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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 31.03.1911
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-03-31
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19110331016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911033101
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911033101
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-03
- Tag 1911-03-31
-
Monat
1911-03
-
Jahr
1911
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Bezugs-Prei- .< »>» r» d«ch «M« träger und Spedir«« 2»ul tlalich n"-«u» ^druchr -. SO nuuuL, K70^» ni«iel,»dr> «ut-nt«, Miul« «. «». »-hm-ft-Ü« ub^hul« 7» i»««N„ v«ch»t,^»r nnerhuld Druilchland« und der diMch«« »olonte» vierullührt. U.4» »««l. I^r« -»Ulchl. Puftbestellgeld. ft««« n Belgien. Dänemark, de» roaauftauten. Italien, »iuremdura. Niederlande, Nor« neaen, Oesterreich-Ungarn, Rußland, Schweben. Schweiz u. Spunien. In -Len übrigen Staaten nur direkt durch di» ÄeichLsrasteüe de» Blatte» «hiUllich. L-at Let»,^« Tageblatt »scheint 2 «al tjglich. Sann»«. ftet erlag» m» mar^u«. «noanewent-Aanad»« > Tagnstusplatz 8. »et nnjar», Lrckgern. ftUialen, Spedltaure» und DlnatzmesteLen. lowt« Postümteru und Bries trlger«. Srn,«l»»rk»u»«»r»i< d« Morgen- autgabe 1v»z, der Lbendausgab« » Nr. SO. Diorgen-Ausgabe. riWger T ageblaü Handelszeitung. Amtsblatt -es Aales und des Nolizeiamtes der Ltadt Leipzig. A«zeiflt«'Prei- ichu Ins««« »« »^ipzig und Um,,e»u-> di« Sgelpaltrn« 20 nam brat» Petttzeui 2, di« 74 >NM breit« SiellamezeU« «, «n»wärt» cv Stell«»« UL) Arserate «, Bed»rd«n i» «illtch« le die 74 »» breit» v»ttt»«ri« 40 »«schtftl«»»eigen mir Platzdoeschrtst« und in der >deak««ab» im »r«I« «dicht, «adalt »ach Latts. Beilagegebdd« ä p. Hausend «gll. Postgebühr. ftesterteilt« «luttrstae künuen nicht znrdck- gezogen »erden, ftür da» Erschein« an vemäuatea Tagen und Plätzen «t» kein« Haranti» übernommen. Snzeigen-tlnuahm«! Augustu«platz 8. del sämtlich« Ailial« u. all« Tnnonrrn. Lrpedition« de» Ja- und Lu«lande». «edatti»» «» «es-ist«stelle: Johannitgast« «. fternivrrcher: I46S>4, 14««. I4SV4. Haupt-Ätltalr Drrlden: Seestratze 4,1 (Telephon 4Ü2U. krettsg, üen 31. Märr 19N. 105. Jahrgang. Oss Müstiglte. * lleber die Erundzüge eines neuen Gemeinde- steuergesetzes für das Königreich Sachsen wer den halbamtliche Mitteilungen veröffentlicht. (S. d. des. Art.) * Der Reichstag begann am Donnerstag die zweite Lesung des Etats desReichskanzlers. Reichskanzler von Bethmann Hollweg sprach sich während der Debatte über die Stellung der Re gierung zu den Fragen der Schiedsgerichte und der Abrüstung aus. sS. Reichstagsber.) * Die Reichstagskommission zur Dorberatung der elsaß-lothringischen Verfassungsgesetze lehnte den Paragraphen über dieWahlen zurZweiten Kammer ab. sS. Reichstagkom. Ber.) * Der grundlegende Paragraph für die Feuer bestattung in Preußen wurde von der Kommission des preußischen Abgeordnetenhauses abgelchnt. sS. Dtschs. R.) * Die Lage der Arbeitslosen an der rus sisch-chinesischen Grenze gestaltet sich über- sus »ranrig. s§. Ausl.) Neichsksnzlertsg. I. Berlin. 30. März. <Priv.