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merksam zu machen auf eine bisher noch viel zu wenig gewürdigte Capitalquelle. Es mag z. B. vorangestellt werden, daß nach oberflächlichster Berechnung der Werth der in Deutschland alljährlich den Bächen und Flüssen übergebenen, also verschleuderten menschlichen Excre mente sich in die hundert Millionen Thaler beläuft, daß in den Städten, wo man deren Werth erkannt hat, dieselben eine nicht unerhebliche Einnahmequelle der Commun bilden, während andere minder einsichtsvolle Stadtvorsteher oder Private für deren bloße Wegschaffung nicht selten beträchtliche Geldopfer aufwenden müssen. Es genügt jedoch nicht, darauf aufmerksam zu machen, sondern es soll auch der Weg angedeutet werden, wie dergleichen Dinge, mit welchen man sich in der Regel nicht gern abgeben mag, auf ein fache, wenig beschwerliche und nicht unangenehme Weise benutzt werden können, und wenn wir dazu erweisen, daß die rationelle Benutzung dieser Materialien zu gleicher Zeit der Gesundheits pflege dient, so glauben wir für unsere Betrachtungen Ihre Auf merksamkeit in Anspruch nehmen zu dürfen. Zunächst aber gilt es, auf den Werth derselben aufmerksam zu machen, denn sowie sich die Industrie derselben bemächtigt, sie als wirkliches nutzbares, daher also auch in den Verkehr zu brin gendes Gut kennen gelernt hat, finden sich die Unternehmungs lustigen und damit die Mittel und Wege von selbst. Es gilt also zunächst, den Verkehrswerth derartiger Sub stanzen überhaupt zu ermitteln und kann dies nur dadurch geschehen, daß einige allgemeine Betrachtungen über die Nahrung und die Nahrungsmittel der Pflanzen vorausgehen; unter Dünger im Allgemeinen verstehen wir ja nur die künstlich dem Felde einver leibten Nahrungsmittel. In den Ernten entziehen wir den Fel dern gewisse Bestandtheile. an welchen das Feld nach der Ernte ärmer ist, also nicht mehr den Grad der Fruchtbarkeit, d. h. der Tragfähigkeit besitzt, welchen es vor der Ernte hatte; die Düngung muß durch künstliche Zufuhr das gestörte Gleichgewicht wieder Her stellen; sie soll aber nicht nur allein Das thun, sondern sie soll auch, bis zu gewissen Grenzen natürlich, die Tragfähigkeit des Landes erhöhen, denn der Mensch ist nicht leicht zu befriedigen, die Vermehrung des Menschengeschlechtes an sich unbegränzt, der Erden raum aber ein begränzter, nicht willkürlich zu vermehrender. Steigerung der Fruchtbarkeit unserer Felder ist daher eine hochwichtige Aufgabe und dieBedeutung der Düngung, durchweiche das möglich wird, eine solche, daß Niemand mehr über dieselbe unklar sein, vielmehr, so viel an ihm liegt, dazu beitragen sollte, dieselbe zu einer rationellen zu machen, zum mindesten doch nütz lichen Einrichtungen den Weg nicht zu versperren. Und ein Jeder kann hierzu gar viel thun, ohne die mindeste Anstrengung oder das geringste Opfer seinerseits, das Nationalvermögen, sein eignes ver mehren helfen und sei es nur indirsct insofern, als er die land- wirthschaftliche Production verwohlseilern hilft. Wer aber selbst einen Garten, ein Feld besitzt, ohne gerade landwirthschaftlicbe Kenntnisse sich erworben zu haben, wird unsre Rathschläge vielleicht noch um so lieber hören, da sie seinen Wohl stand mehren helfen, denn jedes Grundstück ist ein Capital, wel ches, richtig angelegt, reichliche Zinsen trägt, in unwirthlicher Hand dagegen noch directe Auslagen verursacht, zum mindesten doch nichts einträgt. Wenn an einzelnen Orten Deutschlands bei Mittlern Preisen der Lebensmittel für den preuß. Morgen Mittlern, selbst geringen Landes bis zu 20, selbst 30 Thaler Pacht gezahlt werden können ,und dem Pächter doch noch ein erheblicher Gewinn bleibt, so läßt sich schon daraus ersehen, was Fleiß, Kunst und —rationelle Düngung aus dem Boden zu schaffen vermögen, und sollte Nie mand mehr unterlassen, wenigstens annähernd solchen Resultaten gleichkommen zu wollen. Es gilt nur dem Versuch, dem guten Willen. Doch genug der motivirenden Vorbemerkungen, und darum rasch zur Sache. Betrachten wir erst kurz die Pflanze als organisches Wesen, die Gesetze ihrer Ernährung, die ihr dienlichen Nahrungsmittel und dann die Art und Weise, wie sich ein Jeder diese verschaffen oder, was gleichbedeutend ist, die in seinem Besitze sich befindenden verwerthen, d.h. gegen andere, ihm brauchbarere Dinge