Volltext Seite (XML)
Anstalten so sehr wenig in Anspruch genommen wurden, während dort, wo sich die Gelegenheit eröffnete, sich in Gemeinschaft, unter selbstgewählter Leitung, auf eignes Risico und eignen Vortheil zu sammen zu thun, stets diese wackern Leute herzuströmten, denn das Bedürfniß nach Hilfe in einer Periode so gewaltigen Kämpfens gegen die Uebermacht des Kapitals war vorhanden und wurde gefühlt. Sie haben aus abhängigen, energielosen Leuten selbstständige, freie Männer gemacht. Das Bewußtsein der Selbstständigkeit, das Be wußtsein der Unabhängigkeit weckt alle Kräfte zu freiem, regem Streben. Das deutsche Volk hat einen Anlauf genommen, durch welchen es an Bildung und Wohlstand und folglich an Macht alle seine Nachbarn weitaus überholen wird. Die jetzige Periode ist daher eine bedeutungsvolle in der Geschichte des deutschen Volkes. Betrachtet man die Erfolge, welche die Genossenschaften bis jetzt erzielten, so find dieselben in der That erstaunlich. Anfangs nur durch wenigeVereine repräsentirt und gebietend über einen Fond von wenigen tausend Thalern, gebieten dieselben jetzt über viele Millionen. Im Jahre 1858 betrug nach Franz Wirth die Anzahl der ! Dorschußvereine 80 und die der Vorschußvereine gegen 40 mit einem Gesammtumsatze von 3 Millionen Thalern. Im Jahre 1859 war die Zahl derselben bereits auf 200 gestiegen und der Umsatz betrug 6 Millionen Thaler. Im Jahre 1860 betrug ihre Zahl über 400 und der Umsatz über 10 Mill. Thlr. Viele Vorschußvereine find daher bereits eine wirkliche Geldmacht und genießen alle Vortheile des großen Kapitals. Andere haben sich zu einem Centralbüreau vereinigt. Dieses Büreau hat den Vereinen bei der Leipziger Kredit anstalt einen Kredit vermittelt, der in der Zeit von noch nicht vier Monaten bereits in der Höhe von 750,000 Thalern benutzt wurde. Die neuesten Berichte von Schulze-Delitzsch über die Ergebnisse der Genossenschaften im Jahre 1860 enthalten, nach dem Arbeitgeber vom 11. Juni dieses Jahres, wieder neue Beweise von der kolossa len Ausdehnung, welche diese gewinnen. Ihre Zahl hat sich, wie bereits oben angeführt, auf mehr als 400 erhoben und der Umsatz erreicht eine Höhe von 20 Mill. Gulden. Süddeutschland ist leider in der Bewegung noch zurück, denn es zählt wenig mehr als 30 solcher Vereine. Die Genossenschaften werden den natürlichsten Uebergang vom alten Zunftwesen zur Gewerbefreiheit bilden. Sie werden dem Gewerbestande die nöthigen Kapitalmittel zum Geschäfts betrieb bieten, um den Anforderungen der Zeit zu entsprechen. Namentlich wichtig find auch die Rohstoffvereine, deren Zahl über 150 beträgt. Die Gewerbe, auf welche sich dieselben beschrän ken, find die Schuhmacher, Wagner, Schreiner, Schneider, Buchbin der, Weber und Weingärtner. Die Einrichtung derselben ist ähnlich der der Vorschußvereine. ; Die Mitglieder eines und desselben Gewerbes verbinden sich, schießen Capital zusammen oder bilden solches durch monatliche Beiträge und nehmen das noch Fehlende auf Gesammthaft hin von Kapitalisten gegen Zinsen auf. Den Schuhmachern gebührt die Ehre, an der Spitze dieser Bewegung zu stehen. Mit dem angesammelten Be triebskapitale werden die Einkäufe der Rohstoffe im Großen besorgt und die Genossenschaft wird aller Vortheile des Großhandels theil- haftig. Außer den Rohstoffen werden noch Zuthaten, Modelle, Werk zeuge u. s. w. auf den Messen von Großhändlern oder aus Fabriken aufgekauft, in gemeinschaftlichen Magazinen niedergelegt und dort > unter Betheiligung des Lagerhausverwalters am Gewinne an die Mitglieder wiederum verkauft. Je öfter auf diese Weise der Betriebs- ' stock umgesetzt wird, desto größer derGewinn, welcher öfter 30Proc. erreicht und sogar übersteigt (bei Nutzholz beträgt der Gewinn 20, bei Leder sogar 40 Procentj. Der Erfahrenste der Genossenschaft besorgt den Einkauf. Auf diese Weise erhält man stets gutes Material und kann die günstigen Chancen des Marktes benutzen. Man kann abwarten und braucht nicht aus Noth theuer einzukaufen. Die hier angeführten Vereine vereinigen in solcher Weise die Vortheile des Großbetriebs, des Großhandels mit