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stehnng «nd Entwicklung der Parteien im Deutschen Weiche. Abfahrt: Leipzig (Bayrischer Bahnhof) 5 Uhr 59 Mtn.; Abfahrt Borna: 11 Uhr 4- Min. * Universität«Nachrichten. Da, KZnigl. Mini- ltertnm de. Kalt», und öffentlichen Unterricht» hat de» ersten Assistenten am Mineralogisch - peiro- graphischen Institut und Museum bei der Universität Berlin Dr. Richard Nacken vom 1. April t. I. ab -um etatomäßigen außerordentlichen Professor der physikalisch-chemischen Mineralogie und Petrographie in der philosophischen Fakultät der Universität Leipzig ernannt. ' Bibel und soziale Frag«. Der in den Leipziger Arbeiterkreiscn gut bekannte Pastor der inneren Mis, sion, Herr Schumann, spricht Dienstag, den 21. Marz im Saale des Restaurant» Moosdorf, Turnerstratze 6, über da, äußerst wichtige Thema „Bibel und sozial« Frag e". Es dürste sich niemaird nehmen lassen, diesen letzten Kursusabend der Ortsgruppe Leipzig der kirchlich-sozialen Kon. ferenz, den dies« in diesem Winterhalbjahr abhält, zu besuchen. Der Eintritt ist frei. * Allgemeiner Turnverein zu L-Volkmarsdorf. Der in der diesjährigen Hauptversammlung vom Schriftwan Otto Selm vorgelegte Jahres bericht widmet an erster Stelle dem verstorbenen Ehrenmitglieds Oberturnlehrer R. Schütz, dem der Verein so vieles zu verdanken hat, einen warmherzi gen Nachruf. Die Zahl der Veretnsmitalieder stellt sich einschließlich der 55 Zöglinge aus »88 Köpfe. Außerdem zähl, der Verein noch 26 Turnerinnen, über 106 Knaben und 86 Mädchen zu den Seinen. Im Jahre 1910 wurden insgesamt 428 Tages- und Abend- turnltunden abgehalten und dab«i eine Gesamtteil« „ahme von 34 009 Köpfen erzielt. — Der Rechen, fchnflsbericht verzeichnet bei einem Bestands von 713.43 ein« Endsumme von 8883.28 -8. Der Turn rat setzt sich nach der Neuwahl in folgender Weise zu. lammen: Otto Helm (1. Vorsitzender), lS. Lim« bach, R. Ziegler, R. Seifert. G. Eife. V. Kampfrad, Ernst Schröter (1. Turnwari), M. Böhme. Z» Gautagsvertretern ernannt« man O. Helm. E. Schröter. N. Z e m i s ch und M. Böhms. * Ein Fall, der noch der Aufklärung bedarf, er eignete sich gestern nachmittag in einem Grundstück der Leibnizftratze. Gegen 8 Uhr klingelte es an einer Wohnungstür einer Herrschaft. Da» dort m Stellung befindliche Dienstmädchen öffnet« nichts- ahnend die Tür. Ein davorstehender unbekannter Mann trat sofort in die Wohnung, erfaßte das Mädchen und stieß sie gewaltsam beiseite. Dabei soll er geäußert haben: „Ich will etwas haben!" Das Mädchen hat hierauf erwidert, daß fie nicht, zu ver schenken hätte, worauf der Kerl da» Mädchen aber mals zurückgestoßen und sein Verlangen unter Drohungen gegen die Herrschaft wiederholte. Beim Hinzukommcn von Hausbewohnern ergriff der freche Mensch die Flucht und ist entkommen. Er wird be schrieben als etwa 40 Jahre alt, mittelgroße unter setzte Figur, schwarzes Haar, ebensolchen Schnurrbart, abgetragenen dunklen Jackettanzug, schmutziges Hemd und graue brertdeckelige Sportmütze. * Einbrecher drangen in eine in Lindenau gelegene B^erkstelle «in und versuchten vergeblich, den Geldichrank zu erbrechen. Sie öffneten dort noch ge waltsam verschiedene Pulte und Behältnisse, ohne aber Geld zu finden, nach dem sie wayrschernltch ge