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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 12.02.1911
- Erscheinungsdatum
- 1911-02-12
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-191102122
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19110212
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19110212
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
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Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-02
- Tag 1911-02-12
-
Monat
1911-02
-
Jahr
1911
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Nr. 43. 105. Jahrgang. erkennen, das; die Abgaben frage stark in Be. tracht gezogen werden must, wenn nur einigermasten eine Kapitalverzinsung erzielt werden soll. Deutsches Reich. Leipzig, 12. Februar. * Das Ausscheiden des Abg. Dr. Zunck aus ter Reichstaaskommijiion für die reichsländische Verfassung hat der „Leipziger Voltsztg." Sen wlllkommenen Anlast gegeben, dem ihr in innerster Seele verhassten Adgeoroneten Dr. Iunck einige Grobheiten und Ungehörigkeiten zu sagen. Tie er zählt »hren Lesern, Dr. Iunck sei von der national liberalen Neichstagsfraklion aus der genannten Kommission „herausgeworsen" worden, weil er gegen die Erhebung der Reichslandc zum selbständigen Bundesstaat gestimmt habe. Wir haben uns an den Abg. Dr. Iunck gewandt, um an erster Stelle Authentisches zu der Tatarenmeldung der „Leipziger Voiksztg." zu erfahren, und haben unsere Ansicht, dast das sozialdemokratische Organ herzlich schlecht unterrichtet ist, durchaus bestätigt gefunden. Abg. Dr. Iunck erklärte uns. dast das ltzcredc von einem zwangsweisen Ausschluß falsch sei. wichtig sei, dast er aus der Kommission für die reichs ländische Versassungssragc ausgeschieden sei, das sei aber nicht infolge eines Fraklionsbeschlusses ge schehen, sondern aus seine eigene Bitte hin, weil die Angelegenheit durch die Anträge der Sozialdemokraten und des Zentrums eine Wendung genommen habe, die den An sichten Iunus nicht entspreche. Das Mandat Iuncks m der Kommission habe auf dessen Bitte der Abg. Basser, man»: übernommen. Der nationalliberale Abg. Dr. Beck babr am nächsten Tage ebenfalls aus An suche n I u n ck s in der Kommission erklärt, dast die in der Kommission geäußerte Ansicht Iuncks von der llnzwtckmästigkcit eines neuen Bundesstaates seine i Iuncks) p c r , ö n l i ,.i e Meinung gewesen sei. Da von könne keine Rede sein, dast -wisä)en i h m und der Fraktion irgendeine Spannung oder gar linsriedti'. entstanden sei. — Was sich also die „Volks- zeitunc," da Hat erzählen lassen, ist eitel Ge ll un le r. Soviel wir den Abg. Dr. Iunck kennen, werden ihn die Kommentare, die das Leipziger so- zialden okratische Organ seiner Tätigkeit im Reichs tage gibt, völlig gleichgültig lassen. Er folgt lcdig- l'ch j'-iner wohlerwogenen Meinung und seiner eigenen Ueöerzcugung' Be seiner Ablehnung einer Erhebung der Reichslande zu eine,',, selbständigen Bundesstaat bat er überdies die Tradition der natio- nalliberclen Partei für sich, denn diese hat von jeher Wert darauf gelegt, den E i n h e i t s gedanken zu vertreten, wo es nur irgend möglich war. * Nationalliberaler Diskusstonsabend. Im Eta blissement „Bolkswohl" hielt am Freitagabend der Rationalliberale Berein für Leipzig und Umgebung seinen ersten diesjährigen Diskussionsabcnd ab, zu dem sich eine sehr stattliche ZuhöreAchar eingesunden hatte. Der Abend wurde geleitet von Herrn Oberlehrer GoIdacker. Generalsekretär Dr. Westenberger gab in einem längeren Vortrag eine klare, übersicht liche Darstellung der Geschichte der nationallibcralen Partei und