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Ikr. 34. Iriedrich Georg Wiecks 1883. Deutsche MML Herausgegeben von Or. Otto Oammer Achtundzwanzigster Jahrgang. Zn beziehen durch alle Buchhandlungen und Postämter. Wöchentlich ein Bogen Der Pantclegraph des Abbe Caselli. (Schluß.) Das Alles wird auf folgendem sinnreichen Wege erreicht. Der Leitungsdrath steht mit der Erde an beiden Stationen in Verbin ¬ dung. In Station ist eine Säule eingeschaltet, welche für eine Distance, wie zwischen Paris und Marseille aus 80—150 Dannicll- schen Zellen besteht. Hinter der Säule, an der Stelle, wo der eine Pol mit dem Liniendrathe verbunden ist, wird ein zweiter kurzer Drath angehängt, der unmittelbar zur Erde führt. Der Widerstand in demselben ist natürlich ungemein viel geringer, als in dem langen Liniendrathe. Es würde daher die gaikze erzeugte Elektrizität der Batterie durch diesen kurzen Drath abfließen, wenn man nicht einen künstlichen Widerstand, z. B- einen zu einer Spirale aufgewickelten langen, sehr dünnen Drath einschaltete. Man hat solche Apparate, die durch sehr einfache Mittel gestatten, künstliche Wider stände an 10, 100, 1000 und mehr Meilen Drathleitung einzuschal ten. Durch einen solchen Rheostat gelingt es nun leicht, die Verhält nisse so zu reguliren, daß durch de» Liniendrath circa Vs- durch den Stationsdrath der erzeugten Elektrizität abfließen. Der Linien drath wird daher kontinuirlich von einem schwachen, aber regelmäßi gen Strome durchflossen. In den Stationsdrath wird ferner der telegraphische Anfgabe- Schreibapparat eingeschaltet, wo, wie angegeben, der Griffel auf einem metallischen Blatt aufruht, wo also der abgeleitete Strom frei durchpassiren kann. -Ins Ltation 8, wo die Depesche auf dem präparirten Papier wieder gegeben werden soll, ruht der mit dem Liuienstrom verbundene Gnffel aus dem feuchten Papier auf. Der schwache kontinuirliche Strom im ^'»"ndrathe würde also das ganze Papier beim Darüber bewegen es ^nffclS färben, d. h. überall die chemische Zersetzung Hervorrufen. Dem arbeitet aber eine kleine Batterie von wenig Ele menten entgegen, welche ihren Ltroni in entgegengesetzter Richtung vom Pole zur Platte von der Platte zum Griffel und von dort di- rekt in die l>rde leitet, von wo er unmittelbar zum anderen Pole zurüNehrt. Der Linicnstrom wird auf diese kurze Strecke vollständig neutralisirt, vermag also auch keine chemische Wirkung auszuüben, das Papier bleibt weiß. Kehren wir nach Station zurück. Wir beschreiben das metallische Blatt mit nichtleitender Dinte,. und legen es unter den regelmäßig hin und hergehenden Griffel. In dem Moment, wo dieser über einen Schriftzug hinweggeht, ist die Leitung im Nebendrathe vollständig unterbrochen; der ganze Strom der kräftigen Batterie ergießt sich in den Liniendrath und schwellt dessen konstanten schwachen Strom unmittelbar auch in Sta tion 8 so an, daß der Strom der kleinen Batterie in 8, der sich ent gegenstemmt, vollständig überwunden wird. In diesem Augenblicke geht eine kräftige Zerlegung des Reagens im feuchten Papicrblatte vor sich; es entsteht ein farbiger Punkt auf farblosem Grunde. Im nächsten Moment ist aber in der Griffel über die isolirende Stelle hinweggegangen; er ruht wieder auf metallischer Fläche, und es ist hiermit dem starken Batteriestrome wieder die nahegelegene weite Schleuste geöffnet, er ebbt daher im Liniendrathe und wird im feuch ten Papicrblatte durch den kleinen cntgegenwirkcnden Strom sofort gestaut. Die chemische Einwirkung wird momentan unterbrochen, das Papier bleibt weiß. Auf diese Art ist es mit Leichtigkeit möglich, 300 Stromwechsel in einer Sekunde herbeizusühren, während bei den gewöhnlichen Morse scheu Apparaten kaum 5 möglich sind, womit na türlich alles Verzerren und Verschwimmen der Schriftzüge wegfällt. Die zweite Schwierigkeit lag in der Aufgabe, die Spitzen der Griffel in Station und 8 zu derselben Zeit stets denselben Weg machen zu lassen. Sie müssen bei ihrem Hin- und Hergehen von Rechts nach Links, von Links nach Rechts, bei ihrem Vorschreiten auf dem Papierblatte von oben nach unten genau dasselbe Tempo inne halten, gleich als wenn sie durch eine starre Stange mit einander ver bunden wären, obwohl sie Hunderte von Meilen von einander entfernt sind. Welche unlösbare Konfusion würde entstehen, wenn der Griffel auf Station z. B. nur um Zoll bei jeder Schwingung dem Griffel in 8 vorauseilte. Ein strenger Synchronismus ist unerläß lich. Auch diese Aufgabe hat Caselli auf höchst befriedigende Weise gelöst. Er nimmt einen Pendel von circa 6 Fuß (2 Meter) Länge, der an seinem unteren Ende eine schwere Linse trägt, die mittelst eiserner Armaturen von zwei Elektromagneten in Bewegung gesetzt und regu- lirt wird. Diese Elektromagneten, zwischen denen das Pendel ! schwingt, werden abwechselnd bei jeder halben Schwingung des Pen- ! dels von einem momentanen Strome umkreist und magnetisch gemacht. Sic halten das Pendel auf der Höbe seiner Schwingung einen Au genblick fest und lassen cs alsdann fallen. Es durchläuft den Bogen bis zum anderen Elektromagneten und erhält durcb dessen Anziehung einen neuen Impuls, wodurch also die Schwingungen regelmäßig und ununterbrochen fortdaucrn, so lange nur die Elektromagneten richtig