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Jiriedrich Heorg Wiecks ^es. Deutsche Desinfection von Scilkgruben nach -cm Miiller-Schnr'- schen System. Bon allen Vorschlägen, die in neuerer Zeit behufs der Dcsin- fection von Senkgruben gemacht worden sind, verdient das vollstän dig praktische Dcsinfectionsspstem des Prof. A. Müller in Stockholm, das durch vr. O. Schür in Stettin wesentlich verbessert wurde, die größte Aufmerksamkeit und praktische Verbreitung. Das augewendete Desinfectionspulver besteht aus 20—35 Th. gebrannten Kalks (in gröblichen Stücken) und 2 Th. trockenen Holzkohlenpulvers. Der Kalk absorbirt die Feuchtigkeit, während die Kohle die Gase in sich aufuimmt; hierdurch entsteht so werthvoller Dünger, daß derjenige, welcher die Epcrcmcnte abholt, nicht nur die kostenfreie Abfuhr, son dern auch noch die Lieferung des Desinfectionspulvcrs bewirken kann. Dieser geruchlose Dünger kann ohne Unannehmlichkeiten für die Hausbewohner oder die Passanten der Straße zu jeder Tageszeit ab gefahren werden. Die Stettiner polyt. Gesellschaft ließ in einer An zahl von Häusern praktische Versuche anstcUen und setzte, veranlaßt durch den Einwand einiger Mitglieder, „daß mancher aus Bequem lichkeit die Ausstreuung des Desinfcctionspnlvers unterlassen und daran die praktische Durchführung des Müller-Schür'schcn Systems scheitern würde," einen Preis von 100 Thlr. Gold für die Erfindung eines Apparats aus, der das Aufstreuen des Desinfcctionspnlvers ohne willkürliche mcuschlicke Hülfe bewirke. Von den zahlreichen Lö- sungsversnchcn wnrdc der von dem Mühlenbescheider W. Reinckc ans Friedrichsberg constrnirtc Apparat als der einfachste und praktischste mit dem Preise gekrönt. Die Anwendung des Systems ist nach Or. Sckür in folgender Weise zu bewerkstelligen: Zur Ptacirung einzelner mit dem Selbststrcuapparat versehener Closets bedarf es keiner besonder» Erläuterung, da sic einfach nur an einer passenden Stelle ausgestellt zu werden brauchen; auch können dieselben bei etwa eiutrctcudcu Krankheitsfällen, ohne daß man des halb Unannehmlichkeiten zu befürchten hat, ruhig im Wohn- oder Krankenzimmer placirt werden. Die innere Einrichtung ist auf Trennung des Festen vom Flüssigen basirt. Ein inwendig emaillirtcr Eimer aus dünnem Eisenguß, vorn mit trichterförmigem Ansatz zur Aufnahme des Urins (diese Eimer werden bereits in Ncnsalzwerk bei Glogan angefertigt), vertritt die Stelle des bisherigen Holz- oder Zinkeimers im Nachtstnhl. Ein nierenförmiges sich an den Eimer anschmiegcndes Metall ist bestimmt, den Urin aufzufangen und läßt sich von Zeit zu Zeit nach Bedürfniß durch eine Klappe zum Entlee ren fortnehmen. Am Sitz des Nachtstuhles ist das Reservoir des Desinfectionspulvcrs mit dem Mechanismus für die selbstthätige Bestreuung angebracht, welche erfolgt, sobald der auf der Brille Sitzende von dieser sich erhebt, d. h. sobald die bewegliche Brille durch eine Sprungfeder in die Höhe gehoben wird und dadurch den Mecha nismus der Bestreuung in Thätigkeit setzt. Die emaillirtcn Eimer bilden au sich, in einen alten Nachtstuhl gestellt, ein Trcnnuugssystcm nach Müller-Schür'schem Priucip, natürlich ohne Streuapparat, wes halb hierbei Jeder selbst das Desinfectionspulver über die entleerten Fäccs streuen muß. Dergleichen fertige Closets werden in Stettin bei A. Töpfer und Moll und Hügel, in Berlin beim Hoflieferanten C. Geißler vorräthig gehalten. Der Urin solcher einzeln stehender Closets muß alle Tage wie die Nachtgeschirre ansgegosseu werden, während der etwa I Cubikfuß haltende Eimer für eine Familie von 5 Personen mindestens vier Wochen ausreicht. Der Streuapparat ist solid und einfach eonstruirt, so daß man nickt befürchten darf, daß derselbe seinen Dienst versa gen wird. Die Menge des durch denselben bei einmaligem Gebrauch gestreuteu Pulvers beträgt etwa 1 Lth., also für eine Familie von 5 Personen pro Jahr 50 — 60 Pfd.; 100 Pfd. des Streupulvers koste« 25 Sgr. bis 1 Thlr. Dasselbe besteht aus 100 Thln. gröblich gepulvertem gebrannten Kalk und 15 Thln. fein gepulverter ganz trockuer Holzkohle, und muß der größere Borrath stets an einem recht trocknen Orte aufbewahrt werden. Da die im Eimer auf diese Weise bestreute» Fäccs völlig deSiu- ficirt siud, so ist das Austrageu eines vollen Eimers durchaus nicht mit irgend welchen Unannehmlichkeiten verbunden; es geschieht am einfacksten auf folgende Weise: die Fäccs des im Closct befindlichen Eimers werden durch Umstülpcn in einen andern Eimer geschüttet und dieser wieder in eine auf dem Hofe des Hauses in einem bedeckten Raume aufgestellte Tonne entleert und wenn nöthig, noch mit etwas Desinfectionspulver bestreut, deren Inhalt von Zeit zu Zeit von ei nem Landwirth oder einem Düngerfabrikantcn abgeholt wird. Am Boden des mit dem Streuapparat versehenen Closcts müs sen vier Hst" weite Blcchtülleu und an der Hinterwaud unmittelbar unter dem Streuer eine 2 zöllige Tülle zur Ventilation angebracht werden, welche letztere mit einem tonischen Rohre in Verbindung zu setzen oder durch die Außenwand zu leiten ist, damit die bei ihrer Entleerung blutwarmcn Epcrcmente innerhalb keine Wasscrtropfeu ansetzen. Da es nicht füglich praktisch ausführbar ist, die Filtration