verbreitete sich im zweiten Teil seiner Ausführungen über das Programm der Partei aus sozialpolitischem, wirtschaftlichem, kulturellem und verfassungsrechtlichem Gebiet. Der Vortrag wurde mit lebhaftem Beifall ausgenommen. In der leb- jiasien Debatte wurden von den verschiedenen Rednein u. a. folgende Fragen berührt: das gegen wärtige Verhältnis zwisckien Deutschland und Rom. die Stellung der nationallibcralen Partei zur Sozial demokratie, die Fleischnot und die Militärfrage. Generalsekretär Dr. Westenbergcr ging in seinem Schlusswort auf diese Anregungen in ausführlicher Weise ein. * Der kaifer Hai die dreitägige fieberhafte Tripp überstanden. Die Nacht vom Frei tag zi m Sonnabend war gut. die Temperatur nicht mehr gesteigert. Die Beseitigung der katarrhalischen Enlbeinnngen wird noch eine Reihe von Tagen er fordern. Leipziger ' Das diesjährige Kaisermanaoer wird, ähnlich den grasten Feldübungen vom September 19u9 an der Tauber, wieder einen Kampf zweier Armee abteilungen dringen, während im letzten Herds: bet Preußilch-Holland und Elbing nur zwei Armee korps gegeneinander gefochten haben. Es werden für das kaisermanäoer 1911 ausgestellt werden: 1. eine Nordarmee, bestehend aus dem ll. lpom- merschen) und IX. lichleswtg holsteinischen) Armee korps, die voraussichtlich zusammen mit einer Lan- dungsabteilung der Flotte^ unter den Befehl des General-Inspekteurs der Ersten Armee-Inspektion, des Generalobersten Prinzen Friedrich Leopold von Preußen, treten: und 2 eine Südarmee, zusammengesetzt aus dem Eardekorps und aus einein durch Abgaben der Garde und anderer benachbarter Korps besonders ru »ormierenden XX. Armeccorps, zu deren (Armee-)Fllhrer wohl der Oberbefehls haber in den Marken. Generaloberst v. Kessel, vom Kaiser bestimmt werden dürfte. Leide Acmec- abtcilunaen bilden Armeestäbe, als deren Chef je ein Obcrquartiermeister des Generalstabes der Armee funktionieren wird. An Heeres- ko vallerie steht jeder Partei mindestens je eine selbständige Kavallerie Division zur Verfügung, die wiederum lenkbare Luftschiftc und je eine An zahl der zurzeit in Döbcritz ihre asiatische Aus bildung geniegenden Flicgerosfiziere zugeterlt erhält. Diese Osfiziere sollen auch lonsi während der grosten Hebungen im Sommer und Herbst, bei anderen Armeekorps ausgiebigste Verwendung finden. * Der Kronprinz in Kalkutta. Wie bisher be stimmt worben ist, wird sich der deutsche Kron prinz mit Gefolge am 11. Februar mit dem Kreuzer „Leipzig" zu der bei Diamond Harbour liegenden ..Gneisen« u" begeben und sich dort ver abschieden. Die „Eneisenau" wird hierauf ihre dicnst- mästigc Ausreise fortsetzcn. während der Kreuzer ..Leipzig" bis zur Abreise des Kronprinzen im Hafen von Kalkutta verbleibt. Am Sonntagvormittag wird der Kronprinz einem Gottesdienste beiwohnen und abends im Deut'chen Klub die Mitglieder der deutschen Kolonie empfangen. * Das Staatsangehörigkeitsgesetz beim Kaiser. Wie die „Inf." mitgeteilt wird, liegt der Gesetz entwurf über den Erwerb und Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit gegenwärtig dem Kaiser zur Unterschrift vor. Sobald diese vollzogen ist. wird der Entwurf dem Bundesrat zugcyen, was dem nach also in nächster Zeit zu erwarten ist. Der Bundesrat wird dann die Beratungen über den Gesetzentwurf oufnehmen, und cs ist beabsichtigt, dem Reichstage noch in dieser Session die entsprechende Vorlage zugehcn zu lassen. * Zusammentritt des Reichsgesundheitsrats. Der Reichsgesundheitsrat wird am 14. d. M. unter dem Vorsitz des Präsidenten des kaiserlichen Gesundheits amts. Geh. Oberregicrungsrats Dr. Bumm, zusammen treten, um über die Mastnahmen