sucht hatten. — Lin Einbrecher stieg nacht» in der vierten Stunde durch ein Oderlichtfenster in ein Ge schäft in oer Eübst raß« em, dabei brach das Fenster ab, und der Einbrecher stürzte mit diesem in den Laden. Ehe die aufaeschrccklen Bewohner hinzu kamen, halte der Einbrecher mit dem innen steckenden Meürich Sssle -j-. Berlin, 17. März, Der berühmte Schauspieler Friedrich -aase ist heut« morgen hier im 83. Lebensjahr« gestorben. Der Too des Altmeisters der deutschen Schau spieler muß uns Leipziger ganz besonders schmerzlich berühren, denn Friedrich Haase, der gefeierte Dar steller während dreier Menschenalter, der letzte Miniaturist, wie man ihn genannt har. kann in der Theatergejchichte Leipzigs mit Fug ein Kapitel für sich beanspruchen. Bor vierzig Jahren, von 1870 vis 187V, hat Friedrich Haas« den Direktorposten des Leipziger Stadttheaters innegehabt und sich herzliche Sympathien. Freundschaften fürs Leben in Leipzig erworben. Biele freilich find vor ihm dahingestorben, so z. B. Rudolf von Gottschall, der eine Weile neben Haase und andern tüchtigen Künstlern und Theatermännern Mitprätendent aus den Direktor thron in Leipzig war. und der dann später die reise Kunst Haases als Schauspieler und da, erfolgreiche Wirken Haases al» Direktor allen Gegenströmungen zum Trotz immer offen anerkannt und gerecht ge würdigt hat. Uns. nie wir im vorigen Jahre gesehen haben, wie verüällnisiiiäßig geräuschlos und sicher sich der be absichtigte Wechsel im Direktorat unserer städtischen Theater vollzog, sollte es verwundern, zu hören, mit welchem Aufwand von Kraft und Pathos, List und Ranküne gerade jene Dtrektorwahl betrieben wurde, aus der schließlich wider Erwarten dann Friedrich Haase als Erwählter lfervorging. Der Tod dieses um die Leipziger Kunst jenes Jahrzehnt, so ver- dienten Mannes bietet Anlaß genug, sich jene Strö mungen zu vergegenwärtigen, die sich im Jahrgang» 1870 des Leipziger Tageblattes so deutlich abzeichnen. Heinrich Laube war 1870 Direktor des Leip ziger Stadttheaters. Er hatte seine Freunde und noch viel mehr Feinde. Mit der Kunst, die er bot, waren durchaus nicht alle einverstanden, und sein wenig umgängliches persönliches Wesen vermochte di« Sympathien der Leipziger für ibn durchaus nicht zu mehren. Man wurde den vielen Unbequemen sehr schnell los. Die Sonntagnummer vom 29. Mai 1870 des Leipziger Taaeblattes bringt als einzigen Text ihrer 32 Seiten Quart einen 2V,seitigen Leitartikel ..Die neueste Entscheidung unserer Theaterfrage", der also beginnt: In unserer Theaterfrage ist rasch und überraschend eine durchgreifende Entscheidung ge fallen: Heinrich Laube ist nicht mehr Direktor unseres Stadttheater«, er ist seiner Stellung ent- hooen worden. Rat und Stadtverordnete haben nicht mehr gezögert, auf sein wiederholtes Ansuchen ibn seines Kontrakte» zu entheben, und zwar haben sie den diesbezüglichen Beschluß mit Stimmeneinhellig- keit gefaßt. Mit Jubel halte man ihn empfangen. Klanglos ließ man ihn ziehen. Er war den Leipziger Verhält nissen nicht gewachsen. Das Tageblatt äußerte in jenem laugen Artikel seine Meinung dahin, daß Laube sich im Leipziger Publikum und dieses sich in Laube getäuscht habe. Von dem Nachfolger erhoffte man den langersehnten Frieden in den Leipziger