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Ein fleißiger Bauer kann aber mit Weib und Kind höchstens eine halbe Caballeria bewältigen, auf welcher etwa 25000—30000 Tabakspflanzen und in den Zwischenräumen die gewöhnlichen Süd früchte für den eignen Bedarf gezogen werden. Die Preise des ver sponnenen Havanna-Tabaks sind in den letzten 30 Jahren bedeutend gestiegen. Es kostete nämlich das Tausend Cigaren: 1828 ' 4'/r—12 Piaster. 1832 5 —20 1835 6 —20 1851 13 —80 Die decorativeil Künste im Oriente nud in Frankreich. Von Adalbert de Beaumont. (Nach tem Französischen.) Ungefähr zwei Jahrhunderte zurück erhob sich in einem fast noch wüsten Viertel von Paris, mitten in ausgedehnten Wiesen, auf welchen die Wäscherinnen ihre in der Bievre gewaschenen Linnen ausbreiteten, eine bereits seit 1550 berühmte Färberei. Hier begründeten Jean Gobelin und seine Nachkommen ihr Glück durch Einführung der Scharlachfärberei nach orientalischer Weise. Diese ersten Färber des Türkischroth in Frankreich wurden in den Adelstand erhoben und verpflanzten ihre Verwandtschaft in die Familien der höchsten Stände. Die Gobelins überließen später ihre Fabrik an Flamänder, welche mit der Färberei noch die Fabri kation halbseidner und wollener Teppiche verbanden. Im Jahre 1662 kaufte Colbert das Hauptgebäude, welches speciell unter dem Namen Hotel de Gobelin bekannt war, um darin die königliche Manufactur der Möbel der Krone zu begründen. In dieser Manu faktur sollte allen Zweigen der Luxusindustrie eine Vervollkomm nung gegeben werden, welche den Gewerbtreibenden des König reichs zum Vorbild dienen und ihnen die nöthige Anleitung geben sollte, Kunst und Industrie im Vereine wirken zu lassen; eine Ver einigung, welche den Arbeiten des Mittelalters und der Renaissance ihren Stempel aufdrückte. Die Fabrikation der Gobelins wurde so in das Leben gerufen. Es werfen sich fast von selbst die Fragen auf: Woher kam dieser Industriezweig? wohin ging er ? und welchen Einflüssen war er un terworfen ? Die Mission dieses Industriezweiges war, — dies unterliegt wohl kaum einem Zweifel — die Traditionen der alten decorativen Künstefortzupflanzen; die Traditionen derKünste zu erhalten, welche vor Zeiten mit ihrer Farbenpracht die Paläste von Babylon, Persien und Byzanz schmückten und welche von Spanien, Italien und Flandern aus nach Frankreich übergingen. Der Reichthum und die Ausdehnung der Stoffe, der Glanz der Farben waren nicht die ein zigen maßgebenden Bedingungen dieser Künste: man wollte über haupt in derselben Weise, wie es in der Malerei, Sculptur und Mosaik geschieht, die großen historischen und religiösen Scenen, die Thaten der Könige und der Heiligen, darstellen. . Es bedurfte zur Erfüllung dieses Zweckes einer Reinheit der Zeichnung, einer Harmonie der Komposition und der Farben, welche dieser Industrie wohl erlaubten, mit den Künsten zu wetteifern und die Arbeit des Malers mit der Arbeit des Webers zu verschmelzen. Die Gobelins sind dem Boden der antiken Kunst des Orients entwachsen, derselben Kunst, welche bereits, nach Beendigung der Kreuzzüge, von den religiösen Gesellschaften des Mittelalters gepflegt und in ihrer Be deutung verstanden wurde. Die Teppichweberei in der Weise, wie sie durch die Gobelins vertreten wird, ist bereits seit langer Zeit ein europäischer Industriezweig geworden; sie bestand bereits in Frankreich, als Colbert die darauf bezüglichen verschiedenen Processe in dem Hotel de Gobelin vereinigte. Die Begründung der ersten königlichen Teppichmanufactur fällt in das Jahr 1559. Die berühmtesten Maler und Architekten wur den herbeigezogen, dieser wichtigen Fabrikation ihren Aufschwung zu geben und die Weberei auf das Gebiet der Kunst hinüber zu führen. Der Sitz dieser Manufactur war Fontainebleau. Seit j dieser Zeit lassen sich leicht an ihren Fabrikaten in jeder Regierungs- ! epoche hie Einflüsse erkennen, denen sich die Künstler unterwarfen, um dem Geschmacke des Herrschers zu genügen. Im 16. Jahrh. herrschte die Weise des Francesco Primaticcio und seiner Schule ! vor; das Bestreben ist, das Auge zu erfreuen; die Künstler blieben sich bewußt, daß es sich hier nicht um Gemälde handele, sondern um aufgehängte Tapeten, welche die