der Reichsregicrung bezüglich der Teilnahme an der Erforschung und Be kämpfung der Pest rn China zu beraten. Sowohl von der chinesischen wie auch von der russischen Regierung liegen Wünsche vor, die sich auf die Ent sendung deutscher Forscher und Aerzte nach den Pest- gegcndcn beziehen. Von den zuständigen Reichs behörden ist an die in Betracht kommenden Institute und Universitäten usw. eine Anfrage gerichtet worden, die sich aus die Teilnahme einzelner Aerzte und Forscher an der Pestforschung in China bezieht. Gegenwärtig haben sich bereits mehrere Aerzte gemeldet, die sich bereit erklärt haben, in diesem v-inne tätig zu sein. » Die zweite Lesung der Strafprozestentwürse im Plenum füllte, so lesen wir in der „Nordd. Allg. Ztg.", fünf Sitzungen aus, aber nur ein Teil der Entwürfe zur Acuderuna des Eerichtsverfassungsgesetz.s ist er ledigt. Die Beratung des Restes und der Straf- prozestordnung wird erst nach Erledigung des Etats fortgesetzt und sicher nicht vor Ende Mai zu Ende geführt. Es ist dringend zu wünschen, dast der Reichstag bei der dritten Lesung eine andere Stellung cinnimmt, denn dast speziell in der Frage der Mitwirkung von Laienrichtern in der Be rufungsinstanz die verbündeten Regierun gen nachgcben, ist ausgeschlossen. Dar über kann noch dem Gange der bisherigen Verhand lungen kein Zweifel bestehen. Tüyevlstt. " Eine berechtigte Mahnung. Die „Nordd. Allg. Itg " bemerkt zu den Indiskretionen über die ver traulichen Erklärungen des Staatssekretärs des Auswärtigen in der gestrigen Kommisiionsntzung für das Schisfahrtsabgabengeletz. dast die Vertreter der verbündeten Regierungen, wenn sich die Gewohn heit solcher Indiskretionenfortsetzen sollte, in den Kommissionen sich eine sehr viel gröstere Zurückhaltung bei dem auferlegen müssten, was sie sonst zu sagen bereit wären. — Es ist sehr peinlich, -ast sich der Reichstag das sagen lassen must. * Der Beschlug der Kommission für den elsast- lothringisck.cn Verfasfungsentwurs, die Reichslandc als gleichberechtigten Bundesstaat anzuer- kennen, wird, wie die „Korr. Woth" schreibt, in Rcgierungstreifen nicht allzu tragisch genommen, da mau der festen Ueberzcugung ist. dast das Zentrum im Laufe der weiteren Verhandlung an diesem Be schlüsse nicht sestbalten wird, um die Derfaffunas- srage nicht vollständig unmöglich zu machen. Die So.iatdemotralcil, die Freisinnigen und die Elsast- Lotkringer werden allerdings nach wie vor an diesem Beschlüsse festhalten, wenn das Zentrum aber auf die Seite der Rechten und der Ratioualliberalen sich stellt, so ist die Annahme des Versassungsent- wurfes gewährleistet. * Das Inkrafttreten des preustischen Zweckverband- gesetzes zum 1. April 19N dürfte sich nur schwer ermöglichen lassen. Die Beratung des Geietzes im preustischen Abgeordnetenhauje dürfte vor Anfang März nicht bcenoct werden rönnen, auch ist anzu nehmen. dast das Herrenhaus das Gesetz ohne Aendc- rungen nicht annehmen wird und somit das Gesetz nochmals an das Abgeordnetenhaus überwiesen werden must. Selbst wenn man annimmt, dast sich die parlamentarische Erledigung der Materie bis Ende März ermöglichen lässt, >o wird cs doch kaum möglich sein, im Verlauf von wenigen Tagen die Verbandsorgane ins Leben zu rufen und die übrigen durch das Gepetz bedingten Einrichtungen zu beschaffen Aus diesem Grunde dürfte das Inkrafttreten des Gesetzes mit Zustimmung der Regierung hinaus- gejchoben werden, wenn die parlamentarische Er ledigung der Materie sich verzögern sollte. * Preußisches Königliches Landes-Orkonomie» Kollegium. In der dritten und letzten Sitzung Les preußischen Lanoes-Oekonomie-Kollegiums am