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s. vettaye Momag, e. März lSN. LetpMer Ta-edlstt. Nr. er. los. Jülirysn». Melheiü Kalsnüs Schicksal. 12j Roman von Marie Bernhard. (Nachdruck verboten.) Aber unser gutes Fräulein Goßmann wußte Nat. Längst war sie nicht mehr unsere einzige Lehrerin, wir wurden in Naturwissenschaft, Physik und Mathe matik van einem lang aufgeschossenen Kandidaten, in Literatur. Kunstgeschichte und Deutsch von einem ältlichen Doktor der Philologie unterrichtet, und siir Fräulein Goßmann blieben nur noch sprachen, Religion und Musik übrig. Dennoch lernte ich nach wie vor am liebsten „für sic" — ich stand noch in dem Alter, in welchem man siir den Lehrer arbeitet! — und wir waren sehr gute Freunde, sie inter essierte sich freundlichst für mein tleines Machwerk und lies; in ihrem Hause unter ihrer Direktion von ihrer eigenen Schneiderin zwei Gewänder Herstellen, die, obschon wahrscheinlich nicht ganz stilgerecht, doch unfern ungeteilten Beifall fanden, denn sie waren schneeweiß nnd duftig und so kleidsam, wie nur irgend möglich. — Dieser Abend nun bedeutete einen vollen Erfolg für mich und lührte mich um ein gutes Stück weiter auf einer Bahn, die mir verhängnisvoll werden sollte . ... auf der Lahn der Eitelkeit und des glühenden Ehrgeizes! Es war eine zahlreiche Gesellschaft zu Astrids vierzehntem Geburtstag geladen, auch mein Vater war zugegen, und ich brannte darauf, gerade vor ihm mich als Dichterin und als Vertreterin der Poesie zu produzieren, — war doch daheim fast gar keine Ge legenheit dazu, und suchte er doch meinen immer stärker aufflammcnden Enthusiasmus für die Bühne häufig genug durch Witze und scherzhafte Bemer kungen. die wie ein Guß eiskalten Wassers wirkten, zu dämpfen. Meine Mutter tonnte jedes Wort meiner „Dichtung" auswendig, ich war so oft als Poesie an ihren Krankcnstuhl getreten und hatte Probe gehalten, daß sie mir bei etwaigem Versagen meines Gedächtnisses hätte einhelfcn können. Es war mir eine schwere Enttäuschung, das? meine Mutter mit ihrer Anerkennung sehr zurückhaltend war, daß sie dem ganzen Fest und meinem Anteil daran eine nur flüchtige Beachtung schenkte und gar keine großen Erwartungen daran zu knüpfen schien. Die Arme — die Liebe! Wußte sie doch nur zu genau im voraus, wie alles kommen würde . . . war sie doch nur be müht, ein wenig gegen Lob und Schmeichelei, die sie mit Recht für mich als verderblich erachtete, anzu kämpfen! Ich verstand dies natürlich nicht — wie sollte ich? —. aber doch fehlte mir in der zitternden Vorfreude dieses Tages ein Akkord, der mein Kinder herz, töricht wie es war, zum vollen Klingen brachte: der ungeteilte Beifall meiner Mutter! Als ich von Hause fortsuhr, das griechische Gewand wohlverwahrt in einem Karton auf dem Rücksitz des Wagens, sagte ich es mir mit einer Art von Trotz: „Es wird doch kehr schön werden! Doch sehr schön! Wenn auch die bei mir zu Hause so tun, als ob ihnen nichts daran gelegen ist!" — Denn auch Mine Altmann hatte saure Gesichter gezeigt und allerlei von „Firle fanz" und „Äfferei" gesprochen, und Fräulein Grosse verhielt sich der ganzen Festlichkeit gegenüber so kühl und ablehnend, wie sie es bei allem tat, was mit mir zusammenhing. Wir waren und bliebe» einander innerlich fremd, sie hatte es aufgeben müssen, mich zu sich heranzuziehen, und es war mir zu Ohren ge kommen, daß sie geäußert hatte, ich sei ein sehr un sympathisches Kind und meine gute Mutter sei recht zu bedauern, solch eine Tochter zu haben! — Astrid, in einem bläulich schimmernden Kleide — Meter fünf Mark fünfzig von Herzog in Berlin! — kam mir. ganz wirblig vor Geburtstagswonne, ent gegen. Es waren „überhaupt hervorragende Men schen" da. auch