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czugv-'preib «MettLhrl. «et uni«. ^ili«I« ». »». «chmeftelle« adgehott: 7» 4 «onatl^ K.KL vierteliLhrl. Durch die P»R: leeerbeld Demtchianv» «ad der deutich« dchoaiea vierreljLhrt. V.k* »onatl. IL« «ch aullchl. Poftbeslellacld. gerne: ia Belgien, Dänemark. d«a Lonaustaalen, Jtal«. Luremdu«, Niederlande, Nor- wege», Oqlerreich-llngarn, dindlaad, Schweb«^ Sch«e>i a. tzpaaie». Ja alle» ädrigen Staaten nar direkt durch die <detchäit»u»lle de» Blatte« erhtlUich. Da» tjeivtiger La«edl-N rricheuu 2 »al täglich, Soun. a. geier-aal nur morgen». Ld»nne eut.Lnnaume: Uuguäu-vlatz 8, d« »nieren Lrägern, .Vlialeu, Spedrkruren und Lnuadmesleüen, sowie Postämtern und Bnetlrägern. iLinzelderkauitprel» der Morgen- «nlgabe 10 der r-bend usgabe S «d, »edakti»» und Geschäft-Kelle: J»hana>«aasle d. llernsprecher: l46uL 14««, 14M4. Abend-Ausgabe. eWMrTagMaü Handelszeitung. Ämtsvkatt des Rates und des VoNzeiamtes der Stadt Leipzig. 'Ltnzeliikn-Prei- iäe Icheral« «u« und Umgevun» dt« ügeioaltene LO nun drett» Pctit»»ile L di« 74 nun dreit« diettame^etle I v« au»wän» » 0^, Keklamen 1.20 Jaserat» von Beddrden « amtlichen Teil die 74 ww breit« Hettl^eile 40 0^ «eschäst-an,eigen mit P atzborichr>uen uud i» der Adendausand« >:n 4-reoe eryohr. biadati nach Larck. Beilagegebühr s ^s p. Lauten» exkl. Postgebühr. «Zekeeteilt» tlutkräg« kchiaen mchr ,urkk» -eeogeu werden, stür da» i!rich8ne» an deftlwmten äagea und Plätzen wird kein« iLaranne übernommen. «neigen, «naadme: Auguftu-platz 8^ del tämtllchen Kilmlen u. allen Äunoncea- itrpebillonen de» In« und Än-land««. ^audt Siltale Berlin: llarl Lunlter. Herzogl. Baur. Hofbuch» Handlung Püyowstiane >0. tlel vdoa VI. Sir. 4ÜUji- Hauvt-Siltale Lre-de« Seestrave 4.1 (Lelephon -tüül-. Nr. S3 Soanadenü. ürn 4. MSrr iSll los. Jahrgang. Veamtenkanüiüsturen. Die „Sachs- Natl. Korr." schreibt: Di« „Deutsche Tagesztg." hat sich mit einer Beamtenkandidatur befaßt, die, wie sie mitteitt, vom Landesverband der Fe st besoldeten im Wahlkreise Oschatz-Erimma.Wurzen au,» gestellt worden sei. Auch in andern Blättern wurde diese Kandidatur besprochen, und hinzugefügt, daß > Herr Obertelegraphenassistent Otlo aus Leipzig zu gleich der Kandidat der nationalliberale.r Partei sei. Diese Mitteilung ist auf ein Rund schreiben zurückzuführen, das der Land-sverband der Festbesoldeten an seine Mitglieder und Vertrauens männer im Wahlkreise Oschatz-Grimma-Wurzen ge sandt hatte, um festzustellen, ob die von ihm vorgc- fchlagene Kandidatur Anklang frnden würde. In dem Schreiben war mitgeteilt, daß sich der Landes verband an die. nationalliberale Partei mit der Bitte gewandt habe, „in diesem Wahlkreise das Vor standsmitglied des Nationallibrralen Vereins zu Leipzig, Herrn Obertelegraphenassi-tenten Arthur Otto, als Reichstagskandidaten auszustellen". Der Landesverband der Festbesoldeten hat bereits in der Presse die irrtümliche Meinung, daß es sich um eine nationalliberale Parteikanotdatur Hanoi«, berichtigt. Das Rundschreiben rst, wie wir fest stellen, ohne Zutun des Nationallrberalen Landes vereins und des Nationalliberalen Vereins für Leipzig und Umgebung ergangen. Die Leitung der nationalliberalen