sonn- abeno berichtete an erster Stelle Geh. Regierungsrat Prof. Dr. Schütz (Berlin) über die spezrfische Er kennung der Rotzkrankheit der Pferde. Der Vortrag wurde durch interessante Demonstrationen erläutert. — Alsdann wandte sich die Versammlung der L a n d a r b e i t e r f r a g e zu, über deren Be arbeitung durch die Landwirtschanskammern und das Landes-Öekonoinie-KoUegiuin Prof. Dr. Sering (Grünewald) und Dr. Asmis (Berlin) belichteten. Als wichtigste und nächstliegende Aufgaben wurden schliestlich folgende bezeichnet: 1) Verständigung mit den bestehenden Arbeitgeber- und Arbeitnehmer organisationen bzw. deren Bekämpfung. 2) För derung des Ausbaues der eigenen Organisation der Landwirtschaflskammcrn m den lokalen Arbeitsnach weisen, namentlich auch in Rücksicht auf das ein- veimischc Personal. :i) Vereinheitlichung der Grund- vcstimmungen der Arbeitsvcnräge für gleichartige Wirtschaftsgebiete. 4) Bekämpfung des Kontrakt bruches. * Der Seniorcnkonoent des preustischen Abgeord netenhauses ist infolge der Weigerung der Konser vativen, mit einem Sozialdemokraten zujammenzu arbeiten, ausHeflogen. Das Präsidium lud am Frei tag die Vorsitzenden der bürgerlichen Parteien zu einer Besprechung über den weiteren Arbeitsplan ein. Die Fortschrittliche Voltspartei lehnte die Teilnahme daran ab: die Nationalliberalen folgten der Ein ladung. Es wurde in der Besprechung ein Kon- tingenticrungc-plan für die weiteren Etatsdebartcn ausgearbeitct, der für die einzelnen Etats die Zeit austerorocntlich knapp bcmistt. * Zur Privatangestellten-Versicherung schreibt uns der Houptausschust: Am 10. Februar war die Siebener-Kommission des Hauptausschusses zur Her beiführung einer Pensions- und Hinterbliebenen- Versicherung für Privatangestellte neuerdings in Berlin zu einer Beratung zusammengetreten. An der Sitzung, die im Reichstagsgebäude stattsand, nahmen Vertreter aller Fraktionen des Reichstages teil. Ihnen Sonnws, 12. /rdawr ISII. wurde der einmütige Wunsch aller im Hauptausschusje zusammengeschlossenen Privatangestellten vorgetragen, der Reichstag möge die Erledigung des Entwurfs möglichst beschleunigen. Sämtlich« anwesende Ab geordneten versicherten, dast alle Fraktionen des Reichstages bestrebt sein werden, für die Erledigung des evesetzentwurss noch im gegenwärtigen Reichstage — sokern nur der Entwurf schnell genug vom Bundes rat an den Reichsta,, ge.angt — Sorge zu tragen. Die Abgeordneten ließen sich darauf noch die de- Be.besseru. gswünsche der Siebener-Kom mission vertragen, und stellten deren wohlwollende Berücksichtigung in Aussicht. Die Siebener-Kom mission bcschlotz. mit allen ihr zu Gebote stehenden Misteln die Aufklärungsarbeit über den Gesetz entwurf. den sie als eine brauchbare Grundlage für die Schaffung einer Pensionsversicherung der Prtvat- LNpestellten ansieht, fortzujetzen. * Der Fall Iatho bildet, wie der Draht aus Köln meldet, fortgesetzt den Gegenstand der Er örterungen in der Tagespresse. Der Vorstand des Vereins für evangelische Freiheit erklärt heute, dast er trotz aller Erklärungen des Oberkirchenrats ganz entschieden dagegen protestieren müsse, dast dieser es unterlassen habe, sich vor Einleitung des offiziellen Ernnttelungsoerfahrens bei der Gemeinde Iathos über die ganz austerordentliche Vertrauensstellung zu erkundigen, die Zatho seit Jahrzehnten in Köln und dem Rheinland cinnimmt. * Eine neue Generation. Mit dem Generalleut nant vonPritzelwitz, dem bisherigen Kommandeur der 17. Division in Schwerin, der mit der Führung des Vi. «Schlesischen) Armeekorvs beauftragt worden ist, übernimmt zum ersten Male ein General die hohe Stellung