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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 06.03.1911
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-03-06
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19110306013
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911030601
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911030601
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-03
- Tag 1911-03-06
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Monat
1911-03
-
Jahr
1911
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Hotels Hecht in Borna der nationalliberale Kan didat für den 14. Reichstagswahlkreis Landlagsadg. Nitzschk« (Leutzsch). Er fand mit seinen Aus- jührungen über „Die kommenden Reichslagswahlen" stürmischen Beifall. Sern« Ausführungen unterstützten ' in der Debatte Rechtsanwalt Wachter (Bornaj und Lehrer Strobel (Kieritzsch). Der erster« be- »chäftigte sich insbesondere mit dem Artikel des kon- seroanven „Vaterland" über den „Lcnbncch der Na- rionallideralen in den 14. Reichstagswählkreis", wo» bei er betonte, dap der Mut der Unwahrheit dazu gehöre, wenn gewisse Kreis« seiner Partei das Recht bestritten, da» Wort ..national" in ihrer Bezeichnung zu führen. Der letztere knüpfte an das Bismarck- Wort an: „Könnten wir nicht, da wir eine nationale Kirche nicht Haden, eine «rosse einheitliche deutsche Partei gründen?" und fand diese grosse einheitliche deutsche Partei in dem Zusammenschluss aller libc raten Elemente au» nationaler Grundlage. Die glanzend verlaufene Versammlung war ein bedeuten der Erfolg der Kandidatur Nitzschk« " * * Um die Durchführung des Reichswrrtzuwachs- steuer-esetzes lunftchst zu erleichtern, beabsichtigt die Reichsverwaltung, amtliche Mitteilungen über die ZuwachSstouer m zwanglosen Heften zu oeröffcnt lichen, in denen fortlaufend Entscheidungen und Er örterungen der bei der Anwendung hervorqetretenen Zweifelsfragen bekanntgegeben werden. Die Mit- teilunge» sollen von der Re ich sd rucke re i verlebt werden und zu einem massige,, Preise durch die Post nnstalten »u beziehen sein. Das «ffte Heft wird vor aussichtlich in der zweiten Hälfte des Monats März erscheinen und neben veni GeDetz ln«d den Aus sührungen des Bundm-mts Auolegungsgrundfätze zu den einzelnen Vorschriften des Gesetzes enthalten. * Der dritte deutsche Seeschifsahrtotag findet am ?0. und 21. Mär, d. Z. inBerlin statt. Auf seiner Tagesordnung stehen u. a. Kapitalbeteiligung der Kapitän« an Reedereien, Verschärfung der Prüfungs Vorschriften für Kapitäne und Offiziere der Handels marine. Mannschaftsverhältnisfe an Bord deutscher Seeschiffe. Führung einer Hecklampe an Bord von Kauffahrteischiffen, rechtliche Stellung des Schiffs führers an Bord und verschiedene Vorträge, so über -ie Lage der Seeschiffahrt, internationale Konferen zen in Brüssel zur Herbeiführung eines einheitlichen Seerechts u. a. * Die veteranenbeihilse in Preußen. Durch das Zuwachs st euergesetz sind 5 Millionen Mark für Beihilfe für Veteranen verfügbar geworden, wo durch ca. 60 WO Veteranen mehr als bisher unter stützt werden können. Wie der „Inf." mitgeteilt wird, sind in Preußen gegenwärtig annähernd 200 000 Ve teranen vorhanden Von diesen beziehen ca. genau 133 678 Beihilfen Der Rest von ihnen bezieht bis fttzl keine Beihilfe, da die preussische Regierung bei der Gewährung solcher Unterstützuitgen die Be stimmungen des entspreck>enden Reichsgesetzes zu beachten hat. Dieses macht die Beihilfe von Hilfs tx-dürftigkeit und gänzlicher Erwerbsunfähigkeit ab hängig. und das Reich gewöhn den Einzelstaaten be stimmte Summen