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Nr. 6. Friedrich Heorg Wiecks 1863. Bericht über die Straßeillocomotiücn auf der Londoner In- , dnstricanostellttng und Gutachten über die Einführung dieser Maschinengattnng in der Pfalz. Boni Prof. O. Beylich in Kaiserslautern. Schon bei den ersten seiner Zeit in England gemachten Ver- ! suchen, die Dampfkraft zur Bewegung von Wagen zu benutzen diente die gewöhnliche Landstraße als Bahn. Die sich dabei ergebenden Schwierigkeiten fanden nur dadurch ihre Beseitigung, daß man sich auf die Eisenschienenbahn beschränkte, i welche einige Zeit zuvor schon zum Transport mit Pfcrdekraft gc- ! dient hatte. Nach beinahe 40 Jahren, während welcher Zeit die ! Construction der Eisenbahnlocomotive einen hohen Grad von Voll kommenheit erreicht hat, ist das ursprüngliche Problem von Neuem ausgegriffen und durch gleichzeitige Anstrengung mehrerer der aner kannt tüchtigsten Kräfte Englands in der That in einer Weise gelöst worden, welche wenn auch noch nicht in jeder Beziehung vollkommen befriedigt, so doch die praktische Einführung der Straßenlocomotive als ein unumstößliches Factum und bedeutungsvolles Ereigniß er scheinen läßt. Wenn die „internationale Ausstellung" von irgend einem Ge biete dcrTcchnik eine getreue und vollständige Darstellung des gegen wärtigen Zustandes gewährt, so ist es vorzugsweise von diesem, und es mag deswegen ein Bericht über die Straßcnlocomotiven der Aus stellung ziemlich gleichbedeutend sein mit einer Abhandlung über die sen Gegenstand überhaupt. Nur Britanien hat Straßcnlocomotiven ausgestellt, kein anderes Land hat wohl auch bisher, sowohl in der Erbauung als auch in der Anwendung dieser Maschinen Bcmcrkenswcrthes geleistet. Die ganze Zahl der zum Transport auf der Straße bestimmten Dampswagen der britischen Ausstellung beträgt elf. Schon eine oberflächliche Betrachtung derselben läßt aber eine große Verschieden heit in Betreff der Größe, Form, Construction und Einrichtung erkennen. Hiernach möchte man schließen, daß für die Erbauung dieser Maschine noch wenig positive Grundlage durch die Erfahrung gewonnen sei. Es laßt sich nun zwar in der That nicht leugnen, daß über manche Punkte die Ansichten und Meinungen der Konstruk teurs noch sehr verschieden sind; bedenkt man aber, daß dasselbe heute noch bei nahezu vollkommenen Maschinen, z. B. bei der in vielen tausend Exemplaren bestehenden stationären Dampfmaschine, der Fall ist, und daß außerdem die Straßenlocomotivcn zu sehr ver schiedenen Zwecken bestimmt sein und doch nur immer einem Zwecke vollkommen entsprechen können, so findet die erwähnte Wahrnehmung ihre genügende Erklärung. In Hinsicht auf ihren besonderen Zweck müssen vier verschiedene Arten von Straßcnlocomotiven unterschieben werden, weiche sich denn auch bei Betrachtung der Exemplare der Ausstellung sehr bald kennzeichnen, nämlich: l) solche, welche ausschließlich für landwirthschaftliche Zwecke be stimmt sind und nur zu gewissen Zeiten als TranSportmaschinen dienen, während ihre hauptsächlichste Leistung der Lieferung der Be triebskraft für landwirthschaftliche HilfSmaschinen ist, als namentlich für Dreschmaschinen, Mehl- und Schrotmühlen, Dampfpflügc u.s.w. Diese „Agriculturallocomotives" finden in Britanien zahlreiche Ver wendung, weniger auf einzelnen Gütern, sondern häufiger, einem Unternehmer oder einer Gesellschaft gehörend, und die Farmen eines ganzen Districtes für Taglohn der Reihe nach bedienend. Eben zu diesem Zwecke haben sie von Farm zu Farm die nöthigen Arbeits maschinen zu ziehen und vereinigen die Einrichtung der Straßcnlo comotiven und der „Locomobile", als welche letztere sie stets ver mittelst eines Riemens wirken. Solche Maschinen haben ausgestellt: n) I. Aveling in Rochester, b) I. Fowler jun. in London, dessen Maschine vorzugsweise für die Dampfpflugcultur bestimmt ist, und o) Robcy und Comp. in Lincoln und London. Die später noch zu erwähnende Straßenlocomotive eigcnthüm- lichcn Systems von C. Burrel in Thetford ist ebenfalls für aus schließlich landwirthschaftliche Zwecke viel und vielleicht vorzugsweise verwendet; dieselbe ist jedoch, ihrer allgemeineren Bestimmung ge mäß, besser zur zweiten Kategorie von Straßcnlocomotiven zu zählen, diese begreift in sich 2) solche Locomotivmaschinen, welche vorzugsweise zum Trans port schwerer Lasten, d. i. als Frachtlocomotiven dienen, dieselben sollen nach ihrer Stärke von 200 bis 1000 Ccntner befördern, jedoch stets nur mit geringer Geschwindigkeit bis zu 4 englische Meilen per Stunde (l englische Meile ungefähr gleich deutsche Meile.) Maschinen dieser Gattung, als „Traction EngineS" bezeichnet, befinden sich vier in der Ausstellung, von folgenden: »l Bray's Traction Engine Eompanv in London, tOB. D.Taplin und Comp. Traction Engine Works in Lincoln,