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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 06.03.1911
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-03-06
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19110306013
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911030601
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911030601
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-03
- Tag 1911-03-06
-
Monat
1911-03
-
Jahr
1911
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Bezug«-Preis Ferner m Belgien, I»»«rhAd De»pchl»nd< u»d »« »«Mm >olo»ie» viertel w««l, vcherrckch-U»g«», »Ml«». Schweden, Schwei, ». S»»»«». I« alle» utnngen Steel«» »»r dirett durch die Le» Leipziger rageblau «ich««, 2 »ml täglich, So»», a. Fei er lagt »« morgen«. «Uu-ane em-lll»neü»e: U»gua»4plätz 8, d« lmieren Lrägern, Mal«». Spedimum« und svDir »Bd» Bnefträger». Li»,el»»rka,»«p,e,« d« worge». «Mabe 1» der t-de»L >»««», »L. «edaktto» >md «efchäftäfteL« Iodanmegastz v. Fewch«ch«r I4«L l««^ 1«»«. M orgen-Ausgabe. KipMcrTagMM Handelszeitung. Amtsblatt des Aales und des Aolizeiamtes -er Ltadt Leipzig. Änzelgen-PreiS är Nnierare au» beivtig >>n» ^mgedu« die Sgewaikene SO mm dreite Petit ^eite 2d di« 74 mm breu« ckeklatnegeU« i von aa«wän» aO -tevamen l.20 Ialerar« »on Beborden >m amtlich« Leit di« 74 mm drcite Petikzeil« 40 4^ gteichaitranzeiqen mit P atzvorichrtitea »ad in der Ldendaatgad« im Breil« ertzöht. otadan nach Laut. Bellageaebübr L p. laulead «xkl. Poitgedätzr. Heiterkeit!« Äukträg« können nicht zurück» gezogen «erden. Hür da« ltricheine» an bestimmten Lage« und PILge» wird kein« Baranti« übernommea ««zeigen-Annahme; LuguftuSplatz der sämtlichen Ailialrn u. allen Annoncen. Szpeditionen de» Hn- und tlutlande«. Saapt Slltal« vrrlt«: Carl Loniter. Herzog! Bavr. Hefvuch- Handlung Lützowftiake 10. (Tel vhon Vl. Nr. 4t>Uj-. Haupt-tlial« Lretde»: Leeiira»« 4. L (Lelrohoa 4ü2l). Nk. 65. Mamas, üen S. Mac; ldll. 105. IahrgSNg. Oss DWlglte. * 2« Kiel fand am Sonntag die Vereidigung der Marinerekruten in Gegenwart des Kaisers statt. (S. Letzte Dep.) * Der französische Ministerrat ge nehmigte endgültig den Wortlaut der vom Mi nisterpräsidenten Monis abgefahren Regie rungserklärung. * Präsident Taft glaubt, dah die außerordent- liche Session des amerikanischen Kongresses keine besonderen Störungen des Wirtschafts lebens mit sich bringen werde. (S. Ausl.) * Der Kongreh der Bereinigten Staaten hat die Vorlage für Errichtung eines Denk mals zur Erinnerung an die erste deutsche Ansiedelung in Germantown angenommen. * Zn Tancale (Frankreich) ereigneten sich Fischerunruhen, bei denen eine größere An zahl Fischer verletzt wurden. (S. Letzte Dep.) Der Stsnü üer üeutlchen Flotte. Noch vor knapp einem Dezennium stand unsere Flotte an fünfter Stelle. Sie rangierte hinter der russischen. Zn diesem Jahr wird sie sich den zweiten Platz unter den Seemächten erobern, da sie, vornehmlich wegen der grohen Zahl ihrer modernen Schlachtschiffe, der sog. „Dreadnoughts", die ncrdamerikanische überflügelt. Der Ausbau unserer Marine vollzieht sich gemäß dem Flottengesetz. In ihm ist niedergelegt, wieviel Schiffe alljährlich zu bauen sind, welche Zndiensthaltungen oorgenommen werden müssen und um welchen Prozentsatz das Per. sonal zu vermehren ist. Das genannte Gesetz wurde am 14. Juni 1900 vom Reichstag genehmigt. In den Jahren 1906 und 1908 fanden die ergänzenden No- selben gleichfalls die Zustimmung der Volksvertreter. Die gesetzlichen Bestimmungen entrückten die Beein flussung der Entwicklung der Marine den Partei zwistigkeiten, und so