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2. veils-r. Nonts-, 20. MSrz lSN. Leipziger Tsgeblstt. Nr. 79. lSS. Istirgsng. twelheiü Ralanüs Schicks«!. 28) Roman van Marie vernhartz. (Nachdruck verboten.) „Na, na!" meinte mein Vater unbehaglich „Uebertreib es nur nicht gleich — ist ja doch kein Verbrechen! Ich hab den Tag doch auch vergessen!" „Du auch? Der eigene Vater? Das ist stark! Uebrigens — wie du jetzt bist — sieht es dir ähnlich!" Es klang eigentümlich scharf und gereizt aus Onkel Erichs Munde, und das seltsamste war: mein Vater erwiderte kein Wort darauf E» war ein ungemütliches Kaffeetrinkeu, und, trotzdem die beiden Brüder einander mit nichts weniger als freundlichen Blicken maßen, merkte ich doch, daß ich ihnen im Wege war, daß sic beide den lebhaften Wunsch hegten, miteinander allein zu sein, um sich ungestört aussprechen zu können. Ich beeilte mich daher tunlichst mit meinem Kaffee, um ins Haus jpirückzugehen. Mein Vater rief hinter mir her: „Wohin gehst du. Adi?" und, halb über die Schultor zurückgewendet, gab ich zurück: „Auf mein Zimmer!" Die» war aber nicht meine Absicht Ich hatte bei mir selbst beschlossen, dem Gespräch der beiden ungesehen beizuwohnen, und ich machte mir dieser- halb auch weiter keine Skrupel. Daß irgend etwas um mich her verging, was für mich von Wichtigkeit war, unterlag für mich keinem Zweifel mehr, frei willig sagte man es mir nicht — nun wohl, — dann wollte ich mir das, was ich für mein gutes Recht hielt, heimlich erzwingen. Gewöhnliche Neugier war es wahrlich nicht, die mich trieb — ich wollte wissen, was im Hause vorging, was wie eine dunkle Wolke all dies« Zeit her über mir gehangen hatte — und dann wollte ich Stellung zu diesen Geschehnissen nehmen! Vierzehntes Kapitel. Von dem früheren Ankleidezimmer meiner Mutter, das jetzt als Schrankstube und als Aufbe- wahungsraum für allerlei Truhen, Körbe und Kasten diente, führte eine Tür direkt in meines Varers Arbeitszimmer. Sie war, solange ich denken konnte, durch einen breiten Kleiderschrank verstellt — öffnete man aber dies« Schranktüren, dann konnte man Wort für Wort verstehen, was in meines Vaters Zimmer gesprochen wurde. Dies hatte ich mir als Kind schon de» öfteren zunutze gemacht, wenn der Arzt da war oder Konsul Holm oder sonst jemand, für dessen Unterhaltung ich mich interessierte. Lauschen erschien mir damals durchaus als kein Unrecht. Hätten die Erwachsenen mich stets in ihr Vertrauen gezogen, würde ich es unterlassen haben... so aber glaubte ich das Unrecht nur auf ihrer Seite. Warum schloß man mich von so vielem aus? — Heute dachte ich zwar schon anders darüber, aber Gewißheit mußte ich endlich haben um jeden Preis. Ich hörte Stühle rücken — vorbereitendes Räuspern — di« Frage: „Rauchst du?— ein „Danke!" — Jetzt fing Onkel Erich zu sprechen an. . „Du weiht, weshalb ich heute gekommen bin, Paul! Das arme Ding, deine Adi, hat gedacht, es sei wegen ihres Geburtstags ... sie kann uns doch rn keinem Fall hören — wie ?" „Ganz ausgeschlossen! Sie ist auf ihrem Zimmer — dies ist, wie du weißt, auf der andern Seite des Hauses, jenseits des Korridors gelegen." Mir klopfte das Herz bis in den Hals hinauf, so sckämte ich mich. Aber ich biß die Zähne zu sammen und blieb, wo ich war. „Armes Ding!" wiederholte Onkel Erich. „Sie scheint ganz ahnungslos zu sein!" „Ob