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— Iriedrich Heorg Wiecks — Deutsche MMm'te GewerbeMung. Abonnements-Preis: Halbjährlich 3 Thlr. Herausgegeben von vr. A. Fachmann. Verlag von K. Derggold in Berlin, Links-Straße Nr. 10. Jnseraten-Preis: pro Zeile 2 Sgr. VierunddreißiBtr Jahrgang. Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Postämter. Wöchentlich ein Sogen. Inhalt: Gewerblicbe Berichte: Neber den Ursprung und das Wesen der verschiedenen Rohmaterialien für Pavierfabrikation. — Messer für tropfbare Flüssigkeiten, der zugleich jals Pumpe und Feuerspritze verwandt werden kann. (Schluß.) — Neber Verwerthnng der Rückstände bei der Sodafabrikation. —Neber Riete und Nietungen. — Die neuesten Fortschritte in deu Gewerbe» uud Künsten: Patente für den Monat Dezember. — Schüttes neue Apretirmaschine für Kleiderfärbereien. — Fleck's Zündsatz für Zünd- bölzchen. — Die Verwendung des Pikrinsäuren Kali s znr Pnlverfabrikation und in der Kunst-Feuerwerkerei. — Turnbull s Vorrichtung Eisenbahnwagen an einander zu hängen. — Johnscn's nene Metbode die Hacken auf den Hufeiwn der Pferde zu befestigen. — Ckiandi's Apparat zur Magaziuirung von Rohvetrolcnm uud anderen leicht entzündlichen Oelen. — Fenilleton: Künstliches Ebenholz. — Ans der Geschichte derGewecbe. (Schluß.) — Der größte Anker der Welt. — Arbeitsmarkt für Gewerbe und Technik. Hewerbliche Berichte. Neber den Ursprung und das Wesen der verschiedenen Rohmaterialien für Papicrfabrikation. Die Rohmaterialien, aus welchen durch mechanische oder che mische Mittel die zur Papierfabrikation zu bildenden Fasern her gestellt werden, sind in der überwiegendsten Menge dem Pflanzen reiche entnommen, weil die Pflanzen in ihrem Zellengewebe die Fasern zu dieser Verwendung enthalten und in genügender Masse liefern können. Auch das Thierreich liefert zwar ver schiedene Stoffe hierzu (Seide, Wolle, Haut rc.); diese haben aber wenig Bedeutung. Im Steinreiche ist bis jetzt nur eine Substanz gefunden, die zur Papierbildung sich nothdürftig eignet, nämlich der Asbest «Amiant, Federweiß). Das daraus erzeugte Papier ist nur als Curiosum anzusehen und bietet ein gewisses Interesse dnrch seine Eigenschaft, unverbrennlich zu sein. Die Fasermaterialien werden entweder direct zum Zwecke der Papiersabrikation gewonnen oder sie werden erst als solche angesehen, nachdem sie schon in anderer Form andere Dienste ge leistet haben. Hierzu gehören die Gespiunststofse, welche als Ge webe, Stricke, Netze u. dgl. bis zur Untauglichkeit gebraucht sind. Namentlich die Gewebe liefern nicht allein das gebräuchlichste, sondern das werthvollste und geschätzteste Material, weil sie durch die Benutzung und die mehr oder weniger häufig vorkommende Reinigung mittelst Waschen die Fasern in einem Zustande ent halten, welcher die Verarbeitung derselben sehr wesentlich er leichtert. Man belegt diese letzteren Rohstoffe, wie sie beim Zuschnei- deu der Kleidungsstücke rc. als Abfälle entstehen, sowie die Ueber- rcste getragener Zeuge und sonst gebrauchter Gewebe mit dem Gesammtnamen Lumpen, Hadern oder Str atz en. Sie stam men zum Theil aus dem Pflanzenreiche (Flachs, Hanf, Baum wolle), zum Theil aus dem Thierreiche (Seide, Wolle), und ihre Wichtigkeit als Hauptmatcrial für die Papiererzcugung läßt sich am besten durch Betrachtung der