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"r. 2s. Iriedrich Heorg Wieck s Deutsche u Tas sächsische BrandverslchcrungS-Gesetz lind die Privat-Feuerversichcrungs-Anstaltcil. Wie bekannt lag dem Landtage von 1860/61 ei» Gesetzentwurf über das Jmmobiliar-Brandversicheningswesen vor, der von den Landständen unter dem Vorbehalt einer spätern Revision en blov angenommen wurde. Sicherem Vernehmen nach steht zu erwarten, daß noch dem gegenwärtig versammelten Landtage das inzwischen erlassene Gesetz zur Durchsicht und Abänderung vorgelegt werde, nachdem nicht nur unter der Bevölkerung, sondern auch in Regie rungskreisen und von denselben sächsischen Abgeordneten, die für ev- dloo-Anuahme stimmten, die mancherlei Unzuträglichkcitcn des neuen Gesetzes offen eingestanden worden sind. Am besten würde man frei lich dann handeln, wenn man das ganze Institut der Landesbrand- kasse trotz seines neu fundirten Klassifikationssystems zu Grabe tragen wollte. Andere Branchen des Versicherungswesens, z. B. die Hagel und Transportversicherung, namentlich aber die Versicherung für den Todesfall find gewiß nicht minder wichtig, und doch hat sich der Staat nicht für verpflichtet gehalten, die mangelnde Sorgfalt des Einzelnen zu übernehmen und seine Angehörigen zwangsweise zu möglichster Sicherstellung gegen unvorhergesehene Schicksalsschlägc zu verpflichten. Zudem hat die Erfahrung in anderen Ländern mehr als hinreichend erwiesen, daß da, wo keine Staatsaustaltcn bestehen, der Grundbesitz seine Wcrthobjekte gegen die Nachthelle der Feuers gefahr gleichfalls versichert; daß der Jmmobiliarcredit keineswegs gefährdet ist, weil die Gläubiger von selbst aus Sicherstellung der verpfändeten Werthe dringen und daß die freie Concurrenz die Pri vatgesellschaften zwingt, nicht nur niedrige Prämien zu stellen, son dern auch entstandene Schäden prompt und coulant zu zahlen. Staats anstalten werden dagegen immer theuerer arbeiten müssen, weil sie keine Gelegenheit haben, ihre Risiken entsprechend zu verthctlen, selbst wenn sie nicht einmal, wie das sächsische Gesetz dies obendrein verlangt, die Untcrstützungstheorie mit dem Versicherungsgcschäst verflechten. So sehr man sich dagegen sträuben mag, für die über raschend hohe Zahl der Brände innerhalb des Königreichs Sachsen in vielen Fällen vorsätzliche Brandstiftung annehmen zu sollen, so liegt doch der Gedanke nicht fern, daß mehr als in andern Ländern die Unterstützungstheorie des sächsischen Brandverficherungsgesetzes hier und da die Grundeigenthümer verleitet hat, sich auf unrecht mäßige Weise einen materiellen Gewinn zu verschaffen. In Folge dessen ist es auch erklärlich, daß die Landesbrandkaffe trotz ihrer hohen Prämiensätze mit ihren Einnahmen häufig nicht ausreicht, und daß seit 1849 die Prämie pro Hundert Thaler Versicherungs summe von 8 Ngr. auf 11,2 Ngr. gestiegen ist und sich mehrere Jahre schon auf dieser exorbitanten Höbe behauptet bat. Nach den Debatten indessen, die über diesen Gegenstand in den Landtagssitzungen gepflogen wurden, ist es kaum wahrscheinlich, daß sich Landstände und Regierung jetzt schon zur Aufhebung der Landes- Jmmobiliar-Brandversicherungsanstalt entschließen werden, und wir werden schon zufrieden sein müssen, wenn die beabsichtigte Revision des neuen Gesetzes die hervorragendsten Schattenseiten entfernt und besonders die bedenkliche Unterstützungstheorie beseitigt. Dagegen geben wir uns der Hoffnung hin, daß die Stellung der Privatgesell schaften für Versicherung der Mobilien schon jetzt wesentlich verändert werden dürfte, zumal da ähnliche Gründe, wie sie für Forterhaltung der Zwangsverficherung und der Staatsanstalt für die Immobilien geltend gemacht worden sind, nicht vorliegen. Abschnitt VI des Gesetzes (tz. 130—140) behandelt die Mobi liar-Versicherung, und haben sich noch mancherlei Nachträge und Er leichterungen durch die Ausführungsverordnungen vom 20. Oktober 1862 und vom 28. März 1863 nothwendig gemacht. Im Allge meinen geht das Gesetz in seinen Grundlagen, wie die Motiven her vorheben, von der Ansicht aus, das versichernde Publikum vor den mancherlei Willkührlichkeiten, vor verweigerten Schädenzahlnngen, wie vor ungerechtfertigten Forderungen der Privatgesellschaften sicher zu stellen. Und wirklich ist auch nicht zu verkennen, daß zumal die Actiengesellschaften zunächst ihren eigenen pecuniären Vorthcil im Auge behalten, und dann nicht einsehen wollen, daß bei sorgsamer regulärer Leitung, bei möglichst niedrigen Prämicnsätzen, bei coulan- ter und Prompter Zahlung der Schäden u. s. w. ihre eigenen Inter essen mit denen der Versicherten zusammenlaufe». Dann werden Ausflüchte ersonnen, um bei Schädenzahlnngen Abzügen der willkühr- lichstcn Art eine» Schein des Rechts zu geben, dann werden, so lange keine freie Concurrenz cxistirt, die Prämicnsätze willkührlich erhöht und dabei Bedingungen vorgeschricben, deren prompte Erfüllung dem Mobiliarbesitz nur bei peinlichster Sorgfalt möglich ist. Alle diese Uebelstände, zu denen wir den größten Nachtheil, eine etwaige Insolvenz irgend einer Gesellschaft, noch gar nicht einmal binzugezogcn haben, werden aber nicht durch Beschränkungen, wie sie das neue sächsische Gesetz verlangt, beseitigt, sondern nur durch freieste Concurrenz unter Beibehaltung der allernothwendigsten ge setzlich zu bestimmenden Beaufsichtigung der Behörden. Wenn wir