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Uebcr die Versuchsproben mit dem I. B. Streicher'schen Feuchtigkeitsmesser. (Vorgenvmmen in Kellern, feuchten und trockenen Wohnungen und in den neugebauteu Häusern der Ringstraße in Wien, von I. C. Ackermann, Beamten des nieder-österr. Gew.-Vereins). Bei neuen Einrichtungsstücken von diversem Holze, wie Sessel, Tische, Betten und Kästen, so auch bei neugelegten Fußböden und Parqueten, hören wir ein zeitweiliges Krachen und Knistern. Wenn nach einiger Zeit dann die in dem Holze noch vorhandenen Waffcr- theile entwichen sind, haben wir schlecht schließende Kästen, Fenster und Thüren, verbogene Tischplatten und Fußböden, in welchen ein fingerbreiter Spalt zu sehen, deren Fugen so mancherlei Ungeziefer birgt. Die vermeintliche Trockenheit oder Leblosigkeit selbst alten Holzes ist zwar schon im 15. und 16. Jahrhundert durch den Umstand wider legt worden, daß es in Ritterschlössern auch alte Möbel gab, die Stoff zu allerlei Gespenstergeschichten lieferten und der Gottseibeiuns und die verstorbenen Seelen hatten dabei nicht geringe Rollen gespielt; doch hatte man daran nicht gedacht, daß auch altes ausgetrocknetes Holz lebe, daß es sich zu jeder Jahreszeit, ja jeden Tag ausdehne und zusammenziehe. Um nun genau zu erforschen, wie weit diese Dehnbarkeit möglich sei, hat der Hofklaviermachcr I. B. Streicher eine einfache und sinnreiche Vorrichtung hergestellt und ich habe es unternommen, aus führliche Verbuche diesen vergangenen Sommer damit vorzunehme». Das Gesammtrcsultat meiner täglichen unausgesetzten Beobach tungen im Vereinslokale der inneren Stadt, zu Hause in trockenen und feuchten Wohnungen, in Kellerräumen und endlich in den neu gebauten Häusern der Ringstraße folgt nun hiermit, sammt der Be schreibung dieses Instrumentes. Es besteht nämlich aus einem 2' langen und 2" breiten Längen holze n, aus welchem ein gut ausgetrocknetes Querholz b, dann wie der ein Längenholz und ein Querholz und abermals ein Längen- und ein Querholz angebracht ist. Diese Holzstücke sind ver bunden durch drei Zapfen ooe und ab wechselnd oben und unten durch kleine Stückchen Pergament aneinander be festigt. Daß man drei Quer- und drei Längen leisten aneinander befestigte, erklärt sich dadurch, daß es vollkommen gleichgültig wäre und den Effekt nicht im geringsten vergrößern würde, würde man die drei Querhölzer in einer Länge aneinander befestigt haben. Lctztereverschieben nun jene dreian sie gebundenen Längcnhölzertheils von oben theilSvou unten, weil eben diese Querleisten die außerordentliche Dehnbar keit schneller anzeigcn als erstere, d. h. empfindlicher sind und auch den ganzen Apparat nur bandsamer machen. Oben befindet sich ein halbkreisförmi ger Bogen, welcher gradirt ist und zwar sind die Grade von 0 bis 60 angegeben. Doch muß ich bemerken, daß es besser wäre, einen größeren Bogen zu machen und denselben mit 100 Graden zu ver sehen, denn die Ausdehnbarkeit dcS Hol zes, wie die Zusammcnzicbung desselben ist wirklich staunenerrcgend. Ein Zeiger, welcher aus Holz oder be- liebigem Material bestehen kann, ist an seinem unteren Ende angc- schraubt und wird von einer Feder, bestehend aus einem Stückchen Draht 6, der oben befestigt, unten aber lose ist und nur eine kleine Spagatschlinge bat, gehalten. Diese Schlinge ist, wie man sieht, an den Zeiger befestigt und hat die Aufgabe, den Zeiger beständig auf 0 z» erhalten, wenn ibn nicht die aufsteigende Dehnbarkeit des ihn an seinem Fnße berühren den Querholzes zwingt, weiter zu wandern. Wie weit nun diese Wanderschaft des Zeigers gehe» kann, werde ich sofort mittheilen. Die Bezeichnung 0 soll die größtmöglichste Trockenheit, die Zahl 60 jedoch einen hohen Grad von Feuchtigkeit anzcigen. In dem Falle also, daß die Trockenheit oder Feuchtigkeit der Luft ab- und