welches Holzzeng liefern soll, das ohne (?) Hadernzusatz Papier liefert, besteht darin, daß man dünne Hvlzbrettchen in eine Mischung von 9 bis 19 Th. Salzsäure und 1 Th. concentrirter Salpeter säure so lange eintaucht, bis sie vollkommen mürbe geworden sind, darauf abwäscht, unter Granitwalzen mahlt und endlich, mit Chlor bleicht. Die zweite Methode, den Holzstoff durch Jsolirung der Fasern zu erhalten, besteht in einer mechanischen Zertheilung oder Zerfaserung des Holzes. Sie ist diejenige, welche die Darstellung eines Lumpenersatzmittels erfahrungsmäßig in so billiger und ge nügender Weise, sowohl was Güte als Menge anbetrisft, be schafft, daß die lange Zeit als sehr brennend bezeichnete Surro gatenfrage als gelöst zu betrachten ist, indem jetzt bereits Tau sende von Centnern zu Papier verarbeitet sind. Als Erfinder dieser Methode ist Keller, seiner Zeit Pa- pieLfabrikant in Mittweida, anznsehen. Die Versuche, welche er im Kleinen anstellte, theilte er H- Völler, damaligen Direktor der Fischer'schen Papierfabrik in Bautzen, mit und veranlaßte ihn zur Fortsetzung derselben. Völt er verfolgte die Idee mit unermüdlichem Eifer nnd brachte es nach etwa 15jährigen Be strebungen dahin, daß die Industrie jetzt im Besitze eines Appa rates zum Zerfasern des Holzes sich befindet, der, wenn auch vielleicht noch der Verbesserung fähig, allen gerechten Ansprüchen so vollkommen genügt, daß wir hier denselben etwas eingehender betrachten müssen. — Die Zerfaserung des Holzes geschieht da durch, daß Holzstücke an einen rotirenden Stein angedrückt wer den; und so einfach diese Arbeit zu sein scheint, so viel Umsicht erfordert sie zur Herstellung eines brauchbaren Holzstoffes, so daß der Apparat selbst, indem eine Trennung des Productes nach dem Grade seiner Brauchbarkeit damit verbunden werden muß, ziemlich complicirt wird. Der Bölter'sche Holzzeugapparat besteht aus drei Haupt- theilen; dem Zerfaserungsapparat (Defibreur), dem Ver feinerungsapparat (Raffineur) und dem Sortirapparat (Epurateur). Der Zerfaserungsapparat ist der Hauptsache nach ein in der Regel vertical stehender, mit horizontaler Achse auf einem starken