Theateraffären. Es kam vorläufig anders. Schon am S- Mat wußte da« Tageblatt zu melden, daß tzofrat Schlüssel die Ladentüre geöffnet und war durch die Flächt entkommen. * Diebstthle. Zwei weiße Epachtelblnfen im Wert« von 25 wurden au, einem Schaukasten in derKurprinzftraße gestohlen. — In derwi» d- mühlenftraß« wurden von einem Handwagen zwei Paket« entwendet, in denen sich neue Gardinen, Borden und Litragenstoffe befanden. * Aeftgenomme» wurde ei» 18 Jabre alter Böcker an, Elba-e» in Oesterreich, der einem Arbeitskollegen einen ansehnlichen Geldbetrag gestoh- len hatte. — Dasselbe Schicksal hatte ein 26 Jahre alter Handlungsgehilfe aus Stienstedt, der in einer hiesigen Gewüriffabrrk eine Vertrauens stellung einnahm und dort Waren in erheblichem Werte entwendet hatte. — In Haft genommen wurde ferner ein« 33 Jahre alt«, schon vielfach bestrafte Äufläder»ekrfrau von vier, di« au» einer Woynuna im Ostviertel «inen Anzug gestohlen und diesen sofort verpfändet hatte. * Wegen umfangreiche, Darlehnsfchwindeleie» er« folat« die Festnahme des 80 Jahre alten Agenten Hellmuth Köster aus Trebbin m Brandenburg, der Senefelber Straße ll zu L.-Reudnitz wohnhaft war. Köster, der schon schwer bestraft und völlig mittellos ist, nahm einer größeren Anzahl darlehnsuchender Personen Gebühren ab, wobei «r ihnen versprach, die verlangte Darlehen aus eigenen Mitteln zu geben. Da «r gar nicht in der Lag« war, seine Versprechungen zu halten, so riefen die Geschädigten die Hilfe der Behörde an, worauf Köster hinter Schloß und Riegel gefetzt wurde. * Erschwindelte« Fahrrad. Ein Unbekannter er schwindelte bei einem Händler in der Pfafsendorfer Straße ein Fahrrad, Marke „Rolleaur", Nr. 24t972, auf dessen WIederherbeischaffuna der Eigentümer eine Belohnung von 20 ausgesetzt hat. Der Un- bekannt« wollte da« Rad kaufen, bat sich aber erst eine Probefahrt aus, von derer aber nicht wieder kam. Er steht im Alter von 25 Jahren, ist von mittlerer Größe, hat volles Gesicht und dunklen Schnurrbart. * Gestohlene Rlng«. Einer Verkäuferin, die in einem größeren Geschäft hier tn Stellung ist, find aus dem dort befindlichen Toilettenraume zwei Brillant ringe und ein goldenes Eli«d«rarmband gestohlen worden. ss verstorben ist im Krankenhause zu St. Jakob fene tn der Langen Straße wohnhafte 79 Jahre alte Lokomotivführerswitwe. die am ver gangenen Sonntagabend am Augustusplatz«. al« fie sich auf dem Wege zur Bibelstunde befand, plötzlich vom Schlage getroffen worden war. Sus Lschlen. Dresden, 17. März. * Ein Vermächtnis von 58 809 Mark für das Dar- tholomäi-Hospital hat der verstorbene Ratskalkulator Peters der Stadt hinterlassen. Aus dem Ver mächtnis ist zunächst noch eine Leibrente zu zahlen, worauf das Vermächtnis-Stammkapital als Carl- Peters-Stiftung dem Bartholomäi-Hospital zugeführt werden soll. * * Hainichen, 17. März. (Mord.) In dem be nachbarten Dorfe Kaltofen wurde heute früh die fünfzigjährige Händlerin Dänisch er mordet aufgefunde«. Al» Täter wurde der 16jährige Dienstknecht Lyhan verhaftet. Er hat bereit» ein Geständnis abgelegt. -s- Freiberg, 17. März. (Im Irrsinn.) In der Nacht zum Mittwoch hat sich der 34 Jahre alte Wirtscbaftsbesitzer Rößler im Zustande geistiger Umnachtung, nur mit Hemd und Unterhose bekleidet, au» seiner Wohnung