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Die plötzliche, bedeutende Verschlechterung der Lehensverhältnisse hat gewöhnlich Schwindsucht, die plötzliche Verbesserung desselben meist Gicht zur Folge. Die Beobachtungen sranzöstscher, englischer und deutscher Aerzte > sind übereinstimmend zu jenem Resultate gelangt, daß den höheren und ! höchsten Ständen im Allgemeinen eine ungleich längere Lebensdauer i vergönnt ist. Von 1000 Armen sind nach Casper schon im 5. Jahre ! ein Drittel gestorben, von 1000 Reichen nnd Vornehmen ein Drit- thcil noch nicht einmal im 40. Jahre! Non 1000 Armen überlebte nur die Hälfte das 30. Jahr, von 1000 Reichen die Hälfte das 50ste! Im 70. Jahre waren von 1000 Armen nur noch 117, von 1000 Neichen aber noch 235 am Leben, im 90. Lebensjahre noch 4 Arme, dagegen 15 Reiche! Bei solchen Beobachtungen darf man übrigens nicht vergessen, j daß auch aus den niederen Ständen viele Fälle ganz ungewöhnlich hohen Alters vorkommen. Doch ändert dies nicht die Regel. Ucber die große Kindersterblichkeit unter den ärmeren Klassen sagt Sismondi knrz und kalt: „Die Erde verschlingt wieder jene i Kinder, welche sie nicht zu ernähren vermag." Es sind vornehmlich ! die Schwächsten, welche wieder von der Brücke des Lebens, auf der § nicht genug Platz für Alle ist, hinweggedrängt werden. Bald ist es der Mangel einer gesunden Wohnung. In Paris find für jedes Arrondissement die Todesfälle um so häufiger, je ärmer dasselbe ist. Die Zahl der unversteuerten Wohnungen giebt einen ziemlich sicheren Maßstab hierfür. Bald ist es der Mangel an Kleidung nnd passen der Aufsicht, welcher den Keim zu späteren tausendfachen Krankheiten legt, während alsdann noch Mangel an Pflege und Ruhe diese Krankheiten verschlimmert und langwierig macht. In England ist die Lebensdauer der Gentry, der vornehmen Welt, von der Lebensdauer der Kaufleute und der Arbeiter sehr ver schieden, wie schon Guy fand, daß die Peers ungewöhnlich günstige j Aussichten auf ein langes Leben haben. Auch von den Kindern der höheren Klassen gilt jener Unterschied. Es verbleiben nach englischen j Von 100 Individuen, welche das 21. Lebensjahr erreicht haben, verbleiben Beobachtungen von 100 Personen nach 1 Jahr der Gentry, 90 der Kaufleute, 79 der Arbeiter, 68 „ 2 Jahren 87 73 57 5 „ 82 61 44 „ io 81 56 38 ., 20 76 51 31 „ 40 „ 63 37 20 „ 60 „ 45 20 11 70 „ 25 13 6 ., 80 „ 8 4 2 90 „ l-r 0,2 100 „ 0 0 0-3 aus der Gentry, den Kaufleuten, den Arbeitern, im 30. Jahre 94 89 79 ,. 40. „ 83 73 63 " M- 73 59 33 55 40 26 48 34 18 „ 80. „ 10 9 7 „ 90. „ I 1 , l „ 100. „ 0 0 0 Besser als die manufakturtreibende Klasse befindet sich in Bezug auf Gesundheit und Sterblichkeit die ackerbautreibende. In den Manufaktur-Distrikten Englands verbleiben übrig von 1000 Geborenen bis zum 10. Lebensjahre 5045, in den Ackerbau-Distrikten 6495; von 10,000 Zehnjährigen bis zum 40. Lebensjahre sterben in den Manufaktur-Distrikten 3726, in den Ackerbau-Distrikten 3134. Kindheit und Greisenalter werden besonders günstig berührt von besseren Vermögensverhältnissen, resp. hier zeigt sich der Unterschied des Standes durch Tod oder Langlebigkeit am meisten. Was nun speciell die Arbeit und ihren Einfluß auf Gesundheit und Krankheit, Leben und Tod der Menschen anlangt, so ist derselbe häufig bet ein und derselben Arbeitsbranche für verschiedene Men schen ein so verschiedener, von Schaden oder Vortheil, die Beschäf tigung führt so mannichfaltige Nebenumstände mit sich, Wohlstand oder Dürftigkeit, Regelmäßigkeit oder Unordnung, verschiedene Art der Wohnung, Kost und Bekleidung u. s. w., die gleiche Beschäfti gung selbst wird in den verschiedenen Ländern oft so verschieden ge trieben, daß die statistischen Ermittelungen bierüber äußerst schwierig find. „Im Allgemeinen kann man", sagt unser oben genannter Gewährsmann (S. 250 des angeführte» Werkes), annehmen, je vielseitiger die Beschäftigung ist, je mehr die Arbeit in der rechte» Weise mit Ruhe wechselt, je mehr die Be schäftigung nach dem Geschmack des Individuums ist und Abhärtung herbeiführt, und doch daneben Schonung möglich macht, desto vortheilhafter ist sie für die Gesund heit." Die verschiedenen Arten