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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 18.03.1911
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-03-18
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19110318022
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911031802
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911031802
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-03
- Tag 1911-03-18
-
Monat
1911-03
-
Jahr
1911
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Nr. 77. 10L. 3vtzrvsnv. Lrtvzwer LsyrtUrm. Sonnsvenü. lS. Mün lSll. 2) Ouvertüre zur Oper „Die Zigeuneurin" von W. Bals«. 3) Fantasie aus der Oper „Carmen" von . G. Bizet. 4) „Sirenen-auber" Walzer von E. Wald teufel. 5) „Glühwürmchen", Idyll an» der Operette ' ^ysiftrata" von P. Linke. 6) „Regimentskameraden", Marlch von C. Teile. * Dee Verein »Dnech do« Kind, siir do» Kind" fendet uns folgende Notiz: Der Verein, -er i« Jahr« 1898 von Herrn Baurai Roßbach gegründet wurde und jungen bedürftigen Mädchen bei ihrem Abgong von -er Schule die Mittel gewährt, sich zu einem Be rufe oorzudereilen, hat wiederum ein günstiges Ver einsjahr hinter sich. Auch dir Beiträge haben etwas zugenommen. Der Verein war in der Lage, 54 M äd- chen teils ganz ausbilden zu lassen, teils ihnen eine Beihilfe dazu zu geben. Es wurden >i im Kinder garten, 16 im Haushalt, 4 im Schneider», 1 im Puh. 1 im Blumendinden, 2 im Weißnühen und 17 als kaufmännische Gehilfinnen ausgebildet. 2 Mädchen bekamen namhafte Hilfe für ihre Studien im Lehre- rinnen-Seminar, 2 im Sprachlehrerinnen-Seminar, 2 als zukünftige Haushaltnnqslehrerinnen und 1 als Handarbeitslehrerin. * Die Töpsergehilsen Leipzigs haben mit dem Arbeitgeberverband im Töpfergeroerbe einen neuen Lohn- und Ardeitstarif vereinbart, der am 1 April 1911 in Kraft treten soll, der aber von der Töpfer innung nicht anerkannt wird, so daß die Tarif bewegung noch nicht als beendet angesehen werden kann. Die Töpsergehilsen beauftragten deshalb in einer Versammlung ihre Vertretung, sich mit dem Arbeitgeberverband in Verbindung zu sehen, da sie der Meinung sind, daß der abgeschlossene Vertrag durch eine Innungsversammlung nicht umgestoßen werden kann. Die Innung will auf Grund de» bis herigen Tarifs Verhandlungen einleiten, worauf die Gehilfen jedoch nicht eingehen wollen. * Dieb« stiegen zur Nachtzeit durch ein Ober lich t f e n st e r in ein Delikatessengeschäft am Ran - städter Steinwea. Sie stahlen 8 Psd. Salami wurst, Butter, eine Kiste Zigarren und für 5 .« Postwertzeichen, bestehend aus 5-Pf.-Postkarten, 5- und 10-Pf-Markcn. — Vermutlich gestohlen ist auf der Güterabfertigungs stelle eines hiesigen Bahnhofes ein Ballen gez. O. X. 6650 im Gewicht von 171 Kilogramm, enthaltend Leinwand waren, als Tisch-, Handtücher, Servietten u. a. im Werte von 700 «4t. * Wiedergefunden. Kürzlich brachten wir eine Notiz, wonach aus einer Gepäckannahmestelle eines hiesigen Bahnhofes ein braunlederner Handkoffer ab handen gekommen war. In dem Koffer befanden sich u. a. drei Sparkassenbücher auf CH. Reinhold lautend, ausgestellt in Jena und Erfurt mit einer Gesamt einlage von ca. 6800 -4l. Jetzt ist der Koffer unver sehrt aus einem hiesigen Hotel als herrenlos aufge funden gemeldet worden. Offenbar