-Tel.) Der Saft steigt in den Stämmen des Tiergartens, ein leichter farbiger Schimmer breitet sich über die Zweige, laue Luft fächelt, neues Ahnen und Hoffen dringt in des Menschen Herz. Wohl allen liegt der Vorfrühling im Blute und im Gemüte, die heute zur Mittagszeit in das stolze Haus am Tiergarten pilgern. Es ist Reichskanzlertag. Die Etatsberatungon — mir stehen noch immer bei der zweiten Lesung — er leben ihre Zusammenfassung und ihren Höhepunkt beim Reichskanzleretat. Der Großbetrieb, auch der staatliche, verlangt nach einer einzigen Spitze. Diese Spitze ist für die Beratungen des Reichs parlaments der Kanzler. Beim Reichskanzler laufen alle Fäden der inneren und äußeren Politik zu sammen, er ist der verantwortliche Mann. So sind denn zu seinem Etat auch Wünsche aus allen Ge bieten aufgestellt,' nicht nur äußere Fragen, wie Ab rüstung, sondern auch sozialpolitische, wie diejenigen auf Förderung der Tarifverträge und der Arbeiter ausschüsse, die man vom Militär- und Marineetat her kennt, werden behandelt. Sie alle enthalten kategorische Imperative an die Person des Reichs kanzlers. Der also Angerufene ist pünktlich zur Stelle, mit ihm Delbrück, Kiderlen-Wächter, Lisco, Wermuth und andere. Die Tribünen sind stark besetzt. Die Hofloge hat heute Besuch. Graf Schwerin-Löwitz führt das Szepter des Hauses, und siehe da. als Erstem gibt er das Wort seinem Präsidialkollegen Spahn, der vom Zentrum be stimmt ist, an die Stelle des erkrankten Freiherrn von Hertling zu treten. Ein großer Genuß wäre es gewesen, den Münchner Professor, der vormals moderni stischer Neigungen verdächtig war, zu hören und der als Redner turmhoch über so manchen anderen emporragt. Der Ersatzmann sprach so leise, daß er kaum zu verstehen war. Man vernimm^ daß der neue Besuch des Deutschen Kaisers beim öster reichischen erwähnt wird, daß der klerikale Redner sich auch einige Worte über das vertrauensvolle Ver hältnis zum italienischen Nachbarstaate abringt, mit besten kirchenpolitischer Lage das Zentrum sich immer noch nicht ausgesöhnt hat, weil der Papst bisher unversöhnlich geblieben ist. Rußland, England, Holland, Schiedsgerichte, Abrüstung sind Merkworte der weiteren Darlegungen. Im allgemeinen, so er fährt man, ist das Zentrum mit der Regierung ein verstanden. Spahn schließt die temperamentlose Rede unter Beifall seiner Partei. An seine Stelle tritt der konservative Graf Kanitz. Wieder hört man von Italien, diesmal in warmen herzlichen Worten. Man hört von Rußland und der Potsdamer Begegnung, von England, und man fragt sich, je häufiger die Wiederholungen werden, ob es denn nötig ist, daß eine Partei nach der anderen einen Redner zu der gleichen Sache vorschickt. Was geht schließlich die Engländer und Rusten unsere Parteiengruppierung an? Würdiger wäre es, wenn endlich die großen bürgerlichen politischen Parteien einen gemeinsame« Redner zum Dolmetscher der Anschauungen der deutschen Volkes über die aus wärtige Politik machten. Warum soll nicht einmal Bastermann, das andere Mal Graf Kanitz, ein drittes Mal Wiemer die aurwärtige Politik behandeln und der deutschen Regierung die wünschenswerte parla mentarische volkstümli che Unterstützung für ihr Auf treten im Rate der Völker und, wenn es nötig ist, eine kräftige Anfeuerung geben? Sicherlich gibt es genug Abgeordnete, die diese Aufgabe mit Takt durchführen würden. Der bis jetzt geübte Brauch ist ermüdend und geeignet, die