eines Kommandierenden, der erst nach dem Kriege Offizier geworden ist und keine Erfahrung vor dein Feinde besitzt. ÄuslsnS. Frankreich. * Unterdrückung des wucherischen Ankauf» von Lebensmitteln Der Ministerrat beschlost, in einigen Tagen in der Kammer eine Novelle zum Strafgesetz einzubringen zur Unterdrückung wuche rischen Ankaufs von Lebensmitteln. Handelsminister Dupuy lenkte die Aufmerksamkeit des Iuitizministers auf den zu Spekulationszwecken statt- fintenden Spiritusaufkauf. Spanien. * Trauerkundgebungen für den verstorbenen Depu tierten Costa. Aus Saragossa wird gemeldet: Bis in die Nacht hinein defilierte das Volk vor der im Rat hause aufgcbahrten Leiche des republikanischen Depu tierten C ost a vorbei. Die Geschäfte. Fabriken und Theater sind zum Zeichen der Trauer geschloffen. * Attentat auf einen Deputierten. Als am Freitag abend der Führer der Radikalen Lerroux sich in Sabadell zu einer republikanischen Versammlung begab, wurden fünf Revolverschüsse auf ihn abgegeben: er blieb unverletzt. Es wurden drei Verhaftungen vorgenommen. Portugal. * Mastregelung und Verhaftungen von Monarch.jlen. Lissabonner Blättern zufolge ver abschiedete die Regierung den Infanteriehaupt mann R« medion Fons«ca in Braganca, weil er versüßt batte, seine Kameraden gegen die Regierung aufzuyeken. — In Coimbra wurde ein S : udent wegen monarchistischer Umtriebe verhaftet. Ferner er folgte die Verhaftung zweier katholischer Priester cbcnsaos wegen monarchistischer Umtriebe. Vereinigte Staaten. * Die Forschung nach Kalisalzlagern. Der im Etat für das Ackerbaudepartement angeforderte Be trag zur Forschung nach etwaigen Kalisalz lagern beläuft sich auf 12 500 Dollar. Davon sollen 2500 Dollar sofort zur Verfügung stehen, sowie der Etat angenommen wird. Berliner Theater. Aus Berlin wird uns geschrieben: Ab und zu kitzelt cs unser Prcmiercnpublikum, alle literarischen Moden und Stilarten, die es sich an- gcwöhnt hat, zu vergessen die Sensationen zu ver wünschen und nach den Stücken von Bencdix und Moser wie nach dem gelobten Lande sehnsüchtige Blicke zu schicken. Dann wird die psychologische Dröselet und das „Quälodram", wie cs Goethe nannte, zum alten Eijeu gcworfci und die Bühne als eine "Anstalt für harmlos Lacken betrachtet. Im Wochenspielplan des Kgl. Schauspielhauses war der . .rlcrenjried" viermal und der „Schrift vom Wege" dreimal angesetzt, was man gewig als Gipfel eines naiven Geschmacks bezeichnen kann. Ein paar hundert Schritte vom Dentschen Th-oler entfernt, wo das grausame Gelächter über das Luft- jchifierdrama „Wieland" noch nicht verhallt ist, hat Alfred Schmieden, der Direktor des Neuen Theaters, ein sclbsiversasttcs Stück „M ein e r - l a u ch t e r A h n he r r" mit seinen Leuten aufführen lassen und alles erreicht, wonach sich das Herz eines Bühnenleiters sehnt. Man fühlt« sich im Parkett wie im Schost einer Familie, wo man einem teuren An gehörigen eine Freude machen will, und im Hand- limdrehcn sprang der Erfolg von Lustspielsituationen aller Art aus. Die älteren Bühnensreunde glaubten wieder )ung zu werden, als der Vorhang aufging und die Zustände in einem kleinstaatlichcn Herzogtum mit Witz und Behagen geschildert wurden. Und dazu noch das Theater auf der Bühne denn der junge Herrscher fühlt eine Icideilsckasrlilyc Lieb« für das Komöoiespiclen und hat selbst ein Drama ac-. schrieben, das er bei seinem Theater anonym einreicht. Es wird freilich zunächst mit dem gefürchteten ge druckten Formular abgelehnt, dann aber unter selt samen Umständen und zu sehr geringer Freude des hohen Verfassers doch gespielt. Eine seltsame Verwicklung von Umständen