liegt nur ein Versehen vor. * Eigentümer gesucht. In Verwahrung der Kri minalpolizei befindet sich ein Herrenfahrrad, Marke -Kaiserburg", Nummer 414540, das ein unbekannter kluger Mann bei einem Fahrradhändler in Leipzig Kleinzschocher unter Umständen zurückgelassen hat, die darauf schließen lassen, daß es gestohlen ist. Der Eigentümer des Rades kann sich bei genannter Be hörde melden. * Verhaftungen. Ein 22 Jahre alter Fleische: geselle aus Groitzsch, d«r in ein«r Fleischerei in der Windmühlenstraße beschäftigt war, stahl dort Wurstwaren und mußte sich deshalb verantworten. — Nach Verübung eines schweren Diebstahls im Ost viertel war ein 18 Jahre alter Arbeitsbursche aus L.-Reudnitz flüchtig geworden. Jetzt wurde der jugendlickn: Einbrecher in Plauen i. L. fest genommen. Er wird nach Leipzig transportiert. — In Haft kam eine 30 Fahre alte Arbeiterin aus L. - Connewitz, auf deren Konto eine große An zahl Diebstähle, die sic „gelegentlich eines Zusammen seins mit Herren" zur Ausführung brachte, kommen. Die Vielgesuchte ist bereits wegen Diebstahls vor bestraft. — Zur Verantwortung gezogen wurde eine 35 Jahre alte Frauensperson aus Saal feld, die dringend verdächtig erscheint, einem Gast, mit dem sie kurze Zett in einem Lokal in der Lauch städter Straße in L.-Plagwitz zusammen war, aus dem Portemonnaie einen größeren Geldbetraa ge stohlen zu haben. — Von der Kriminalstelle Gohlis wurde ein 26 Fahre alter Arbeiter aus Gohlis festgenommen, der verschieden« Haus- besttzer dadurch schädigte, Laß er unberechtigterweise Gelder kassierte für angeblich gereinigte Aschegruben. Da« Einkafsicren besorgte der Betrüger unmittelbar, nachdem di« Gruben tatsächlich gereinigt waren. — Feftgenommen wurde ferner eine 25 Fahre alte Aus - wärlerinau«Wiederau,di« von der hiesigen Gerichtsbehörde wegen Urkundenfälschung und Be trugs verfolgt wird. * Ein Racheakt? Am 15. März in den späten Abendstunden wurde auf einem elektrischen Straßen bahnwagen während der Fahrt vom Schlachthof bi» Roßplatz einer hier wohnhaften Schneiderin von un bekannter Bubenhand der Kleiderrock mit einer ätzenden Flüssigkeit begossen, wodurch dieser völlig unbrauchbar geworden ist. Bereits im Oktober 1910 und Februar 1911 ist derselben Dame auf gleiche Weise die Kleidung beschädigt worden. Auch in diesen Fällen war es auf den Straßenbahnwagen. Von dem Täter fehlt jede Spur. * Verhaftung eines der Tanzlokal-„Uhren-Kava- liere". Während eines Tanzvergniigens irr einem Lokal im West viertel machten kürzlich zwei Mädchen die Bekanntschaft zweier junger Männer. Letztere begleiteten ihre Mädchen nach beendigtem Vergnügen nach Hause. Beide waren nicht schlecht erschrocken, als sich ihre Begleiter entfernt hatten und sie ihre Damenuhren vermißten. Fetzt wurde einer der gefährlichen Spitzbuben in der Person eines vielfach vorbestraften 23 Fahre alten Arbeiters aus Großgörschen ermittelt und fest genommen. Die goldenen Uhren, von denen eine die Nummer 120 564 hat, konnten noch nicyt zur Stelle geschafft werden. Dem festgenommenen Dieb konnte außerdem noch nachgewiesen werden, daß er kürzlich aus einem Vergnügung-lokal im Osten einen grauen mit grünen Streifen versehenen Ulster im Werte von 90 und einen Spazierstock mit silbernem Knopf gestohlen hat. Auch diele