zur Unterstützung der Veteranen, die es ermöglichen, sämtlichen Unterstiitzungsbedürs tigen Veteranen Beihilfen zu gewähren. Die preu Nische Regierung Hai zum Teil auch Beihilfen dann gewährt, wenn nachqewiesen war, dass die Veteranen Ersparnisse besitzen. Geplant ift nun. wie gemeldet, die Begriffe „Unterstützungsbedürftigkeit" und „Er werdsunsähigkert" wesentlich weiter auszulegen, so dass der Unterstützung der Veteranen durch die bereit gestellten 5 Millionen keine Schranken gesetzt sind * Eine beachtenswerte Lehre. Um den sozialen Frieden zwischen Arbeitgebern und Arbeitern zu sichern, hatten zwei industrielle Unternehmungen, die fcis;schcn optischen Fabriken in Jena und die Roll salousienfabrit Heinrich Freese in Berlin, das kon stitutionelle Fabriksystem eingeführt, wo. durch den Arbeitern ein weitgehendes Mit bestimmungsrecht und Gewinnbeteiligung gewährt wurde. Diese Freute sollte nicht allzu lange dauern, denn alsbald suchten sich die sozialdemokratischen Gr werkschastcn einzudrängen, um ihre Allcinl)errschaft aufzurichten. So verlangte z. B der Holzarbeiter verband bei Erneuerung des Tarifvertrages, dass die Fabrik von Heinrich Freese Arbeitskräfte nur von dein Nachweis des sozialdemokratischen Holzarbefterver- Billett dasselbe Stück nacheinander, etwa sich in den Zwischenaktspausen ablösend, besuchen dürfen. Wochcnspiclplan und Theaterzettel sind nun aller dings, wie erwähnt, noch keine rechtsverbindlichen Offerten Ihr Inhalt stellt aber die Bedingungen dar, unter denen der Offerent, der Theaterbesucher, mit dem Theaterunternehmer abschliessen will. Die angekün- digle Vorstellung selbst ist zwcisellos als b^<>„imlo m'.Lvni, als wesentlicher Bestandteil, anzujehen. Wer sklne Lieblingsoper hören will, braucht sich nicht ge »alle» zu lassen, wenn schon wieder einer der landes üblichen, schon allzuoft widerwillig angehörten Lücke: büszcr gegeben wird. Auch ein angekündigtcr Gast »der eine bestimmte Besetzung der Hauptrollen ist offenbar mcsentlich für den Vertragswillen der Offerenten. Wer sich an der Engelserscheinung seines platonischen Schwarmes (Engel sind sie natürlich bei der Bühne alle, alle) Herz, Äug' und Ohr erlaben will, wird reichlich erbost sein, wenn Fräulein Schrei hals vom Hoftheatrr zu Krahwinkel auf dem roten Zettel brilliert und „entspringen" will. Richt sonder lich beliebt ist auch das Gebaren mancher Bühnen leiter, bei Absagen von Gästen oder heimischen ersten Klüften die Mitteilung der Aenderung an das Publi kum nicht ausreichend deutlich an den Theater eingängen, die zumeist vor der Billcttlösung passjert werden, sondern nur in harmlosen Zettelchen an den Lcgentüren anzuschlagen, wo die Billetts bereits durch Abreißen ungültig gemacht worden sind. Werden aber bei Einschiebung einer anderen Vor stellung oder bei Absage eines Gastes fast nirgends mehr vom Theaterleiter Schwierigkeiten gegen die etwa geforderte Rückzahlung des Eintrittspreises er hoben, so ist es streitig, ob Sie Ersatzbesetzung durch ander« heimische Mitglieder zur Ictio reftstibi- raria, zur Wandlungsklage, führt und zur Rückforde rung des Eintrittspreises berechtigt. Zn der Tat wird mancher das Theater nur um eines bestimmten Künstlers willen besuchen, selbst wenn dieser nur in einer kleinen Rolle beschäftigt ist. Trotzdem hält sich auch an besseren Bühnen meist die Praxis, bei Ab sagen und Ersatz heimischer Künstler die Ein »nttskarten nicht znrüchsunohmen Wägt man die sich widersprechenden Interessen der Theaterbesucher und Bühnenleiter g«y«tWtrninder ab. so entspricht bandes beziehen dürfe. Aus diesem Grunde kam es zum Bruch mit dem