dem Vorschuß vereine, des Kredits ohne Unterpfand. Unbemittelte Handwerker erhielten auf diese Weise durch solidarische Haft die Mittel billig einzukaufen und durch ihre Vereinigung die Möglichkeit, im Großen zu kaufen. Zum Lagerverwalter wird ein geschäftskundiger, erfahrener Maun gewählt, der Antheil am Gewinne und bei vielen Vereinen das Recht hat, auf eignes Risico zu verkaufen. Derselbe muß Kau tion stellen und soll in der Regel nur gegen baar verkaufen. Mit gliedern wird bis zur Höhe ihres Guthabens creditirt. Die Rohstoffvereine haben die segensreichsten Folgen gehabt und dem Handwerkerstande nicht allein materiellen, sondern, was noch mehr zu bedeuten hat, wesentlich sittliche Vortheile gebracht. Pferdckrast. Nachstehende Mittheilung über die Größe der Pferdekraft in verschiedenen deutschen Staaten, auf die zur Zeit in denselben gel tenden Gewichts- und Maßeinheiten berechnet, wird vielleicht man chem unserer Leser erwünscht sein, da selbst die neuesten Lehr- und Hilfsbücher der Mechanik, welche uns zu Gesicht gekommen sind, noch die alten, nicht mehr gütigen Werthe für die Pferdekraft bei behalten haben. Pferdekraft — 1 Pfk. (franz. 6b oval-vapeur, ?orcs äe obsval, engl. üorso poxver — II?) ist die allgemein übliche Ein heit, durch welche die Wirkung oder Leistung bedeutenderer Kräfte, namentlich der Dampfmaschinen, ausgedrückt wird. Leider wird die Größe einer Pferdekraft in den verschiedenen Ländern, abgesehen von den in diesen üblichen Maßen und Gewichten, meistens verschieden groß genommen, wodurch mancherlei Unbequemlichkeiten entstehen. In England entspricht dir Pferdekraft einer Leistung oder Arbeit, welche im Heben einer Last von 33,000 Pfund engl. auf die Höhe von 1' engl. in je 1. Minute besteht. Da man diejenige Lei stung, durch welche 1 Pfund in einer Secunde 1' hoch gehoben wird, als 1 Fußpfund beizeichnet, so ist also die Pferdekraft für je 1 Minute in England — 33,000 Fußpfund engl. oder die Pferdekr. für je 1 Secunde in England — 550 Fußpfund engl. In Frankreich dagegen ist die Pferdekraft für 1 Secunde —75 Kilogrammeter, d. h. als eine Leistung festgesetzt, durch welche in jeder Secunde 75 Kilogr. 1 Meter hoch gehoben werden. Bezieht man diese Normen auf die in den bedeutendern deutschen Staaten zur Zeit üblichen Maße und Gewichte, so ergeben sich folgende Werthe für die Größe von einer Pferdekraft' l Pkk. engl. für die Sec. ist — 484,746 preuß. Fußpfunde 429,876 Wiener Fußpfunde 538,546 sächs. Fußpfunde 465,502 daher. Fußpfunde 531,213 württ. Fußpfunde 507,135 metr. (bad. od. schweiz. Fußpsunde) 550,000 engl. Fußpsunde 76,07 franz. Kilogrammeter 477,928 preuß. Fußpfunde 423,829 Wiener Fußpsunde 530,970 sächs. Fußpfunde 458,954 daher. Fußpfunde 523,740 württ. Fußpfunde 500,000 metr (bad. od. schweiz. Fußpfunde) 542,400 engl. Fußpfunde 75,00 franz. Kilogrammeter. In Preußen ist nach der neuesten Verfügung vom 9. Januar 1859 gegenwärtig der Mittelwerth von 480 Fußpfund für die Pferdekraft per Secunde oder von 28,800 Fußpfund für die Pferde kraft per Minute festgestellt ', die Leistung einer Pferdekraft entspricht also dem Heben von 480 Zollvereinspfund auf 1' preußisch Höhe in je 1 Secunde. In Oesterreich ist in der neuesten Zeit verfügt worden, daß in allen Fällen 430 Fußpfund als Ausdruck für die Größe einer Pferde kraft per Secunde zu betrachten seien. Um die Leistung beim Wasserheben bequem auszudrücken, nimmt man in Preußen für die Pferdekraft per Minute eine Leistung — 70 Lachterkubikfuß an, d. h. durch jede Pferdekraft per Minute (— 28800 Fußpsunde) wird ein Kubikfuß Wasser 70 Lachter hoch oder werden 7 Kubikfuß Wasser 10 Lachter hoch oder 70 Kubiksuß Wasser 1 Lachter (— 6?/, preuß.) gehoben. Wünscht man einen ungefähren Anhaltepunkt über die Größe der Pferdekraft für die Leistung einer Locomotive auf horizontaler Eisenbahn, so kann man von der Annahme ausgehen, daß hierbei die Leistung von 1 Pferdekraft im Fortschaffen einer Bruttolast von 250 Centner (Zollvereinsgewicht) auf je 1 Meile per Stunde oder von 65 Ctr. auf je 4 Meilen Geschwindigkeit per Stunde bestehe. vr. H. Hirzel. 3'