Mauern zu verhüllen haben und frei und beweglich bleiben; sie beanspruchen daher nicht durch das Heraus treten des Dargestellten aus der Ebene des Bildes das Auge zu täuschen. Sie wußten die eigenthümlichen Eigenschaften des Stoffes, der Seiden- und Wollenfäden mit ihrem Glanze und Reflexen zu benutzen; sie unterwarfen sich dem Stoffe, soweit es nothwendig war, ohne mehr zu begehren, als sich erreichen ließ. Raphael, wie es seine Cartons in Hampton-Court zeigen, stand davon ab, der Teppichweberei die blinde Nachahmung seiner herrlichen Kompositio nen zuzumuthen, im Gegentheil berücksichtigte er alle Bedingungen, welche maßgebend die Arbeiten des Färbers undWebers beeinflussen. Er vergaß nicht, daß es in dieser Fabrikation besondere Effecte gibt, die der Malerei fremd, aus der Structur des Gewebes und aus der Verwendung der Seiden-, sowie der Gold- und Silberfaden resul- tiren. Er erkannte die Wichtigkeit des Zusammenwirkens dieser verschiedenen ihm hier zu Gebote stehenden Mittel; Reinheit der Umrisse und Harmonie der Farbentöne waren die einzigen Bedin gungen, welche er der Industrie stellte. Sobald die Zeichnung untadelhaft ist, sobald das Gesetz des Zusammenstimmens der Farben beachtet wird, sind in der angedeu teten Richtung die Effecte des Lichtes und des Schattens, des Her vortretens aus dem Bilde, also der sogenannten Luftperspective nur Nebensache, wovon die Kunst sich nicht befangen lassen darf. Die antiken Fresken, deren Zweck nur war, die Mauern zu schmücken, geben den deutlichsten Beweis für diese Behauptung. Bis 1560 wurden in der Manufactur zu Fontainebleau die Beschränkungen, welche durch die Eigenthümlichkeiten des Stoffes dem Künstler gestellt wurden, geachtet und die Grenzen des guten Geschmacks nicht überschritten. Im 17. Jahrhundert macht sich in der französischen Kunst ein entscheidender Umschwung bemerklich. Es ist nicht das tiefe Gefühl in der Form, noch das sehr leuchtende Colorit, noch find es die sehr malerischen Linien, durch welche die französische Schule sich in dieser Epoche auszeichnet, sondern eher durch die Anordnung und den Geist, der das Ganze durchweht. Der Einfluß Pousfins, Lasueurs und seiner Schüler wurde überwiegend und die Zeichnung galt jetzt mehr als die Farbe. Man copirte jetzt diese Meister, anstatt von ihnen Cartons zu verlangen, welche zur Ausführung für die Zwecke der Weberei ge eignet gewesen wären. Von jener Zeit an ging der Geist und der Sinn der großen Tradition verloren. Unter Lebrün und seiner Schule, dann unter Sebastian Leclerc's Leitung setzte man das Ziel und Bestreben der Gobelinweberei darein, Oelgemälde sclavisch nach zuahmen. Man schien damals die Aufgabe der Weberei überhaupt ganz zu vergessen und es schien, als frage man sich nur noch, ob es nicht besser sei, zu Wolle und Kanevas zu greifen, um in sclavischer Nachahmung ein Resultat zu erreichen, welches sich durcb den Pinsel mit größerer Leichtigkeit erzielen läßt, als durch so zeitraubendes und Geschicklichkeit erforderndes Verfahren, wie die Weberei der Gobelins. Plötzlich unter Ludwig XV. kehrte man zu rationelleren Grund sätzen zurück. Die aus Indien und China eingeführten Porzellane und Stoffe wiesen die Künstler auf die Gesetze der Farben wiederum hin; man verfiel jedoch nun in das entgegengesetzte Extrem. Die große Form, der gehobene Styl, der königliche Styl, wenn man so sagen darf, wurde aufgegeben. Die Hirten verdrängten die Götter, und wenn auch die Bedingungen des Stoffes jetzt geachtet wurden, soverlor dochentschiedendieZeichnunganAdelundReinheit. In dieser Epoche triumphirte das decorative Element entschieden, aber die er hobene Kunst sank fichtbarlich von ihrer Höhe herab. Es nahte sich aber wiederum eine Zeit der Reaction. Das 19. Jahrh. mit seinem Feuer und Ungestüm zerstörte Alles, in der festen Ueberzeugung, es besser als die Vorgänger zu machen. Von da an verlor sich die Tradition vollständig; es wurden neue Pfade eröffnet, Pfade, welche oft als gefährlich und schlecht bekannt waren. Dies ist der gegenwärtige Stand. Es ist nöthig, daß man die Quellen des Nebels aufsucht und daß man sich bestrebt, Heilmittel zu finden, die vielleicht einfacher sind, als man glaubt. (Fortsetzung folgt.)