Verbände, und die Firina sah sich genötigt, zu erklären, das» sie Mitglieder des sozial demokratischen Holz-, Transport-, Fabrik- und Metall arbefterverbandes in ihren Betrieb nicht mehr ein stellen würde. Ruumehr erklärt H. Freese, tag er die Einsicht der Sozialdemokratie ützlvrschatzt habe. Er habe gerade, einer Anregung sozialdemokratischer Führer folgend, beabsichtigt, neue Formen der Arbeitsverfossung einzuführen. Die Sozialdemokratie habe di« erste Gelegenheit benutzt, um zu zeigen, wie wenig ihr an einer solchen Entwicklung liege. Sie habe versuch,, zu zerstören, wo sie helfen und ausbauen konnte. Zum Schlüsse betont Herr Freese: „Die Sozialdemokratie hat das konstitutionelle Fabrik fystem angegriffen, aber nicht gestürzt, und ich hoffe, das» sie den Schaden, den sie durch ihr nietertrachiiges Verhalten der Sache des Artnüteritandes ;ngefügl hat, noch bereuen wird." * „Anti-Modernisteneid, freie Forschung und theo logische Fakultäten" betitelt sich eine Broschüre von Prrvatdozent H. Mulert, die im Verlage des Evangelischen Bundes soeben erschienen ist. Die Schrift, die nicht nur die prinzipielle Bedeutung des Eides, das Wesen freier Forschung und die Lage der katholischen und der evangelisch-theologischen Fakul täten erörtert, srndern auch die Folgerungen, die sich aus der Ablegung des Eides für die als Oberlehrer tätigen Priester ergeben, ist besonders von aktuellem Wert durch den Abdruck der beigefügten Akten stücke (P.osessoren Erklärungen, Papstbrief an Fischer, Bries von Merry del Val an Kopp, Reden der Kultusminister nsw ). Auslrmü. Frankreich. ' Die Fremdenlegion. Eine sichtlich aus Pariser Regierungstreisen stammende Mitteilung zu dem Ar tikel der „Kölnischen Zeitung" über die Fremden legion besagt: „Es ist richtig, das; ein Erlaß des Kriegsministers vom 15. Januar 1910 für den Ein tritt in die Fremdenlegion die Altersbeschrän- kung aufhob und daß demgemäß die französischen Behörden sich seither geweigert haben, die von Aus ländern unter 18 Jahren eingegangenen Anwerbungs verträge für ungültig zu erklären. Aber die „Köl nische Zeitung" scheint zu vergessen, daß dieser Erlaß durch eine Entscheidung vom 11. Februar 1911 aus gehoben wurde und daß demzufolge die gegen den Erlaß gerichteten Beschwerden nunmehr gegenstands los sind." — Das „Journal des Debüts" bemerkt zu der Angelegenheit, Frankreich würde stets begründete Reklamationen gesetzlich zuständiger Personen dein Völkerrecht gemäß regeln. Einen gegen Deutschland unfreundlichen Ton schlägt der „Sft-cle" an und sagt u. a., es handele sich hier nur um eine „nucuvllo nlle-mLncka"? Die französischen Rckrutierungsbureau- hätten garnicht die Verpflichtung, sich zu vergewissern, ob ein angeworbener junger Mann 18 Jahre alt sei oder nicht, da die Anwerbung sozusagen anonym ge- sck-ehe. — Auf alle Fälle haben die deutschen Kreise das Recht und vor allem die Pflicht, nachdrücklichst und mit allen Mitteln vor dem Eintritt in die Fremdenlegion zu warnen? Rußland * Die 50jährige Jubelfeier der Bauernbefreiung wurde, wie schon gemeldet, am Sonnabend iir ganz Rußland festlich begangen. Zm Winterpalast war Empfang beim Zaren für die Rachkommen von Mit arbeitern Alexanders I). bei der Durchführung der Bauernrcform. Außerdem wurden empfangen 51 bäuerische Abgeordnete, der Reichsduma, die vor dem Gebäude Ser Duma ein Denkmal für Alexander II. errichtet hatten, das die Inschrift trägt: „Dem Zaren Befreier. Die dankbaren Bauermit glieder der Reichsduma. 