in Halsbrücke entfernt. Die Nachforschungen waren bisher erfolglos. Sus -schleus Umgebung. t Eisenach, 16. März. (Bewilligung.) Die hiesige Sparkasse bewilligte aus ihren letztjährigen Ueberschüssen neben einer Ueberweisung von 15 000 -ck zum Pensionsfond» 37 700 zu gemeinnützigen Zwecken in Stadt und Kreis Eisenach. n. Aschersleben, 16. März. (Eamendieb- stähle.) Größere Diebstähle sind in der hiesigen „Terra", Aktiengesellschaft für Samenzucht, entdeckt worden. Di« Diebstähle wurden lange Zeit hin durch betrieben. Verschiedene Arbeiter haben nach und nach für Tausende von Mark Samen an aus wärtige Firmen verkauft; ja, verschieden« Firmen sollen den betr. Arbeitern direkt Aufträge auf be stimmte Eamrnsorten erteilt haben, die dann auch in der Mehrzahl der Fälle stets ausgeführt wurden. Es handelt sich vielfach um Samensorten, die einen ganz erheblichen Werl repräsentieren. Neben einem ausgedehnten Diebstahlsprozeß steht also auch ein Hehlereiprozeß bevor. «. Preußlitz, 18. März. (Ein Pechvogel.) Der Aufseher Eulerts von der Grub« „Mari/' hier wird arg vom Unglück verfolgt. Nachdem er schon früher zahlreiche kleine Unfälle erlitten, wurde ihm vor sechs Wochen das Gesicht durch schlagende Wetter erheblich verbrannt. Gestern wenige Tage nach Wiederaufnahme der Arbeit, verbrannte sich der Genannte auf dieselbe Weise den Kopf in noch größe rem Umfange. Tsyesüironik. Berlin, 17. März^ (Das Verdachtsmate rial). das in der Frauenmordsache zur Verhaftung des Privatkrankenpflegers Griel führte, erweist sich anscheinend nicht als stichhaltig. Seine Vertei diger haben einen Entlassungsantrag gestellt. Krakau, 17. März. (R a d l u m f u n d e.) In der Hohen Tatra wurden von zwei Professoren Stein, schichten entdeckt, die sehr reich an Radium sind. Innsbruck, 17. März. (Verschüttet?) Eine au» einem Leutnant und vier Mann bestehende Pa trouille, die sich zur Zsigmondyhütte in den Dolo miten begeben hatte, wird seit Montagvormittag vermißt. Mehrere militärische Rettungsexpedittonen wirkten bisher erfolglos. Nizza. 17 März. (Schmucksachenfund.) Bei der Reinigung einer Grube des Bahnhofes sind Schmucksachen im Werte von etwa 20 000 Franken gefunden worden. «. Nom, 17. Mörz. (ZumMorduubEelbst- mord des Erzprtesters von Monte« flavio) werden noch folgende interessant« Einzel« heilen gemeldet: Nachträglich hat man festgestellt, daß der 34jährige Pfarrer Don Romani seine Ge liebte, die Frau des Bauern Janni, lediglich aus Eifersucht getötet bat. Ein Amtsbruder des Mörders, der Seelenyirt in einem Nachbardorf ist, hatte bei einem Besuch in dem Pfarrhaus von Monteflavio mit der Janni angebandelt und sie in einem Brief« um ein Stelldichein gebeten. Dieser Brief war in die Hände des Erzpriesters Romani ge fallen, uiK> nun bereitete er die Ermordung der Ge liebten vor. Er führte die Ahnungslos in die Kirche, ließ fie beichten, reichte ihr die Kommunion und erschoß fie, nach der Pfarrwohnung zurückgekehrt, nach kurzer heftiger Auseinandersetzung. Der be trogene Ehemann der Getöteten gibt folgendes an: Seit einem halben Jahre drängte ihn seine Frau, all« vier Wochen zur Beicht« zu gehen. Al» frommer Katholik folgte Janni dem Wunsche der Frau. Paris, 17. März. (Herr »nd Diener.) Der Prokurist Lepant, ein Angestellter