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In wie weil dieser Vorschlag von Seiten der Praktiker Berück sichtigung verdient, hängt von der Möglichkeit einer leichten und billigen Darstelluugsweise des Schwefelkohlenstoffs, wie des Schwe- selammoniums ab, und möchte wohl der hohe Preis des ersteren der Einführung dieser Methode einige Schwierigkeiten entgegensetzen. Es ist indeß durch diesen Vorschlag die Einführung von Ammo niakverbindungen in den Blutlaugensalzfabrikationsprozeß angebahnt und wurde derselbe für mich Veranlassung zur Anstellung von Ver suchen in dieser Richtung, deren Resultate in Folgendem mitgetheilt werden sollen. Krystallifirtes, schwefelsaures Ammoniak spaltet sich bei trockner Erhitzung in freies Ammoniak und Schweselsäurehpdrat. Nimmt man dieselbe unter Zusatz von Schwefelpulver vor, so bildet sich sau- res-schwesligsaures Ammoniak, nach der Formel 2(^0, 80,) ff- lil^O, 2 (80.Z >; (5) letzteres Salz spaltet sich bei höheren Temperaturen wieder in Ammo niak, Wasser und schwefligsaures Gas. Setzt man aber zu letzterem Gemisch noch entsprechende Mengen Kohlenpulver, so tritt bei der Erhitzung des Ganzen neben schweflig saurem Ammoniak auch Schwefelcvanammonium auf, welches zum Theil in dem im Retortenhals befindlichen weißen Sublimat enthal ten, zum Theil in dem vorgeschlagenen Wasser des Recipienten gelöst ist. Der Theorie nach gestaltet sich der Umsetzungsprozeß des schwe felsauren Ammoniaks unter Einfluß von Schwefel und Kohle in fol gender Weise 2(^»^O,8Oz)ff-28-I-2e---sM^8,02^8)-s-4s»Oi-i-2(8O2) (6) Demnach bildet sich bei der Einwirkung gleicher Atome der genannten drei Stoffe 1 Atom Schwefelcyanammonium, 4 Atome Wasser und 2 Atome schweflige Säure. Das gleichzeitige Auftreten der letzteren bedingt indeß eine theilweise Zersetzung des ersteren, wovon die Ab scheidung eines gelbbraunen Körpers, welcher die Eigenschaften des Polians nach Laurent und Gerhardt besaß, sowie die Bildung von Schwefelkohlenstoff Zcugniß gab, nach der Formel 6(^.8,e^8)-s-UO-s.2(802)---(«»^0,2802)-I-6s082)-I- (7) Dieser Zersetzungsprozeß tritt indeß in den Hintergrund, sobald man das Gemisch von Schwefel, Kohle und schwefelsaurem Ammoniak mit schmelzendem Schwefelkalium in Verbindung bringt. In diesem Falle findet zunächst eine Wechselwirkung des sich bildenden Schwefelcyan- ammoniumS und des Schweselkaliums in der durch Formel 2 ange deuteten Weise statt; schweflige Säure und Wafferdampf entweichen unter dem Einfluß der Kohle und des schmelzenden Schwefelkaliums als Schwefelwasscrstoffgas. Demnach entsteht durch Einwirkung eines Gemisches von schwe felsaurem Ammoniak, Schwefel und Kohle auf schmelzendes Schwe felkalium zunächst Schwefelcyankalium in der Schmelzmasse. Schwe felammonium und Schwefelwasserstoff entweichen gasförmig, so daß die Hälfte des in Form von schwefelsaurem Ammoniak angewendeten Stickstoffs als Cyan in der Schmelze verbleibt, der andere Theil durch geeignete Kondensationsapparate wieder zu schwefelsaurem Am moniak übergeführl werden kann. DaS gebildete Schwefelcyankalium setzt sich „ach Formel 3 unter dem Einfluß metallischen Eisens in Cyankalium und Schwefeleisen um, welches letztere wieder dazu dient, um die Bildung von Blutlaugensalz in der Schmelzlösung zu bewir ken «Formel 4). Dieser dem neuen Blutlaugensalzbildungsprozeß unterbreitete Jdeengang setzt bei seiner Realisirung den Fabrikanten in de» Stand: 1) Ammoniaksalze in den Betrieb einzuführen, 2) den Stickstoff der thierischen Rohstoffe in ersterer Form voll ständig zu verwerthen, 3) den Schmelzprozeß auf Grund chemischer Umsetzungsformeln genau verfolgen und in seinem Verlauf beurtheilen zu können. In wie weit diese Aussprüche gerechtfertigt und die aus densel- bm entspringenden Konsequenzen einer Berücksichtigung der Prakti ker werth sind, habe ich versucht, durch Anstellung einer Anzahl Schmelzversuche zu beantworten: In einem hessischen Schmelztiegel wurden 250 Grm. Jllyrische Pottasche, mit 50 Grm. Schwefel- und 50 Grm. Kohlenpulver ge mischt, eingetragen und geschmolzen, bis die anfangs stark schäumende Masse ruhig floß; während dieser Operation wurden in einem Mör ser 40 Grm. schwefelsaures Ammoniak mit S Grm. Schwefel und lO Grm. Kohle gemengt und mit Braunkohlentheer zu einem leicht formbaren Teig umgewandelt, weicher in fünf gleiche Theile gebracht, nacb und nach und unter fortwährendem Umrührcn der Schmelzmasse in diese eingetragen