ein paar vom Theater — „nun denk dir doch bloß" —. und alle waren sie „entzückend" zu ihr — und einige von Gunnars Freunden — Gunnar stand unmittelbar von dem Abiturium! — machten ihr so den Hof — und Geschenke hatte sie bc kommen, „einfach himmlisch — die kleine silberne Spange von dir ist auch sehr niedlich!" — Dazwischen: „O Gott, Adi, wenn wir bloß nicht stecken bleiben! Gunnar will soufflieren — aber kann man sich auf den verlassen? Und wer wird uns die Rosenkränze vernünftig aufsetzen? Miß Whatts versteht so was gar nicht, und Mamas Jungfer ist zu beschäftigt — und Mama selbst. — na, die schon erst recht nicht! Die hat einen neuen Flirt mit einem Amerikaner — ein ganz echter — ist von Cincinnati hcrüberge- kommen mit Empfehlungen an Papa! Na — das kennt man schon! An Papa sind die Emp fehlungcn, und Mama kassiert sie ein! Du. Adi, bin ich nicht hübsch in dem Herzogschen Kleide? Und sieh bloß mein Haar — wie das goldig glänzt! Ich hab heimlich von Mainas Toilettentisch was stiebitzt — was Feines, sag' ich dir! Von Houbigant aus Paris, — du. — schändlich teuer! Wenn sic das merkt, wird sie wütend — aber sie wird ja nicht — oder sie denkt, es ist die Doris gewesen! Nun komm' zu den Güsten!" Diese waren sehr zahlreich und durch alle Räume verteilt. Mein schüchterner Knicks wurde wenig beachtet. Offiziell vorgestellt wurden wir Kinder nicht. Astrid natürlich, als Haustochter und Geburtstagskind, genoß viel Beachtung und plätscherte wie ein schwänzelndes Fischlcin in seinem Element. Die von mir mit fieberndem Interesse herbeigesehntcn Bühnengrößen bekam ich nur aus der Ferne anzustaunen. Es war ein Regisseur, der auch zuweilen Heldcnoäter mimte, ein großer, starker Herr mit Glatze, und eine sehr verblühte Dame, die ich als „Zugendlich-Dramatische" bisher auf den weltbedeutendcn Brettern bewundert hatte, und die heute, im Hellen Licht des Tages, trotz einer sehr ge wagten und kostbaren Toilette, bedeutend von ihrem Nimbus in meinen Augen einbüßte. Gewagt und kostbar war auch Frau Konsul Holm gekleidet. Ich sah sie nicht zum ersten Male in Ge sellschaftstoilette — aber sonst war sie immer nur wie ein Meteor in unserer Kinderstube ausgetaucht, um sich feiern zu lassen .... heute sah ich sic in großem Kreise und konnte sie mehr in Ruhe betrachten. Es fiel mir wieder auf, daß sie wie ein ganz junges Mädchen angezogen war, aber keineswegs mehr jung aussah. Ungestraft führt man nicht lange Jahre hindurch ein aufreibendes Eescllschaftslcben. Für diese Dame gab cs nur Toilettensorgen. Sport, Wohltätigkeitsbasare, Maskenfeste, Autofahrren, Bälle und Jours: immer länger schlief sie in den Tag hinein, immer mehr Zeit brauchte sie für ihren Anzug. Doris, ihre Kammerzofe, die mir oft reich lich dreist und anspruchsvoll erschien, war gleichwohl ihrer Herrin unentbehrlich beim Massieren, Fri sieren, Frottieren. Maniküren — und was es sonst alles für eine solche Well- und Lebedame noch zu tun gab. Um ihre Heranwachsende Tochter kümmerte sich Frau Holm blutwenig, und doch wäre dies höchst notwendig gewesen, denn Astrid war ein sehr früh reifes, merkwürdig lebcnsdurstiges nnd sensattons- lüsterncs Kind. Sie las mit Vorliebe alle Romane „von Mama", die da in schreiend gelben und roten Einbanddecken l)erumlagen — Sprachkenntnissc besaß das Kind ja genügend, und Maupassant. Zola, G>yp und Prevost waren ihr vertraute Erscheinungen. Immer wieder bedauerte Astrid, mir diese Inter essanten Bücher nicht leihen zu dürfen . . . aber wenn sie sie Mama direkt ausführte, würde die doch etwas wittern, und dann sei „alles verloren". Desto mehr erzählte mir meine Gefährtin von diesen gefährlichen und verbotenen Dingen, ohne indessen meine Phan tasie