de» Börsenmaklers Ennard, der jüngst Selbstmord beaangen und ein Defizit von mehreren Millionen hinterlassen hat, wurde sofort verhaftet, da er verdächtigt wird, große Veruntreuungen verübt zu haben. Er gestand, 900 000 Franken unterschlagen zu haben. Paris, 17. März. (S ch i ff» z u s a m m e n st o ß.) Aus Paimpol bei Brest wird berichtet, daß die Fischerbarke „Marioonte" auf der Fahrt nach Island am 10. März mit einem deutschen Schiff zusammen gestoßen und mit ihrer au» 26 Köpfen bestehenben Mannschaft untergegangen fei. Paris, 17. März. (Sturm auf See.) Bei Le Havre sind während des gestrigen Sturmes zwei Fischerboote mit fünf Mann untergegangen. Belgrad, 17. März. (U n te r s ch l e i fe.) „Nowo Kreme" meldet die Aufdeckung von Unterschleifen in der mtlitärtechnischen Fabrik in Kragujewac. Von 50 000 umgeänderten Mausergewehren seien nur 3500 gebrauchsfähig. Landon, 17. März. (D i a m a n t e n f u nd e.) In Britisch-Kolumbia sind am Tulamcen River zwischen Granite Creek und Princeton Diamanten in Menge gefunden worden, die einen Abbau lohnend erscheinen lassen. Nach einer amtlichen Mel dung bilden die Schichten, in denen die Diamanten lagern, eine ähnliche Formation wie diejenigen in Südafrika. Alle Anzeichen sprechen dafür, daß die Gegend reich an Diamanten ist. New York, 17. März. (Der Mechaniker Badura), der mit zwei Gefährten am 21. Dezember vorigen Jahres den Bankier Aniol Mylowitz ermordet und beraubt hatte, ist nach Ankunft des Dampfers „Zielen" von dem Berliner Kriminal kommissar Bußdorf verhaftet worden. Er war seit zwei Tagen auf drahtlos« Depeschen Bußdorfs hin in Ketten gelegt worden. Bei seiner Verhaftung trug er noch denselben Hut wie bei der Tat. Er hatte mehrmals an Bord versucht, ihn umzutauschen. Nach kurzem Leugnen gestand er, der gesuchte Raubmörder zu sein. Bis zur Erledigung der Auslieferungssormalitäten verbleibt er im städti'chen Gefängnis zu New Bork. Don seinen Komplicen wurde niemand an Bord gefunden. Badura hatte nur 12 Dollar bei sich. üunlt unü Mllenlchsft. * Da» Programm des 2. Leipziger vachseftes, das vom 20. bis 22. Mai 1911 stattfindet, wird, eingerahmt von zwei Kantatenabenden, als Hauptwerk die „Johannispassion" verzeichnen. Das Fest wird durch eine Festmotette des Thomanerchors unter Leitung seines Kantor» Professor Dr. Gustav Schreck ein geleitet, Sonntag vormittag wird in der Thomaskirche ein musikalisch reich ausgestatteter Festgottesdienst ab gehalten werden. * Das neue Drama Gorkis „Mafia Shelesnowa" erlitt bei der gestrigen Aufführung im Neuen drama tischen Theater zu Petersburg eine vollständige Nie derlage. Die langweilige schleppende Handlung rief gar keinen Eindruck hervor. * Der Frankfurter Bildhauer Joseph Kowarzik ist nach längerer Krankheit cn Cannes gestorben. Kowarzik, der am 1. März 1860 in Wien geboren war, war Lehrer am Städtischen Kunstinstrtut in Frank furt a. M. Seine bedeutendsten Werke sind der Römerbrunnen in Frankfurt und die Porträtbilsie Hans Thomas, die in der Karlsruher Kunsthalle auf bewahrt wird. O. L Adolf Brodsky, der bekannte ausgezeichnete Violinvirtuose, feiert air. 21. März seinen 60. Geburtstag. 