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gestiegen wäre, hatte ich zu beobachten nicht Gelegenheit, indem das Abblasen und die Steigerung der Spannung während der Mittagsstunde eintrat und nach deren Beendigung der Wieder beginn der Arbeiten die Spannung schnell wieder herunter brachte, bis sich bei 4 Atmosphären das Sicherheitsventil schloß. Und wenn wir auch mit der allergrößten Genauigkeit die Größe des Sicherheitsventils bestimmen, welche Garantie haben wir, daß es sich auch so viel hebt, um an der Peripherie eine gleich große Ausströmungsöffuung frei zu machen? Die wenigen Beobachtungen, welche darüber vorliegen, haben aber gezeigt, daß das Ventil sich immer viel weniger hebt, als es sich dem ent sprechend heben müßte. Wir wissen also, daß die Sicherheitsventile bei der wissen schaftlich festgestellten normalen Größe doch weder im Stande sind, ein Steigen der Spannung zu verhindern, noch eine Garantie für das wirkliche Freiwerden der berechneten Oeffnung zu bieten. Welchen Werth haben also Regeln und Vorschriften, die in der Präzis keinen Erfolg haben? Leiber keinen! Man gewöhne sich aber das Sicherheitsventil nicht als ein absolutes Schutzmittel, sondern als ein Warnungsinstrument auzusehen, und man wird von demselben bessere Resultate erzielen als bisher. Das beste Schutz-, resp. Warnungsmittel an jedem Dampfkessel ist ein zu verlässiges Manometer, wozu selbstverständlich kein Praktiker ein offenes Quecksilbcrmanometer rechnen wird, neben welchem das Sicherheitsventil als ernster Warner seinen schrillen Ruf hören lassen wird, wenn die höchste Normalspannung erreicht ist. Es braucht nun gar nicht so groß zu sein, um alle im Kessel gleich zeitig erzeugten Dämpfe herauszulassen; das oben angeführte Beispiel, wonach der Kessel eine Stunde brauchte, um feine Span nung um l Atmosphäre Druck zu steigern, beweist wohl hin reichend, daß eine thatsächliche Gefahr nut der geringen Oeffnung oder Erhebung des Sicherheitsventils nicht verbunden ist. Denn wer stundenlang die Dämpfe aus dem Sicherheitsventil heraus rauschen läßt und doch die Feuerung nicht vermindert, von dem muß man annehmen, daß er absichtlich den Kessel zu sprengen versuchen will ober daß er unzurechnungsfähig ist. Gegen solche glücklicherweise seltenen Fälle schützen aber auch die besten Formeln nicht. Man soll nun aber nicht tadeln, wenn man nicht eine Mei nung darüber hat, wie es besser zu machen sei. Die wissen schaftliche Couseguenz, nach welcher das Sicherheitsventil für die selbe Größe des Kessels, aber bei höher normirten Spannungen, kleiner sein darf, führt, wie oben gezeigt wurde, gewissermaßen zu Widersprüchen und cs kommt daher nur darauf an, nachzu weisen, daß diese Consequenz keinen praktischen Werth hat, um sie zu beseitigen. Geht man dabei von der wissenschaftlich entwickel ten Heidner'schen Formel aus 6 - l/ b H 3,869 0,316 . n' so wird man bald finden, daß thatsächlich die Werthe von n, welche gewöhnlich in der Praxis vorkommen, den Werth von ck nur sehr wenig alteriren. Dazu empfiehlt es sich aber, die Formel einigermaßen um zuändern. Ist ck der Durchmesser des Sicherheitsventils in Cen- timetern, so ist sein Querschnitt, und bezeichnet mau diesen mit und setzt für ck den Werth aus obiger Formel, so entsteht — 0,785 8 — 3,869 -s- 0,316n' ' wobei in Quadratcentimetern oder 87,5 8 — 3,869 0,316 n' wobei in Quadratmillimetern gefunden wird. Der Einfachheit wegen empfiehlt es sich nun 8 — 1 zu setzen, d. h. anzugeben, wie groß der Querschnitt der freien Ausströ mungsfläche für jeden Quadratmeter Heizfläche genommen werden muß, und es ergiebt sich 78,5 g. : . 3,8690,316 n Setzt man hierin nach einander die Werthe 2 bis 7 für n, so erhält man: u 3 Uns — Untz U„7 78,5 4,501 78,5 4,817 78,5 5,133 7^,5 5,449 78,5 5,765 78,5 ' 6,081 ---- 17,449! 