konnte sich ihr Wachstum in stetigem Tempo vollziehen. Verblüffend wirkt in der Tat der rasche Fortschritt. Vor 10 Jahren belief sich z. B. die Gesamttonnage unserer Schlacht schiffe auf rund 85 000 Tonnen. Heute ist sie aus 456 580 Tonnen angestiegen, und im Laufe der nächsten sechs Monate ist mit einem weiteren Zuwachs von etwa 84 000 Tonnen zu rechnen. So wird sich das Geiamtdeplacement im Herbst dieses Jahres auf etwa 540 000 Tonnen stellen. In gleicher Weise wie die Schlachtschiffe wuchsen auch die andern Kriegsfahr- zeuge, wie kleine Kreuzer und Torpedoboote. Von beiden Klaffen besitzen wir reichliches Material. Nur im Unterseebootwesen stehen wir noch zurück. Folgende Tabelle zeigt den Schiffsbestand der Haupt- seemächte am 1. Januar d. I.: Riesenschlachtschiffe, die im Seekrieg der Zu kunft die erste Rolle zu spielen berufen sind, genannt. Sie unterscheiden sich von den älteren Linienschiffen durch ihre Größe tznd Armierung. Während man im allgemeinen bis vor fünf Jahren nur Schiffe von einem Deplacement von 15 000 bis 16 000 Tonnen kannte — unsere größten deutschen Linienschiffe waren zu der Zeit nur 13 200 Tonnen groß — verdrängen die neuen Goliathe 22 000 bis 28 000 Tonnen. Früher bestand die Hauptarmierung aus 4 Geschützen schweren Kalibers, heute besteht sie aus 8 bis 12. Bis vor kurzem war das 30,5-Zentimeter-Geschütz das stärkste Kaliber, nun hat man in England das 34,3- und in Amerika das 35-6-Zentimeter-Geschütz eingeführt. Unter einem „Dreadnought" versteht man, kurz ge sagt. ein Schlachtschiff von mindestens 18 000 Tonnen Verdrängung, dessen schwere Armierung aus mindestens 8 Kanonen vom großen Kaliber, d. h. 28 bis 36 Zentimeter besteht. Man nennt sowohl Linienschiffe als auch Linienschiffs kreuzer „Dreadnoughts", obgleich ein Unterschied zwischen beiden besteht. Ersteres stellt ein langsameres, schwer armiertes und stark gepanzertes Schiff dar, letzterer ein schnelles, weniger stark bestücktes und ge schütztes. Der Linienschiffskreuzer weist Geschwindig keiten bis zu 28 Seemeilen auf, das Linienschiff nur bis zu 22. Das Linienschiff führt, wie bemerkt, etwa 10 bis 12 große Kanonen an Bord, der Linienschiffs kreuzer höchstens 8. Panzerkreuzer sind Schiffe, die neuerdings nicht mehr gebaut werden. Aus dem Panzerkreuzer wuchs sich bei zunehmender Grüße, Ge schwindigkeit und Armierung der Linienschiffskreuzer heraus. Die geschützten Kreuzer verfügen über Ge schwindigkeiten bis zu 28 Knoten. Sie sind schwach armiert und geschützt. Während Linienschiffe und Linienschiffskreuzer hauptsächlich für den Hochseekampf in Betracht kommen, sollen die geschützten Kreuzer den Feind nur aufsuchen, ähnlich den Kavallerie patrouillen am Lande. Sie haben ein Deplacement von etwa 2500 bis 4500 Tonnen. Ferner besteht ihre Aufgabe im Kriege in der Schädigung des feindlichen Handels, und im Frieden sind sie bestimmt, die Flagge im Ausland zu zeigen, d. h. unseren Interessen dort zu dienen. Torpedoboote haben heute nur noch in der Nacht und bei dunklem Wetter Aussicht auf LS LG fertig tnl Bau LS s'e D K— lorpedo- beete Untersee« beete Deutschland 5 12 » 9 30 105 8 England 11 16 40 34 66 225 68 Ver. Staaten 4 6 25 14 16 46 19 Frankreich — 8 16 21 10 72 60 Japan 1 4 11 12 15 58 9 Italien — 4 8 10 5 23 7 Oesterreich — -> 11 3 4 14 6 Rußland — (kalt. Flotte) 4 4 6 6 80 13 Zunächst sind die Dreadnoughts, jene Erfolg. Sie sollen dann überraschend auftreten und dem Feinde durch wohlgezielte Torpcdoschüsse Ab bruch tun. In der Tagschlacht haben sie höchstens am Schluß einer solchen, im Handgemenge, Chancen. Unterseeboote endlich werden