Gegen stände waren bis jetzt nicht aufzufinden. * Ueber Buchmacher wird uns geschrieben: Kaum hat die Rcnnsaison begonnen, so machen sich die Buch macher an allen Orten bemerkbar. Wie festgestellt werden konnte, ist manche von der Wettleidenschast befallene Person zum Verbrecher geworden, da er die Geldmittel selbst nicht aufbringen konnte und deshalb zum Diebe wurde. Auch die Familien leiden oft unter solchen Verhältnissen, weil ihnen die notwen digsten Mittel zum Lebensunterhalte entzogen wer den. Die Kriminalpolizei schreitet mit unnachsichti ger Strenge gegen die Buchmacher ein, und von den hiesigen Gerichtsbehörden sind leshalb schon schwere Strafen über sie verhängt worden. Fn neuerer Zeit beteiligen sich auch Frauen an diesem Gewerbe, die ihren Männern in die Hände arbeiten: es sind auch schon wiederholt Kinder zum Einholen der Wet ten verwendet worden. Es kann diesem Treiben aber nur energisch entgegengetreten werden, wenn das Publikum die Behörden unterstützt, indem es alle Wahrnehmungen zu deren Kenntnis bringt. Bei der Verschlagenheit der Buchmacher und ihrer Kreise, haben anonyme Mitteilungen wenig Wert, es ist viel mehr die Nennung des Namens sehr wünschenswert. Volle Diskretion wird jedem zugesichert. Nicht uner wähnt darf bleiben, daß das Wetten selbst an und für sich straflos bleibt, jo lange nicht eine dauernde Er werbsquelle daraus gemacht wird. * Fahrradmarder. Bei der eingetretenen trockene,: Witterung machen sich auch gleich wieder die Fahrrad marder in recht unangenehmer Weise bemerkbar. ' Es wurden in den letzten Tagen gestohlen einem hiesigen Einwohner in Schkeuditz ein ..Nekarsulmcr-Pfcil" Rad, Nummer 243508, in der Grimmaischen Straße ein „Sport"-Rad mit Freilanf. in der Gerbcrstraße ein Fahrrad ohne Marke und Nummer, und auf dem Lindenthaler Exerzierplatz ein kettenloses „Wan derer"-Rad. * Liebertwolkwitz, 18. März. (Aus lcr Ver waltung.) Fm Fahre 1910 sind vom Gemeinderat und seinen Ausschüssen in 101 s1909: 105s Sitzungen 1119 (1110) Beschlüsse gefaßt worden. Die Registrande wies 16 318 (15 528) Nummern aus, 7W4 s7394s Ein ¬ gänge und 8414 (8134) Abgänge. An MelLungen wurden 902 Anmeldungen, 885 Abmeldungen, 714 Ummeldungen und 194 MUitäranmeldungen, zu sammen 2695 (2736) entgegengenommen. Strafver fügungen mußten 188 (148) erlösten werden, die meisten derselben wegen Zuwiderhandlung gegen das Tanzregulativ, gegen das Schulgesetz und wegen Ruhestörung. Erfreulicherweise fanden. wegen Tier quälerei keine Bestrafungen statt. Fnlandspässe wurden 33, Auslandspässe 4 ausgestellt. Erlaubnis scheine, Zeugnisse u. a. wurden 762 (940) ausgeferchgt. Die Zahl der Zwangsvollstreckungsaufträge betrug 601 (540). —— Sus Suchten. * Chemnitz, 18. März. (Drohender Streik.) Zu der bevorstehenden Metallarbeiter-Aus sperrung nahmen gestern 15 Metallarbeiteroer sammlungen Stellung. Es wurde beschlossen, im Aus st and zu verharren und einer etwaigen Aussperrung entgegenzuschen. Durch diesen Beschluß wirt der große Kampf in der Metallindustrie des Chemnitzer Bezirks unvermeidlich. Mittweida, 18. März. (Stiftung.) Der ver storbene Kommerzienrat Curt Backofen hat unserer Stadt letztwillig 10 000 .» mit der Bestimmung ver macht, daß die Zinsen zu zwei Drittel bedürftige Ar- beiterswilwen. deren Ehemänner