Volltext Seite (XML)
liche Großkraft zu bilden, — in gar vielen Städten die Lage der arbeitenden Klassen einigermaßen verbessert, die Existenz ihnen erleich tert. Sowie das Prinzip der Association eines der fruchtbarsten Keime, der mächtigsten Hebel unserer ganzen modernen Eivilisatton ist, so ist es auch ein wohlthätiges und wirksames Mittel auf dem socia len Gebiete, um so wohlthätiger, als es die Arbeiter nicht blos ma teriell, sondern auch geistig, moralisch hebt, durch den Antrieb und die Gelegenheit, die es ihnen zur Entwicklung der eigenen Kraft zum selbstthätigen Einwirken aus ihre Verhältnisse giebt. Mit dem erhöh ten Selbstgefühl des Einzelnen, der sich als Glied einer aufstreben den Gemeinschaft weiß, geht die Selbstachtung Hand in Hand. Durch einen richtigen Gebrauch dieser Genossenschaften kann ein gewisser Theil der gesellschaftlichen Uebelstände, wenn auch nicht gänzlich hin weggeräumt, so doch bedeutend gemildert werden. Gern erkennen wir dies an. In diesem Genossenschaftswesen liegt indeß kein Universalmittel ! für die arbeitenden Klaffen. Die Genossenschaft birgt in ihrem Schoße nicht die Lösung der socialen Frage. Es ist ein Jrrthum, wenn man glaubt, allein von ihr alles Heil erwarten zu dürfen. Mit der den Arbeitern gebotenen Gelegenheit, sich ein kleines Kapi tälchen im günstigen Falle zu sammeln, oder ihren Bedarf an Lebens mitteln um einige Silbergroschen billiger einzukaufen, ist die eig ent- liche Sachlage keine andere. Das Grundübel unserer heutigen Zustände, die eigentliche sociale Stellung der Arbeiter wird dadurch ' nicht wesentlich geändert, das Verhältniß des Kapitals zur Arbeit bleibt dasselbe. Die alten Verhältnisse dauern fort. Der Lohn deS Arbeiters bleibt immer an der Grenze dessen stehen, was er zur Be- streitung seiner nöthigsten Lebensbedürfnisse wieder ausgeben muß. So lange die Konsum-Vereine nur von einer verhältnißmäßig kleinen Zahl von Handwerkern und Arbeitern benutzt werden, die ! ihren Genossen vorauseilen, genießen diese Wenigen vollständig den daraus sich ergebenden Vortheil. Die-Ersparnisse, welche sie erzielen, ! können sie dazu verwenden, besser mit ihren Familien zu leben, oder ein kleines Kapital sich zu sammeln. Wenn aber endlich sämmtliche > Arbeiter den Konsum-Vereinen beigetreten sind, oder auch nur die größeste Anzahl aus der Arbeiterklasse sich dabei betheiligt hat, — ! werden Alle anfhören, einen besonderen Vortheil daraus zu ziehen, denn Alle genießen alsdann ein und denselben billigen Preis. Und zuletzt wird die wilde Konkurrenz wieder den Jahrcslohn gerade um die paar Pfund Sterlinge sinken lassen, welche der Arbeiter durch die besprochenen Konsum-Vereine erspart. Von diesem Augenblick an wird der ganze Nutzen der Einrichtung wieder den Kapitalisten zu Gute kommen. So wvhlthätig also auch die Konsum-Vereine zu An fang» durch die billigeren Preise von 10—12"/g wirken, so tragen sie doch in sich den verderblichen Keim : daß ie mehr sic sich ausdeh nen, desto weniger werden sie geeignet sein, die Lage der arbeitenden Klaffen auf eine dauernde Weise zu verbessern. In England, wo die sociale Zersetzung und die neue industrielle Entwicklung am wei testen vorgeschritten ist, stieg die Zahl dieser Konsum-Vereine in ganz kurzer Zeit bis auf 500, die zusammen einen Geschäftsumsatz von ! 15 —18 Millionen Thalern hatten, womit sie einen reinen Nutzen von 11/2 Millionen Thalern erzielten und ihr eigenes Vermögen aus 3—4 Millionen Thaler brachten. Diese Zahlen scheinen bedeutend , zu sein, verthetlt man sie indeß auf die 100,000 Mitglieder dieser ! Vereine, so beträgt der Nutzen für Jeden nur etwa 15 Thaler und das in Jahren erworbene Vermögen kaum 40 Thaler. Wenn England für die Konsum-Vereine als eigentliche Hcimatb gelten muß, >o sind die Vorschuß-Vereine ein speziell deutsches Jnsti- tut, weil in Deutschland der große Fabrikbetrieb die selbstständigen ! Gewerbe noch nicht so vollständig verschlungen hat, wie in Frank reich und besonders in England. Die Vorschuß-Vereine erleichtern es dem kleinen Handwerker, die Konkurrenz mit dem Großbetrieb fort zusetzen, indem eben durch diese Vereine der kleine Handwerker in - Bezug auf Kredit und Ankauf der Rodmaterialien dieselben Vortheilc ! genießt, wie derjenige, welchem ein größeres eigenes Kapital zu Ge bote steht. Dabei dürfen wir aber nicht vergessen, daß überall, wo der Kleinbetrieb mit einem logisch eingerichteten Fabrikbetrieb zu konkurriren hat, er doch auf die Länge der Zeit den Kampf nicht aus halten kann, denn der Großbetrieb hat den Vortheil voraus, daß er Vie ArbeitSthciiung viel mehr auf s Ncußerste treiben und alle Be- j schästigungen der Arbeiter auf die einfachsten Operationen zurückfüh ren kann, so daß es dann meist bald möglich wird, Maschinen an die Stelle der Arbeiter zu setzen. Und selbst