Wirkung abzuschwächen. Es ist begreiflich, wenn bei dem jetzigen Usus die Redner parteipolitische Spezialitäten vorbringen, schon um die Eintönigkeit zu vermeiden. Bagdabahn, Algecirasakte, Fremdenlegion, das Abkommen zwischen Kanada und der Union. Handels beziehungen zu Amerika, der englisch-amerikanische Schiedsvertrag waren die weiteren Hauptstücke des konservativen Redners. Frisches Temperament, aber nicht gerade geklärte Reife zeichneten den Dritten im Bunde, den Abg. Scheide mann (Soz.), aus. Selbst durch seine Rede klang so etwas wie Vertrauen zum neuen Staats sekretär. Er äußerte, wie neulich Bebel, große Anerkennung über die kulturelle Bedeutung der Bagdadbahn, und vom Dreibund rühmte er, daß er seine Schuldigkeit getan habe, indem er den Frieden wahrte. Nun soll er sich der Abrüstung annehmen. Ein Bündnis mit Frankreich ist im übrigen des Sozial demokraten Weisheit; aber er scheint da durch inner politische Anschauungen geleitet zu sein, denn er er hofft sich zugleich die Demokratisierung Deutschlands und Europas. Der nationalliberale Redner Bassermann suchte Aeußeres und Inneres zu trennen. Auch er hatte Anerkennung für die entschiedene und ruhige Ent wicklung der auswärtigen Politik. Dem Schieds gerichtsgedanken stimmte er zu, doch stand er dem weitergehenden Gedanken des allgemeinen Friedens skeptisch gegenüber. Folgte er in der äußeren Politik den schon von anderen Rednern betretenen Bahnen, so schlug er bei Erörterung der inneren Politik seinen eigenen Pfad ein. Er hatte sich vorgesetzt, die innerpolitische Lage in großen Zügen zu charakterisieren Was seit dem 24. Juni 19(8, dem Tage. da im Reichstage die Erb schaftssteuer abgelehnt wurde, geschehen ist, 'führte er noch einmal vor dem geistigen Auge herauf, wie er nicht müde geworden ist, diese Dinge in Ver sammlungen des Ostens und Westens, des Südens und Nordens vorzutragen. Herrn von Heydebrand, der die Haltung der Nationalliberalen bei der Reichsfinanzreform im preußischen Abgeordenhause angegriffen hatte, erwiderte er hier an der Stätte, wo diese Dinge hingehören. Herr von Heydebrand war übrigens nicht zu bemerken. Nochmals wurde be tont, daß die Nationalliberalen nicht aus Mangel an Patriotismus die Finanzreform abgelehnt hätten, sondern weil sie antisozialen Gehalt in sich trage. Das Bekenntnis des Herrn v. Heydebrand, daß die Branntweinsteuer der springende Punkt war, wurde mit Dank akzeptiert. Inzwischen hatte sich das äußere Bild völlig verwandelt. Nicht ein still zuhörendes Auditorium barg jetzt der Saal, sondern die einzelnen Abgeord neten, namentlich der Rechten, traten durch Zurufe und Stimmungsäußerungen mit in Aktion. Abg. Bastermann ist seiner ganzen Natur nach durchaus nicht auf Volksversammlungen mit schlagender Rede und Gegenrede gestimmt, ihm schweben die großen Ziele nationaler, liberaler und sozialer Politik vor. Die Augenblicksdialektik liegt ihm nicht, aber er hält, unbeirrt durch alle Zurufe von rechts und links, fest an dem Redeplan, den er sich gemacht hatte. Die Grün dung des Hansabundes wurde erwähnt, der Vor wurf der Landwirtschaftsfeindlichkeit wurde durch den Hinweis auf die Gesammtabstimmung über den Zolltarif entkräftet. Dann ging er zum Bauern bund über. Aber nun erwuchs dem Redner ein neuer dräuender