von Jahr zu Jahr beachtenswertere Faktoren in der Seekriegs führung. Wenn ihr Wirkungskreis zurzeit auch noch vornehmlich an den Küsten liegt, so ist doch zu er warten. daß sie bei weiterer technischer Vervollkomm nung bald befähigt sein werden, auch auf hoher See gegen feindliche Schiffe in Aktion zu treten. Wert voll ist heute schon das Unterseeboot, weil es eine enge Blockade unmöglich zu machen imstande ist. Der Feind wird sich hüten, zu nahe an die Häfen und Flußmündungen des Gegners heranzukommen, falls dieser über eine reichliche Zahl von unterseeischen Fahrzeugen verfügt. Betrachten wir die oben gegebene Tabelle, nach dem wir uns die Bestimmung und den Wert der ein zelnen Typen klar machten, so sehen wir, daß nach England, das fast überall den deutschen Seestreit kräften die doppelte, wenn nicht dreifache Zahl (bei den Untersebooten die achtfache) gegenüberzustellen hat, unserer Flotte an modernem Schiffsmaterial bei weitem der zweite Platz gebührt. Wir besitzen 5 fertige und 12 im Bau befindliche Dreadnoughts. Am 1. April werden abermals die Kiele zu 4 von diesen Schiffen gestreckt. Auch an geschützten Kreuzern haben wir noch mal so viel unter Flagge und Wimpel als die Vereinigten Staaten, und unsere Torpedo bootsmacht übertrifft die der Union um mehr als das Doppelte. Bedauernswerterweise ist das Zurück bleiben unseres Unterseebootswesens unverkennbar. Erst 8 Fahrzeuge sind, wie man nun kürzlich aus den amtlichen Berichten bei Gelegenheit des Un glücksfalles von „H. 3" im Kieler Hafen entnahm, dienstbereit. Auf diesem Gebiet tut äußerste Energie not, um einigermaßen den Anforderungen zu genügen, die an die gerade für die Verteidigung unserer Nord- sseküste so wichtigen Waffe gestellt werden müssen. Starke Unterseebootsflottillen bei Helgoland, in det Elbe. Weser und Jahdemündung, bei Borkum usw. > stationiert, werden den Feind weit ab von unsern Küsten halten. Außer den erwähnten 4 Schlacht schiffen, deren Bau am 1. April begonnen wird, werden noch 2 Kreuzer, 2 Torpedobootsflottillen und verschiedene Unterseeboote in diesem Jahre auf Stapel gelegt. Hand in Hand mit dem Wachstum des Schiffs parkes geht dieDermehrungdesPersonals. Noch vor einem Dezennium bezifferte sich die Mann schaftsstärke der Marine auf rund 30 000 Köpfe, unter denen sich 950 Seeoffiziere befanden. Heute sind 1830 Seeoffiziere und 57 353 Unteroffiziere und Leute vorhanden. Erhebliche Opfer brachte unser Volk für seine Rüstung zur See. Der laufende Marineetat beträgt 433,8 Millionen Mark. Das Budget 1911/12 beziffert sich auf 450,5 Millionen Mark. Seit 1901/02, da die Aufwendungen für die Marine sich nur auf 196,7 Millionen Mark stellten, sind bis nun 3222 Millionen Mark ausgegeben. Beim Anblick dieser enormen Zahlen ist es ein Trost, zu wissen, daß einerseits, wenigstens nach der amtlichen Geldbedarfs rechnung, der diesjährige Etat den Gipfelpunkt de? Ausgaben darstellt, anderseits, daß die gewaltigen Summen nicht für umsonst hergegeben wurden. Unsere Flotte trägt heute in ihrer imponierenden Stärke wesentlich zur Aufrechterhaltung des Friedens bei. Lanüesoerbsnü lschvlcher Reüakteure unü Berufs- lürrMveller. Dresden, 5. März. Der Landesverband sächsischer Re dakteure und Berufsschriftsteller hielt heute vormittag hier im Viktoriahause eine auß->r» ordentliche Hauptversammlung ab, die aus allen Teilen des Königreichs Sachsen gut besucht war. Ter Verbandsvorsitzenoe, I. v. Puttkammer- Dresden, erstattete zunächst einen eingehenden Be richt über das bisher von der neuen Organisation Geleistete, das allseitig als sehr erfreulich anerkannt wurde. Der