1861—1911." Außerdem wurden in vielen Dorfgemeinden die von den Dauern errichteten Denkmäler für Alexander H. feierlich ent hüllt. Line große Anzahl Stadtverwaltungen, Semftwos und Bauerngeineinden gründeten zum An denken an das Jubiläum Lehranstalten od«r er richteten Stipendien für arme Bauernkinder. Außer neuen Schulen wurden auch noch Krankenhäuser, Volkshöuser und Mäßigkeitsgefellschasten gegründet. Vereinigte Staaten. * Die außerordentliche Session de» Kongresses zur Beratung des Handelsabkommens mit Kanada ist auf den 4. April einberufen worden. Präsident Taft ist ter Ansicht, daß diese Sondersession eine besondere Störung für die Geschäftswelt nicht bedeuten wird. — Wider Erwarten sind noch vor der Tagung des Kon greßes alle Etatsgesetze erledigt und vom Präsidenten unterzeichnet worden. Da der Versuch ge macht wurde, das Gegenseitigkeitsabkommen als Amendement zur Tarifkommissionsbill einzubringen, kam es im Se na t zu einer Lärinszene, wie sie sich seit Jahren nicht mehr ereignet hat. Die Tarif- kommissionsbill wurde schließlich im Senat an genommen und schleunigst dem Repräsentantenhause überwiesen. Das A mende m e n t wurde nach stift Mischer Obstruktion von dem Führer der Republikaner zurück» e zöge n. Gegen Mittag wurden die Zeiger der Uhren in beiden Häusern zurückgedreht, um so Zeit zur Diskussion zu gewinnen. Die Schließung des Kon gresses erfolgte unter dem Gesänge patriotisckM Lieder. Kunst unkt Mlleitsthsst. * An der internationalen Kunstausstellung aus Anlaß der Jubiläumsfeier in Rom werden sich, wie uns amtlich mitgeteilt wird, folgende sächsischen Künstler beteiligen: Andrae, Baatzer, v. Bary- Doussin, Veckert, Bendrat, Bracht. Elaudius, Diez. Dorsch, Fischer, Fischer Gurig, Greiner, Guß mann, Hanner, Hegenbarth, Heyser, Herung, Hösel, Kießling, König, Kolb, Kuchl. Arthur Lange, Lührig, Merseburg, Erich Meyer-Buchwald, Gustav Meyer-Buchwald. Rich. Mueller, Edm. Moeller, Radler, Pepino, Petersen, Pietschmann, Pilz, Pöppel- mann, Prell, Graf Reichenbach, Rentjch. Seffner, Seliger, Schreitmüller, Schröter, Sterl, Ufer, Unger, Walter Kuran. Werner. Wilkens, Wrba, Zeising, Zschille, Zwintscher. — Geheimrat Max- Klinger hat leider seine Beteiligung abgelehnt. * Die Lauchstädter Festspiele sind auf den 23., 24. und 25. Juni festgesetzt worden. Aufgeführt werden Kleists „Zerbrochener Krug" und „Erasmus Mon- tanus" von Ludwig Freiherr» von Holberg. * Eine Stiftung für Forschungsreisende. Der Uni versität Breslau wurde aus Anlaß ihrer bevorstehen den Hundertjahrfeier von dem Rittergutsbesitzer Dr. Paul Schottländer eine Viertclmillion Mark für eine Stiftung überwiesen, deren Zinsen zur Heranbildung von Forschungsreisenden aus der Reihe der Studierenden und Assistenten der Breslauer Universität dienen sollen. * Hans Kysers neues Drama „Titus" ist von Direktor Reinhardt zur Aufführung angenommen worden. Die Premiere dürfte erst im nächsten Spieljahr, voraussichtlich im neu zu errichtenden „Theater der Fünftausend", erfolgen. Kyser wäre somit der erste moderne Dichter, der sich in der durch den „Oedipus" angeregten neuen Form des Dramas versucht. * Der italienische Dichter Fogazzaro unterzog sich gestern in Vicenza einer Operation, die günstig verlief. Man hofft, den schwerkranken Dichter am Leben zu erhalten. Sport. Radsport. * Di? erst: Ausschreibung bringt der Sächsische Radfahrerbund in der neuesten Nummer seines Organs zur Veröffentlichung. Es handelt sich um die Fernfahrt „Rund durch Sachsen", die am 9. Juli über eine Strecke von 300 Kilometer aus gefahren werden soll. Diese Fahrt ist den neuesten Beschlüssen zufolge nicht nur für Herrenfahrer, sondern auch für Geldpreisfahrer offen, und zwar werden diese in zwei Gruppen starten. Die Herren fahrer zerfallen überdies wieder in zwei Gruppen, in deren erster diejenigen Fahrer starten, die innerhalb der letzten fünf Jahre bei den Bundeswettbewerben einen ersten bis fünften Preis errungen haben. Alle übrigen Fahrer starten in der zweiten Gruppe und erhalten eine Zeitvergiftung von 10 Minuten. Die diese Gepflogenheit im ganzen billigen Ansprüchen. 