qan.v bezweifle ich", hörte ick meinen Vater jagen. „Sic hat mich ein paarmal gefragt, was mir sei, — sie beobachtet mich — findet mich verändert." „Kein Wunder — wahrhastig!" „Aber unbehaglich für mich!" „Ihre Empfindungen dürsten noch ganz andere sein, wenn du, was ich immer noch nicht glauben kann, bei deinem Vorhaben bleibst" . . . „Glaub es nur immer! Ich bleibe dabei!" „Paul!" „Ja — was denn ' Es handelt sich doch nicht etwa um Adi" — „Für mich nm sie — und nur nm sie! Lediglich ihretwegen bin ich gekommen, wenn auch nicht, um ihr eine Geburtstagsfrcnde zu machen! Du bist alt genug, — sollten wenigstens reif genug sein, zu missen, was du zu tun hast" — „Sollt ich auch meinen!" „Und wie man sich bettet, so schläft man. Wenn Lu allein im Leben stündest -- auf niemanden Rück sicht zu nehmen brauchtest ... ich würde ruhig sprechen: renn' in dein Verderben, meinetwegen mit verbundenen Augen —" „Sehr verbunden, lieber Erich! Wenn ich es nun aber keineswegs für mein Verderben halte?" „Es ist dein Verderben: ich weiß es genau! Mensch, so nimm doch Vernunft an —" „Bemüh' dich nicht weiter! Kommt mir bloß komisch vor, daß du von Berlin expreß hierher gereist bist, um den Sittenrichter zu spielen und mir 'ne Moralpauke zu halten! Du — mir! Wenn man dein Leben kenn: —" „Bitte — ich bin Iunggesell — habe weder Kind noch Kegel — bin niemandem Rechenschaft schuldig! Du dagegen — Vater einer erwachsenen Tochter —" „Ach — Tochter hin, Tochter her! Und immer „Vater" und nochmal „Vater"! Als ob ich nicht auch endlich mal Mensch sein möchte! Denn der bin ich nicht gewesen, Jahre und Jahre hindurch, kann ich dir sagen, und du weißt cs recht gut!" „Ich weiß, daß Marianne, meine arme Schwä gerin, eine schöne, vornehme und kluge Frau war — hundert- und tausendmal zu schade sür'n Kerl, wie du einer bist!" „Und seit mehr als zwölf Jahren gelähmt und hoffnungslos trank . . . bitte, vergiß das nicht!" „Ich vergesse es nicht — um so weniger, als ich weiß, wer sic so hoffnungslos krank gemacht hat!" „Erich — das ist —" „Das ist die Wahrheit — reg' dich nicht weiter auf! Ich weiß Bescheid! Du hast nicht absichtlich, nicht mit Ueberlegung gehandelt damals, du bllt immer ein rücksichtsloser Draufgänger und Egoist ge wesen, der sich die Tragweite seines Tuns nicht vor Augen hielt . . . darum bleibt die Tatsache aber be stehen!" ... Ich lauschte zitternd, meine Hände waren eiskalt, cs schwindelte mir. Was würde ich weiter hörm müssen? Würde eine Aufklärung erfolgen? Nein! Mein Vater schwieg eine Sveile — als er wieder sprach, klang seine Stimme heiler und bedeckt. „tlvenn es also so sein soll, wie du sagst — ich jage, wenn! — dann bedenke auch mein Leben, das Leben, das ich zu führen hatte an ter Seite dieser Frau! Sie war mir wie ein ewiger Vorwurf, ihr Anblick hat mich oft geguält und gepeinigt bis aufs Blut — ihr Blick — der Ton ihrer Stimme —" „Das wäre nur ein gerechter Ausgleich der Natur gewesen — eine gesunde Nemesis! Du hast aber gar nicht an der Seite deiner Frau gelebt, du bist dem ewigen Vorwurf. Sem Blick des Auges, dem Ton der Stimme oft genug aus dem Wege gegangen —" „Kannst du mir das verdenken? War ich nicht ein Mann in den besten Jahren — ein Mann noch dazu, dem oie Frauen cs nie im Leben schwer gemach: haben, sie zu erobern? Du weißt cs ebensogut wie ich, Erich: wir