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Mcmcrc MitttMunyrn. Das polytechnische Institut zu Paris und dessen deutsche Abtheilung, beleuchtet von Adolph Strecksuß. Wer auf die Dummheit und Eitelkeit der Menge speculirt, hat meistens richtig gerechnet. Dies wußte schon Zschocke's Hans Dampf, als er seinem Fürsten Nicodemus mit Erfolg rieth, einen Handel anzufangen und die halbe Elle grünes Band in der Form einer Nimrodordensschleise für lOO Goldstücke zu verkaufen. Auf diese alte Erfahrung gestützt, j wendet sich jetzt das pariser polytechnische Institut an die guten Deutschen, um sie mit einer deutschen Abtheilung zu beglücken. Künstler, Gewerb- treibende, Gelehrte empfangen Briefe, aus Lenen sic zu ihrem hohen Staunen ersehen, daß sie ihrer außerordentlichen Verdienste wegen ge würdigt worden sind, unter die Mitglieder des Instituts ausgenommen zu werden. Diesen Schreiben, welche die Ueberschrist „Ernennung zum Mitgliede des polytechnischen Instituts" tragen, liegt ein Prospekt bei über die Vortheile, welche das Institut seinen Mitgliedern gewährt, ein Prospekt, der bisher, wohl noch durch keine marktschreierische Anzeige, durch keine freche Reklame jemals überboten worden ist. Der industrielle Stein der Weisen ist endlich gefunden. Werdet Mit glieder des polytechnischen Instituts zu Paris, Ihr Fabrikanten, Kaufleute, Handwerker und Landwirthe, Ihr Künstler und Gelehrte, unterschreibt die dem Prospekt angedruckte Beitrittserklärung und sendet sie an Herrn Engelbert, Baron von Brackel, dann gibt es für Euch keine Noth mehr, Eure Geschäfte werden in ungeahntem Maße emporblühen, Euer Ruf wird sich verbreiten über ganz Europa. Ihr habt nicht mehr nörhig, Euch abzumühen mit den kleinlichen Geschäften des Lebens, das poly technische Institut besorgt sic für Euch! Wollt Ihr Auskunft erhalten über alle Zweige des Wissens und der Gewerbthäligkeit, das Institut ertheilt sie Euch! Es besorgt dem Gelehrten die unbekannten Quellen für seine Studien, dem Künstler „alle Materialien, welche ihm bei der Ausführung, wie bei der Entwerfung seiner Werke nothwendig sind",— dem Landwirth chemische Untersuchungen seines Bodens, Baupläne, Ein richtung vvn Fabriken jeder Art — dem Kaufmann Auskunft über Ex port- und Jmportfragc, über die Handclsverhältniffe der ganzen Welt, — dem Fabrikanten Aufschlüsse über Eisenbahnen und Sägemüblen, über Weberei und Garnapparare, — kurz das Institut gibt in überirdischer Allwissenheit Antwort aus jede Frage, es hat Abhülse für jede Noth seiner Mitglieder, es richtet Industrieausstellungen in allen Hauptstädten Europas ein und weist den Schriftstellern Verleger zu, es baut Fabriken und gibt eine Zeitung heraus, es verkauft die Kunstwerke, Fabrikate und Maaren seiner Mitglieder und führt die Prozesse derselben! Es existirt kein Zweig des Wissens, der Kunst, der Gewerbthäligkeit und des Handels, in welchem das Institut uicht zu Hause wäre! Das Institut ist, wie der Prospekt besagt, eine Assoziation, welche den Zweck hat, sür alle Gebiete des Handels und der Industrie, der Wisienschast und der Kunst, der Landwirthschaft und des Handels als eine umfassende Vermittlung« - Anstalt ihätig zu sein. Wahrhaftig eine seltsame Assoziation, deren Mitglieder kein Recht haben, zu prüfen, wohin ihre Geldbeiträge fließen und wie sie verwendet werden, kein Recht an der Wahl der Gesellschaftsbehörde Theil zu nehmen und die Thätigkeit derselben zu überwachen, eine Assoziation, die aller Grundlagen der Be grifft der freien Gesellschaft entbehrt, mit einem Wort: eine französische Schwindel-Assoziation ins Deutsche importirt! Unterwerfen wir den hochtrabenden Prospekt einer strengen prüsenden Kritik, dann werden wir mit Entrüstung erfüllt über die prahlerischen Versprechungen, deren vollständige Erfüllung gradczu eine Unmöglichkeit, noch mehr aber über die erbärmlichen Mittel, durch welche man