16,304/ / Quadratmillimeter — 15 301k freie Areal '' l. des Sicherheits- — in ui Ventils für jeden Quadratmeter I Feuerfläche — 13,623 l 12,905 Man sieht, daß das größte Areal (bei n — 2) nur — 1,35mal*) so groß ist, als das kleinste (bei n — 7), und man wird um so eher Len Mittelwerth für u aus den oben gefundenen nehmen können, als bei den niedrigeren Spannungen, für welche der Biittelwerth zu klein ist, überhaupt die Gefahr des Zerberstens der Kessel als Folge der Spannung eine viel geringere ist, und bei den hohen Spannungen, wo u sich zu groß ergeben würde, eine Compensation dadurch angenommen werben kann, daß sich das Ventil überhaupt nicht bis zur Höhe von erhebt. Der Mittelwerth von n aus den oben gefundenen ist aber ziemlich genau — 15, das hieße also 15 Quadratmillimeter freie Oesf- nung des Sicherheitsventils für l Quadratmeter feuerberührter Fläche. Ob es nun wirklich eine praktische Nolhwendigkeit ist, diese Größe noch zu vervielfachen, was Hr. Heibner thut, indem er den von ihm gefundenen Werth für ck noch mit 2,6 multipli- cirt, um seine Werlhe denen der empirischen in Frankreich gültigen Formel möglichst gleich zu bringen, eventuell um wie viel zu ver vielfachen, will ich dahin gestellt sein lassen. Für den Werth von u hätte dies die Wirkung, daß derselbe mit (2,6)'^ — 6,76 multiplicirt werben müßte, woraus sich bann u — 101,4 Milli meter ober rund zu 100 Millimeter ergeben würde, was der zehntausendste Theil der feuerberührten Fläche wäre.**) Meinen Anschauungen entspricht es aber durchaus nicht, die Sicherheits ventile so groß zu machen, weil gerade in der plötzlichen Oeff nung einer so großen Ausströmungsöffnung Gefahr für den Kessel liegt, und wollte man ja den Bedenken Rechnung tragen, welche die Anwendung des Mittelwerthes entstehen lassen könnte, so wird das doppelte und höchstens daö dreifache Areal, also 30 bis 45 Quadratmillimeter für einen Quadratmeter Heizfläche nach meinem Dafürhalten vollständig genügen. Rationell ist übrigens eine solche Vervielfältigung des theore tischen Facits nicht. Haben die entwickelten Formeln irgend einen wissenschaftlichen Werth, so muß eine Oeffnung von dem berech neten Querschnitte im Stande sein, all den Dampf herauszu lassen, den der Kessel bei dieser Spannung zu erzeugen vermag. Dann tritt also das vollständige Gleichgewicht ein, indem das Freiwerden einer solchen Oeffnung verhindert, baß die Spannung im Kessel über die vorbestimmte Grenze steigt. Und das gerade soll ein Sicherheitsventil; nicht aber soll es bewirken, daß die Spannung plötzlich erheblich unter das erreichte Maximum zurück geht. Das wird aber eintreten, wenn die frei werdende Oeff nung sechsmal, zehnmal oder gar zwanzigmal so groß ist, als sie *) Nach dem preußischen Kesselrcgulativ ist allerdings die normale Einheit der Ventilöffnung für 1 Annosphärendruck (atzo n — 2) ca. 4,1mal so groß, als bei 6 Atmosphären (n — 7). Im ersteren Falle nämlich 7 Quadratlinien, im letzteren 1,7 Quadratlinien pro Quadrat fuß seuerberührter Fläche. Ein ganz gleiches Verhältnis; ergiebt sich, wenn man die bekannte Formel V —zr.n^/li zur Berechnung des Dampfvolu mens, welches aus der Oeffnung n ausströmt, benutzt, und b mit Zu- 1 m hulfenahme der Navier'schen Näherungsformel 1 —bestimmt. Es scheint also die dem preußischen Kesselregnlativ beigegebene kleine Ta belle nach diesem Modus berechnet worden zu sein, nur giebt sie die Re sultate mit einem praktischen Eoefficienten vervielfacht, welcher nahezu 20 zu sein scheint. Also ca 20mal so groß, als es nach der Theorie zu sein braucht. **) Dies war die Bestimmung des alten preußischen Regulativs vom Jahre 1838, welches so vielfach Anlaß zu Klagen über die nnverhältniß- mäßige Größe der Sicherheitsventile gegeben hat, zumal damals, auch wenn mehrere Ventile auf einem Kessel angebracht waren, jedes derselbe» dieses Areal haben sollte. 18*