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386 Die Wasserströmung, durch die aufschlicßenden Dampfblasen angefacht, war eine so lebhafte, daß nicht nur alle Feuerplatten, sondern auch die Blase vollkommen rein blieben; weder Schlamm noch Kesselsteinstücke waren auf dem Kessel liegen geblieben, son dern in das Innere des Apparates geworfen und daselbst ab gelagert worden. Der eigentliche Kesselstein war namentlich an den Feuer platten so bedeutend reducirt, als es in der Praxis nur immer verlangt werden kann; zugleich springt derselbe viel leichter von den Kesselblechen ab, als Lies früher ohne Anwendung Les Pop- per'schen Apparates Ler Fall war. Die obigen Angaben beruhen auf den sorgfältigen Beobach tungen des Herrn Jg C. Hinz, technischem Leiter in der Kamm garnspinnerei zu Vöslau, und sind auch wiederholt von dem amt lichen Prüfungscommissär, Herrn Ingenieur Hückl in Wr. Neustadt, zur Kenntniß genommen worden. Hiernach hätte ich denn an einem gegebenen Falle als Repräsentanten für andere gezeigt, was der Popper'sche Apparat zn leisten im Stande ist. Neber die Jute. (Bon Prof. Julins Wiesner.) (Schluß.) Die Jutcfaser, die man mittels einer Pincclte aus dem rohen Spinnstoff hervorhebt, ist nicht etwa wie die Baumwollfaser eine einzelne Zelle, sondern wie die rohe Flachs- oder Hanffaser ein solches Zellenbündel, dessen Quer schnitt in Fig. 1 abgebildet ist, be steht aus dicht neben einander ste henden prismatischen Zellen (a), welche durch lufterfüllte Jntercellu- larräume (l>) von einander stellen weise getrennt sind. Wie jede Pflanzenzelle ist auch die Zelle der Jutcfaser hohl. Merkwürdig ist es, daß die Hohlräume (e) der im Querschnitte neben einander liegen den Zellen einen sehr verschiedenen Durchmesser zeigen, eine an der querdurchschnittenen Flachs- oder Hanffaser nicht bemerkbare Eigen schaft. Noch charakteristischer er scheint eine der Länge nach im Ge sichtsfelde des Mikroskopes liegende Zelle von Corchorus, welche man sehr leicht vereinzelt erhalten kann, wenn man die Rohfaser mit etwas Chromsäure behandelt. An jeder einzelnen Zelle erkennt man dann mit Leichtigkeit, daß die Grenzen des inneren Hvhlraumes der Zelle der äußeren Contour durchaus nicht parallel laufen und daß in Folge dessen die Höhlung der Zelle stellenweise sehr eng ist, eine an den übrigen spinnbaren Bastfasern nicht vorkommende Eigenthümlichkeit (vergl. Fig. 2). Nach zahlreichen Messungen, welche ich anstellte, beträgt die Länge einer Bastzelle 0,8—4,1, die Breite 0,01 bis 0,024 meist 0,016 Millimeter. Mehrere Exemplare von (lorokorus oap8nlnris und olitorius, die mir von dem gelehrten Hinduarzt Hrn. Näräyan D-iji durch Hrn. Or. v. Scherzer gesendet wurden, setzten mich in den Stand, die mikroskopischen Unterschiede zwischen der Faser von 0. cnp. und 0. olit. festzustellen Die Unterschiede sind aber so gering, daß ich es nicht wagen darf, den Lesern die minutiösen Details vorzuführen. Die Jute dient im Heimathlande zu Stricken, Seilen und Geweben. Die besseren Sorten der letzteren heißen in Bengalen Megila, die geringeren, die nur als Packtuch verwendbar sind, werden Tat oder Choti genannt, von welchem letzteren Ausdrucke Royle das Wort Jute herleitet. Jute bedeutete anfänglich in der Sprache der Bengalen Zeug, jetzt wird das Wort von den Hindu auch auf die rohe Corchorusfaser angewendet. Ein großer Theil der in