da, wo noch keine Maschinen bestehen, leistet der Arbeiter, welcher beständig eine und dieselbe Ma ¬ nipulation zu verrichten hat, natürlich doch weit mcbr, als der Arbei ter, weicher ost mit seinen Beschäftigungen wechseln muß, wie dies nothwendiger Weise im Kleinbetriebe der Fall ist. Durch die Bor- theile der größeren ArbettStheilung und durch die Anwendung von Maschinen ist also die fabrikmäßige Prodruktion in den Stand gesetzt, zuletzt doch ungleich billigere Waare zu liefern, wie der von den Vorschuß-Vereinen unterstützte einzelne Handwerker. Am Schluffe des Jahres 1861 waren in Deutschland etwa 300 solcher Vereine in Thätigkeit, die einen Umsatz von mindestens 20 Millionen Thalern hatten. Die Rechnungsabschlüsse von 188 dieser Vereine, und zwar der bedeutendsten unter ihnen, ergaben, daß an Vorschüssen und Pro longationen in dem einen Jahre nahezu 17 Millionen Thaler ge währt wurden und daß unter 48,760 Mitglieder sich ein eigenes Vermögen von 900,000 Thalern vertheilte, mithin auf den Kopf — 18^2 Thaler. Als höchstes und zuletzt zu erstrebendes Ziel aller Genossenschaf ten soll deshalb auch die gemeinschaftlich betriebene Produktion im Großen gelten. Den Vorschuß-Vereinen bliebe dann immerhin die Aufgabe und das Verdienst, nach und nach diesen Boden vorzu bereiten, auf dem — wenn einmal im Gange — die genossenschaft liche Produktion einen gedeihlichen Fortgang nehme. Diese Art der Association hat bis jetzt nur wenige Verbreitung gefunden und zwar nur in einigen Unternehmungen in Frankreich und England. Hierbei hat sich sofort die Frage der gerechtesten Theilung des Geschäftsge winns zwischen dem Kapital und der Arbeit aufgeworfen, und es sich überhaupt gezeigt, daß diese Cooperation etwas so Neues, der ihr zu Grunde gelegte Gedanke ein unseren bisherigen socialen Verhält nissen so fremder ist, daß es uns nicht wundern darf, wenn viele Ex perimente, manche Jrrthümer und Fehlgriffe nöthig sein werden, bis in jeder Beziehung das Richtige gefunden sein wird. Man denke sich überhaupt eine Fabrik, wo es neben den ganz mechanischen Arbeiten auch solche giebt, die große Bildung, Intelligenz und spekulativen Geist voraussetzen. Sollen hier dieselben Arbeiter, welche heute an der Maschine stehen, morgen an der technischen oder kaufmännischen Leitung des Ganzen Theil nehmen und umgekehrt? Oder soll die Masse der Arbeiter einen Techniker, einen Kaufmann in Lohn neh men, wie jetzt der Fabrikant die Arbeiter? Und wie sollen sie es machen, um Liese ihre Geschäftsführer zu kontroliren, damit dieselben nicht den Gewinnst sich aneignen oder das Geschäft zum Nacktheit der Association verwalten. Alles dieses sind Fragen, deren Lösung nicht so leicht ist, als es scheint. Mir scheint die Zeit wenn überhaupt sie je kommt noch in nebelgrauer Ferne zu liegen, wo die nur von Kapitalisten geleiteten Fabriken mit den genossen schaftlich betriebenen nicht zu konkurriren vermögen!! Im Gegensatz zum Fabrikbetrieb, wo die Arbeitstheilung schon die höchste Ausdehnung erreicht hat, steht die ländliche Produktion mit der groß en Schaar ihrer Arbeiter. Wie schwer es ist, aufdiesem Ge biet das Genossenschaftswesen einzusühren, bedarf wohl keiner nähe ren Erörterung. Es ist schon daraus zu erklären, daß bis jetzt nock keine ernstlichen Versuche in dieser Richtung gemacht worden sind. Werfen wir nun einen Blick auf die ganze genossenschaftliche Bewegung, so wird der Umsatz, den die cooperativen Vereine in Eng land, Frankreich und Deutschland zusammen zu Werke bringen, auf mindestens 50 Millionen Thaler angeschlagen und das eigene Ver mögen der Genossenschaften auf 10 —12 Millionen Thaler. Die Zahl der Betheiligren bei den Vereinen in England und in Frank reich wird aus 130—140,000 angegeben. Wenn wir uns nun ver gegenwärtigen, Laß — mit Einschluß der Ackerbautreibenden — min destens 800/<, der Bevölkerung derjenigen Klaffe angehören, welche wir die arbeitende nennen, so ergäbe dies für die drei Länder 88 bis 90 Millionen Menschen, oder etwa 27—28 Millionen erwachsene Männer und von Liesen haben sich noch kaum 200,000 der Associa tion zugewandt. Diese seltsamen Verhältnisse haben namentlich in Deutschland größtentheils ihren Anlaß in dem Umstand: daß die Arbeit nicht lohnt, diesen wunden Fleck unserer jetzigen Zustände. Das Mini mum, welches an vielen Orten der Arbeiter erhält, entspricht der Speisung und der Instandhaltung der Arbeitsmaschinc, die in diesem Falle der Mensch ist; mit weniger könnte der Mensch nicht mehr eben so gut arbeiten, die Maschine versagte ihre Dienste. Da bleibt denn nichts übrig zur Einlage und dem regelmäßigen Beitrag für die Ge nossenschaft; es ist auch nichts da, was die solidarische Haft der Ge- fammtheit verstärken könnte, denn der Lohn reicht nicht aus. Im Monat Februar 1849 wurden in Elberfeld von 334 We-