Feind; Vizepräsident Spahn wollte die Erörterung der parteipolitischen Lage beschneiden. Der Redner aber verwies darauf, daß diese Dinge mit der Politik der ver bündeten Regierungen im Zusammenhang ständen, und unterließ nicht, in der Folge immer von neuem darauf hinzuweisen, daß bei der Etatslesung der artige Erörterungen Brauch seien. So konnte er unter Berufung auf Bennigsen der nationalliberalen Partei den Charakter als Mittelpartei, aber als libe rale Mittelpartei zuweisen, den immer steigenden Einfluß des Bundes der Landwirte auf die konser vative Partei festnagelnd und die von konservativer Seite den Sozialdemokraten geleistete Hilfe in Frankfurt (Oder), Neustadt-Landau, im Lippischen kurz erwähnend. Als der Redner mit der Erklärung, daß der Kampf bei den Neuwahlen mit aller Energie geführt werden würde, geschlossen, stritten Beifalls bezeugungen auf der bürgerlichen Linken längere Zeit mit Zischen, das aus den Reihen des Zentrums und der Rechten kam. Eine schwere Aufgabe erwuchs dem fortschrittlichen Redner Dr. Wiemer. Aeußere Politik war be handelt, die innere nicht minder. Da war es nicht leicht, Neues vorzubringen. Die aufgeräumte Stim mung der Rechten — soll man es Galgenhumor nennen? — dauerte an und entlud sich gegen Schluß in stürmisches Gelächter, als die Wahlausfichten be handelt wurden. Das Gelächter pflanzte sich, abge mildert zum Lächeln, auf die Regierungsestrade fort, und noch lächelnd erhob sich der Reichskanlzer von Bethmann Hollweg. Er wollte aber sicherlich durchaus etwas Ernst haftes sagen, als er dem Vorredner seinen Dank abstattete, daß er bis in den nächsten Winter hinein arbeitsfreudige Mitwirkung versprochen habe. Luch dieser Dank wurde von der Rechten mit Heiterkett ausgenommen. Auf die Finanzreform wollte der Kanzler nicht eingehen, der eigentliche Kampf sei ausgefochten, die Gesundung der Reichsfinanzen seine Wirkung. War diese Erklärung auch kurz, so war sie doch von politischer Bedeutung, da» mußte der Kanzler wissen. Der Beifall der Rechten und des Zentrums war daher nicht unverdient. Die eigentliche Rede de» Kanzler, galt dem Gedanken der Abrüstung und der Schiedsgerichte. Was er dazu sagte, war sorgfältig überlegt und fließend vorgetragen. Nach seiner Meinung läuft die Ab rüstung auf eine Kontingentierung hinaus. Doch hält er es für unmöglich, einen Maßstab für das Verhältnis der Kräfte zu finden, für ebenso unmög lich, eine Kontrolle auszuüben. Dagegen will das Reich den von England angeregten Nach richtenaustausch über den Flottenbau mit ¬ machen. Schiedsgerichtsverträgen steht das Reich ebenfalls nicht ablehnend gegenüber, aber daß das Schiedsgericht für alle Fragen, auch die höchsten Rechtsfragen der Völker, ausschlaggebend werden könnte, glaubt der Kanzler nicht. Ein lautes Bravo folgte den klar und einfach vorgetragenen Sätzen und als, ungewohnterweise, ein leises Zischen dazwischen klang, scheinbar von der äußersten Linken, wiederholte sich der Beifall. Schnell machte nun auch Staatssekretär von Ki- derlen-W-ächter sein Pensum ab. Ein Vielredner ist er nicht geworden. Heute hatte er Portugal aufs Korn genommen. Die Anerkennung der neuen Republik wird erfolgen, wenn die Regierung durch das heimische Parlament die Sanktion erhalten haü Dazu noch ein Einzelfall. Ein