mindestens 10 Fahre lang bei der Firma Backofen <L Sohn beschäftigt waren, erhalten sollen; zu einem Drittel stehen die Zinsen dem Rate ftir wohltätige Zwecke zur freien Verfügung. o- Pirna, 1k März. (Ein Blumen 1 ag) soll nach dem Vorbilde von Leipzig. Chemnitz usw. nun auch in Pirna veranstaltet werden. Die für die Zwecke der Gemeindediakonie in Pirna und Capitz bestimmte Veranstaltung ist für den 7. Mai, den Sonntag Fubilatc, angeletzt worden. Männer aller Gesellschaft!,- und Berufskreise widmen sich den Vorbereitungen. zV8I,. Bautzen, 18. März. (Betr. Schau fenster.) Die städtischen Kollegien haben das Offenhalten der Schaufenster an allen Sonn- und Festtagen beschlossen. Kus Lachlens Umgebung. * Zeitz, 17. März. (Neue Bankfiliale.) Nachdem erst vor einigen Tagen die Allgemeine Deutsche Creditanstalt hier eine Filiale eröffnet hat, hat heute auch die Mitteldeutsche Privatbank die Pforten ihrer hiesigen Zweigniederlassung geöffnet. Die 34 000 Einwohner zählende Stadt Zeitz hat jetzt mit Einschluß der Reichsbank zehn Banken. Wie ver lautet, will auch die Darmstädter Bank hier eine Niederlassung gründen. * Weimar, 18. März. (Tödlichverunglückt.) Das vierjährige Kind des Schlossers Anger mann in Saalfeld geriet zwischen den Pfeiler und den Roll kasten einer Drehrolle. Es erlitt einen Schädelbruch und war sofort tot. * Döniv, 17. März. (Mit Erstechen be drohte) vorgestern der 40 Fahre alte Fabrikarbeiter Karl Josef Becke rt seine Frau und seine beiden Kinder. Er wurde von der Erottauer Gendarmerie verhaftet. Hirschberg i. Schl., 17. März. (Ein Opfer seines Berufes.) Der Arzt Dr. Wunsch, ein Sohn unserer Gegcknd, ist in Tsingtau als Opfer seines Berufes am Flecktyphus gestorben. Dr. Wunsch ' war eine Reihe von Jahren Leibarzt des Kaisers von Korea. Er stand in den besten Mannesjahren, das Gymnasium hat er hier in Hirschberg besucht. * Teplitz, 17. März. (Der Retter des Königs Albert von Sachsen aus ter Ge sänge nschaftderDänen.) Heute beging einer der ältesten Bürger von Teplitz, Herr Gottlob Gebhardt, seinen 85. Geburtstag. Herr Gebhardt hat als Wachtmeister der sächsischen Gardereiter das Kriegsjahr 1848/49 mitgemacht. Er war es, der den damaligen Prinzen und nachherigen König Albert von Sachsen au« der Gefangenschaft der Dänen rettete, wofür er das goldene Dertienstzeichen erhielt. TageschrmMr. Berlin. 18. März. (Zu den Eisenbahn- alte ntaren.) Da die Zahl der Fälle, in denen auf Eisenbahnzüge Schüsse abgegeben oder Steine ge worfen wurden, sich verdoppelt har, beschloß die Vü- waltuna, die auf die Entdeckung der Tater gesetzte Belohnung zu erhöhen. Paris, 18. März. (Ueber fall.) In Biry- Chapillon bei Draoeil haben an 150 Erdarbeiter eine Gruppe von Steinbrucharbeitern überfallen, weil sich diese keinem Syndikat anschließen wollten, und ver wundeten zehn von diesen durch Knüttelhiebe. Drei der Angreifer wurden verhaftet. London, 18. März. (In der Reitschule) von Aldershot wurde ein Feldartillerieleutnant von seinem Pferde, das nach einem Sturze scheu geworden war, 300 Meter weit geschleift. An der Stalltür schlug er mit dem Kopf an einen Stein. Lebens gefährlich verletzt brachte man ihn ins Krankenhaus. Rew York, 18. März. (Dampfer in Flammen.) Der Dampfer „Musces" steht nach einer drahtlosen Meldung aus