'Richt ungeschickt schalten übrigens mehrere Theater. dftekiionen Liese Streitfrage zu ihren Gunsten dadurch au-., daß sie neuerdings dem Theaterzettel den Zusatz grben: Besetzungsünderungcn Vorbehalten. Gibt es Weislagungen? Törichte Frage! Nein, natürlich! Jedes Kind weiß, daß etwas nur wirken kann, wenn cs da ist. Da die Zukunft aber noch nicht da ist — Ja, als die Menschen noch naiv waren, an Wun der und Engel und Heinrelmännchen glaubten. Aber heute? Schon eine solche Frage zu stellen beweist, nun, seien wir höflich, Mut. Der Geistliche muß ja an Prophezeiungen glauben oder doch so tun. Allerdings nur an biblische. Der Kulturmensch von 1911 zuckt lächelnd die Achsel. Haben wir denn nicht eine Ausllärungsperiode gehabt? Lebten die Enzy klopädisten, ein Diderot, Voltaire, d'Alembert um sonst? Wandeln wir nicht in Kants Schatten? Und überhaupt. Und doch hat sich einer gesunden, der diesen Mut bewies und — mehr als das — der für sich in An spruch nimmt, den zwingenden Beweis für die Exi stenz echter Prophetie zu erbringen. Ein Geistlicher? Ein Okkultist? Ein Schwärmer? O nein! Dr. Max Kemmerich, der Verfasser der „Kultur- Kuriosa"! Das gibt immerhin zu denken. Mag man über das Buch, das in diesen Tagen bei Langen erscheint, urteilen wie man will: daß der Verfasser mystisch oder gläubig veranlagt ist, wird niemand behaupten wollen. Wie läßt sich das Rätsel lösen? Kemmerich hat bereits in München über das Thema init großem Bcisall gesprochen und dabei er zählt, wie er darauf verfiel. Als Historiker war ihm ausgefallen, daß eine stattliche Anzahl geschichtlicher Ereignisse bereits vorher verkündet worden ist. So sagte Kepler den Tod des Kaisers Matthias auf Jahr und Monat richtig voraus, Goldmaycr den gewalt jamen Tod Gustav Adolfs bei Lützen, Tycho Brahe den Rudolf» II, Vogtius den Untergang von Mös kau uko. Das machte ihn stutzig. Und da er Skeptiker ist und auch nicht an Modedogmen glaubt. ging er der Frage nach, ohne sich mit der billigen Erklärung durch Zufall zu begnügen. Was er da fand, war allerdings sehr merkwürdig: Prophezei ungen von der Belagerung Wiens Lurch die Türken, das blutige End« der Bourbonen — notabene ein Jahrhundert vorher im Druck erschienen! — die Vor hersage von Preußens Wiedergeburt zur Zeit seiner tiefsten Erniedrigung, die Zerstörung Messinas 1908. Wir greifen wahllos aus Kemmerichs interessanten Mitteilungen einige heraus. Nun läßt sich stets einwenden, hier handle es sich um Berechnung oder Zufall. Man erinnere sich der eingetroffenen Fälle, vergäße aber die falschen Vor hersagen. Diesem Einwand begegnet Kemmerich auf doppelte Weise. Erstens indem er das gesamte von ein und demselben Seher vorhandene Material prüft und so feststellt, ob es sich um ein Tappen im Dunkeln handelt, oder ob tatsächlich eine uns noch nicht ge nauer bekannte Naturkraft sich hier manifestiert. Dann, und damit erhebt er den Glauben an Pro phetie zu einem Wissen, indem er die mathema tische Methode der Wahrscheinlichkeitsrechnung auf das Problem anwendet. Was sagen wir dazu, wenn in einem in» 16. Jahrhundert erschienenen Werke der N a m e des Henkers angegeben wird, der den Herzog von Montmorency 80 Jahre später hinrichtet? Oder wenn der Name des Kriegsministers Graf Nar- bonnc, unter