Deutscher in Oporto ist in seinem Eigentum geschädigt worden. Alle freundschaftlichen Vorstellungen sind bisher vergeblich gewesen, nun soll energischer vorgegangen werden. „Sie können sich darauf verlosten, daß wir das Recht des Deutschen energisch wahren werden", das hörte der Reichstag gern, und so hatte der Staatssekretär einen guten Abgang. Es folgte noch die Jungfernrede eines Polen, der besondere Erwähnung verdient. Es ist der Abg. von Mora wski, der für eine Versöhnung mit den Deutschen eintritt und die Broschüre ..Der kommende Tag" verfaßt hat. Noch ein paar Worte des Abg. Eickhoff (Vpt.), des Vorsitzenden der deutschen Abteilung der interparlamentarischen Friedensunion, und ein Vertagungsantrag wurde angenommen. Hat die Debatte um den Gehalt des Kanzler» den Höhepunkt bereit» überschritten ? Da, wird schließlich mit da gon abhängen, ob am Freitag Herr von Heydebrand das Wort ergreift. Jur Semeinüelteuer-Rekvrm verbreitet Wolffs „Sächsischer Sonderdienst" folgen den offiziös inspirierten Aufsatz: Das Ministerium des Innern hat einer Anzahl von Praktikern, Vertretern von Gemeinden und sonstigen sachkundigen Beteiligten soeben die Erund züge eines Gemeindesteuergesetzes mitgeteilt und sie eingeladen, ihre Bedenken und Wünsche dazu in einer mündlichen Besprechung geltend zu machen. Es hofft durch diese Besprechung eine mög lichst enge Fühlung mit den Erfahrungen des täg lichen Lebens auf dem Gebiete des Steuerwesens zu gewinnen. Aus den Grundzügen ist folgendes be sonders hervorzuheben: Das Steuergesetz für die politischen Gemeinden oll gleichzeitig mit einem Schul- und einem Kirchen teuergesetz eingebracht werden, die sich ihm eng an- chließen, so daß die Gemeinde-, Schul- und Kirchensteuern im allgemeinen einheitlich er hoben werden. Zwingende, die Selbstverwaltung der Gemeinden einschränkende Bestimmungen sind in viel geringerem Umfange als in dem Entwurf des Jahres 1904 in Aussicht genommen; sie betreffen lediglich diejenigen Punkte, in denen eine Durch führung der als notwendig erkannten Reform sonst nicht wohl denkbar ist. Diese Reform »verfolgt im wesentlichen 4 ver schiedene Zwecke. Einmal die einheitliche Regelung des sog. formalen Strafrecht», d. h. der Bestimmungen über Veranlagung, Rechts mittel, Nachzahlungsverfahren, Strafen, über Anfang und Ende der Steuerpflicht. Die willkürliche Ver schiedenheit der Vorschriften hierüber in den einzel nen Gemeinden hat heute, wo zahlreiche Personen in mehreren Orten steuerpflichtig sind, für die Steuer zahler große Unbequemlichkeiten und häufig auch Rechtsverluste im Gefolge. Man denke z. Ä. daran, daß die Reklamationsfristen in Einkommensteuer sachen in den Gemeinden zwischen 8 Tagen und 4 Wochen schwanken, und daß viele Gemeinden über haupt kein Reklamationsverfahren kennen. Ferner sollen die Besteuerungsrechte der Gemeinden gegen einander abgegrenzt werden. Das ist insbesondere zum Schutze von Perscnen nötig, die mehrere Wohnsitze haben oder an einem Orte wohnen, am andern ihrer Er- Werbetätigkeit nachgehen, weiter für gewerbliche Unternehmungen, die sich über mehrere Gemeinden erstrecken. Hier wird erstrebt, daß jede Gemeinde den ihr gebührenden Anteil an der Besteuerung er hält, dag aber auf der anderen Seite die ost recht drückend von den