1882 kam er nach Leipzig, wo durch Schradiecks Weggang die Vwlmproirssur am I Konieroaiorrum freigeworoen war, man übertrug sic Dr. Rudolf Gottschall in Gemeinschaft mit dem Leh. Komnnfiionsrat Waltersdorfs, einem der reichsten deutschen Theaterdirektoren beim Rat um Uebcrlafiung der Theatervirektion eingekommen et. Wollte der eine das Theater finanziell heben, o würde der andere dafür sorgen, daß es nach außen eine literarische Bedeutung behalte und „nicht in ein lescheidenes provinzialstädtisches Dunkel zurücktret«". Es tauchten bald eine Menge Mitbewerber auf, so Anfang Juni E. zu Putlitz und Dr. August Förster, der frühere Regisseur und Dramaturg Laubes in Wien, den Leipzigern damals durch sein vorjähriges Gastspiel bereits wohlbekannt. Es wurde nun in den Blättern und in Versammlungen viel Stimmung für und wider die Kandidaten gemacht. Mit einer Ausführlichkeit, die sich selbst bei dem weitaus größeren Raum der heutigen Tageszeitung von selbst verbietet, treten die Parteien in langen Artikeln für ihre Kunstrichtung und ihre Kandidaten ein. Der Name und Rus Gottschalks wurde viel in die Debatte gezogen nnd selbst in der Presse heiß umstritten. Parolen und „Thesen" wurden ausgestellt. So schreibt ein Einsender im Leipziger Tageblatt vom 8. Juni 1870: Der neue Direktor des Theaters muß ein energischer und freier Mann sein, ein Mann, der einzig und allein durch seine Kenntnis und Tätigkeit imponieren und sich lediglich dadurch di« Achtung des Publikums und die Zuneigung der Mitglieder er werben darf. Jeder andere Weg ist verderblich und legt im Falle des Gelingens den Keim zu einem neuen Direktionswechsel. Am 10. Juni 1870 rollt dann Gotthard Hübner in einem zweiseitigen Leitartikel des Tageblattes die Frage auf. die von da auf immer erneut zur Beant wortung stand und im vorigen Jahre nun endlich durch die Wahl Max Martersteigs zum Inten danten in Leipzig ihre glücklichste Lösung ge funden hat: Städtische Verwaltung oder Privat leitung? Dieser Aufsatz ging darauf aus, August Förster zugunsten Gottschalls von der Bewerberliste abzusetzen. Es ist immerhin amüsant zu lesen, wie jener Artikelfchrciber mit Förster umspringt, der nachher doch noch — 1876 — Direktor in Leipzig wurde. „Herr Förster, oder, wie er es lieber hört, Herr Dr. Förster, Mitglied des K. K. BurMeaters in Wien, erfreut sich zunächst einer äußerst schätzbaren Gesundheit, einer proportional fortschreitenden Fall- staffsche Körperfülle, eine» guten Humors und — wenn er will — gefälliger Umgangsmanieren. Mit letzterer Eigenschaft weiß er auch zu kaptivieren. All bas wäre geeignet, ihm den Beifall zuzuwenden, der ihm als Schauspieler nicht immer wird. Außer dem yeißt er Doktor gar, welcher Titclbegebung sich übrigens noch manche andere Bühnenmitglieder und sonstige Menschenkinder erfreuen, — ohne gerade da mit das Patent der Allwissenheit und Gelehrsamkeit mit sich prunkend herumzutraqen." So geht es weiter. Förster, der Regisseur. Uebersetzer und Schauspieler, wird in ein wenig günstiges Licht ge stellt. Von Gottschall wird viel Lobes gesagt. Ob zuviel? Wer kann es heute noch beurteilen. Das Wohlwollen für den Leipziger Mitbürger unter den Bewerbern mag manchem die Feder und Zunge ge lenkt haben. Bei Schluß der Bewerbungsliste tauchte schließlich noch ein Komvetent aus. d"r langjährig« Regisseur der Kgl. preußischen Hofbühne in Berlin, Berndal, cuf