Volltext Seite (XML)
58 2. Juni 1916. NXV. Jahrgang, Nr. 8. Ratschläge für jugendliche Radfahrer. Unser Obmann, Herr Gustav Baumann, gibt nach stehend in dem soeben im Verlage der Dürr’schen Buch handlung zu Leipzig erschienenen „Ratgeber für Jugend pflege“ (Ladenpreis Mk. 1.50) den jugendlichen Rad fahrern sehr beachtbare Ratschläge, deren Befolgung auch den Erwachsenen nutzbringend wird. Er schreibt: „Mit Rücksicht darauf, daß einerseits das Fahrrad Hunderttausenden als wichtiges Sport- oder Verkehrs mittel dient, andererseits der Radfahrsport des öfteren besonders von Jugendlichen oberflächlich betrieben oder von Gesunden im Gefühl ihrer Kraft leicht mißbraucht wird, seien nachstehend eine Reihe von Radfahrregeln gegeben, die zwar keinen Anspruch auf Vollständigkeit machen, wohl aber zur Gesunderhaltung des Radfahrers und der richtigen Behandlung des Fahrrades beitragen werden. Ob sich für deine Gesundheit der Radfahrsport eignet, darüber lasse den erfahrenen Arzt bestimmen, am besten einen, der selbst Rad fährt. Fahre zu jeder Jahreszeit, nur nicht bei zu scharfem Winde. Große Hitze ist dem Radfahrer ebenso schädlich wie große Kälte. In der warmen Jahreszeit wähle die Morgenstunden zu deinen Radwanderungen. Jn den heißen Nachmittags stunden, zwischen 12—3 Uhr meide bei größeren Fahrten die Sonnenstrahlen. Ruhe bei brennender Sonne und bei Windstille am besten im Schatten eines Baumes aus. Hüte dich vor kalten Schenkstuben, wenn du erhitzt, und schwitzend einkehrst. Fahre lieber im Regen weiter, statt daß du in kaltem Zimmer dich aus ruhest. Halte bei größeren Wanderfahrten während der Mittagspause ungefähr 3 Stunden Rast. Beginne nie mit leerem aber auch nicht mit über fülltem Magen eine Radtour. Meide als Getränk den Alkohol, er macht müde Beine; trinke dagegen Frucht säfte, Limonade, kalten Kaffee oder Tee, die ersten Schlucke langsam und vorsichtig. Verlege bei größeren Wanderungen die Hauptmahlzeit auf den Abend. Bist du durchfroren, so trinke nur warme Getränke. Vor größeren Touren lege dich zeitig schlafen und stehe früh auf. Während einer Tagestour halte keine Schlaf pause. Atme beim Fahren nur durch die Nase ein; kannst du diese nicht, dann lasse das Radfahren lieber ganz sein. Das Ausatmen kann durch den Mund ge schehen. Fahre nie zu schnell, sondern eile mit Weile. Sitze gerade und aufrecht zu Rade, stets sei der Rücken gestreckt. Deine Kleidung sei leicht und luftig. Schweiß aufsaugenden, porösen Unterkleidern gib den Vorzug. Als Schuhwerk verwende ausgetretene, gut sitzende Schnürstiefel. Bedecke dein Haupt durch Mütze mit Schild, ohne Schweißleder. Wasserdichte Pelerine gegen Regenschauer vergiß nie mitzunehmen. Handschuhe sind aus Gründen der Sauberkeit zu empfehlen. Steige ab und schiebe das Rad bei scharfer und anhaltender Steigung, bei scharfem Gegenwinde, in glühender Sonnenhitze, bei hochrotem oder blaurotem Gesicht, bei klopfenden Schläfenadern und wenn die Nasen atmung nicht mehr möglich ist. Bei überkommendem Schwindel, Ermattung oder Übelkeit verlasse ebenfalls das Rad. Niemals rauche während der Fahrt; denn du strengst die Lunge zu sehr an, und überdies enthält der Tabak ein Herzgift. Dein Rad kaufe bei namhaften deutschen Firmen. Nie beziehe dein Stahlroß vom Ausland, sonst begehst du ein Verbrechen am deutschen Nationalvermögen. Dein Rad sei dauerhaft, dabei so leicht wie möglich. Der Sattel muß gut federn und so gestellt sein, daß von dem aufsitzenden Fahrer das tief stehende Pedal mit der ganzen Schuhsohle bei völlig gestrecktem Bein gerade noch erreicht werden kann. Empfindliche Personen wählen am besten Reformsattel oder Polsterkissen. Die Lenkstange sei gerade oder sanft nach oben gebogen. Doppelte Übersetzung und Freilauf ersparen viel Kraft. Bei Touren in ebenem Gelände genügt Vorderradbremse, im Gebirge und bei lang anhaltendem starken Gefälle ist eine gutwirkende Hinterradbremse unentbehrlich. Vor jeder Wander fahrt prüfe dein Rad in allen seinen Teilen und führe in der Satteltasche alle nötigen Werkzeuge und Re paraturgegenstände mit. Verwende zum Reinigen der Lager Petroleum, zum Schmieren nur harzfreie Öle oder Vaseline.. Fahre nie zu zweien auf einem Bad; denn du wirst bei I laftpflicht und Unfall zur Verantwortung ge zogen. Und endlich: Raste und roste nie im friedlichen Wettstreit zu Rad; denn auch hier gilt das Wort: „Der Kampf auf dem Rasen ist die Schule, für den Krieg!“ Goldene Worte über das Radfahren. Der Radfahrsport verhindert die Jugend in ihren Mußestunden auf Abwegen zu gehen, da er ihre Kraft in dieser Zeit völlig in Anspruch nimmt. (Bertz.) Das Zweirad ist dem Menschen des 20. Jahrhunderts gegeben als die notwendige Ergänzung all der anderen Mittel zur Leibespflege, die ihm in seinem der Natur entfremdenden Zustande nicht mehr genügen könnten. Es ist gekommen, nicht allein, um ihm zu dienen als hilfsbereiter Knecht; es will auch seine Heilkraft an ihm erproben als sein Arzt. (Bertz.) . Ein großer Vorzug des Radfahrens vor anderen mechanischen Heilmitteln liegt darin, daß es nicht in engen Zimmern oder staubigen Turnsälen genossen wird, sondern draußen im Freien, auf luftigen Anhöhen, in balsamisch riechenden Wäldern, unter Gottes herr lichem Firmament. (Dr. Nußbaum.) 5ächsischer Radfahrer-Bund Amtlicher Teil Sächsischer Radfahrer-Bund (e. V.) gegründet 1891. Sitz: Leipzig, j ! Leipzig, Robert Weniger, Hohe Straße 48. Tel. Nr. 5684. t JLxCtOoLllj . J Zur gefälligen Beachtung! Die Zusendung der Bundeszeitung für unsere im Felde stehenden Bundeskameraden betreffend. Die Angehörigen der im Felde weilenden Bundesmitglieder bitten wir, die zugehende Bundeszeitung doch regelmäßig nach Erscheinen ins Feld nachzusenden, da das Interesse am Sport auch im Felde sehr rege ist.