bringt cs nämlich mit sich, dast als Autor der Dichtung der ehemalige Lehrer des Herzogs, ein Professor der Geschichte, gilt, der sich in Abwesenheit Seiner Hoheit dazu verleiten lästt, den letzten Akt mit den Ergeb nissen seiner Geschichtsforschung in Einklang zu bringen. Der Herzog hatte nämlich einen seiner er lauchten Ahnherrn als heroische Persönlichkeit drama tisch verherrlicht, während dieser in Wahrheit nur wcgcn seiner Trägheit und Berträumtlfeir berühmt war. Als ü:r gekrönte Dichter von einer Sitzung des Bundesrats in Berlin wieder nach seinem Städtchen zurückkcbrt, findet er sein Musenkind als greulichen Wcchselvalg vor, der einen fürchterlichen Skandal her vorruft. Die glatte Mache und das fröhliche Spiel der Darsteller sicherte d:,n Schwank eine so freundliche Ausnahme, dast er dem Neuen Theater gerade zetzt, wo Alfred Schmieden die Direktion nicderlegen will, viel leicht einen nachhaltigen Erfolg cinträgl. Es hat sich übrigens herausczestellt, dast die Gesellschaft, der dis Leitung dieser Bühne zufallcn soll, nicht kapitalkräftig genug ist. um ihre Bervilichtungcn cinzulösen. Ls dürst« darüber zu einem Prozeß kommen. Auch im L u st s p i c l h a u s weist niemand, wer cigenllich der Herr ist, da Martin Ziael drn Verlust seiner Bühnenkonzession zu befürchten hat und diese auf Grund eines behördlichen Einspruchs auch auf Harry Walden, der die Hand nach ihr ausstreckt, nicht übergehen sott. Ucbcr diesen Schmerz juchte man sich durch die Ausführung eines neuen Stückes von dem Berliner Rechtsanwalt Fritz Selten „Das Objekt" zu trösten, worin der Verteidiger eines des Mordes angeklagten verkommenen Aristokraten deshalb eine komische Verwicklung herbeiführt, weil das angebliche Verbrechen gar nicht verübt und das beklagte Opfer des Uebcltäters eine fröhlich atmende Dame der Halbwelt ist. Auch mit diesem Stück hat die „Literatur" nicht das geringste zu tun, und der Anblick Waldens als verluderter und hoch- staplerischer Baron ist dein Puolikum offenbar lieber als irgendein Carlos oder Romeo der Welt. Küpen 2abcl. von üer Gründung ües „Punch" Am östlichen Ende von Fleetjtreet, da, wo die winklige Bouvcriegaffe hinunter zur Themse führt, stand früher ein altes, baufälliges Haus, an dem ich, so oft ich des Weges kam, schlechterdings nichr vor übergehen konnte. Hinter den grosten ocbeiben des Erdgeschosses waren alte Nummern von „Punch" aus gebreitet, und so konnte einer mitten im Spazier gang durch die City, die mit ihrer Geschäftigkeit alles eher als spaßhaft dreinschaut, ein halbhundert Witze und Scherze auffangen, die ihn noch ein paar Stra ßenecken weiter zum Staunen der Vorübergehenden vor sich bi „kichern machten. Die Witze indessen waren cs weniger, die mich cnlockten, als vielmehr die lange Reihe der Vollbilder — „Kartons" — aus alten Punchnummcrn. Zur Zeit, da sie zuerst erschienen waren, hatten sie die Sensation des Tages ausge macht, und heute, da ihre politische Spitze längst die Schärfe cingebüstt hat, fesseln und entzücken sie noch .mmcr durch ihren künstlerischen Gehalt. Da sah man Beaconsfield und Salisbury, wie sie im vollen Ministerhabit ein i>rcs ckc ckc.