Umtauschen kann. — Die Pflanze ist bekanntlich keiner Bewegung fähig, sie muß also ihre Nahrung am Orte ihres Wachsthums finden; sie verbreitet sich mit ihren Wurzeln nach allen Richtungen hin im Boden (die eine mit Vorliebe mehr horizontal, die andere mehr senkrecht in die Tiefe) und mit Stengeln und Blättern in der Luft. Boden und Luft müssen daher aller Wahrscheinlichkeit nach die Magazine ihrer Nahrung sein. Und in der That ist dem auch so; die Ausnahme der Bodennahrung geschieht durch die Wurzeln, die der Luftnahrung durch die Blätter, welche zu dem Ende mit klei nen, mit bloßem Auge nicht sichtbaren Oeffnungen versehen sind. Würde Jemand Tag und Nacht vor diesen Spaltöffnungen sitzen und genaue Controle darüber halten, was da alles aus- und ein- passirt, so würde er sehen, daß nur Gasarten ausgenommen, aber auch wieder ausgeathmet werden, da ja in der Luft nur Gase sind und aus derselben also auch nur Gasarten ausgenommen werden können, würde er aber dieselben genau controliren, so würde er bald sehen, daß die Ein- und Ausgehenden nicht dieselben sind. Kohlensäure und Ammoniak werden einqeathmet, Sauerstoff und Wasserstoff ausgeathmet, verdunstet. Die Kohlensäure besteht aus Kohlenstoff und Wasserstoff, das Ammoniak aus Wasserstoff und Stickstoff, jene hat also den Kohlenstoff, dieses den Stickstoff verloren, d. h. in der Pflanze zurückgelassen; diese beiden sind also Nahrungsmittel der Pflanzen. Sind die Spaltöffnungen der Pflanzen verstopft, so können diese Vorgänge nicht genügend stattfinden; solche Verstopfung tritt durch Staub ein, welcher in der Natur durch den Regen wieder abgcwaschen wird ; bei der Zimmercultur ist es nothwendig, von Zeit zu Zeit die Blätter abzuwaschen, welches kein Blumenzüchter versäumen möge, wenn er nicht mit der vollen Brause gießen kann. Daß die Pflanze Wasser braucht, ist erwiesen, Wasser besteht aus Sauerstoff und Wasserstoff, diese beiden gehen durch die Blät ter fort; das Wasser verdunstet fortwährend. Wer aber die Menge des mit der Kohlensäure, dem Ammoniak und dem Wasser aufge nommenen Wasserstoffs und Sauerstoffs mit der Menge vergleicht, welche ausgeathmet wird, findet bei genauer Rechnung ein Deficit ; dieses Minus ist in der Pflanze zurückgeblieben; diese beiden Gas arten sind also ebenfalls Nahrungsmittel der Pflanzen. Wer die Strömung dieser Gasarten noch genauer verfolgen wollte, der würde sehen, wie die Pflanze nur bei Tag unter dem Einfluß des Lichtes die Kohlensäure aufnimmt und zersetzt, bei Nacht aber, sowie an einzelnen Theilen, den nicht grün gefärbten, auch Kohlensäure wieder ausscheidet; es ist dies der Ueberschuß, welchen die Pflanze nickt verwenden kann; er würde ferner sehen, wie der durch die Luft fallende Regen, sowie überhaupt alles Was ser, die Kohlensäure und das Ammoniak verschlucken, lösen; er würde sehen, daß der Boden und zwar um so mehr, je feiner er vertheilt ist und je mehr er Thon und verweste Körper (Humus, Mist) enthält, den Wasserdampf und das Ammoniak an sich zieht, verdichtet, zurückhält und daß in dem Boden ebenfalls Gasströ mungen stattfinden. Kohlensäure und Ammoniak, Wasserstoff und Sauerstoff, sowie unter Umständen Schwesel-, Phosphor - und Kohlenstoffgase sind daselbst in beständiger Bewegung. Ist die Luft feucht, so zieht der Boden den Wasserdampf an, ist der Boden feuchter, wie die Luft, so verdunstet derselbe wieder. Boden und Luft sind fortwährend bestrebt, ihre Feuchtigkeitszustände auszu gleichen; dadurch erhält sich das Wacksrhum im trocknen Sommer; die Fähigkeit, den Wasserdampf (und das Ammoniak) anzuziehen, hat der Boden, je feiner er vertheilt ist ; sorgfältigste Bearbeitung des Bodens ist das beste Mittel, die Pflanze nicht austrocknen zu lassen. Rationelle Gärtner füllen die durch Trockenheit entstehen den Sprünge mit ganz feiner Erde aus. Das Wasser dringt in den Boden ein, es enthält Kohlensäure und Ammoniak, diese dringen also auch mit dem Wasser in den Boden. Der Boden zieht Ammoniak an, je mehr er zertheilt ist, um so mehr, er absorbirt Sauerstoff und Wasserstoff. Die vier Stoffe Wasserstoff, Sauerstoff, Stickstoff und Kohlenstoff gelangen also durch die Blätter, durch das Wasser und durch den Boden in die Pflanzen, denn auch die Wurzel hat die Fähigkeit, die im Boden oder im Wasser verschwundenen Gase an sich zu ziehen.