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Nr. 24 Sächsische 30. August 1912 Rad- u. Motorfahrer-Zeitung Organ für Radfahrer, Motorfahrer, Automobilisten Zeitung des Sächsischen Radfahrer-Bundes Erscheint aller 14 Tage Freitags Adresse für alle Einsendungen: Wilhelm Vogt, Leipzig, Promenadenstr. 21. — Nachdruck von Original-Artikeln, soweit nicht ausdrücklich verboten, nur mit genauer Quellen angabe »Sächsische Rad-u. Motorfahrer-Zeitung* gestattet.— Für Rückgabe unverlangter Manuskripte keine Verbindlichkeit Anzeigen-Preis: die viergespaltene Petitzeile 30 Pfg., bei größeren Auf ¬ trägen und Wiederholungen entsprechenden Rabatt. — Schluß der Schriftleitung: Freitag vor Erscheinungstag Schluß der Anzeigen-Annahme: Dienstag vor Erscheinungstag War das so gemeint? Als wir im Dezember vorigen Jahres über die Reorganisation des deutschen Straßenrennsportes be richteten, sagten wir am Schlüsse des betreffenden Artikels: „Wie gesagt, die Einigung ist da. Fragt sich nur, auf wie lange.“ Nun, heute schon hat es den Anschein, als solle die Einigung bereits wieder in die Brüche gehen, und zwar durch die Wiederveranstaltung des „Großen Sachsenpreises“. Bekanntlich veranstalteten die Presto-Werke, Chem nitz, im vorigen Jahre ein Rennen „Großer Sachsen preis“ unter Leitung unseres Bundes, und zwar unter Ausschluß aller übrigen Marken. Diesmal wird das Rennen unter Leitung des Deutschen Radfahrer-Bundes veranstaltet mit der winzigen Änderung, daß die Aus schreibung im Namen des deutschen Radfahrer-Bundes von den Presto-Werken erlassen wird. Das Sekretariat der Rennveranstaltung soll die Chemnitzer Presto-Filiale sein, das heißt, deren Filialleiter. Dieser Herr hat ab solut kein Amt im Deutschen Radfahrer-Bunde inne. Das Programm soll ebenfalls von Presto gemacht und der Annoncenakquisiteur dafür mit Presto abrechnen. Der Kassierer des Deutschen Radfahrer-Bundes des Bezirks Chemnitz soll bis jetzt keinen Pfennig Nennungs geld von den Berufsfahrern erhalten und auch weiter nichts davon gesehen haben, wo die 4 y 2 Tausend Mark deponiert sind, die an Preisen ausgezahlt werden sollen. Seiner Zeit, als sich bei der Gründung des Indu strieverbandes die drei großen Verbände einander näherten, wurde bekanntlich unser Vorsitzender von den Delegierten des Deutschen Radfahrer-Bundes darüber zur Rede gestellt, daß der Sachsenbund das Presto- Rennen veranstaltet habe. Damals ist zwischen dem Deutschen und dem Sächsischen Radfahrer-Bunde auch eine Vereinbarung zustande gekommen, das Rennen der Presto-Werke nicht mehr zu unterstützen. Aus diesem Grunde bot der Vertreter der Presto-Werke in der Sitzung in Hannover oder Magdeburg, bei der unser Bund durch Herrn Weniger vertreten war, der Industrie das Rennen an, weil seine Fabrik bereits Verpflichtungen dafür übernommen hätte. Der Vorschlag der Presto- Werke wurde zunächst von allen Seiten abgelehnt und nur von einer Konkurrenzfirma unterstützt. Es wurde vereinbart, das Rennen unter einem anderen Namen auszufahren und es durch die drei Verbände gemeinsam zur Ausführung zu bringen. Die Industrie wollte dann große Opfer zusammenholen. Dieser Vorschlag fand allgemeine Zustimmung, und es handelte sich nur noch darum, einen Tag anzusetzen, der mit Rennen noch nicht belegt war. Die Vertreter unseres Bundes und der Allgemeinen Radfahrer-Union wurden beauftragt, zu versuchen, Rennen, die für den in Frage kommenden Tag festgelegt waren, zu verschieben. Die Sache war also im Sinne aller Verbände und aller Fabriken ge regelt . Da trat plötzlich der Presto-Vertretei' in einer Sit zung in Berlin mit dem Antrag hervor, die Industrie kommission und die Sportkommission wolle den Presto- Werken gestatten, das Rennen wie im Vorjahre allein auszufahren. Ihm wurde darauf erwidert, daß laut den Beschlüssen es verboten sei, mit andern als den ge nehmigten Rennen Reklame zu machen, und daß die anderen Fabriken diese Abmachungen sämtlich gehalten hätten. Die Presto-Werke würden dies nun auch tun müssen. Es ging nicht ganz liebenswürdig in der Sitzung zu, aber der Vertreter der Presto-Werke ließ es nicht zu einer Ablehnung kommen und zog seinen Antrag zurück. Auf einmal erging an alle Mitglieder des Industrie verbandes ein Rundschreiben folgenden Inhaltes: Der Gau 21 des D. R.-B. hat beim Sport ausschuß in Hannover eine Fernfahrt , 260 km ab Chemnitz, für den 15. September beantragt. Der Sportausschuß hat gegen diese Fahrt, die selbstverständlich für alle Marken offen ist, nichts einzuwenden. Formell muß sie jedoch vorn Indu strieverband als letzte Veranstaltung 1912 geneh migt werden. Ich bitte um umgehende Rückäußerung, ob gegen diese Fahrt, welche die hochdotierteste (!) Fernfahl 1 wird, die wir bisher hatten, irgendwelche Bedenken vorliegen. Der Vorsitzende des Sportausschusses, gez. Wilke. Gegen das Rennen haben von vornherein protestiert Brennabor, Diamant und Continental, sowie Fichtel u. Sachs. Drei andere Finnen sagten ja unter der ausdrück lichen Voraussetzung, daß alle Firmen damit einver standen seien, weil sich die Firmen nicht als einzelne ausschließen wollten, um nicht als Spielverderber zu gelten. Diese Firmen, die eine bedingte Zusage gemacht hatten, wurden einfach als Jasager gerechnet. Außerdem ist sicher, daß die übrigen Fahrradfabriken abgelehnt hätten, wenn sie gewußt hätten, daß es sich um den „Großen Sachsenpreis“ handelt. In dem Rundschreiben war dieser Titel fortgelassen. Es geht nun hieraus unzweifelhaft hervor, daß eine Einigkeit in der Industriekommission — nur diese sollte in einer früheren Generalversammlung beauftragt werden, in diesem Jahre die Rennen bis Ende März fest zulegen — nicht erzielt wurde, denn von drei Fahr radfabriken, die in der Kommission sind, haben zwei nein gesagt, und die dritte, sowie die übrigen Kommis sionsmitglieder, eine Freilaufnaben- und eine Reifen fabrik, die auch nein gesagt hätten, wurden infolgege schäftlicher Beziehungen nachhelfend dazu bewogen, ja zu sagen. Es besteht keine Abmachung, daß etwas ge nehmigt ist, was bei dieser Veranlassung beschlossen wurde. Die Industriekonmüssion ist zu keinem Resultat gekommen. Das Rennen ist also von der Indu striekommission nicht genehmigt. Der Deutsche