den schließlich die Wahl des Rates fiel, vorerst aber tobte der Streit weiter. Am 18. Juni befaßte sich im Saale der Bodenbacher Bierniederlage erne sehr zahlreich besuchte Versammlung des Städtischen Vereins mit der Theaterfrage und sprach die einzelnen Kandidaten durch. Wir finden die Namen: Theater direktor Lob« in Breslau, Oberlehrer Dr. Slräocer in Hamburg, Regisseur Dr. Hallwachs in München, Theaterdirektor L'Arronge in Köln, „eine sehr bekannte Persönlichkeit, über welchen die verschieden artigsten Nachrichten vorliegen, bietet entweder 10 000 Taler Pacht fest oder Uebcrlafiung eines nam haften Teils des Reingewinns". An fünfter Stelle dieser Liste figurierte Fried rich Haas«: „Als einer der bedeutendsten Charakterdarsteller allgemein bekannt, ist durch Lud wig Tieck zum Schauspieler gebildet worden und war als Schauspieler und Regisseur in Prag, Karls ruhe, Frankfurt a. M. und Petersburg, später als Direktor des Koburger Hostheaters tätig. In letz terer Stellung hat er sehr günstige dramaturgische Er folge aufzuweisen und ist namentlich auch der Grund, um deswillen er jene Hoftheater-Direktorstelle frei willig aufgab, em feinen selbständigen Charakter ehrender gewesen. Er befindet sich in den vorteil haftesten Vermögensoerhältniffcn. Derselbe bietet 9000 Taler jährlichen Pacht oder 6000 Taler fest und einen Anteil am Reingewinn." — An letzter (14.) Stelle stand übrigens der Leipziger Theaterverein auf der Bewerberliste. Noch ehe die Wahl ftattfand, setzte in Leipzig ein für die damalige Zeit ganz unerhörtes Parteitreiben ein. Die Blätter und ihre Theatcrkritiker wurden gegeneinander ausgespielt, Spottgedichte erschienen an den Maueranschläaen und in den Zeitungen Als Verfasser eines dieser Pamphlete ergab sich, wie das Tageblatt in einem streng verweisenden Artikel mitteilt, — Emil Claar. Die häßlichen Wühlereien hörten nicht auf bis zum Tage der Wahl. Worte in „zehnter" und „elfter" Stunde wurden in den Zei tungen gesprochen. Selten waren bei einer Wahl wohl alle Kreise der Stadt so stark engagiert. In zwölfter Stunde fanden sich Leute genug, die Laubes Wiederwahl befürworteten und eine Adresse an den Rai planten. Tausend (?) Unterschriften waren schon beisammen, da sagte Laube entschieden und end gültig ab: man übergab ihm die nun wertlose Adresse als ein Dankeszeichen seiner Anhänger mit auf die Reise noch Wien. Daß übrigens das Tageblatt die Unterschriften dieser Abreise hinterher nachrechnete und abwog. kann man selbst als Tageblättler heute nicksi fair heißen. Gottschall wurde doch nicht ge wählt. Direkt hinter dem leitenden Lokalartikel vom 7. Juli 1870, der die Laube-Adresse niedriger zu hängen bestrebt ist, berichtet das Tageblatt in einer einzeiligen Notiz: Soeben, abends ^iio Uhr. hat das Stadtverorbneienkollegtum die vom Stabilste voll zogene Wahl des Herrn Oberregifieurs Bernbas aus Berlin zum Direktor der städtischen Theater qegen 4 oder 5 Stimmen genehmigt. Abends traf der neue Direktor in Leipzig ein. wie ein Könia empfangen. Wir leien: Leipzia, 8. Juli: Leitern abend traf mit dem «ckmclliuq auf der west lichen Staatsbahn, von Hof resp. Alcrandcrbad kom mend. der neue Tbeaterdirektor H'rr Berndal ein und stieg im Hotel Häufte ab, wo ihn einige seiner