wurde. Nach jedesmaligem Zusatz eines Thetis des Theergemisches erfolgte ein Dickwerden der Schmelzmasse, wes halb das Feuer verstärkt weiden mußte bis das, durch die Einwir kung des schmelzenden Schwefelkaliums auf das Salzgemisch be dingte, Aufschäumen aufgehört hatte. Nachdem die ganze Menge des letzteren eingetragen, wurde der Tiegel gut bedeckt noch längere Zeit stark erhitzt und nun in einzelnen Portionen 68 Grm. Eisenfeilspäne zugcfügt. Hierbei fand heftiges Explodiren eines entweichenden Ga ses und starkes Ausschäumen durch die Bildung von Schwefelcisen statt, nach dessen völliger Beendigung der Inhalt des Tiegels in eine zu bedeckende Eisenschalc entleert wurde. Die Schmelze hatte nach dem Erstarren ein dunkelgrünes Aus sehen, löste sich leicht in Wasser von ff- 70<> C.; die Lösung wurde nach längerer Digestion bei dieser Temperatur filtrirt, der Rückstand, zum größten Theil Schwefeleisen enthaltend, mit kaltem Wasser gut ausgewaschen und die gesammelte Flüssigkeit aus 3 Liter Volumen gebracht. Von dieser Lösung wurden je 100 Kubikcentim. aus ihren Gehalt an Blutlaugensalz durch vorsichtiges Eindampfen und Glühen des Verdampsungsrückstandes mit Salpeter und Wiegung des da durch gebildeten Eisenoxyds geprüft. Das die Lösung der Schmelze anfangs grün färbende Schwefel eisen war durch längere Erwärmung derselben und wiederholte Fil tration entfernt worden. Nach den oben angegebenen Formeln liefern 40 Grm. schwefel saures Ammoniak 21,35 Grm. krystallifirtes Blutlaugensalz und 10,30 Grm. gasförmiges Schwefelammonium. Die Analyse obiger Schmelze ergab 20,16 Grm. Blutlaugensalz, also 94,42 "/„ des theoretischen Effekts. Die zur Schmelzung verwendeten Quantitäten Pottasche, Schwe fel und Kohle, waren so berechnet, baß sich Schwefelkalium bilden sollte, sowie die Mischung des Ammoniaksalzes die zur Cyan- und Schweselammoniumbildung erforderliche Schwefel- und Kohlenmenge enthielt (Formel 6). In der That war in der Schmelze neben Blut laugensalz nur Schwefelkalium und nicht die geringste Menge Schwe- selcyankalium nachzuweisen. Auffällig aber war es, daß, nach voll kommener Auslaugung des Scbmelzrückstandes, die in der Lösung gefundene Kalimenge überhaupt der zur Schmelzung verwendeten nicht mebr entsprach. Auf die Quelle dieses Verlustes werde ich in der Folge zu sprechen kommen. Es kam zunächst darauf an, die Be dingungen festzustcllen, unter denen ein Resultat, wie das zuerst er haltene, erzielt werden konnte. Zu diesem Zweck wurde eine Reihe von Schmelzoperationen un ter Anwendung der oben genannten Gewichtsmengen ausgeführt, jedoch so, daß die im Vorhergehenden genannten Endpunkte der ein zelnen Reaktionen im Verlauf der Schmelzung nicht völlig abgewar tet, sondern absichtlich fehlerhaft gearbeitet wurde. Zunächst trug ich das Ammoniaksalzgemisch in die Schmelzmasse ein, während diese noch im Rcduktionsprozeß begriffen war, hielt aber dann die weiteren Bedingungen ein; das hierdurch erzielte Resultat ' ergab nur 41"/„ des theoretischen Effekts; die Lösung der Schmelze enthielt noch bedeutende Mengen kohlensaures Kali und diese mochten eine beschleunigte Ammoniakentwickelung in der Schmelzmasse und mit dieser einen Verlust für die Bildung des Schwefelcyankaliums bedingt haben; letzteres war, da das Eisen vollständig eingewirkt hatte, in der Lösung nicht enthalten. Ein zweiter Versuch wurde in der Weise ausgesührt, daß das Eisen zu der Schmelze gesetzt wurde, ehe die Ammoniaksalzmischung genügend zersetzt war; das Resultat war eine Lösung, welche 54,8 "/<, des theoretischen Effekts an Blut laugensalz und außer diesem durch Alkohol leicht extrahirbare Mengen von Schwcfelcyankalium enthielt. Eine andere Schmelzung, unter Einhaltung der erforderlichen Vorsichtsmaßregeln ausgeführt, ergab wieder 91,3"„ des berechneten Werths an Blutlaugensalz und verlief unter ganz denselben Erschei nungen, wie sie oben hervorgehoben wurden. Es ist durch diese Thatsachen zunächst die Möglichkeit der Blut- laugensalzbildung unter Einführung von Ammoniaksalzc» in den Fchmelzprozeß festgestellt; es ist ferner der in einer früberen Ab handlung von mir hervorgehobene Werth des Tchwefelkaliums für den Lchmelzprozeß konstatirt und dadurch ein wissenschaftlich begrün detes Verfahren an die Stelle einer rein emvirischen Fabrikations methode gesetzt. Ob und in wie weit dasselbe Ansprüche aus Anerkennung in der Praxis machen kann, hängt nicht nur von dem Schmelzeffekt, son-