Rolands sind hitziges, feuriges Blut, und die Weiber sind die Funken, die beständig um dies Pulverfaß berumtanzen! Marianne war seil länger als zwölf Jahren schon keine Fraiv mehr für mich, war das Bild ohne Gnade, das mir meine Häuslichkeit verdarb, verleidete" — „Du härtest dein Kind!" „Ja, glaubst du im Ernit. daß ein Kind einem Mann die Gattin — die Ehe — das ganze häusliche Leben ersetzen kann?" „Manchem Mann gewiß! Einem von deiner Art allerdings nicht!" „Sage ruhig: „von unserer Art", und gib den hohen Ton auf, mein Guter, — er kleidet dich wunder lich und paßt verteufelt schlecht zu der ganzen Situation!" „Ansichtssache! Ich finde ihn durchaus passend! Wenn du dein Kino wirklich liebtest" . . . „Natürlich liebe ich es! Sehr sogar! Bin stolz auf meine Tochter und setze allerlei schöne Hoffnungen auf ihre Zukunft!" Der Ton klang warm und echt. Mir schossen oie Tränen in die Augen. „Wenn du dein Kinc wirklich liebtest, würdest du ihm das nicht antun können!" „Ja, lieber Erich, ich muß dir zugcben, ich denke nicht nur an Adi — ich denke auch an m i ch! Vor wiegend sogar an mich! Ich kann mich nicht hin setzen und mich bloß auf den edlen, selbstlosen Vater hinausspielcn! — Alter — Temperament — Lebens ausfassung — Naturell . . . alles in mir sträubt sich dagegen. Ich will leben!! — nicht das Dajein eines kleinen siebzehnjährigen Mädels, das vom Lern buch noch nicht aufgesehen und einen Horizont wic'n Fingerreif hat, . . . nein — mein eigenes Leben — verstehst 'du? Meines! Das ich noch gar nicht recht gehabt, von dem ich in aller Heimlichkeit hier und da ein Stückchen genascht und gekostet habe" — „Du tust so, mein lieber Paul, als feist du vor deiner Verheiratung ein Anachorct gewesen!" „War ich nicht! Nein! War ich nie! Als ich aber Marianne kennen lernte . . . wenn e i n Mensch kopflos und heiß verliebt war. bin ich cs gewesen!" „Verliebt — o ja? Aber zu lieben hast du nie verstanden!" „Es hat Kämpfe genug aekoitet. Schwierigkeiten genug zu überwinden gegeben, ehe ich Marianne bekam!" „Die Kämpfe hat sie ausgejochten, — die Schwierigkeiten hat sic beseitigt — nicht du! Arme Marianne! Unter lautem Protest ihrer aristokratischen Verwandtschaft, unter Warnungen und Unheils prophezeiungen ist sie mit dir zum Traualtar ge gangen mit jo seligen, verklärten Augen, als schritte sie geradeswegs in den Himmel hinein. Ich habe nie wieder eine Braut gesehen, wie sie!" „Ja. — sie war schön!" „Nur schön'? Ich will dir etwas sagen, Paul, ob ou es mir nun glaubst oder nicht: hätte ich eine Frau bekommen, wie Marianne es war. — ich wär' heut nicht der leichtlebige Amüsiermensch, als der ich jetzt vor dir sitze mein Wort darauf! Für dich war Marianne, in des Wortes eigenster Bedeutung, zu vornehm ... Las ist das Ganze!" „Und in deiner rührenden Bescheidenheit nimmst du an. für dich wäre sie in ihrer ganzen Vornehmheit gerade gut genug gewesen! Es ist doch eine schöne Sache nm die Selbneinschätzung! Uebrigens hab' ich es gar nicht gewußt, daß du ein so feuriger Be wunderer Mariannens gewesen bist! Fast könnte man denken, du hättest sie aeliebt!" — Es erfolgte keine Antwort. „Also", — cs war wieder mein Vater, der zu sprechen fortfuhr - „also, um aus den Zweck deines heutigen Erscheinens zurück zutominen: dn bisr hier her gereist, um zugunsten meiner Tochter eine Lanze zu brechen, um