die guten Deutschen zur Mitgliedschaft zu ködern flicht Das ganze Institut ist be rechnet auf französische Eitelkeit! Die Gimpel fängt man auf Leimruthcn. Hoffentlich werden unsere deutschen Künstler, Gelehrten und Industriellen den Herrn Franzosen zeigen, daß solcbe Lockspeisen in Deutschland keine Zugkraft haben. Wir wollen in wenigen Worten ein Bild der Mittel zu geben ver suchen, durch welche das Institut die Mitglieder anlockt. — In dem Prospekt wird gesagt, das Institut gehe bei der „Aufnahme seiner Mit glieder mit der höchsten Vorsicht zu Werke", denn die umsangreiche Zahl bedeutender Mitglieder, welche dem höchsten Adel angehörcn, die ersten Staatsstellen bekleiden, die glänzenden Namen der Kunst, der Literatur und der Wissenschaft, welche als deren Vertreter sich in die Gesellschaft haben ausnehmcn lassen, endlich die hochachtbaren Firmen Kommerzieller und Industrieller, welche in ihren Kreisen maßgebend sind, legen dem Institut die Verpflichtung auf, bei der Wahl seiner Mitglieder sich immer aus jener Höhe zu halten und weiter „Es muß und soll eine ehrende Auszeichnung sein, dieser bedeutenden Verbindung als Mitglied angehören zu dürfen." , Wie schmeichelhaft ist cs für einen jungen, unbedeutenden, ehrgeizigen Künstler, der ein mittelmäßiges Bild auf der Ausstellung gehabt hat, wenn er Plötzlich die Ernennung zum Mitgliede des Instituts erhält, wenn es in dem Schreiben heißt, der Oberverwallungsrath hat beschlossen Ew. Wohlgeboren Verdienste mit Ucbcrgehung der Formalitäten „durch Ausnahme unter die Mitglieder des Instituts "zu ehren." Wie ehrenvoll ist solche Anerkennung sür jeden Gelehrten, Fabrikanten, Kaufmann, Landwirih und Handwerker! Können sie zögern den kleinen jährlichen Beitrag von I3H, Thlr., »u welchen sie sich für 3 Jahre verpflichten uud die Ausnahme-Gebühren von 2^z Thlr. zu zahlen*)? Gewiß nicht, ') B-rci-lmend für das ganze Unternehmen ist der Kernpunkt desselben, di- der M.glwder, nber d.ese sagt sie erhalten ja sür diesen Beitrag außerdem I) ein Diplom!! — 2) das ! Anrecht auf Ehren-Diplome, goldene, silberne und kupferne Medaillen für besondere Leistungen, 3) die unentgeltliche Zusendung der Wochen schrift des Instituts, deren Name „In Oslebritö" schon bezeichnend ist, 4) endlich die Aussicht auf die Erfüllung der glänzenden Versprechungen, welche wir bereits erwähnt haben. Je unbedeutender und eitler die Männer sind, denen die Ernennungs dekrete zugesendet werden, um so sicherer glückt die Spekulation auf den Geldbeutel derselben; deßhalb wird gar vielen die Ehre solcher Schreiben; die Mitglieder eines hiesigen Künstlervereins haben jämmtlich ohne Aus wahl Ernennungsdekrete erhalten! Ein besonderes Gewicht legt der Prospekt aus die Zeitschrift des In stituts „In Oolebrite", durch diese sollen die Namen der Mitglieder in alle Welt hinausgetragen werden. Jedes Mitglied hat das Recht, seine eigenen Erfindungen, die Maschinen und Arbeiten seiner Fabrik von Be deutung re. unentgeltlich in der Zeitung zu besprechen, mit anderen Worten sür sich Reklame zu machen! Der Reklame ist überhaupt die Zeitung gewidmet, der verdeckten unter der Form technischer Aufsätze, aber auch der offenen, denn im Artikel 12 der Statuten heißt es: die Publicität, welche das Institut durch sein Journal, In Lolsbrltö, gewährt, „ist unentgeltlich, nur die Reklamen und Annoncen werden nach dem Tarif bezahlt." Es besteht also für dies treffliche Blatt ein besonderer „Reklamentaris" An der Spitze der deutschen Abtheilung des polytechnischen Instituts steht Herr Engelbert Baron von Brackel. Wir haben nicht die Ehre diesen Herrn zu kennen und wissen von ihm nur, daß er dem Papst früher alc Militär gedient hat; wir dürfen deshalb wohl annehmen, daß er, industriellen Unternehmungen fremd, durch die schillernden Ver sprechungen des Instituts selbst getäuscht worden ist. — Die Presse darf aber bei der