Verband hat jetzt 200 Mitglieder, dar unter die Ortsgruppe Leipzig 52 Mitglieder. Ge plant ist die Errichtung einer Sterbekasse, einer Krankenkasse und einer Unterstützungskaffe. Ein daraus bezüglicher Vorschlag sei bereits von der Versicherungsgesellschaft Teutonia-Leipzig vorgelegt. Weiter gab der Vorsitzende noch einen ausführlick>en Ueberblick über die Vorgänge, die zur Gründung des Reichsverbandes der deutschen Presse geführt haben. Diese Gründung sei vom Reichskanzler und auch vom bayrischen Ministerpräsiden ten sehr sympathisch begrüßt worden. Mitte Juni d. I. solle in Eisenach ein großer deutscher Pressetag stattfinden. Der Vorsitzende erwähnte dann noch die in Aussicht stehende Privatbeamten versicherung, der nach Auskunft des Reichsamts des Innern auch die Redakteure unterliegen werden, und hob zum Schluffe hervor, daß an den Reichstag eine Petition gegen die beabsichtigte Verschärfung der Beleidigungsstrafen in der Strafvrozeßnooelle gerichtet weroen solle. Die Statutenänderungen, die in der Hauptsache darauf gerichtet waren, die Satzungen mit denen des Reichsverbairdes in Ein klang zu bringen, wurden einstimmig ge nehmigt und ebenso einstimmig der Beitritt des sächsischen Landesverbandes zum Reichsverbande der deutschen Presse be schloffen. An Stelle einiger ausgeschiedener Vor standsmitglieder wurden die Herren Dr. Grau- t off-Leipzig als stellvertretender Vorsitzender, ferner als Beisitzer die Herren Raschle-Lhem nitz, Dr. S t e t t e n h e i m - Leipzig. Dr. Tugend Hat-Leipzig und Simon-Zwickau neugewählt. Ein Frühstück, von der Dresdner Ortsaruvve ge boten schloß sich an und danach eine Besichtigung des Ausstellungsgebäudes für die International? Hygiene-Ausstellung und der bereits fertiqgestellten Gebäude. Die Tagung brachte in erfreulicher Einmütig keit den festen Zusammenschluß der sächsischen Lon despreffe zum Ausdruck. Deutsches Selch. Leipzig, 6. März. * Aus dem 14. Reichstagvwahlkreis (Borna, Pegau) wird uns geschrieben: „Am 25. Februar sprach in dem bis auf den letzten Platz gefüllten Saale des Lünltlersblagen im Theater. Von Dr. Kurt Heinzmann (Leipzig). (Nachdruck verboten.) Künstlerabsagen im Theater und Konzertsaal sind der dem Wetter heutzutage fast an der Tagesordnung Im Publikum kursieren aber auch allerhand kleine (beschichten über schikanöse .Indispositionen" einzel ner verwöhnter Bühnensterne. Solche Anmaßungen launischer Theatergrößen bilden glücklicherweise bei weitem die Ausnahme. Kein Berufsstand, auch kaum der militärische, ist nur annähernd so durch Disziplinarvorschriften und Straf bestimmungen eingeengt, wie der des Bühnenmit- alredes. Nur eine tolerante Ausübung läßt manche Bestimmung überhaupt begreiflich finden. Die zabl- reichen Strafen schmälern zuweilen auch nicht unoe- trächtlich das Einkommen des Bühnenkünstlers. Eine wirklich schikanöse Absage allerdmas kann gar nicht energisch genug geahndet werden. Denn sie bezeugt einen unerhörten Mangel an Pflichtgefühl. Von einem Heldentenor z. B., der nur selten, dann aber stets in äußerst anstrengenden Partien auszu treten hat, wird man unbedingt fordern dürfen, daß er seine physischen und geistigen Kräfte vor jedem Auftreten schont. Gerade die leidigen Gastspiel reisen der ersten Opernkräste, die von der Buynen- lettrng notgedrungen geduldet werden müssen, sind eist wahres Kreuz für das Ensemble. Manche von diesen Herrschaften pflegen ja erst dann an die heimische Bühn« zurückzukehren, wenn sie sich aus wärts beiser gesungen haben. Konventionalstrafen müssen leider in solchen Fällen ein nicht vorhandenes Pflichtgefühl erzwingen. Und hier