Indien gewonnenen Jute wird dort zu Säcken verarbeitet, welche als Gunnysäcke in der ganzen Welt bekannt sind. Ein großer Theil dieser Packsäcke geht nach Amerika und dient dort ganzes Zellenbündel. Em Fig. 2. Fig- zur Verpackung der Baumwolle. Die Gunnytücher werden jedoch auch noch aus anderen indischen Fasern bereitet, so nach Royle aus der Faser der Orotalaria junosu (8unn), die im Bengalischen Goni heißt, von welchem Worte auch der Name Gunny abge leitet wird. Die in die europäischen Spinnereien gebrachte Jute wird beinahe gänzlich im ungebleichten Zustande verarbeitet, und zwar zu groben Zeugen, die als Fruchtsäcke, ferner zur Versen dung von Kohle, Wolle, Hopfen re. dienen. Minder grobe Zeuge führen nach der Bezeichnung der großen schottischen Fabriken den Namen Hesfian; die groben Gewebe werden als Sackings und Baggings bezeichnet. — Es ist eine verbreitete, jedoch ganz unge rechtfertigte Meinung, daß sich die Jute nicht bleichen läßt. Ich habe zahlreiche Muster von gebleichten Jutezeugen aus den Fa briken von I. Burnett zu Dundee gesehen, weiß von Farbe und stark seidenartig glänzend, welche ähnlich so wie gebleichte Hanf- und Leinenzeuge verwendet werden können. Der Jute werden zwei schlechte Eigenschaften nachgesagt, übler Geruch und geringe Widerstandskraft gegen Feuchtigkeit. Ich finde nicht, daß rohe Jute einen starken Geruch besitzt. Der ihr eigenthümliche Geruch ist nach meinem und dem Dafürhalten vieler Personen, welche ich darüber befragt habe, nicht unange nehmer als der des Hanfes. Es muß als völlig irrig bezeichnet werden, daß die Jute ihres Geruches wegen zur Verpackung von Genußmitteln wie Mehl, Getreide u. s. w. untauglich sei. Es wird dies am besten widerlegt durch die Erfahrung, daß werth volle Kaffcesorten, die in Jutesäcken einen langen Seetransport durchmachten, keinen Beigeruch annahmen. Wohl wird in man chen Fabriken die Jutefaser, nm sie leichter verspinnen zn können, mit Fischthran eingefettet; derartige Gewebe haben allerdings einen stärkeren Geruch, für den jedoch der Rohstoff nicht verant wortlich zu machen ist und der auch keineswegs so intensiv oder widerlich ist, um den Gebrauch daraus angcfertigter Säcke zur Verpackung und Versendung von Getreide oder Hopfen zu ver bieten. Daß die Jutefaser eine geringere Widerstandskraft gegen die Feuchtigkeit als Flachs und besonders Hanfsorten besitzt, läßt sich nicht leugnen. Zweckmäßigere als die bisher üblichen Rö- stungsmethvden werben jedoch diesen Uebelstand, der übrigens bei schlecht gerösteten Hanfsorten ebenfalls fühlbar ist, beseitigen. Trotz dieser in der That bestehenden Untugenden der Jute und trotz einiger für ihre Verbreitung nicht minder gefährlichen Vorurtheile, welche man gegen diesen Rohstoff hegte, ist dessen Verwendung in Europa in enormer Progression begriffen. Aller dings haben äußere Umstände begünstigend auf die Steigerung des Consums an Jute eingewirkt, so namentlich der Krimkrieg, welcher Hunderttausende von Spindeln in den Garnspinuereien Englands und Schottlands zum Stillstände verurtheilt hätte, wenn nicht die Jutefaser Indiens einen Ersatz für russischen Flachs und russischen Hanf geboten hätte. Trotzdem der Zwang, ein Ersatzmittel für die europäischen Rohfasern in Arbeit nehmen zu müssen, völlig aufgehört hat, fließen jährlich mehr als anderthalb Millionen Centner Jute in die britischen Spinnereien.