Wahlkreisorganrsaticm im elften Wahlkreise hatte ebenfalls nichts mit der Sache zu tun. Die nationalliberale Partei hält an dem Gebrauch fest, wonach die Aufstellung der Kandidaturen zu nächst Ausgabe der einzelnen Wühlkreisorgani- sationen ist. Wenn allgemeine Abmachungen mit andern Parteien notwendig sind, so werden sie, wie zurzeit mit der Fortschrittlichen Dolkspartei, allerdings von der Parteileitung geführt; es ist aber auch in diesem Falle selbstverständlich, daß über das Vorgehen in den einzelnen Wahlkreisen nichts ohne die Zustimmung der Wahlkreisorganisationen ver fügt wird. Was nun das Verlangen des Landesver bandes der Festbesoldeten nach einer aus seinen Reihen zu nehmenden Kandidatur angeht, so hat der Verband an den Vorstand des Nationalliberalen Landesvereins das Ersuchen gerichtet, auf die Er füllung dieses Wunsches hinzuwirken. Der Vorstand des Landesvereins hat geantwortet, daß er eine solche Kandidatur, wenn sie in dem in Frage kommenden Wahlkreise einen genügenden Rückhalt in der Wäh lerschaft und vor allem in den Anhängerschaft der Partei habe, also Aussicht auf Erfolg biete, befür worten werde. Der Vorstand hat sich auch in diesem Sinne ernstlich bemüht, ebenso wie er das gleiche Ver langen der nationalen Arbeiterschaft zu befriedigen sucht. Eine Verteilung der Kandidaturen nach d«n Wahlkreisen in der Weise herbeizusühren, daß jeder * Berufsstand und jeder Interessenverband zu mindestens einer Kandidatur gelangt, wird keiner politischen Partei, so sehr sie bemüht jein mag, den Lerufsinteressen gerecht zu werden, möglih sein. Der Reichstag ist bekanntlich kein berufsstän disches Parlament, sondern eine aus allgemeinen Wahlen hervorgehende politische Volksver tretung." Ole Rrdeiten ües Reichstags, besonders die Etatsberarung, sind seit Neujahr nur langsam fortgeschritten. Obgleich der Etat rechtzeitig vorgelegt wurde, sind bisher nur die Etats der Marineoerwaltung und der Justizver waltung in zweiter Beratung erledigt. Es unterliegt keinem Zweifel, daß, wenn der Etat nicht bis zum 1. April fertiggcstellt wird, die Erledigung der dem Reichstag sonst noch vorliegenden Gesetzentwürfe ernstlich gefährdet werden würde, abgesehen von den für die Verwaltung hieraus entstehenden Schwierig keiten. Die beiden großen Vorlagen — die R e i ch s - Versicherungsordnung und die Straf prozeßordnung — erfordern allein schon für ihre Verabschiedung im Plenum mehrere Wochen. Und wenn die Etatsberatung bis nach Ostern ausgedehnt würde, so dürfte die Zeit für die Erledigung dieser wichtigen Gesetzentwürfe nicht ausreichen. Für die Erledigung der Etats beratung bis zum 1. April steht jetzt noch die selbe Anzahl von Veratungstagenzur Verfügung, die die noch nicht erledigten Etats in den Vorjahren erforderten. Aufgabe aller Parteien wird es daher sein, die Beratungen so zu gestalten, daß der Etat verfassungsmäßig bis 1. April fertiggestellt wird. PolitlMe Nachrichten. Der kommende Landtag und seine Arbeiten. In politischen Kreisen ist in letzter Zeit mehrfach die Frage erörtert worden, ob und welche größeren wichtigeren Vorlagen und Gesetzentwürfe den kommenden, im Herbste zusammentretenden sächsischen Landtag beschäftigen werden. Man hat behauptet, daß