der Beschäftigung mögen sich nach ihrem Einfluß auf die Gesundheit unter folgende Rubriken bringen lassen. Die geistigen Beschäftigungen üben im Ganzen, wenn sie mit einer gewissen Gemächlichkeit betrieben werden, einen nicht un günstigen Einfluß auf den Körper aus und die sogenannten gelehrten Stände und auch die Kaufleute befinden sich im Allgemeinen wohl dabei. Ist dagegen die geistige Thätigkeit mit großen inneren Auf regungen und leidenschaftlichen Gemüthsaffektioncn verknüpft, wie z. B. bei Politikern, Staatsmännern, Zeitungs-Redacteuren, theo logischen Eiferern, Künstlern u. s. w., oder ist eine dauernde An spannung und Vertiefung des Geistes bei den Arbeitern erforderlich, wie bei Philosophen, Mathematikern u. s. w., oder ist bei vieler geistiger Arbeit gleichzeitig viel Noth und Sorgen, Entbehrung und Enttäuschung, so kommen Gehirnkrankheiten vor. Alle geistigen Be schäftigungen, welche dauernd zu sitzender Lebensweise nölhigen, be fördern Unterleibskrankheiten und Verdauungs-, beziehendlich Er nährungsstörungen, tferanlassen Magenleiden, Hämorrhoiden, Steinrc. Berufszweige, welche anhaltendes und daneben lautes Sprechen er fordern, erzeugen Krankheiten der Respirationsorgane und des Herzens. Der Beruf der Aerzte gehört, sei cs wegen der Unmög lichkeit, sich zu schonen, sei es der häufigen gemüthlichen Erregungen wegen, zu den ungünstigen geistigen Beschäftigungen. — Beschäf tigungen, welche zu Anstrengungen in freier Luft und zu allseitiger Muskelübung Anlaß geben, wie die der Bauern, Soldaten, Fuhr leute, Erdarbeiter, Jäger, machen zwar abgehärteter und robuster, setzen aber so vielen Schädlichkeiten aus, daß am Ende dock aus dieser Klasse viele erliegen, namentlich wenn dabei jede Scho nung unmöglich und überdem die Nahrung nicht im Bel tz ältn iß zum Kräfteaufwand ist. Die Krankheiten dieser Arbeitsstände sind vorzugsweise Lungenentzündung, Rheumatismus, Herzentzündung, Nervcnfieber, Schwindsucht. Individuen jedoch, die dabei gut leben und sich vor den schlimmsten Einflüssen Schutz verschaffen können, genießen meist eine vortreffliche Gesundheit, vor ausgesetzt, daß die Anstrengungen nicht zu sehr das Maß über schreiten, nicht zu einseitig sind und durch ein gehöriges Maß von Ruhe compensiüt werden. Mit dem Ucbermaß dcS nhthigen Kräfte aufwandes und mit dem Uebcrwiegcn einseitiger Anstrengungen ein zelner Partien des Körpers wächst die Gefahr einer Beschäftigung, und besonders dann, wenn es jugendliche, unerwachsene Individuen sind, welche sich derselben unterziehen. — Die Beschäftigungen, welche ein beständiges Aussehen der Kälte, Nässe mit fick führen, schließen sich den vorigen an, nur daß sie noch in höherem Grade verderblich sind und theils hitzige Krankheiten, hitzige Gelenkentzündung, Lungen entzündung, Brustfellentzündung, Weckselsieber, theils chronische, langandauernde, wie Rheumatismen, chronische Lungcnkrankheiten veranlassen. Beschäftigungen, welche übermäßiger Hitze aussetzeu, dtSponiren zu Hautkrankheiten, Gchirnkrankheitcn, sowohl hitzigen wie Gehirnentzündung und Gehirnscklag, als chronischen, wie GcistcS krankhcitcn, Neigung zu Rheumatismen. — Beschäftigungen, welche durch einseitige Anstrengungen, durch unpassende und ermüdende Stellungen schädlich werden, sind in zweierlei Weilen verderblich: für diejenigen Theile, welche in übermäßiger Uebung sind, häufig zu gleich auch für das Herz, bei übermäßiger Anstrengung der Arme, und für diejenigen Theile, welche ungeübt sind. — Daran schließen sich die Beschäftigungen, welche einzelne Funktionen und Theile, sei eS durch Ucbermaß der Anstrengung, sei cs durch Beschränkung der Thätigkeit oder durch direkte Einwirkungen auf dieselben, beeinträch tigen; die Athmung bei Sckustcrn, Schneidern und bei allen Arbei tern in kleinen, engen, dumpfen, schlecht gelüfteten Lokalen, die Blut- Cirkulation in den Beinen bei solchen, welche viel stehen, in dem Unterleib bei solcken, welche viel sitzen, die Augen bei Arbeitern feiner und kleiner Gegenstände, die Ohren bei Artilleristen u. dergl. m. Endlich find manche Beschäftigungen schädlich durch den Umgang mit schädlichen Stoffen und durch die Einwirkung manuichfacher Emana