zunimmt, wird der kürzere Arm des Winkelhebels durch daS Querholz bewegt, was sodann auch an den unteren und oberen Enden zu ersehen ist, indem Querholz n, das Längenholz b, das Querholz o, das Längenholz 6 und das Querholz s das Längenholz k entweder hinaus- oder heruntcrzicht, doch so, daß sich die Bewegung an ihrem obersten Ende multiplizirt, das heißt derart gerade um so viel vermehrt, als würden, wie schon bemerkt, diese Querholzleisten nur eine Länge haben. Im Vereinsloka le habe ich natürlich die Versuche nur bei Tage vornehmen kön nen und da hatte ich bei Empfang des Feuchtig keitsmessers den Zeiger auf einem mittleren Grad von Feuchtigkeit, nämlich auf 35. ' Derselbe ging nun zurück auf 32 bei trockener und vorwärts auf 36 bei regnerischer Witterung Der Mangel an Luft in den engen Gassen der inneren Stadt überhaupt, ließ keine größeren Bewegungen wahrnehmcn. In meiner trockenen Wohnung in der Vorstadt hatte ich beim 21stcn Tbermometergrade schon das Vergnügen, daß der Zeiger auf 0 zurückging; ja während der heißen Tage des Juli über sprang der Zeiger die ihm durch den Draht auf 0 gesetzte Grenze und mußte ich durch eine kleine Auflage von Holz dafür sorgen, baß er wieder seinen gesetzlichen Boden auf 0, wohin er ursprünglich im größten Stande der Trockenheit des Holzes gebracht worden war, wieder einnehme. Doch hörte die Bewegung nicht auf. Bei ganz gleichem Thermo- mctergrade und bei geschlossenem Fenster stieg der Zeiger von 0 auf 18. Vom frühen Morgen bis Mittag bei regnerischer Witterung, be wegte er sich auf 26 und stieg bis Abends ^9 Uhr auf 29 Grad, über Nacht verschwand die Feuchtigkeit wieder und am anderen Mor gen stand der Zeiger aus 5. In einer feuchten ebenerdigen Wohnung hatte ich wenig zu beobachten, das Holz zog sogleich an und cs ging der Zeiger von 45 bis aus 50 Grade auf und ab, nicht darüber nicht darunter und zwar bei jeder Witterung. Im Keller wäre mir mein Instrument in einer einzigen Nacht zn Grunde gegangen und wie ich vorhin erwähnte, daß bei jener großen Hitze das Holz sich zusammenzog und in Folge dessen der Zeiger über seine natürliche Grenze zurückwanderte, so ging diesmal über Nackt der Zeiger weit über 60 hinaus und in Folge dieser großen Anstrengung des Querholzes sich auszudehucn, mußte ich eine Reparatur daran vornehmen lassen. In einem neugebauten Hause der Ringstraße machte ich die letzten Versuche und zwar zuerst im 1. Stockwerk dicht an der Wand. Der Feuchtigkeitsmesser zeigte mir die Zahl 49 bis 55. Ich nahm dann einen Faden, zog denselben durch die Mitte des Zimmers und ersah, daß der Zeiger auf 45, in einigen Tagen auf 39 stand, wo er dann, einige Schwankungen von 5—7 Graden nach aufwärts abgesehen, auch verblieb. Die größten Veränderungen zeigten sich bei einem Thermometer stande von 21 Grad Reaumur und ich bemerkte, daß Feuchtigkeit und Trockenheit wohl aus den Feuchtigkeitsmesser, aber auf den Ther mometer keinen Einfluß haben. Die starke Lebhaftigkeit des Feuch tigkeitsmessers nahm aber mit dem Sinken des Thermometers ab und bei einem Stande von 16 Grad Reaumur war unter verschiedenen ! WitterungSverhältnisscn keine so große Beweglichkeit dcS Holzes mehr bemerkbar. Es sind diese Versuche mit einem Instrument gemacht worden, ! welches ganz aus Fichtenholz angefertigt wurde, und ich glaube, es würde recht interessante Resultate geben, wenn man ganz gleiche Ap parate aus verschiedenen Holzgattungcn Herstellen würde, dann ließe sich z. B. ganz gut herauSfindcn, wie viele Grade von Feuchtigkeit z. B. Eichen-, Eschen-, Buchen-, Erlen- und Nußbaumholz aufzuuch- men im Stande sind und Schiller'S Ausspruch: „Nehmet Holz vom Fichtenstamme, Doch recht trocken laßt cs sein" würde vielleicht eine Acndcrung zu erleiden haben. Derlei vergleichende Versuche werde ick nächstens mitzuthcilen in der Lage sein.