dessen Geschäftsführung die Kata strophe über Ludwig XVI. hereinbrach, richtig ge nannt wird? Ja, mehr als das, wenn der Name Sauce, der den unglücklichen König in Varennes verriet, angegeben ist, ebenso der Sturm auf die Tuilerien? Oder wenn die Jahreszahl der franzö sischen Revolution, die Abschaffung der christlichen Zeitrechnung richtig vorhcrgesagt werden? Daraus und aus anderen ähnlich verblüffenden Weissagungen stellt Kemmerich eine Wahrscheinlich keitsrechnung auf, die, so erstaunlich ihr Resultat ist, sich wohl kaum ansechten lassen dürfte, und kommt zu dem Resultate, daß es zu allen Zeiten echte Weis sagungen gab und daß kaum irgend ein Ereignis der Weltgeschichte nicht schon früher, oft vor Jahr Hunderten, richtig vorausgesagt wurde. Nicht selten mit Nennung der Jahreszahl, der Namen der han delnden Personen, ja der begleitenden Umstände bis in die kleinsten Einzelheiten. Fahrt beginnt am Gasthof in Wölfnitz bei Dresden und geht überFreiberg—Chemnitz—Zwickau- Glauchau — Waldenburg — Zeisig — Frohburg Borna — Leipzig - Probstheida — Pauns dorf — Wurzen — Oschatz — Meißen nach Dresden — Trachau, wo sich das Ziel an der Waldvilla befindet. An Preisen sind ausgesetzt für Ehrenpreis, fahrer acht gravierte Ehrenpreise im Werte von 50, 40, 30, 20, 15, 10 und 5 .<t nebst je einer Ehren, urkunde. Dem 9.—20. Fahrer je ein Ehrenzeichen, wenn dies« innerhalb der 14. Stunde am Ziel ein treffen. Für Geldprrisfahrer sind sechs Bar, preise von 100, 7 », 50, 30, 20, 10 E, sowie für die 7. bis 15. Sieger ie 5 ausgesetzt. Die Einsätze be tragen für Ehrenprcisfahrer 3 .tt, für Geldpreisfahrer 15 X. Der Nennungsschlnß ist auf den 3. Juni fest gesetzt. H Zm Pariser Wintervelodrom siegte im 50-Kilo- metcr Rennen Seros in 52 Min. 46,6 Sek. gegen Guigirard, Moran uno Walthour. Das Flieger- Hauplfahren gewann Friol gegen de Mara und Duprey. — Den Match Iaguelin-O'Tonnor über 20 Kilometer gewann Iaquelin in 19 Min. 11 Sek. FußbaMvort. —Der Deutsche Fußball-Bund hielr am Sonn abend und Sonntag in Hannover eine wichtige Ausschuh-Sitzung ab, an die sich ein außer ordentlicher Bundestag anschloß. Der Aus schuß war vornehmlich zusammengetreten, um zu dem Streitfall Bundesvorstand — Lundes- spielausschuß Stellung zu nehmen. Bekanntlich hatte der SpielauSschuß gegen den Verband süddeut scher Fußball-Vereine den Vorwurf erhoben, zu dem Länderkampf Deutschland Holland Spieler vorenthal ten zu haben. Der Vorwurf konnte nicht bewiesen werden, und da der Spielausschuß dem Verlangen, den Vorwurf zurückzunehmen, nicht nachkam, wurde die Angelegenheit dem Bundesausjchuß unterbreitet. Nach langer Debatte kam eine Einigung zwischen dem Bundesspielausschuß und dem Verband süddeut scher Fußball-Vereine zustande, wodurch auch Las gegen den Spielausschuß schwebende Verfahren zum Abschluß kam. Die überaus wichtige Erklärung hat folgenden Wortlaut: „Der D. F.-B.-Spielausschuß nimmt die in seinen beiden in der „Süddeutschen Sportzeitung" veröffentlichten „Offenen Briefen" an die süddeutschen Vereine vom 27. September bzw 27. Oktober 1910 enthaltenen Beleidigungen des sud deutschen Verbandsvorstandes und des süddeutschen Spiclausschusscs mit dem Ausdruck des Bedauerns zurück, da dieselben zum Teil auf Mißverständnissen beruhten, die durch die Verhandlungen vor dem Bun desvorstände und dem Bundesausschuß ihre Klärung gefunden haben. Der süddeutsche Verband erkennt an, daß durch die Nichtmeldung süddeutscher Spieler zu dem Länderwettkampf Holland-Deutschland in Kleve ungewollt eine Schädigung der Interessen des deut schen Fußballsportcs einaetreien ist." Nachoem noch eine Berufung des Hamburger Sportklubs „Viktoria" gegen ein« Entscheidung des Spielausschusses Les Norddeutschen Fußball-Verbandes und Bundesspiel- ausschulles angenommen worden war, konnte die Ausschußsitzung geschlossen werden.