damit sonderlich zu reizen. Für mich lag Lockung und Versuchung auf einem ganz andern Gebiet. Frau Konsul Holm kniff die Augen zusammen, als sie mich kommen sah, hob dann ihre langgestielte Lorgnette empor und musterte mich, während sie mir zerstreut die Hand zur Begrüßung reichte. Zu gern hätte ich gehört, was sie ihrer Nachbarin, einer üppi gen Kommcrzicnrätin, zurauntc — ich hätte schwören mögen, daß es sich auf mich bezog. Ich stand aber nicht nahe genug, um cs zu verstehen. — Der „echte Amerikaner" aus Cincinnati war ein stattlicher Herr mit einem Bartstreifen auf jeder Wange. Er hatte, so schien cs mir, eine sehr kühle, gelassene Manier, der Dame des Hauses zu huldigen, gleichsam, wie rvenn er sagen wollte: ich weiß, du erwartest dies von mir — nun wohl — sei cs denn! Ich absolviere diesen gewünschten Minnedienst auf me i n e Weise . . . ob sie dir zusagt, weiß ich nicht. ... es ist mir übrigens auch gleichgültig! — Ebenfalls sehr in seinem Element, gleich Astrid und ihrer Mutter, war mein Vater. Ihn hatte ich noch niemals in größerer Gesellschaft gesehen, und ich muß sagen, er erschien mir sehr zu seinem Vorteil. In dem feinen schwarzen Dreß wirkte er überaus vornehm, er hatte eine liebenswürdige Beweglichkeit, sich hierin und dorthin zu wenden, und alle schienen ihn gern zu haben, denn billigende, bewundernde Blicke folgten ihm häufig. Als er meiner ansichtig wurde und mir freundlich zunickre, nickte ich strahlend wieder und war stolz darauf, zu ihm >u gehören! Konsul Holm schien mir ziemlich schweigsam und etwas steif — kein Gesellschaftsmensch! Er gab sich ersichtlich Mühe, sich seinen Gästen höflich zu erweisen, ging von einem zum andern, redete und hörte ver bindlich . . . aber eben — man merkte die Mühe und die Absicht — ich wenigstens hatte das Empfinden, als ob keiner von all diesen Menschen den Gastgeber in nerlich etwas anging — und umgekehrt. Dagegen begrüßten wir beide, Konsul Holm und ich. einander sehr herzlich, und ich hatte wie immer, so auch heute, das deutliche Bewußtsein, einen sehr guten Freund an ihm zu besitzen. Gunnar mit seinen Freunden stand in einem ———MME-Mch-WWVW« kleinen Zimmer beisammen — vier, fünf lang auf geschossene, korrekt gekleidete junge Leute, von denen niemand recht Notiz nahm — sie spielten noch keine Rolle in einer solchen Gesellschaft. Gunnar war mir in letzter Zeit mehr entfremdet worden. Ich sah ihn selten, er war viel auf seinem Zimmer, studierte fleißig, sprach von seiner bevorstehenden Studenten zeit, von Heidelberg, von Bonn, — er würde Jurist werben! — was sollte ihm da ein dreizehnjähriges Kind, das hinter seinen Schulaufgaben saß und vom wirklichen Leben, das nun dicht vor Gunnar lag. noch lange keine Ahnung haben würde? — Ich nahm diese Entfremdung ziemlich leicht, fand außerdem Gunnar jetzt nicht mehr jo hübsch wie früher: er hatte eine unreine Gesichtsfarbe, und ließ sich, gleich seinen Freunden, die Haare so dicht am Schädel absäbeln, daß die Kopshaut hindurchsah. Dies fand ich scheuß lich, trotzdem Astrid es für schick erklärte! — Wie ich mich, ein wenig verlege^ aber aufmerksam beobachtend, durch die Menschenmenge wand, merkte ich, wie hier und da ein Kops sich nach mir zurückdrehte, hier und da eine Frage siel: „Wer ist das?" Und in meinem eitlen Kinderherzen sagte es: „wartet nur, — wartet! Um ein paar Stunden wird keiner von euch mehr fragen: wer ist das? — Dann werdet ihr alle wissen, wer ich bin — und was ich kann!" — Nun — es dauerte lange, bis es dazu kam Es wurde musiziert — Astrid produzierte sich unter großem Beifall; mich forderte man nicht auf zu spielen, obgleich ich mich ebensogut Halle hören lassen können wie Astrid. Die „Jugendlich-Dramatische" sprach