sind sie durchaus berechtigt. Wenn z. B. die „Englische Kolonie" einer deutschen Königs- restdenz die vorausbestellten Billetts zu Wagner- Overn mehrfach früher zurücksandte, als die Prima donna ihre Absage der Intendanz mitgeteilt hatte, oder wenn es gar beinahe zur Ausnahme ge worden ist, wenn der tschechische erste Heldentenor derselben Hofoper dort oder auf seinen zahlreichen beutereichen Gastspielreisen einmal nicht absagt. ohne daß der Intendant gegen di« verwöhnten Stars «inzuschreiten wagt, so find dies Mißstände, an deren rücksichtsloser Beseitigung gerade die Bühnenmit glieder selbst interessiert sein müßten, weil dadurch ihre Gesamtheit in ihrem Rufe geschädigt wird. Mag ein Künstler noch so viel leisten, mag seine Stimme ein noch io selten schönes Himmelsgejchenk sein, moralischen Pflichten ist er damit nicht ent hoben. Der Spielplan, wie der Ruf des Ensembles verlangt gebieterisch, daß Launen kein Spielraum gelassen werden darf. In solchen Fällen (zuweilen bringt schon eine doppelte Besetzung, wo sie möglich ist, Abhilfe) ist also energisches Einschreiten nicht dringend genug zu empfehlen. Solche Launen haben übrigens meist nur diejenigen Sterne großer Hof bühnen, deren Kontrakt auf längere Zeit gesichert ist. Auch kleinere Fälle von Sorglosigkeit, die einem Mangel an Pflichtgefühl ziemlich nahe kommen, könnten eingedämmt werden. Bei vielen Bühnen wird z. B. verlangt, daß die Mitglieder zu bestimm ten Tagesstunden auf ihrer Wohnung oder im Theaterbureau zurückzulaffen haben, wo sie aufzu finden sind. Repertoirestörungen, die zuweilen sehr plötzlich eintreten, geben die Veranlassung dazu. Ein großes Hofschauspielhaus mit starkem Personal mußte z. B. eine ausverkaufte Feiertaasvorstellung aus fällen lassen, weil die komische Alte, deren Rolle nicht einmal groß war, gegen Mittag „indisponiert" geworden war. Nicht wenige Bühnenkünstler aber haben gerade für kleine Reisen ohne Urlaub eine besondere Vorliebe und gefährden dadurch ernstlich die Möglichkeit einer Ersatzoorstellung. Zur Würdigung von Absagen sind vielleicht ein paar Wort« über den berühmt gewordenen Theater- progeß Barnay-Haverland angebracht, ob wohl dieser lebhafte Jntereffenkonflikt bereits mehr als ein Jahrzehnt zuruckliegt. Anna Haverland weigerte^'*» in der erst gegen Mittag infolge ander- weiter Reoertoirestörung angesetzten Ersatzvorstellung von Goethes „Iphigenie" die Titelrolle zu spielen, obwohl iyr deren Tert vertraut war und sie diese Partie in demselben Ensemble bereit« aegeben hatte. Ludwig Barnay als damaliger Direktor des Berliner Theaters in Berlin vertrat dagegen den entgegengesetzten Standpunkt. Mit großer Heftigkeit traten dann in dem sich anschließenden Sch edsgerichtsstreit di« speziellen Be» rufsgenossen der Künstlerin wie des Bühnenleiter« für die kollegialen Londerinteressen ein. Ein Künstler, der aus bloßer Laune, aus mangelndem Pflichtgefühl erforderlichenfalls nicht „einst ringen" will, kann in der Tag auf Grund des sogenannten Widersetzlichkeits paragraphen ccr Bühnenoertragsformulare mit Recht sofort entlassen werden. Liegen dagegen ernsthafte künstlerische Bedenken gegen dar» Gelingen des „Ein springens" vor, jo ist anderseits die harte Maßregel sofortiger Entlassung recht bedenklich. Denn gerade von einem namhafte:; Kücjtter wird man unmöglich fordern können, daß er wie ein Automat jederzeit seine Rollen auffcigl. Zu geistiger Sammlung oLrd man »hm auch dann Muß^ lassen müssen, wenn ,r das rein Eedächtnismäßig« der Rolle beherrscht. Werden dazu al>er wenige Stunden in allen Fällen genügen? Paulins Ulrich (Drellen). Charlotte