größere Vorlagen dem Landtage nicht unter- breitet werden sollten, und daß besonders die Fertig stellung des Gesetzentwurfes einer Volksschul reform auf derartige Schwierigkeiten gestoßen sei, daß an das Zustandekommen eines brauchbaren Volksschulgesetzes nicht mehr zu glauben sei. Neuer dings hat sich aber dock in Regierungskreisen das Be streben geltend gemacht, die Vorarbeiten des Gesetz entwurfes über die Volksschulreform in der Weise zu fördern, daß, ungeachtet aller Schwierigkeiten, die noch zu überwinden sind, die Volksschulreform dennoch an den Landtag gelangen kann, und Kultusminister Dr. Beck selbst ist der jenige, wie uns aus maßgebenden Kreisen mitgeteilt wird, der aufs eifrigste bestrebt ist, den Gesetzentwurf der Volksschulreform so zeitig fertigzustellen, daß er etwa in der Mitte der Landtagssession dem Landtage vorgelegt werden kann. Weit weniger Aus sichten auf einen befriedigenden Abschluß hat in dessen die Reform der Gemeinde st euergesetz- gebung, die bereits seit längeren Jahren Regie- rungs- und andere beteiligte Kreise fortdauernd be schäftigt, ohne daß es bisher den maßgebenden Fak toren gelungen ist, diese wichtige Reform einem be friedigenden Abschlüsse entgegenzubringen. Zur Reichstagsstichwahl in Immenstadt. Am Freitag hielten die sozialdemokra tischen Vertrauensmänner des Wahlkreises Kempten-Imm en st adt mit Vertretern des Landesverbandes der Partei eine Konferenz ab, in der beschlossen wurde, in der am 7. März stattfinden- den Wahl f ü r den n a t i o n a l l i be r a le n Kan didaten zu stimmen. Dieser hat sich verpflichtet, gegen jede Verschlechterung des Reichstagswahlrechts, gegen jeden Angriff auf das Koalitionsrecht, gegen jedes Ausnahmegesetz und gegen jede Einschränkung der Selbstverwaltung bei der Sozialgesetzgebung sich zur Wehr zu setzen. Das Programm des neuen französischen Kabinetts. Paris, 4. März. (Tel.) Der „Matin" berichtet: Der neue Minister des Auswärtigen Cltippi hatte gestern verschiedene Botschafter besucht und bei dieser Gelegenheit ausgesprochen, daß er den Wunsch hege, im Sinne des Friedens die Bündnisse und Freundschaften Frankreichs aufrechtzuerhalten, zu entwickeln und zu betätigen und anderseits die guten Beziehungen zu allen Negierungen, besonders in wirtschaftlicher Beziehung, zu befestigen und zu erweitern. — Dasselbe Blatt berichtet, Laß der neue Kriegsminister Berteaux am Tage vor dem Rück tritt des Kabinetts Briand folgende Aeußerung getan habe: „Ich betrachte den Aeroplan als ein wundervolles Kriegswerkzeug in den Händen der Franzosen. Er ist für Aufklärungszwecke durchaus unerläßlich geworden und wird in dieser Hinsicht Er staunliches leisten: aber ich gehe noch weiter. Ich glaube, daß der Acroplan auch im Angriff eine Waffe werden wird, deren furchtbare materielle und moralische Wirkungen man gar nicht ermessen kann. Wir können den Gebrauch des Aeroplans gar nicht genug fördern. Frankreich ist eine große Mili tär- und Seemacht, aber es muß die größte Lustmacht werden." Zum griechisch-türkischen Grenz-Zwischenfall. Athen, 4. März. (Tel.) „Agence d'Athenes" be zeichnet die Darstellung der türkischen Bot schaft in Berlin über den Erenzzwischenfall bei Domenikon, nach dem zwei