Betroffenen empfundenen Fälle einer ungerechten Doppelbesteuerung für die Zukunft ausgeschlossen werden. Soweit es sich dabei um die Abgrenzung der Steuerrechte zwischen sächsischen und außersächsischen Gemeinden handelt, wird, wie in Preußen und Bayern in jüngster Zett, der Weg des Staatsvertrage» in Aussicht genommen. In dritter Linie soll das Gesetz eine gerechte Ausgestaltung der Gem«i«deeinkommer steuer herbeiführen. Die jetzigen Einkommenfteuertarife vieler Gemeinden lasten m dieser Beziehung viel zu wünschen übrig, sei es, daß sie die kleinen Einkommen, zuweilen auch schon die mittleren, ungenügend heran ziehen. Dem soll künftig ein Riegel vorgeschoben werden. E» ist deshalb grundsätzlich künftighin auch der Gemeindeeinkommensteuer der Staatstarif mit leinen Klaffen und Sätzen zugrunde zu legen. Da aber dieser Tarif nicht überall ohne Schwierig keiten anwendbar sein würde, so können die Gemein den ihn innerhalb gewisser genau vorgeschriebener Grenzen abändern. Nicht gestattet ist die Ab- schwächung des Tarifs für die größeren Ein kommen; dagegen können sie die Sätze für die mitt leren und unteren Einkommen (bis zur Klaffe 20) ermäßigen oder erhöhen. Die Erhöhung, die den Steuersatz bei 300 .zt Einkommen höchstens bis auf das 2'/,fache, bei 1100 Einkommen höchstens bis auf das Doppelte des staatlichen Steuersatzes steigern kann, darf jedoch die folgerichtige Entwickelung der Progression nicht stören, d. h. eine wesentliche Erhöhung der Sätze für die unteren Einkommen ist nur angängig, wenn auch die Sätze für die mittleren Einkommen gesteigert werden. Weiter behalten die Gemeinden die Füg lichkeit, die untersten Einkommensteuerklaffen ganz wegfallen zu lassen. Freilich mußte ihnen anderer seits auch freigestellt werden, Personen mit einem Einkommen zwischen 2l)0 und 400 Mark zur Steuer heranzuziehen, und zwar schon deshalb, weil zahlreiche kleine Gemeinden ohne deren Be steuerung nicht auszukommen vermögen. Gibt es doch Gemeinden, in denen 50 Prozent aller Steuer zahler unter 400 Einkommen versteuern. Aber für den Fall, daß diese kleinsten Einkommen be steuert werden, ist wenigstens dahin Vorsorge ge troffen, daß sie nur mit ganz geringen Sätzen getroffen werden dürfen. Endlich möchte das Ge setz der einseitigen Inanspruchnahme und der Ueberkastung der Einkommensteuer entgeaentreten. Das die Aufbringung aller Ge meindelasten lediglich mit Hilfe der Einkommen steuer den Forderungen der Steuergerechtigkeit nicht entspricht, »st heute in der Wiffenschaft einmütig anerkannt. Immerhin gibt es Gemeinden, die in dieser Weise verfahren. Um das Steuerwesen der Gemeinden auf eine breitere Grundlage zu stellen, will nun zwar das künftige Gesetz nicht den Weg des Entwurfs von 190-1 einschlagen, der eine verhältnismäßig hohe Grundsteuer, eine allgemeine Gewerbesteuer und verschiedene kleinere Steuern den Gemeinden schlechthin vorschrieb. Vielmehr soll zunächst lediglich eine Grundsteuer in ganz ge ringem Ausmaße und eine ebensolche Besitz Wechselabgabe überall erhoben werden müssen. Da die Grundsteuer nur 5 Proz. des Bedarfs, der durch Einkommensteuer und Grundsteuer zu decken ist. betragen muß, und da bereits jetzt 95 Proz. aller Gemeinden Grundsteuer erheben, so ist diese Neuerung praktisch ohne einschneidendeWirkung. Wohl