Wolter (Wien) unü Hermine Biand (München) erklärten übereinstimmend, sie würden gleichfalls sich geweigert haben, am Abend in einer ihnen erst am frühen Nachmittag bekanntgegebenen Aufführung der „Iphigenie" die Titelrolle zu spielen. Der Ruf eines Künstlers kann in üer Tat Lurch eine gründlich ver- dorbene Rolle ziemlich beeinträchtigt werden. Auf der andern Seite aber wird man von den Mitgliedern auch das Solidaritätsgefühl fordern können, für einen erkrankten Kollegen, wenn nur irgend möglich, bereitwill g einzuspringen. In speziellen Kontrakts- paragrazhen freilich lassen sich solche Künstler- pflichten schwer fixieren. Um so mehr war hier ein fachmännisches Schiedsgericht am Platz«. Freilich sollte e:n solches nicht gerade in einer Frage, di« wie keine zweite der fachmännischen Entscheidung bedurfte, sich in so kläglicher Weise für unfähig er- klären, eine Entscheidung zu geben, wie dies gerad« im Prozesse Haverland-Barnay geschah. Erfreulich war deshalb im Jahre 1904 der B«- schluß der Delegiertenversammlung der Genossenschaft deutscher Bühnenangehüriger, ein Schiedsgericht, da» in seiner damaligen Besetzung — drei Vertreter der Direktoren, zwei Vertreter der Mit glieder — zu einem so bemitleidenswerten R«, fultate kam und mangel« eine» unparteiischen Ob mann«» beinahe kommen mußte, weil Kollegen al» Schiedsrichter von den sonderinteressen ihres speziellen Standesgenossen sich selten freizumachen ver mögen, überhaupt nicht mehr mit Schiedsrichtern zu beschicken. Später trat dann zwar eine Aussöhnung e»'- und eine neue, nicht viel bessere Schiedsgerr bls- ordrrng in Kraft, doch hielt der Frieren wo,/, nicyt länger als bis zu der stürmischen Berliner Dele giertenversammlung der Bühnengenossenschaft vom Dezember 1908 an, so daß seit Karfreitag 1909 in Deutschland Prozesse zwischen Bühnenleitern und Mitgliedern von den „ordentlichen" Gerichten wieder zu entscheiden sind. Für mißtrauische Gemüter aber, die da glauben sollten, all die erbitterten Kämpfe des Jahres 1894 seien um die schönen Augen eines jungen Bühnen sterns gekämpft, muß noch bemerkt werden, daß Fräulein Haverland damals unmittelbar vor ihrem Uebertritt ins Fach der „Heldenmütter" stand . . . Ist aber der Theaterunternehmer verpflichtet, ge löste Eintrittskarten wieder zurückzunehmen und den vollen Preis, einschließlich eines etwaigen Vorver kaufszuschlages, zurückzuzahlen, wenn: 1) die angekündigte Vorstellung durch eine andere ersetzt wird: 2) ein angekündigter Gast nicht auftritr: 3) einzelne Rollen anders, als der Theaterzettel oder eine vorausgehendc Ankündigung des Theaterbureaus angab, besetzt sind? Zur Beantwortung dieser Fragen zunächst ein Wort über die juristische Natur des Repertoire-Ent wurfs (der in der Regel für eine Woche veröffentlicht wird) und des Theaterzettels. Beide sind, wie das Zeitungsinserat. noch nicht verbindliche Anträge zum Verkaufe von Theaterbilletts. Eine Offerte macht vielmehr erst der Theaterbesucher oder sein Beauf tragter. wenn er vom Kassierer Einlaßkarten verlangt. Die Offerte wird meist iuter pra«,s>nt«s. in Anwesen heit der Parteien, angenommen. Der Vertrag kommt regelmäßig zustande. w«nn der Kassierer Zahlung empfängt und das Billett aushändigt, also Zug um Zug Ob dieser „Billettkauf" tatsächlich al» „Kauf" an- zusehen ist, ist, wie so manches andere in unserer lieben Juristerei, natürlich „bestritten". Bedeutung hat jedoch diese Kontroverse im wesentlich nur für die Teilbarkeit der Leistung, besonders also für di« überwiegend verneint« Frage, ob mehrere auf ein
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