Besprechung derartiger gemeinschädlicher Unternehmungen auf Personen keine Rücksicht nehmen, wir Haven diese Pflicht erfüllt, soweit der beschränkte Raum der Volkszeitung es gestattet, und hoffen, daß auch andere Blätter dies thun werden. (V. Z.) H-ur Haus und Werkstatt. Spektralanalyse. Bei dem neuen Verfahren des Stahlschmelzens ist es von Wichtigkeit ganz genau den Augenblick zu wissen, in welchem der Deckel des Ofens zu schließen ist. Man muß den gasartigen Pro dukten, welche dem Stahl gefährlich sind, Zeit zum Entweichen ge statten; wird diese Zeit aber überschritten, so wird eine schädliche Wirkung anderer Art auf den Stahl hervorgcbracht. Um diesem Uebelstande zu begegnen, hat man vorgeschlagen, diese Gase bei ihrem Entweichen mit dem Spectroskop zu untersuchen Kennt man nun die Linien jener Gase, welche entweichen, wenn der Schmclzprozeß bis zu dem Punkt, um welchen es sich handelt, vorgeschritten ist, so kann man leicht den Augen blick finden, in welchem der Deckel des Ofens niedergelassen werden muß. (Cosmos.) Ueber den Natrongehalt des Leuchtgases. Von Professorvr. August Vogel. Das Münchener Leuchtgas enthält, wie ich schon früher gezeigt habe,*) gewöhnlich Spuren von Natron, welche allerdings so gering sind, daß sie bisher nur mittelst der Spektralanalyse nachweisbar waren. Es ist nämlich, wenn auch ein vollkommen gereinigter Platin draht in die Gasflamme gehalten wird, stets die Natronlinie im Farben spektrum bemerkbar. Sie verschwindet aber sogleich aus dem Spektrum, wenn das in den Brenner geleitete Gas vorher durch einen mit Bims steinstücken und Schwefelsäure gefüllten Waschapparal gereinigt worden ist. Sobald die Waschvorrichtung "entfernt ist, tritt unmittelbar die Natron linie im Speklralbilde wieder ein. Wenn cS diesen Beobachtungen zu Folge kaum mehr zweifelhaft sein dürste, daß das Auftreten der Natron linie im Spektrum durch das Leuchtgas bedingt sei, d h. daß das Leucht gas selbst Natron enthalte, so hat dieses Vorkommen des Natron'« im Leuchtgase nettester Zeit noch eine weitere Bestätigung gefunden durch die Untersuchung eines Gaslampencylinders, dessen lrübgcwordene Oberfläche > nach Wöhler's Beobachtung, welche durch von Liebig**) bestätigt worden, schwefelsaures Natron enthielt Im Laboratorium der kön. Universität München steht seit Jahren eine kupferne Schaale als Parafsinbad im Gebrauche, welche ohne jemals von der Stelle gerückt worden zu sein, fast täglich Stunden lang einer Gasflamme ausgesetzt ist Durch die Mit theilung obiger Beobachtungen habe ich Veranlassung genommen, die Oberfläche de« genannten Gesäßes, welches sich seit längerer Zeit in einer ähnlichen Lage wie die untersuchten Gaslampencylinder besand, auf schwefel saures Natron zu prüfen Der mit der Gasflamme unmittelbar in Be rührung stehende untere Theil der Schaale wurde mit destillirtem Wasser abgespült und die Flüssigkeit in einer Platinschaale zur Trockne abgcraucht. K. 9 der Statuten: „Nach einer Periode von drei Jahren kann ein Mit glied aus seinen Titel, so wie aus die Vorrechte, welche sich daran knüpfen, verzichten. In diesem Falle muß der Austretende den Direktor drer Monate vor Ablauf seine« jährlichen Abonnement« davon benachrichtigen und den Beitrag des lausenden Jahres bezahlen " lind sodann: „Jede Verpflichtung bleibt bestehen, bis eine schriftlich« Berzichtleistung der Ad ministration unter den vorgejchricbenen Formen und den festgesetzten Fristen mitgctheilt worden." Es steht also in der Macht der Administra tion, den Mitgliedern die Ehre und Verpflichtungen, d. h die Zahlungs pflicht der 13h, Thaler jährlich, auch gegen ihren Willen über die bc treffenden drei Jahre, hinaus zu erhalten, wenn sie einfach nicht Verzicht leisten! „ *) Dinglcr'S Po ytechn. Jour». B 194. S. 452. **> Nach einer mündlichen Mittheiluug des H. Bar. von Liebig in der Älasjensitzu ng am >3. Dczembr. v. I.