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179 Die nächsten Sorten, unter den Namen Carracas u. s. w. bekannten, gleichen der ersten Qualität der Porto Cavallo voll kommen. Die Karthagena-Baumwolle endlich unterscheidet sich von allen anderen dadurch, daß sie aus lauter einzelnen, langen, fest an einander hängenden Fäden besteht. Ihr Aussehen ist matt, glänzend weiß, mit einem schwachen Schimmer ins Gelbe über gehend. Das Haar ist ungleichartig lang, hart, spröde und nicht frei von Samenkörnern und rostgelben und unreifen Stellen, so daß sich ihr Werth noch unter den der geringsten Nordamerika nischen Baumwolle herabstellt. 6) Die Peruanische Baumwolle. Es gehören hierzu die Lima, Payta und Piara, welche durchgehends von geringerer Art sind und daher unter die Ko- lumbifchen zu stellen sind. Sie haben alle eine weißgraue oder schmutzigweiße Farbe, mit einigen blaßgelben Stellen vermengt, ihr Haar ist ungleichförmig, trocken, spröde und hart. Da aber alle eine ziemliche Festigkeit besitzen und ihre Reinheit mit größerer Sorgfalt ausgeführt scheint, als wie dies bei den Kolumbischen Wollen der Fall, so erstreckt sich ihre Verwendbarkeit öfters bis über Nr. 100. (Schluß folgt.) Nene Jndustrieerzeugmsse aus den einzelnen Theile» der Gänsefeder. Von K. Richter. Eine der größten Fabriken Frankreichs, in welcher vor Ein führung der Stahlfedern Federkiele zum Schreiben in großarti gem Maaßstabe zugerichtet wurden, war die von M. Bardin in Paris; wie aber nirgends dieser Industriezweig die Concurrenz der Stahlfedern erfolgreich zu bestehen im Stande war, so theilte dieses allgemeine Schicksal auch die genannte Fabrik, sodaß sie sich genöthigt sah, ihre industrielle Thätigkeit der Fabrikation neuer Jndustrieerzeugmsse aus Gänsefedern zuzuwenden. Das Unternehmen krönte der beste Erfolg, denn gegenwärtig bezieht (6snls inäustr. 1869) Bardin aus Rußland, namentlich durch Vermittlung ansehnlicher Handelshäuser in Nidjni-Novo- gorod, in Moskau und Kasan, nicht weniger als 400 Kisten Gänsefedern, von denen jede ca. 100,000 Stück Federn enthält, bald mehr, bald weniger, nach Maaßgabe der Größe, von welcher sie sind. Will man sich aber weiter einen Begriff von dem außer ordentlichen Reichthum jener Gegenden an Gänsen machen, so möge nur berechnet werden, daß jeder Flügel etwa 10 brauch bare Federn zählt, daß mithin in jedem Ballen die Federn von 5000 Gänsen und in jenen 400 Kisten die von 2 Millionen solcher Thiere enthalten sind; und diese Masse von Feiern wer den von Bardin in einem einzigen Jahre verarbeitet. Für den Transport sind pr. Tonne von Riga bis Paris ca. 20 Francs zu bezahlen, was ungefähr nach unserem Gewicht unv Gelb 8 Groschen auf den Centner gleichkommt. Eigcnthümlich ist cs, daß Federn ausschließlich aus Rußland bezogen werden, während das Inland, insbesondere Toulouse, auch einen großen Theil des Bedarfes von jeder gewünschten Qualität liefern könnte, so z. B. von Hähuerfederu; statt aber diese Fe dern einer Verwerthung zuznführen, gehen sie fast alle unbenutzt ver loren, wodurch ein Verlust entsteht, den Bardin selbst mit mehr als 4 Millionen Pfund beziffert, sofern ihm ein erwachsenes Huhn für ca. 40 Gramme Federabfäüe liefert, die er zu Flau- men für Betten verarbeitet. Eine in dem Etablissement ausgestellte Dampfmaschine dient zur Inbetriebsetzung der Arbeitsmaschinen und gleichzeitig der Dampfkessel zur Abgabe von Dämpfen, die theils an sich zur Behandlung der Federn und deren-isolirten Theile uöthig sind, theils zur Erwärmung des Wassers behufs der Färberei rc. ge braucht werden. Was nun die technische Verwerthung der Gänsefedern in Bar- din's Fabrik anlangt, so dienen die abgeschnittenen Spitzen zur Gar- nirung von Spielbällen, die schwarzen insbesondere zur Anfertigung von Flederwischen; die einzelnen Theile der ausgewachsenen Fe dern verwendet er aber mit Hülfe geeigneter Maschinen in viel fach anderer Weise; so z. B. die Kiele zur Fabrikation von Schreibfedern, mit denen er noch immer, namentlich auch nach England, einen ansehnlichen Absatz