deinen sogenannten Einfluß geltend zu machen, einem Entschluß meinerseits gegenüber" — ..Hoffentlich iß cs nur erst eine Absicht und kein Entschluß!" „Eurem Entschluß meinerseits gegenüber, den nichts und niemand - kein Bruder — keine Tochter — kein Freund" — „Freunde hast du gar keine! Höchstens Freundinnen!" „Sehr geistreich, lieber Erich! Den also auch leine Freundin jemals ins Wanken bringen könnte!" „Ist das dein letztes Wort?" „In dieser Sache — ja?" „Und du bist dir darüber im klaren, daß du dir dadurch deinen einziacn Bruder, mit dem dich einige vierzig Jahre hindurch «in starkes Band der Bluts verwandtschaft, der gemeinsamen Kindheit und Erleb nisse verknüpft hat, für immer verscherzen wirst?" „Ich hoffe, mein einziger Bruder wird Vernunft annehmcn" — „Das hoffte ich vondir !" „Und wird sich sagen, daß er wie der Blinde von der Farbe redet, sich nicht in eine Lage, wie die meinige, Hitreindenken, mithin auch nicht über sie urteilen kann!" „Aber, Paul, um Gottes willen —diese — diese — Person — als — als Mariannes Nachfolgerin... ich kann und kann cs nicht fassen!" „Dir steht wohl kein Urteil über sie zu!" (Fortsetzung folgt.) »snrlsokukv ptt!» INO, 125, 150. 175. 200, Iian1Irm«n«Ic a ill»»n«>bi«iiniiv 80. 100, 125, 150, »»Illotnttnolinli« Io jcckev yuuHttit uock klinge Lu ckev billiget dnkonnteo l'reisea on87s 3, ß. kt., snUken »mi ---- -- 'oM Foriulprsodor dir. SS ». 4525. § Ledneläor L Vo., iiootor: Sitterstross« JA blieckerlog«: Lelprix-XausUrckt, T»««b»»r Sirois« 57. Ulsiovsrkiol cker »ot viele» Losstellaoreo mit erst«» kreisso xekröoteo, aoeikooat vorrlixlU keo kositree örikstts Marks „kositr". Lelvtvruus von üsusdrandkotitsn stier ^rt und vrvundvtL U Sitttvle SS » t ' -7--I LV » HF vr. üiixeii« Amenllvplen Fl. HF ärztlich begutachtet und empfodlcn bei Schlaflosigkeit, nervösen M Magenbrichwerden, geininer und körperlicher UrberamirengLng u w. MM 5<«I»m«»nt»Olrimmaisbe Straße 17, ossr» MM uud » «nm Ho in iroße LI8K viküki'mami ckipl. 8per. lüi» zvisssnseftsktl. 8edSiideit8ptIege. 6lilvreocke Lrtolre I» Lei velioockluoe oller Uoorleickeo, 8einipveo, ^ustoil ete. KesK-ittk- uock Hörperpllesse. Lulkerouox voo l^edsriieekeo, Voreeo, Rillero, Äo^sogeo oller ^rt. Lvseitiguog vvo Rimeoröte, krost et«. Lleckirioiseiie- »vck XriiotervrLsebea. krlsleieo, vockiiliereo (mied äusser ckvw Ususe). ^okerttssvox vvo mockemeio tia»iei»otr, Toekeotulss, lloterlairell ete. I«I. sso. öarkussASSSS 15, Loks IbomsseinK. Tel. 3SÜ. L" MusLeoruod „< vernicht, alle isÄulnt»erreger Im Munde u. zwischen den Zähne» u. bleicht mH'arbene Zähn« blendend weid, ohne dem Schmelz zu schaden. Herrlich erfrischend im <be> schmack In Tuben, «—8 Wochen ausreichend, Tube l u», Probetube S0 «I. LrhLIilich in »ipotheken, Lrogerien, Parftimertcn. Irr Leipzig: Engelavoth., Markt 12, Htrschapoth., Grimm. Steinw. 26, yofapoth., vainsir. 9, raloinonisapoth.,GriminaischeStr.17. A. AUnrr, Stecknerpassaoc 4, 5 u. 28, H. Hartig. Psasfendorser Str. 10, M. Naumann, Windmühlenstr. 40, Pctribrogcrie, Pelerssieinweg 15, Nvöls Trogcuh., üynaß L Deutlich, Gebr. Schwarz, Markt, Rath. Gcw. 5, E. Ltuck Ncht., Mtersneimveg 7. In L.-Lindenau: (karolaapoth mnn s V.b.r»ll scbuai«» Neue Neckeea Nie LcdüorcdriN / Loermeeben's F kiormslkectem s »oNrttg «I» »I« »oNe»>t»«n ck»« N»r »«Nr iaiokt 1 S« » --- bock. rsr.