türkisch« Soldaten von griechischen Soldaten an der Grenze überfallen, auf griechisches Gebiet geschleppt und dort auf roheste Weise erschlagen worden seien, als unrichtig. Demgegenüber wird erklärt: Die beiden Soldaten sind in dem Scharmützel getötet worden und in den Peneiosfluß gefallen: eine Leiche wurde ge funden und bestattet. Unrichtig ist ferner, daß der griechische Präfekt sich weigerte, die Leiche herauszu geben, denn es ist angeordnet worden, die Leiche aus zugraben und dem türkischen Konsul in Larissa zu übergeben. Auch die Nachforschungen nach der anderen Leiche sind anbefohlen worden. Die Unter suchung über den Zwischenfall wird fortgesetzt. Die Regierung erließ strenge Befehle und ist fest ent schlossen, die Verantwortlichkeiten festzustellen und ge gebenenfalls die Schuldigen streng zu bestrafen. Ein neuer Boxerausstand in Sicht? Petersburg, 4. März. (Tel.) Aus Wladiwostok wird gemeldet, daß der Ausbruch eines Boxer- aufstandes täglich erwartet wird. Die gesamte ausländische Presse Ostasiens empfiehlt den Regierungen ihrer Länder, Maßregeln zum Schutz ihrer Untertanen zu ergreifen. In Mukdcn wurden Proklamationen verteilt, in denen aufge fordert wird, die Ausländer umzubringcn oder aus dem Lande zu vertreiben. Kus Leipzig und Umgegenü. Leipzig, 4. Mürz. Wetterbericht der Kgl. Sachs. Landeswettcrwarce zu Dresden. Voraussage für den 5. März. Westliche Winde, meist bedeckt, milde, zeitweise Regen. Pöhlberg: Starke Schneedecke, fester guter Weg bis Annaberg. schwacher, rasch verschwindender Rauh- frost, Schneehöhe 20 Zentimeter. Fichtelberg: Ununterbrochen starker Rebel, gute Schlittenbahn dis in die Täler, starker, anhalten her Reif, großartiger Rauhfrost, Schneehöl)« 260 Zenti meter. * Jubiläum. Herr Kriminal-Oberwachtme.ster Haack vom Polizeiamt der Stadt Leipzig beging ani 1. März sein 2öjähriges Dienstjubiläum. De: Jubilar erfreut sich seltener körperlicher und geistiger Frische. Er wurde von seiner Behörde und von seinen Kollegen reichlich bedacht. * Platzmusik. Am Sonntag, den Mürz, findet die militärische Platzmusik auf dem Lchmuckplatz an der Montbüstraße vor dem Dienstwohngebäude des kommandierenden Generals durch das Musikkorps des König!. Sachs. Infanterieregiments „König Georg" Nr. 106 statt. Beginn 11 Uhr 30 Min. vormittags. Musikprogramm: 1) Choral: Wachet auf, ruft uns die Stimme"; 2) Barbarossa- Marsch, von Matthey; 3) Ouvertüre zur Oper „Euryanthe" von Weber; 4) Liebeslied. Walküren ritt und Wotans Abschied aus dem Mujikdrama „Die Walküre" von Wagner; ö) „Unter dem blühen den Lindenbaum", Lied aus der Operette „Brüder lein fein" von Fall; 6) Selektion aus der komischen Oper „The Mikado" von Sullivan; 7) a. „Für Kaiser und Reich", Marsch von Mejo; b. „Unter deutscher Flagge", Marsch von Andrd. * Der Verein für erziehliche Knabenhandarveit veranstaltet gegenwärtig, wie schon oft an dieser Stelle bekannlgegeben, im Seminar für Knabenhand arbeit, Scharnhorstftraße 20, I, eine Ausstellung von Arbeiten aus dem Gebiete der Arbeitsschule. Da die Ausstellung am Sonntag, den 5. Mürz, von 11—1 Uhr zum letztenmal geöffnet ist, wird noch einmal ganz besonders zum Besuch «ungeladen. * Ausbildung von Militäranwärtern für den