-ux in den zier lichsten Pirouetten aussührten: dort Beaconsfield (Disraeli), wie er im Wüstensands vor der Memnos- fäule steht. Der schlaue „d'Isracli-te" hält einen Schlüssel an die Nase und schielt zu Memnon hin über, dessen gemeißelter Kopf ihm auch init einem offenen, einem zugeknisfencn Auge zuzwinkert. Die beiden verstehen sich, ist es doch der Karton aus der Zeit, da England durch Beaconsfields rasches Zu greifen sich die Suezkanalakticn gesichert hatte: der Schlüssel in des englischen Ministers Hand ist der Schlüssel zum Orient. Noch heute werde ich nicht müde, — plaudert A. Rutari in „Velhagen L klasings Monats heften" — diese „Kartons" zu betrachten, wie sic, solange „Punch" besteht, den Glanz punkt jeder Nummer ousmachen. Die Geschichte Englands laßt sich aus keine angenehmere Weise stu- tieren, als wie iic sich oon den „Punch"-Kartons in langer Reihenfolge ablesen läßt. Der Karton ist in die modernen Witzblätter hinübergekommen aus dem Flugblatt, wie es vor hundert und hundertundfünsM Jahren in der Mode .gewesen war. Damals erschien solch eine politische Karikatur, wann immer vom König oder non den Ministern etwas gebraut wurde, zumeist ein Trunk, der John Butt nicht munden wollte und unter Umständen schlecht bekommen wäre. Aber wenn sie auch ins Schwarze trafen, wie roh, wie maßlos übertrieben behandelten diese Bilder eines Gillray, eines Rowlandson u a. ihren Gegen» stand! So roh etwa wie die Sitten des englischen Gescllschaftslcbcns zur Zeit der George waren. Als Gcntlemen aufhörten, nach der Tafel unter dem Tische zu liegen, milderte sich auch di« Form der Karikatur. Viktoria bestieg den Thron, und eine verfeinerte Idee, ein boheitsvollerer Schwung kam in diese Linien. Mit John Leech fing die Wandlung an. in fernen Spuren wandelte John Tenniel, der ein halbes Jahrhundert hindurch der Kartonist von „Punch" ge wesen ist. Man erzählt sich, daß die klassischen Werte, die er in stillen Stunden im Britischen Museum ko pierte, ihm Geist und Hand für jenes Schönheits ideal schulten, das in jeder seiner Zeichnungen un verkennbar ist. An solch künstlerische Bedeutung, solch politischen Einfluß, ja selbst solch dauer haftes Bestehen mochten die Gründer von „Punch" wohl schwerlich gedacht haben, als sie vor siebzig Jahren die Herausgabe dieses Londoner.. Charivari' planten. Das war ein echtes Zigeunertleeblatt. ein paar Schriftsteller, ein Holzschneider, Henry Mayhew. Mark Lemon, Coyne, Landetts. Lustige Gesellen, sie alle, „mcri-v ckops", wie man in England zu sagen pflegt, und so wollten sie auch das neue Blatt „Tbc merrv Vos" (den vergnügten Hund) tauien. Nur ein Zufall hat dies verhütet. Saßen sie wieder ein mal in ihrer Stammkneipe beisammen und schlürften Punsch aus dampfenden Gläsern. Das Wortgefecht wogte hin und her über das neue Blatt und insbe sondere darüber, ob Mark Lemon oder ein anderer die Redaktion desselben übernehmen solle. Da riet einer, der eben den Saft einer Zitrone (lemon) in sein Glas träufelte, in die Versammlung hinein: „Selbstverständlich Lemon: unser Blatt, lilee a soock mixvire ok punob is notbing vsitbout lemon." Wie das Wortspiel zündete! „Kinder", rief sogleich ein anderer, „eine famose Idee! L-emon anck Lunck! „?unck" must das neue Blatt heißen!" Was wäre angenehmer zu erzählen, als wie nun das junge Blatt, von lebensfrohen Leuten mit ko- mischen Bildern und heiterem Text reichlich ausge stattet, sogleich einschlug und ihre Taschen mit gol denen Sovereigns vollstopfte. Am 19. Juli 1811 er schien die erste Nummer, und zum Jubel der Ver fasser wurde die gesamte Auflage binnen zwei Tagen ausverkauft. Indessen bald stieg der Absatz durchaus nicht über sechstausend, und zehntausend waren nötig, um die Kosten zu decken. Dem Verleger in seiner Philisterhaut bangte es; er war froh, als sich ein paar Wagehälse fanden — die Herren Bradburq und Evans —, die ihm seinen Anteil abkauften. Sie zahlten ihm bare 150 Pfund dafür. Fragt doch ihre Erben, wie oft dies Sümmchen genullt werden muffe, um heute „Punch" „in die Tasche zu stecken"!
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