Beschaffenheit der einzelnen Fasern begründen. Was zunächst die Flachsfaser anbetrifft, so bildet sie, als eine Zelle in dem den Kern des Flachsstengels umgebenen Baste, eine runde Röhre, die von der incrustirenden Materie be freit und in isolirtem Zustande durchschnittlich einen Durchmesser von 0,014 Millim. besitzt. An beiden Enden läuft sie spitz aus; ihre Oberfläche ist glatt und bewahrt auch diese Glätte nach dem Austrocknen des Zelleninhaltes, weil die Röhrenwand stark genug ist, um dieses, ohne einzuschrumpfen und unrund zu werden, zu gestatten. Die Faser selbst ist sehr biegsam und weich, wenig elastisch und von großer Festigkeit. Die Hanffaser unterscheidet sich von der Flachsfascr so wenig, daß ihre Beschaffenheit für den Zweck der Papierfabrika tion damit gleich zu stellen ist. Im Flachs und Hanf (die man ihrer großen Aehnlichkeit wegen mit dem Gemeinnamen Leinen belegt) sind mithin in hohem Grade die Bedingungen erfüllt, welche zur Herstellung eines Papiers erster Qualität anfzustellen sind, und bilden demnach die Leinenlumpen ein Papierrohmaterial, welches bis jetzt von einen» anderen nicht zu vcrdräugcu gewesen ist. Die Baumwollfaser ist ebenfalls eine Pflauzenzclle. Sic entspringt aus der Oberhaut des Baumwollsamens uud bil det eine Verlängerung der Hantzelle, weshalb sie nur an einem Ende spitz zuläust. Die Wand der Baumwollfaser hat nicht Stärke genug, um, wie bei der Leinenfascr, beim Eintrockncn des ihre Höhlung während des Lebens ausfüllenden Saftes ebenfalls rund zu bleiben. Sic klappt vielmehr der Länge nach zusammen, bekommt dadurch im Querschnitt etwa die Gestalt der Ziffer 8 und windet sich nm ihre Achse zu einer Form, die mit einer steilen Schraube zu vergleichen ist. Sie ist ferner zwar weich und sehr biegsam, aber ihre Weichheit ist mit einer großen Feder kraft verbanden. Ihre Festigkeit ist trotz des größeren Durch messers von 0,016 Millim. viel geringer, als die der Leinen fasern. — Die Baumwollfaser kann demnach kein Papier liefern von solcher Güte wie Flachsfascr. Das Baumwollpapicr ist weniger glatt und fest, wegen der Elasticität der Fasern locker, weicher und dadurch Flüssigkeit einsaugeuder (löschender). Dem nach aber ist sie ein schätzbares Material für die Papiere, deren Gebrauch eine solche lockere Beschaffenheit nicht verwirft ^Pack papier), oder in gewissem Grade sogar erfordert (Druck- uud Tapetcnpapier). Das thie rische Haar (hier besonders die Wolle der Schafe) besitzt in der Gestalt uud der Struktur noch viel weniger die Eigenschaften zur Bildung von Papier. Nicht hohl bildet diese Faser ein steifes Stäbchen, welches ans der Oberfläche mit quer oder schief laufenden zahnartigen, wellenförmigen Streifen besetzt und in der Längcnrichtung fein gefurcht und daher in hohem Grade versilzungsfähig ist. Auch ihre Festigkeit ist be deutend. Ihre Steifigkeit aber, gepaart mit großer Härte und Federkraft, sowie ihre bedeutende (sehr veränderliche) Dicke macht sie nur fähig, mit anderen Lumpen vermischt, ein Papier von der schlechtesten Beschaffenheit zu liefern, indem dasselbe sehr locker, schwammig, auch wegen der bei der Verarbeitung entstehenden stumpfen Enden rauh und unansehnlich wird. Ihre Anwendung beschränkt sich daher auf die ordinärste» Packpapiere uud Pappen. Die Seidenfaser endlich eignet sich am wenigsten zur