Kaufmannsberus. Vor einiger Zeit wurde berichtet, daß di« Heeresverwaltung die Korpskommanüos an gewiesen habe, befähigte Unteroffiziere für den kauf männischen Beruf vorzubereiten. Begründet wurde diese eigentümliche Anordnung damit, daß die Zivil personen in den Beamtenkategorien, die früher bei nahe ein Reservat für Militäranwärter waren, stetig zunehmen und anderseits auf keinem Gebiet ein so großer Bedarf an Angestellten herrsche wie in den kaufmännischen Betrieben. Auch der Handlungs gehilfenstand leidet unter einer „stetigen Zunahme", so daß kaufmännische Kräfte selbst bei umfassender Schule und Praxis oft für einen kläglichen Lohn arbeiten müssen. Da wäre es noch schöner, wenn das im Kaufmannsstande mehr als anderswo zu findende Eindringen berufsfremder Elemente nun auch noch von Amts wegen gefördert würde. Doch bleibt dabei, selbst wenn der Herr Kriegsminister wider alles Er warten bei Handelskammern und Firmen in größerem Maße Gehör finden sollte, die Hoffnung, daß die Militäranwärter schon so unter dem Einflüsse der alles beherrschenden Idee sicherer Versorgung die schwachen und schwankenden Aussichten privater Oie Dame in Grau. 4) Roman von Anny v. Paunhuys. (Nachdruck verboten.) Als Stetten über den Bahnhofsplatz schritt, zeigte die Uhr über dem Hauptportal gerade ein Viertel vor elf. Er überlegte, wo er wohl zunächst am besten Erkundigungen einzuziehen versuchte. Vielleicht am Billettschalter. In diesem Augenblick bemerkte er den Wacht meister Grimme, den er gut kannte und der heute hier am Bahnhof Dienst zu haben schien. Er näherte sich dem Beamten, der respektvoll grüßte. „Guten Abend. Herr Wachtmeister, na, schon lange auf dem Posten?" „Von neun Uhr an, Herr Referendar." „So — ach, da könnten Sie mir vielleicht eine Auskunft geben. Ich hatte mich heute mit einer be kannten Dame hier verabredet, war jedoch ver hindert, pünktlich zu erscheinen. Das ist mir natür lich sehr unangenehm. Vielleicht haben Sie die Dam« gesehen?" „Möglich, Herr Referendar, wie sieht sie denn aus?" „Groß und schlank, sehr hübsch, rotblondes Haar " ,^llnd hellgraues Kleid", vollendete der Wacht meister. „Ja, ganz recht." „So, die hat hier auf Sie gewartet? Na, dann erklärt sich ja di« Sache. Ich habe mit der Dame sogar gesprochen, sie kam mir sehr aufgeregt vor und fragte mich, ob der Berliner Schnellzug schon weg wäre. „Natürlich, sage ich, der fährt Punkt einhalb zehn, und als das Fräulein auf mich zutrat, waren'» schon -wanzig Minuten über di, Zeit." „Ja, ja, ich hatte di« Absicht, mit dem Zug« nach Berlin zu reisen, da, wußte die Dame, sie hat sich wohl auch ein wenig verspätet und glaubte nun, ich sei abqereist." „Sie fragte mich dann noch, wann der nächste Schnellzug nach Berlin fährt. Ich antwortete ihr, morgen früh um sieben Uhr. Sie bedankte sich und nahm sich drüben am Bahnhofsplatz einen Wagen." Das war ja prächtig? Si« hatte den Zug ver. säumt und mußte sich also noch im Weichbild der Stadt aufhalten — es konnte ja nicht allzu schwer sein, ihren hiesigen Aufenthalt auszukundschaften. Sollte er sie nicht finden, würde er sich für alle Fälle morgen früh am Zug umsehen. Besonders freute er sich, daß er richtig kalkuliert hatte, ihr Reiseziel war die