— Auf dem sich an schließenden außerordentlichen Bundes tage war der Verband Mitteldeutscher Ballspiel-Vereine wie vorher durch sein« beiden Vorsitzenden AlfredPerls und Risosen. vertreten. Zunächst fanden u. a. folgende Anträge nach nur kurzer Debatte Annahme: Dem Reichsaus schuß für die olympischen Spiele ist ein jährlicher Beitrag von 1000 »ü zu bewilligen — und für die Entfaltung einer stärkeren Propaganda werden 6000 bewilligt. — Zur Regelung der Berliner Verhältnisse lag der folgende Antrag Alfred Perls vor, der einstimmig angenommen wurde; Unter Leitung des Deutschen Fußball-Bundes werden der Verband Berliner Ballspielvereine und der Mär kische Fußball-Bund zu einem Verbände Branden burgischer Ballspiel-Vereine verschmolzen werden. *** „Sportfreunde" schlagen „Fortuna" mit 3:1; Ballspielklud und Bewegungsspieler spielen unent schieden 2 : 2. Mit den beiden am Sonntagnachmitrag auf dem Leipziger Sportplatz« zum Auc- trag gebrachten zwei Verban-dsspielen der ersten Klasse hat die zweit« Serie ihren Abschluß gefunden, xind der Gaumeister kann nunmehr zu den Verbands meisterschaftsspielen gemeldet werden. Die Witle- Ietzt drängt sich die Frage auf: Wie läßt sich das erklären? Kemmerich verzichtet auf einen Versuch der Beantwortung, da er mit Recht den festen Boden des Historikers nicht verlassen will. Er begnügt sich mit der Feststellung der Tatsachen und frag*, ob man deshalb etwas leugnen dürfe, weil man es nicht er klären könne. So handelten die alten Naturforscher, als sie die Möglichkeit der Meteorfälle verneinten: so noch Virchow, als er die Phänomene der Hypnose leugnete. Ein Fortschritt ist eben nur möglich im Gegensatz zum Bestehenden. Und wenn sich Inkon gruenzen zwischen Theorie und Praxis ergeben, dann ist nicht die Tatsache falsch, sondern die Theorie. Vorurteilslos, Freigeist ist nicht jener, der das ge rade herrschende Dogma nachbetet, sondern wer sich unbekümmert über Lehrmeinungen hinwegsetzt, wenn sie nicht restlos die Tatsachen erklären und mit ihnen iibereinstimmen. Aber steht denn die Philosophie wirklich den Weis sagungen ablehnend gegenüber? Kant leugnet sic bei näherem Zusehen so wenig wie Schopenhauer oder die großen Denker vor ihm. Nicht die Eeisteswelr der Philosophen weist sie an der Schwelle ab, der Materialismus verschloß ihnen die Tür. Er aber ist gerade in den letzten Jahrzehnten schon den hef tigsten Anstürmen ausgesetzt gewesen, und es wird sich fragen, ob er ihnen dauernd gewachsen sein wird. Würde Kemmerich mit dem Glaub«» an Weis sagungen vor di« Oeffentlichkeit treten, so beginge er unzweifelhaft einen Anachronismus. Das lieg: ihm aber auch oöllig^ern. Er ist nach keiner Rich tung hin gläubig. Was er gefunden zu haben be hauptet, ist ücr mathematische Beweis. Dieser wäre schon erbracht, wenn in einem einzigen Falle festgestellt wäre, daß die richtigen Vorhersagen eines künftigen Ereignisses weder durch Berechnung noch durch Zufall crntraferr. Ob ihm das gelang, können wir auf Grund seines Vortrages (am 6. März im Zentralthcater) und seines Besuches prüfen. Bis dahin werden wir gut tun, ncht vorschnell über eine Franc von weittragcn der Bedeutung für unser« Weltanschauung abzu- urteilen. zumal nicht, wenn sie von einem ernsten Gelehrten in keiner anderen Absicht vorgctragen wird als dec, die Wahrheit zu ergründen.
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