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"r.so. Iriedrich Georg Wieck s 1863. D cu tl'chc I- . Die sociale Frage. ^Ansichten über Schulze-Delitzsch und Lassalle vom großdeutschen Standpunkte.) l. Es ist uns der Verwurf gemacht worden, als ob wir in früheren Nummern unserer Zeitung offen für die Partei Lassalle s uns entschieden oder wohl gar Propaganda zu machen versucht hätten. Man thut uns hiermit Unrecht und verkennt unseren Zweck, der von vornherein kein anderer war und ist, als jede Partei hier nach einander zum Wort gelangen zu lassen, unseren Lesern aber, die ein Recht und Interesse haben, diese große Frage der Zeit genau kennen zu lernen und das „Für" und „Wider" zu hören, die Frei heit der eigenen Parteinahme voll und ganz zu wahren und unS selbst, wie dies Pflicht einer Redaktion als solcher ist, aus dem freien objektiven Standpunkte fort zu erhalten. Von diesem Grundsätze geleitet mögen in zwei kurzen Ausfüh rungen die großdcutschc, der Fortschrittspartei feindliche und zuletzt die liberale Partei sprechen, wobei wir in unserem Referate alle lei denschaftlichen Ausfälle gegen die Persönlichkeiten sowohl von Schulze-Delitzsch als Lassalle aus Prinzip von vornherein unterdrücken. Jeder echte Volksfreund bat es mit der Sache, nicht mit der Person zu thun. Die Jrrthümer und das Gehässige in ein zelnen Behauptungen sollen dem gesunden Urtheil des Lesers ver fallen. Der Standpunkt der Großdeutschen ist folgender: Seit dem Jahre 1859 hat sich das politische Leben Deutschlands wieder allmälig gehoben und in immer mehr sick> verstärkendem Wellenschläge auch die unteren Schichten, die Arbcitermassen na mentlich nack der Richtung getrieben, die Erwerbsverhältnisse über die bloße Nothdurft des Lebens z„ erheben, ähnlich, nur nicht in »versteckter, lichtscheuer Geheimbündelei, wie die englischen trnäo uoions Großbritanniens, deren weit und netzartig über do.S Land gespannte Vereine ihre Mitglieder nach Hundertiansendcn zählen, sich organisirt und wesentlich zur Erhöbung der Löhne gewirkt da- den. Die politische Strömung mußte auch unsere Arbeiter erfassen und die Agenten des Nationalvereins, die Matadore der rührigsten unter den deutschen Verfassungsparteien, sind unter die Propheten gegangen und haben als Prediger der Arbeiter-Bildungsvereinc und als Orakel der Coburger „Arbeiter-Zeitung" daran gearbeitet, den Einfluß der sonst auf die Bourgeois-Elemente gestützten sogenannten Fortschrittspartei auch unter den Arbeitern zu sichern. Dieses Ver dienst hat freilich die Fortschrittspartei, sie that es aber um der Masse der derben Fäuste willen, nicht aber um die selbstständigen Interessen des Nrbeiterftandcs zum Mittelpunkte zu machen. Man ricth den Arbeitern durch den verdientesten Volksmann der Fortschrittspartei, Schulze-Delitzsch, davon ab, selbstständig Politik zu treiben, sie sollten vor Allem in den Arbeiterbildungsvereinen sich belehren lassen — von den Gelehrten der Fortschrittspartei. Aber hiergegen, gegen die politische Passivität trat eine Reaktion ein, cs traten sich die Parteien des aktiven und passiven Arbeiterthums entgegen und nicht blos jene zwei Namen, unter denen sic genannt wurden, Schulze- Delitz sck und L a ssa l l e, traten sich gegenüber, sondern Prinzipien. Wer ist Schulze-Delitzsch? Er ist der Vater der deutschen ! Handwerker-Associationen, über deren Stand er bekanntlich einen ! „Jahresbericht über die auf Selbsthilfe gegründeten deutschen Er- ! werbs- und Wirthschaftsgenoffcnschaftcn des kleinen und mittleren Gewerbestandes" regelmäßig herausgiebt, er hat ferner einen deut- j schen und speziell preußischen Namen als entschlossenes Mitglied der sogenannten Fortschrittspartei. Jeder für das Affociationswesen em- ! pfängliche Mann greift mit Lust zu diesem Jahresbericht. Schlagen ! wir den letzten Jahresbericht von 1862 auf, so ersehen wir den be- j deutenden Erfolg der socialen Verbesserungen, wozu unter einem durch die ökonomische Entwickelung der Neuzeit eher niedergedrückten als begünstigstcn Stande Schulze-Delitzsch den verdienstvollen Anstoß und die erfahrene Leitung und Berathung geliehen har. Die Vorschuß- und Kreditvereine (Handwerkerbankcn), die Roh stoff-Associationen und Magazingcnossenschaftcn, denen allen er in der Gründung und Ausbildung einen mächtigen Anstoß zu geben ge wußt Kat, sie finden sich meist innerhalb der Kreise noch selbst ständiger Handwerker, und die Konsumvereine konnten auch die eigentlichen Arbeiterkreise umfassen, doch sind sic vorerst noch wenig entwickelt, während sie in England bereits eine mächtige Ausdehnung erlangt haben. Der Kieler Konsumverein mit seinem flotten Ge schäftsgänge und reichen Materialienlagcr zeigt übrigens, welches Feld diese Vereine auch bei unS haben. — Die ureigen deutsche Ge nossenschaft der Vorschuß- und Kreditvercinc hat die kolossalste Ent wickelung. Der Bericht weist folgende Ziffern auf: Im Jahre 1860 batten 183 Vereine 8,478,000 Tblr. Vorichüpe gegeben, 528,000 Tblr. eigenes Vermögen und 2,392,000 Thlr. ausgenominene Dar leben. Im Jabre 1861 haben 188 Vereine 16,876.000 Thlr. Vor schüsse gegeben, 906,000 Thlr. eigenes Vermögen und 4,637,000 Tblr.