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Iriedrich Heorg Meck's — Deutsche MMrirte OeMrderkÜMg. Abonnements-Preis: Halbjährlich 3 Thlr. Herausgegeben von I)r. A. Lach mann. Berlag von K. Berggold in Berlin, Links-Straße Nr. 10. Jnscratcn-Preis: pro Zeile 2 Sgr. Vierunddreißigkrr Jahrgang. Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Postämter. Wöchentlich ein Sogen. Inhalt: Gewerbliche Berichte: Eine schwache Seite des deutschen Kunstgewerbes. (Fortsetzung.) — Eine neu gegründete Aktien-Fleischertrakt-Fabrik in Südamerika. — lieber Verwendung des Wasserglases zur Couservirung von Randsteinen. — Die neuesten Fortschritte und technische Umschau in den Gewerben und Künsten: Patente vom Monat Februar. — Napier s Friktions-Ausrückung. — Verbesserungen an Papiermaschinen von E. N. Gregory in London. — Heaton's Frischmethode mit Natronsalpeter. — Bessemer s Fabrikatkonsweise gebrannter irdener Waaren, wobei das Schwinden derselben vermieten und Zeitersparniß erzielt wird. — l)r. Schmidt s patentirte Universal-Elte. — l)r. Schmidts patentirter Universal-Meßapparat — Neber Dynamid. — Fenitleton: Zinnsalzverfälschung. — Künstliche Verstärkung deS Weinbouqnets. — Farbcnznsammen- steltungen für Luxuswagen. — Chemische Zusammensetzung einiger Pariser Metallcompositionen. — Arbeitsmarkt für Gewerbe und Technik. Hewerbüche Berichte. Eine schwache Seite des deutschen Kunstgewerbes. Von vr. O. Mothes. (Fortsetzung ans Nr. 4 der Jllustrirten Gewerbezeitung.) » Ein guter Arzt sucht emsig nach der Krankheit Sitz. Als nach Eröffnung der Pariser Ausstellung schon die ersten Berichte es mehr oder weniger unumwunden aussprachen, daß Deutschland zwar in Bezug auf wirkliche Kunstwerke den meisten anderen Nationen ebenbürtig sich zeige, in Bezug auf manche Gewerbzweige sogar eine und die andere Nation übertreffe, im Künstgewerbe aber zurückstchc, wollten Viele das nicht recht glauben; sie meinten in diesen Berichten eine Acußerung der be kannten deutschen Vorliebe für das Ausländische zu sehen. Als aber im Fortgang und nach Beendigung der Ausstellung alle Be richte in der Aussage übereinstimmten, wie wir sie in Nr. 4 der Gewerbezeitung näher auseinander setzten, da verschloß die deut sche Nation nicht länger ihre Augen dem bloßgelegten Uebel, ja sie zeigte auch hier wieder die allezeit bewährte Thatkraft; über all regte sichs und in fast allen Gauen Deutschlands legte man Hand ans Werk, um den verlornen Boden wieder zu gewinnen. Leider zeigen nun die dabei ergriffenen Mittel und die bisher erzielten Erfolge, daß man dabei zu hastig ans Werk ging und die Heilung versuchte, ehe man die Ursache der Krankheit ruhig ergründet hatte. Es scheint uns dies aber vor Allem' nöthig, und so wollen wir denn, ehe wir zu einer vergleichenden Prüfung der vorgeschlagenen und angebotenen Besserungsmittel übergehen, zunächst versuchen, die Gründe zu ermitteln, die jenen auf der Pariser Ausstellung zu Tage getretenen Uebelstand herbeigeführt haben können. Wenn man sich bei solcher Ermittelung nicht auf das bloße Ra then beschränken will, so würde zunächst wohl die Frage zu stellen sein, ob den Deutschen etwa die Fähigkeit zur Lösung kunstge werblicher Aufgaben fehle? Diese Frage aber ist entschieden ver neint durch die anderweiten Ergebnisse der Pariser Ausstellung. Was die rein gewerbliche Seite der Befähigung betrifft, so zeigten, wie wir bereits erwähnten, alle deutschen Arbeiten große Sorgfalt in der Ausführung, sehr viele davon hohe Vollendung in der Beherrschung des Materials; namentlich viele von den rein gewerblichen Arbeiten, wie Geräthschaften, Maschinen:c., be wiesen durch ihre Sauberkeit, Solidität und eminente Zweck mäßigkeit, sowie durch vollständig verstandene Wahl und Verar beitung des Stoffs, daß' der Deutsche in Bezug auf die rein technische Befähigung den Vergleich mit den Söhnen anderer Na tionen durchaus nicht zu scheuen braucht. Ja nach einer Richtung hin, in Bezug nämlich auf combinirte Maschinen, hat der Deut sche alle Anderen weit übertroffen und dadurch bewiesen, daß ihm in höherem Grade als den Angehörigen anderer Nationalitäten die Fähigkeit gegeben ist, complicirte, vielfach gegliederte An forderungen mittelst eines wohldurchdachten Organismus zu be friedigen, und daß keine Aufgabe verwickelt genug sein kann, um ihm Verlegenheit zu bereiten. Darin aber liegt zugleich der Be weis, daß es dem Deutschen nicht an der Befähigung mangeln kann, bei Anfertigung von Gerätheu, Gefäßen und anderen Ge genständen, mit denen sich die Kunstindustrie beschäftigt, diejenigen Formen herauszufinden, welche in wohl verbundenem Organismus auch den vielseitigsten Anforderungen entsprechen, die einerseits den Zweck, die Bestimmung, andererseits die Eigenschaften des Materials an den betreffenden Gegenstand stellen, ja daß er auch nicht in Verlegenheit darüber kommen kann, in welcher Weise er die Gestaltung zu treffen hat, wenn die Bearbeitbarkeit des Materials scheinbar in Widerspruch mit den Anforderungen steht, welche in der Bestimmung des Gegenstandes liegen; denn wer das Material technisch vollkommen beherrscht, wer den Zweck zu verstehen und zu erfüllen vermag, unter dessen Händen wird solcher schein bare Widerspruch sich allemal lösen lassen. Wenden wir uns nun der künstlerischen Befähigung der Deutschen zu, so war allerdings die deutsche Knust nicht in be sonders glänzender Weise aus der Pariser Ausstellung vertreten. Aber abgeseben davon, daß eine Menge nicht im Bereich unserer jetzigen Besprechung liegender Gründe eine vollständigere Be schickung verhindert hatte, waren dennoch unter den ausgestellten Kunstwerken so manche, die den klaren Beweis lieferten, daß es an künstlerischer Schöpferkraft und wahrem Schönheitssinn dem Deutschen durchaus nicht mangelt. Zieht man dazu noch den Umstand in Betracht, daß sehr viele unter den ausländischen Fa brikanten auf dem Gebiete der Kunstindustrie sich deutscher Zeich ner und Modelleurs bediene», daß ferner auf der 1864 in Ant werpen stattgchabten internationalen Kunstausstellung die deutsche Kunst vielfach Lorbeeren erntete, so ist das Resultat, daß man der deutschen Nation im Allgemeinen, wenn auch nicht einen sieg haft hervorragenden, dennoch einen zum Nichtunterliegen im Wett kampf hinreichenden Fond an künstlerischer Befähigung zusprcchen muß. Wenn nun einerseits die vollkommene technische Befähigung 10