aber mehren sich die Anforderungen des Gesetzes, wenn die Einkommensteuer eine gewisse Höhe erreicht. So setzt die Erhebung einer Einkommensteuer in Höhe von mehr als 60°/» des in der Gemeinde für das Vorjahr ermittelten Staatseinkommensteuersolls für die politische Gemeinde voraus, daß neben einer Grundsteuer in Höhe von 10 Proz. des Eesamtbedarfs, der durch Einkommen- und Grundsteuer zu decken ist, eine Biersteuer in der nach Reichsrccht zulässigen Höhe, eine angemessene Lustbarkeitssteuer und eine Besitzwechselabgabe in Höhe von mindestens '/.» Proz. des Kaufwertes erhoben werden. Bei 60 Proz. Einkommensteuer steigt die Grundsteuer am 15 Proz. des gesamten Bedarfs — ein Satz, der im allgemeinen ohne Beschwernis getragen wird und über den hinaus eine Erhöhung im Gesetze nicht weiter vorgeschrieben ist. Die Besitzwechselabgabe ist, und zwar sür politische, Schul- und Kirchgemeinden zusammen, auf den Höchstsatz von 2 Proz. des Kauf wertes beschränkt. Auf die Forderung einer allgemeinen Gewerbe steuer haben die Grundzüge verzichtet; ebenso bleibt die Erhebung der übriaen kleineren Steuern zunächst dem Ermeßen der Gemeinden überlassen. Betragen jedoch die Einkommensteuern, welche sür die politische Gemeinde, die Schulgemeinde und die Kirchgemeinde erhoben werden, in der Gemeinde oder eineni Teile von ihr mehr als 150 Proz. des für das Vorjahr ermittelten Staatseinkommensteuersolls, so ist die Erhebung einer Einkommensteuer für die politische Gemeinde in Höhe von mehr als 65 Proz. nur mit Genehmigung des Mini steriums des Innern, dem der Nachweis der Notwendigkeit einer solchen Belastung der Ein tommensteuer zu erbringen ist, zulässig. Für die Schul- und Kirchgemeinde sind natürlich entsprechende Bestimmungen vorzusehen. 2m übrigen bringen die Erundzüge noch zahlreiche einzelne Bestimmungen. deren Beleuchtung hier zu weit führen würde. Sv ist z. B. die Kopfsteuer auf den Aussterbeetat gesetzt, dergestalt, daß sie nicht mehr neu einaeführt und dort, wo sie besteht, von der Aufsichtsbehörde beanstandet werden dars, falls sie zu Härten führ». Ferner soll die Gemeinde die Füglichkeit haben. Arbeiterversicherungsrenten entweder ganz steuerfrei zu lassen, oder doch nur zu */» zur Ein kommensteuer heranzuziehen. Wichtig ist es z. B. noch, daß auch für die Besteuerung der Grundstücks- forenser Bestimmungen vorgesehen sind, die von den Gemeinden wie von den Forensern selbst empfundene Mängel beheben sollen. Die Grundzüge suchen einen Mittelweg zwischen dem geschichtlich Gewordenen und Eingeiebten, dem theoretisch Wünschenswerten einzuschlagen. Es soll vermieden werden, ohne Not die Steuerverfaffung der Gemeinden von Grund auf zu erschüttern. Diesem Streben entspricht es auch, daß den Gemeinden ge raume Zeit für die Anpassung an die neuen Vor- schiiften geyeben werden soll. Von dem, was die Regierung in der Denkschrift zum Entwürfe des Jahres 1904 al» besonders im Staatsinteresse liegend forderte, hat sie einen wesentlichen Teil zugunsten der Gemeinden beiseite gestellt. Die sächsischen Ge- meinden werden getreu der historischen Entwickelung auch nach diesen Grundzügen eine größere Steuer autonomie behalten, al» ste in irgend einem deutschen Staate zu finden ist.
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