Volltext Seite (XML)
Iriedrich Heorg Meck's — Deutschc MMrirte OLwerbereitung. Abonnements-Preis: Halbjährlich 3 Thlr. Herausgegeben von vr. A. Fachmann. Verlag von P. Derggold in Berlin, Links-Straße Nr. 10. Jnseraten-Preis: pro Zeile 2 Sgr. VierunddreißigHer Jahrgang. Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Postämter. Wöchentlich klN SagkN. Inhalt: Gewerbliche Berichte: Das Glycerin und dessen Bedeutung für die Gewerbsindnstrie. — Ein Versuch mit dem Nobel'schcn Svreugpulver „Dynamit". — Ueber die Be stimmung der wichtigsten Querschnittsverhältnifse bei Dampfkessel-Anlagen, speciell für Kessel mir Flammenröhren. — Ueber Martin s Verfahren der Gußstahlfabrikation. — Die neuesten Fortschritte und technische Umschau in den Gewerben und Künsten: Patente vom Monar April. — Hietel's und Geißlers verbesserte Uhrenhemmung. — Neue Methode, das Aluminium aus geeigneten Thonerde führenden Mineralien zu gewinnen. — Der Ellershausen-Proceß behufs der Erzeugung von Schmiedeeisen. — Dehne's transportabler Rohrbrunnen znm Einschranben. — Hausding's patentirte Getreideputz- und Schälmaschine. — Fr. Marguerilte s neues Verfahren Zucker zu gewinnen und zu reini gen. — Quecksilberbüchse mit gebogenem Ansflnßhahn. — Feuilleton: Hänser aus präparirtem Stroh. — Kupferprodnction der Erde. — Verfahren, in kleineren Mengen einen guten Weinessig sich zu bereiten. — Besondere Verwcrthung von Lederabfällen. — Verfahren beim stellenweise»! Nachschärfen gebrauchter Feilen. — Literarischer Anzeiger. Hewerbliche Berichte. Das Glycerin nud dessen Bedeutung für die Gewerbsindnstrie. (Von K. Freigang.) Noch vor wenigen Jahren war das Glycerin nur den Män nern der Wissenschaft bekannt; jetzt aber ist sein Gebrauch ein so ungemein vielseitiger, daß es zu den populärsten Erzeugnissen der heutigen Gewerbstechnik gehört und überall bekannt ist. Vom wissenschaftlichen Standpunkt aufgefaßt, ist es als eine besondere Art (als dreiatomiger) Alkohol zu betrachten, im populären Sinn dagegen gilt es als der eine und zwar der süß schmeckende Be- standtheil der Oele und festen Fette, deren anderer Bestandtheil eine fette Säure ist, sodaß je ein Oel oder Fett als eine Ver bindung genommen wird, die aus dem Glycerin und einer Fett säure zusammengesetzt ist. Und tatsächlich wird auch dieser Kör per durch und bei der Zerlegung der Fette gewonnen. So aus Talg, Palmöl rc. bei der Fabrikation der Stearin säure mittels der Verseifuugsmethode durch Kalk, wo die Fett säure an den Kalk tritt, das Glycerin aber in der Unterlänge aufgelöst bleibt, aus der man durch Zusatz von Oxalsäure den Kalk als oxalsauren Kalk ausscheidet, den letzteren dann abfiltrirt und hierauf das Glycerin für technische Zwecke genügend rein zur Syrupsconsistenz eindampft; ferner aus denselben Materialien durch Einwirkung überhitzter Wasserdämpfe, bei welcher Methode das Glycerin ebenso wie die Fettsäure, beide von einander ge trennt, durch die Destillation rein gewonnen werden, und schließ lich aus Talg, Palmöl und anderen Oelen beim Sieden der Seife, in deren Unterlänge das Glycerin enthalten ist; durch entsprechende Coucentration, bis der Siedepunkt ca. bei lltzo liegt, entfernt mau aus derselben zunächst die vorhandenen Salze, bringt hierauf die concentrirte Flüssigkeit auf einen De stillationsapparat und destillirt das Glycerin über. Dasselbe Glycerin, das man vor nicht langer Zeit unbe nutzt verloren gehen ließ, das wird gegenwärtig in besonderen Fabriken für technische Verwendungen in großartigem Maaßstabe dargestellt und als vielbegehrter Artikel in den Handel gebracht. Die Eigenschaften des Glycerins, auf welchen diese gewerbliche Wichtigkeit desselben beruht, sind: in reinem Zustande ist es wasscrhell und geruchlos, von angenehmen süßem Geschmack unv dabei unschädlich; es ist ferner von ölartiger Beschaffenheit, un veränderlich an der Luft, besitzt für eine Menge Körper ein star kes Auflösungsvermögen, ist selbst in Wasser und Weingeist leicht löslich, bei gewöhnlicher Temperatur flüssig und wird auch in sehr hohen Kältegraden nicht fest. Die folgende Zusammenstellung wird einen interessanten Ueberblick über die zahlreichen, mannigfaltigen und theilweise wichtigen Anwendungen des Glycerins in der Gewerbsindustrie darbieten. Man imprägnirt hölzerne Gcräthschaften, wie Wannen, Kannen, Eimer, Fässer rc. mit Glycerin und bewirkt dadurch, daß die Dauben und Reifen nicht eintrocknen, sich nicht ziehen, nicht locker werden und nicht abfallen. In gleicher Weise wendet man das Glycerin au, um Leder elastisch und weich zu erhalten, sodaß es keine Neigung bekommt zu brechen. Das Glycerin ist ferner ein praktisches Mittel aus wohl riechenden Blättern, Rinden, Hölzern und Wurzeln, desgleichen aus Harzen rc. die Riechstoffe auszuzieheu und in sich auszu nehmen.; da es selbst vollkommen geruchlos ist, so giebt es auch das feinste und schwächste Aroma bemerkbar und rein zurück. Umfassend ist bereits die Anwendung des Glycerins zur Fabrikation von Seifen (Glycerinseifen), Waschwässern, von Pom maden behufs der Pflege der Haut und der Haare; Anwendung von parfümirtem Glycerin vereinfacht die Fabrikation dieser Ar tikel. Namentlich empfiehlt sich Seife, in welcher das Glycerin einen Bestandtheil bildet, im Winter, wenn durch die Kälte die Haut gelitten hat, und bei hartem Wasser, welches zum Waschen dienen soll. In der Chirurgie wird das Glycerin als milderndes Mittel bei Entzündungen mit gutem Erfolg verwendet. Sehr gute Dienste leistet das Glycerin statt des Alkohols zur Aufbewahrung anatomischer Präparate in naturhistorischen Sammlungen. Man mischt Glycerin mit Wasser für Gasuhren in entspre chendem Berhältniß und bewirkt dadurch, daß das Wasser im Winter in diesen Apparaten nicht gefriert und im Sommer nicht verdunstet. Ein kleiner Zusatz von Glycerin wird verschiedenen Zucker und Conditoreiwaaren, Chokoladen rc., die in Zinnfolie einge schlagen werden, um sie vor Austrocknen zu schützen, beigegeben. Aus gleichem Grunde setzt man auch dem Senf, insbesondere dem Schnupftabak etwas Glycerin zu und erhält beide auf diese Weise hinreichend feucht. Zur Conservirung von Früchten ist das Glycerin auch ge eignet. Mit Glycerin ölt man feinere Maschinentheile, Uhren, Chro-