ein paar Gedichte, einer der anwesenden Herren sang Brahmssche Lieder — Erfrischungen wurden prä sentiert — an kleinen Tischen wurde ganz zwanglos das Abendessen eingenommen, bei dem ich mir ein wenig verlassen vorkam. da Astrid sich fast gar nicht um mich bekümmerte . . . endlich gab Frau Konsul Holm uns einen Wink: „Geht und mach, euch fertig. Kinder! Ihr sollt jetzt eure kleine Szene auf führen!" — Wir stürzten aufgeregt fort in Astrids Zimmer, wo wir, zu unserer Freude, die gewandte Doris zu unserer Verfügung fanden — Kleider und Kränze waren schon auf Astrids Bett ausgebreerei. „Ist es nicht himmlisch heule abend. Ädi? Gott, ich amüsiere mich königlich! Hast du schon mal solch eine bezaubernde Gesellschaft mitgemacht? Aber nein. — was red' ich denn? — Ich weiß ja, du hast nicht! Gott, ich bin jo erregt — ob ich schnell noch mal meine Rotte aufjage? ZlZenu ich stecken bleibe, ist es mein Tod! Bist du auch aufgeregt, Adi? Du bist ganz blaß! Ob wir sie schminken. Doris, was meinen Sie? Farbe muß sie doch haben!" „Aber nein! So weiß wie Fräulein Heidchcn ist, das läßt ihr gerade am besten!" „Na — wie Sic meinen! Ich darf jedenfalls nicht Rot auflegen, eben hat noch der junge Perker zu mir gesagt, ich blühe wie eine Rose. Nein — was ich heute den Hof gemacht bekomme! Ich bin auch wirk lich kein Kind mehr, — da kann Mama machen, was sie will! — Vorsichtig die Haare auflösen, Doris, — ganz langsam. — jo!" (Fortsetzung folgt.) - . - «N70 0»l4 ——» IlUreUt am >larkl> 1 k'eterrirjtr-ssrio 1 prämiiert Teiprig 1905. Onlklonv >lellatllo und Ltironprsl«. orrs» LszvLkrte tzULlitLtSll OrO886 H.U8vatü. ^uliuerksLwe Lsäievunx. Jlki88ixe kreise. K/zfri- L oo lio»te, mobttropkencko Stvoriokerrsv Llsric« Aotarck extra prim» tzualitLI, iu grosser Husrvakl, l-euekt«rll«rxeo, rot u. gelb, Lslon-^rektliokte, 6I»ke)'88»uveudI«ek intilitH., sowie »iimtlled« «mptestleo oi«, LllwitooLVo., vurxstl »!»!>« 25 8o1icle, altdevvüürto 862ug8gU6Ü6 — kür leinen- u. Dairinvvoii-Marou, ^iizoüseuge, fertige Müseüo kür Damen, Dorren u. Xincier. :: ^.nkertigung in eigenen ^rbeitsstnben :: 8pe?ial.: Brant- u. Drstlings-^usstattungen —i gediegenster ^.ustükrung. i— Usnrßsvkukv kür »»IN«» 100, 125, 150, 175. 200, . 80, 100, 125, 150, io zeckvr tjualltLt uock I-ünxe au cken killiKkit deliavutev Kreisen ossrs HiomssgssWv 3, t, tt., IGonrIllöKi» kostloo, Lake uock Srillots empkestl«, dilUgit 1» vonrckullatzat«» 8or1«, o. kossmLllll-LbeltllK Ur vo. LEipol», LI. ck,»« LOOS. ist erschienen und wird Interessenten auf Wunsch zugesandt. öod. ösjSLVVOK, Spezialarrftalt für Futzleiden, " ». 8., 18. Telephon 1996. „Ich litt an dauernder Stublvcr- stopsung, verbunden mit heftigen Kopf, schmerzen u. Bluiwallungen sowie hart, nackigem ^sgenleilien. Durch eine Hauskur mit Altlluchhorfter Mark-SprttdtlStarkquelle(fzor>Sisen. Mangan-Kochsalzquellei wurde ich von meinem Leiden in wenig. Wochen befreit. Tausend Dank. C. I." Aerztl. warm emvf. Fl. 95, — In der kaxal- upotsteste, Maikt 12, Uvsapotkolce, Hainstr. 9 u. kvraovapotstvtke, Hall. Str. 12; k*i Kol». Vunvk, Gottfched- straß« 15. IV. Taackmana, Promenaden straße 24 (!. 8tuek dlakl., Prtertstein- weg 7, Rax 8ostreeker, Schüpenslr. 8, Kar Xaumaoa, Windmühlenstr. 56, krnst 8vstulre, Berl.Str. 6, Humstolckt- ckrog;., Pfaffend. Sir. 10, ^uiuuua cko 01«., Burgstr. 25,. Ketri-Vi «x., PelerS- steinweg 15, in GodliS: Xrcks» L Lnu- ninna, äußere Höllische Str. 35. in Lindeiiau: kernst. 8tlestl XetzL, Engros; kurelapvtstelre. ckosr» , ?» iloßkrolv -- Lalon-Lnkelk lliklti „lSseens* höchste.W, Heizlrast SO Ztr. frei Keller ll 8tr .ckl —.70 2S - »a i» - - -.72 1» . »s. » . . -.7« il. KHUehtdi, !tl. M. lleijahiiiei ötiije 18 e. i