erzielt. In ungleich größerer Menge aber als diese fabricirt er aus den Kielen die Zahnstocher, deren Darstellung so einfach ist und dabei so schnell von statten geht, daß man auf ein Stück noch keine Zeitsekunde rechnen kann, denn eine einzige Arbeiterin macht in einem Tag an 40,000 Stück Zahnstocher fertig, indem die Maschine, an der sie arbeitet, nicht nur für jeden blos einen Schnitt macht, sondern auch selbstthätig jeden zählt, wie er fertig aus der Maschine in den Aufnahme kasten fällt. Hierdurch wird es erklärlich, wenn Bardin behaup tet, daß er allein von allen Zahnstochern, die im Handel unv Wandel vorkommen, nahe an drei Viertheilen liefere, und daß trotz der sehr niedrigen Preise, die für dieses Fabrikat bezahlt würden, ihm immer noch ein hinreichend lohnender Gewinn übrig bleibe. Ferner verarbeitet er die Federkiele zu Pinselhalter, zu Angelröhren, zu Füllröhren in der Feuerwerkerei uud zur Dar stellung gewisser Arten von künstlichen Blumen und von Haar schmuck, in welch' letzteren Beziehungen er die Kiele mit seinen Maschinen in Spiralen zerschneidet, die, unter Einwirkung von Dämpfen gestreckt, die Länge von nahezu 3 Fuß ausfüllen und die nun in dieser Gestalt das geeignete Material zur Fabrikgtion der genannten Artikel bieten. Die dünnen, durchscheinenden Häutchen, welche die Ober fläche des Schaftes decken und deren Festigkeit schon beim Ab ziehen recht augenfällig entgegentritt, finden in Bardin's Fabrik ebenfalls Verwerthung, insbesondere gleichzeitig mit zur Anferti gung künstlicher Blumen, deren Hauptbestandtheile sie dann bil den, dann aber auch in Gestalt von Franzen bei Zusammen stellung der verschiedenartigsten Toilettenartikel, theils weißge bleicht, theils in allerhand Modenüancen gefärbt; auch die von der Rückseite des Schaftes sich leicht ablösende dichte und stramme Haut wird verwendet, entweder zu borsteuartigen Haaren gespal ten für Zwecke der Bürstenfabrikation, oder ganz und ungespal ten zur Fabrikation von nach Art der Stroh-Bastwaaren gefloch tenen Artikeln, für Beides wegen ihrer großen Widerstandsfähig keit und Elasticität ganz geeignet. Was von der Feber nun noch übrig bleibt, ist die Fahne, die aus einem inneren, der Längsaxe des Schaftes zugewende- tcn und aus einem äußeren Barte zusammengesetzt ist, der wie derum aus einer Menge von parallelen, Halbchlindrischen, mittels endständiger Borsten in einander greifenden Fasern zusammenge setzt ist; diese Fasern bilden die äußeren Fortsetzungen der Epi dermis, welche die schwammartige innere Masse des Schaftes an den beiden Seiten deckt. Auf die Beschaffenheit dieser Fahne und zwar in Verbindung mit der Epidermis hat Bardin die Er findung und Ausführung eines neuen Industriezweiges gegründet, nämlich die Fabrikation her Feder-Fußteppiche, die ihm wegen der Widerstandsfähigkeit der Epidermis und der einzelnen Fa sern, aber auch wegen der festen Verbindung der letzteren mit der ersteren praktisch ausführbar erschien. Der Erfolg rechtfertigte seine Voraussetzungen, und wenn auch die ersten Versuche nicht glücken wollten, die er auf die Weise ausführte, daß er zuerst mittels einer Nähmaschine die Bärte auf einen gewebten Stoff aufnähete, später diese auf einem Jacquardstuhl mit dem Garn verwebte, so erreichte er doch sein angestrebtes Ziel vollständig, nachdem er statt dieses Stuhles einen Webstuhl eigener Erfin dung von einfacher Construction in Anwendung brachte, dessen Princip darin besteht, Laß unter der Kette in gleichem Tempo mit ihr das Muster sich abwickelt, welches der Arbeiterin vor schreibt, an welchen Stellen sie die Fahnen zwischen die Ketten fäden einzulcgen hat und von welcher Größe, Umfang und Farbe die ersteren fein müssen; in neben dem Stuhl befestigten Kästen liegen diese fortirt, aus welchen sie herausgenommen und nach dem sie an ihren Platz gekommen und mittels eines Haudkämm- chens ihre Richtung nach oben erhalten haben, auf die gewöhn liche Art eingewebt werden. Die Oberflächen der gewebten Teppiche erhalten nun noch eine doppelte Zurichtung, entweder 23*