Metropole. Mit zerstreutem Gruß verabschiedete sich Stetten von dem Wachtmeister, der ihm mit einem ver schmitzten Lächeln nachsah, er dachte sich so allerlei. Sicherlich spielte da zwischen dem Referendar und der schönen Dame eine ganz interessante Liebesgeschichte. Oh, er hatte einen famosen Blick für sowas, jawohl, Wachtmeister Grimme schmunzelte behaglich in sich hinein. Stetten schlenderte inzwischen durch die um diese Zeit menschenleere Hauptstraße. Es war eigentlich für heute schon zu spät, noch in den Hotels Nachfrage zu halten, es würde zu sehr auffallen, besser, er geht morgen früh erst mal an den Zug, und so steuerte er dann seinem Junggesellenheim zu. Plötzlich klang ein „Guten Abend" an sein Ohr, an seine Seite trat mit höflichem Gruß ein Mann in der Uniform eines Vahnbeamten. „Verzeihung, Herr Referendar, wenn ich störe, ich möchte Ihnen gern etwas zeigen und Sie etwas fragen. Ich habe heute so 'n komisches Erlebnis ge habt und weiß nicht recht, wie ich mich nun zu be nehmen habe." „Guten Abend, Schmitt, wir haben ja denselben Weg, also raus mit der Sprache." Der Streckenarbeiter Schmitt wohnte mit dem Referendar in einem Haus«, und die dicke Frau Schmitt hielt die Junggesellenwohnung Stettens in Ordnung. Die beiden Männer gingen nebeneinander her, laut hallten ihre Tritte in der einsamen Straße wider. „Za, wie gesagt, ein komisches Erlebnis hatte ich beute", beyann Schmitt, „wirklich komisch. Nachträg lich must ich ia über die Geschichte lachen, aber im Augenblick, als mir das Ding gegen den Kopf flog, meinte ich nicht anders, als es sei 'ne Kugel oder 'n« Bombe", er lachte leis« wie in Erinnerung. „Nun erzählen Sie aber mal etwas geordnet, lieber Freund, was Ihnen passiert ist, sonst muß ich annehmen, Sie hätten ein Gläschen über den Durst getrunken", unterbrach der Referendar den Lachenden. „I, Gott bewahre, Herr, wo werde ich denn! Also hören Sie. Ich hatte heute abend die Strecke bis zum ersten Wärterhäuschen zu revidieren. Eben will rch mich auf den Rückweg machen, da sehe ich den Berliner Schnellzug ankommen. Ich trete beiseite und gucke so aus die erleuchteten Fenster; da sehe ich in dem einen Coups am Fenster eine graue tsiestalt, ob Mann oder Frau, mochte ich in der Eile nicht genau sestzustellen, ich sehe einen erhobenen Arm, und ehe ich noch recht wußte, was los ist, fliegt mir etwas Hartes gegen die Stirn, daß mir einen Moment ganz betäubt zumute war. Als ich mich dann langsam be sinnen konnte, war der Zug schon verschwunden, und da ich weder Blut an meinem Kopse fühlte, noch sonst Schmerz verspürte, nur so ein leichtes Brennen, als wenn ich mich gestoßen hätte, dachte ich bei mir: da hat irgend so ein dummes Weibsbild 'ne leere Büchse oder Flasche zum Fenster rausgeworfen. Erst wollte ich mich nicht weiter darum kümmern, aber dann leuchtete ich mit meiner Laterne doch ein wenig die Gegend ab, und wissen Sie, Herr Referendar, was ich finde?" „Nun?" drängte dieser, der schon bei der Erwäh nung einer grauen Gestalt aufgehorcht hatte. Schmitt faßte umständlich in seine Tasche und brachte ein schwarzes, sehr elegantes Lederetui zum Vorschein: beim Schein der nächsten Straßenlaterne erkannte Stetten darauf eine große, goldgepreßte Kron« und die Initialen I'. ir. Mit fast fieberhafter Eile öffnete er und prallte erschreckt mrück — das Etui war leer, nur die Form eines zirka fünf Zentimeter langen Kreuzes prägte sich in dem weißen Samtpolster ab. „War das Etui leer, Schmitt?" „Freilich, Herr Referendar." „War es offen, als Sie es fanden?" „Nein, fest zugeknipst." „Hm, dann konnte es sich wohl kaum bei dem Wurf von selbst öffnen und wieder schließen?" .