Freund« begrüßten. Das Innere des Hotels war zum Empfang des werten Gastes sinnreich mit Gir ¬ landen geschmückt. Müller von der Werra richtete folgende Begrüßungsworte an den Erwählten Wir können uns die Rede Müllers von der Werra schenken, um jo mehr, als Berndal bereits am 13. Juli relegraphisch dem Rar der Stadt Leipzig Anzeige machte, oaß er die auf ihn gefallene Wahl dankend ablehnen müsse. Vielleicht haben ihn geschäftliche Schwierigkeiten zum Rücktritt veranlaßt. Er erklärte jedenfalls, daß die augenblicklichen politischen Ver wicklungen die Lösung des Verhältnisses, in dem er bis dahin in Berlin gestanden, außerordentlich er schwerten. Plötzlich brach der Feldzug aegen Frankreich aus. Ehe die kampflustigen Theaterparteien in Leipzig noch zur Besinnung kamen, wählte der Rat der Stadt Friedrich Haase zum Direktor der städtischen Theater. Wie mir vor dem 100. Geburtslage ihres Mannes di« Witwe Roderich Bendix' erzählte und wie ich es seinerzeit hier mitgeteilt habe, ist Benedi-r derjenige gewesen, der den damaligen Oberbürgermeister nach der Absage Berndals nach drücklich auf Haas« hingewiesen hat. (Zu meiner Freude werde ich noch im Laufe dies«, Sommers eine ausführliche Biographie Benedix' aus der Feder seiner hochbetaaten, lebenvfrischen Witwe veröffent lichen und dabei wohl auch über diesen Punkt Ge naueres mitteilen können.) Unter dem 21. Juli 1870 richtete Friedrich Haase am Schluffe des redaktionellen Teiles des Tage blattes folgende Worte an das Leipziger Publikum, und kennzeichnet sich damit den Leipzigern schon von vornherein als der liebenswürdige, federfrohe Mann, der er bis tn sein« ältesten Tage immer geblieben ist: Der Rat unserer Stadt hat unter Zustimmung der Herren Stadtverordneten mich zum Letter der hiesigen Städtischen Theater erwählt. Beim Eintritt in meinen neuen Wirkungskreis drängt es mich, für diesen Beweis des Vertrauens, durch welchen ich mich in so hohem Grade geehrt fühle, öffentlich meinen tiefempfundenen D^nk auszusprechen. Durchdrungen davon, daß ich eine zumal unter den jetzigen drohenden Zeitverhältnifien sehr schrote- rige Aufgabe zu erfüllen habe, gebe ich hiermit dem hochverehrten Publikum Leipzigs, welches zu jeder Zeit sein warmes Interesse für Vie deutsche Kunst in hervorragender Werse betätigt hat, das ernstgemeinte Versprechen, nach meinen Kräften alles zu tun, um den gerechten Forderungen desselben zu genügen. — Daß mir eine nachsichtsvolle Beurteilung zuteil wer- den möge, ist meine Hoffnung und meine Bitte. Friedrich Haase. Im Anschluß an die Theaterkritik des nächsten Abends begrüßte Gottschall den Sieger im Wett kampfe um den Leipziger Dlrektionsthron und neben ihm den Mitdtrektor Herrn von Ctrantz. Gottschall schrieb u. a.: Am Vorabend eines europäischen Krieges, in einer Zeit böchstcr nationaler und politiscber Aufregung, in welcher die ganze Jugend des Vaterlandes zum Heldenkampf gegen den übermütigen Feind zieht, kann das Theater kaum auf die sonstige Teilnahme rechnen . . . . . . Die neue Bühnenleitung empfängt von Hauje aus die Feuertaufe des nationalen Geistes — möge ' sie darin den Antrieb sehen, hier ein wahrhaft natio- nales Theater zu begründen!" Während die meisten deutschen Bühnen zur Kriegszeit 1870, Königsberg, Breslau, Straßburg.