^Sicher nicht; das Kästchen muß schon leer zum Fenster hinausgeworfen worden sein", antwortete der Beamte, „und deshalb war ich eben im Zweifel, sollte ich meinen Fund, der doch eigentlich keinen Wert hat, der Polizei melden, oder nicht. Als ich Cie nun vorhin vor mir hergehen sah, dachte ich gleich, da mußt du mal den Herrn Referendar fragen, der versiebt sich ja auf solche Sachen. Wissen Sie, die Krone sieht so riesig vornehm aus, die hat mich ein bißchen erschreckt." Stetten trug den kleinen Gegenstand noch immer in der Hand, tausend Gedanken schossen pfeilgeschwind durch seinen Kopf. Das war ja eine vollständig ver wickelte Geschichte! Der Wachtmeister Grimme wollte zwanzig Minuten, nachdem der Berliner Schnellzug die Halle verlassen, der Beschreibung nach, die ominöse Dame gesehen haben, und seinen Reden nach mußte die Ge suchte noch innerhalb Barmenstädts sein, und nun be hauptete der Streckenarbeiter Schmitt, daß ihm eine Person in Grau aus dem Berliner Schnellzug ein Etui gegen den Kops geworfen hatte, und dieses Etui war nach der genauen Beschreibung das vermißte, in dem sich das wertvolle Kreuz befinden mußte! Mußte? — Es befand sich aber nicht darin. Vielleicht wollte sich die Diebin des auffallenden Kästchens entledigen und warf es deshalb aus dem Coupöfenster; ja, aber wenn die graue Dame, wenn Rita von Predewitz als Diebin in Betracht kam, dann konnte sie doch nicht in Barmenstäüt sein und zu gleicher Zeit nach Berlin reisen. Einfach toll. Referendar Stetten schüttelte ge dankenschwer den Kopf, drückte dem Manne, der noch immer auf Antwort wartete, einen Taler in die Hand und bat ihn, ihm seinen Fund zu überlassen und im übrigen über die ganze Sache vorläufig Schweigen zu bewahren. Schmitt fragte nicht weiter, weshalb und warum, er versprach alles und streichelte liebkosend mit den Fingern über das schnell verdiente Geld, innerlich aber dachte er, daß der Referendar doch eigentlich ein furchtbar komischer Herr sei. Fünftes Kapitel. Am nächsten Morgen saß Stetten schon vor sechs Uhr bei seinem selbstbereiteten Frühstück, bestehend aus Tee, Schwarzbrot, Schinken und Eiern. Es wollte ihm, der sonst gewiß kein Kostverächter war, heute aber absolut nicht schmecken; er sann über den Fall nach, den er da gestern übernommen, und überlegte, ob es ihm wohl gelingen würde, Licht m die ziem lich dunkle Affäre zu bringen. Sein Ehrgeiz wollte es nicht zulassen, nun, da er sich einmal mit der Sache befaßt hatte, den Kriminal(ommissar ins Ver» trauen zu ziehen. Dann konnte er ja nicht »ehr selbständig seiner Spur folgen, sondern mußte den Freund als Autorität über nch anerkennen, und dazu verspürte er nicht die mindeste Lust. Nein, den Heu» ' tigen lag wenigstens wollte er noch dazu benutze«, allein fein Heil zu versuchen.