Galoeston in Flammen und sucht den Hafen zu erreichen. Er hat 50 Passa giere an Bord Dem Schiffe sind Dampfer zur Hilfe cntgegengesahren. Serichtslaal. Reichsgericht. Wegen Beleidigung durch die Presse hatte sich am 1. Oktober o. I. vor dem Landgerichte Bonn der evangelische Pfarrer Liz. Gottfried T. aus Dort mund zu verantworten. Das Gericht gelangte auf Grund der Beweisaufnahme zur Freisprechung. Zwar erschien die Beleidigung als erwiesen, aber da der Angeklagte berechtigte Interessen wayrgenommen habe und die Absicht der Beleidigung weder aus der Form, noch aus den begleitenden Umständen hervor- aehe, so sei ihm der Schutz des 8 193 zuteil geworden. Der Angeklagte ist Herausgeber eines Kirchenblattes freierer Richtung für Rheinland und Westfalen. Zu gleich ist er Mitglied des Vorstandes des Verbandes, dessen Organ sein Blatt ist. Umstritten war vielfach die Frage, ob in gewissen Gemeinden «in Pfarrer vom Konsistorium zu ernennen oder von der Ge meinde zu wählen sei. Namentlich in der Gemeinde Hilchenbach, wo ein zweiter Pfarrer angestellt werden sollt«, war die Frage brennend geworden. Sie wurde in dem Blatte des Angeklagten behandelt, und dabei fielen einige schatte Ausdrucke, durch die sich das Konsistorium in Münster und insbesondere der Kon- sistorialrat R. beleidigt fühlt«. Das Gericht hat jedoch festgestellt, daß der Angeklagte sich nicht bewußt war, die zulässigen Grenzen der Kritik zu über schreiten. — Gegen das freisprechende Urteil hatte der Staatsanwalt Revision eingelegt. Bestritten wurd«, daß der Angeklagte berechtigte Interessen wahrgenommen habe und daß die Form nicht be leidigend sei. — Das Reichsgericht erkannte auf Verwerfung der Revision. Der Schutz des 8 193 hätte dem Angeklagten vielleicht nicht deshalb zu gebilligt werden dürfen, weil er die Interessen des Verbandes wahrgenommen hat, aber da er als Dort munder und westfälischer Pfarrer eigene Interessen wahrgcnommen hat, so unterlag di« Zubilligung d«s Schutzes des 8 193 keinen Bedenken. Daß aus Form oder Umständen die Absicht der Beleidigung nicht her vorgeht, ist tatsächlich ohne Rechtsirrtum festgestellt. * Metz, 18. März. (Drahtnachricht.) Eingelegte Berufung. Nach der „Metzer Zeitung" hat Leutnant Erb gegen das Urteil des Kriegsge richts B e r u f u n g e i n ge le g t. Er hat den Tat bestand bestritten und gleichzeitig gegen seinen ehe maligen Burschen Anzeige wegen Meineids erstattet, wie das Blatt schreibt, um der Berufung den Ium Toüe Friedrich Saales wird uns aus Berlin geschrieben: Das Ableben Friedrich Haases, der seit Anfang Januar schwer leidend und bei seinem hohen Alter dem Tode geweiht war, hinterläßt in dem künstlcrijckien und gesellschaftlichen Leben Berlins ein« schmerzlich empfundene Lücke. Gehörte er doch neben seinem Nachbar Albert Niemann, dem ge waltigen Wagnerjänger, zu den Persönlichkeiten, die mit dem Aufblühen und Glanz unserer Stadt aufs unmittelbarste verbunden waren und die man wegen ihres Ruhms und ihrer Genußfreudigkeit im sorglos verlebten Patriarck)enalter für Schoßkinder des Glückes halten mußte. Noch am 1. November, dem 85. Geburtstag Haases, sahen wir den Künstler in ungebrochener Kraft und Lebensfrisch«. Vom frühen Morgen drängten sich bis zum Mittag ,n seiner Wohnung die Gratulanten, di« ihrer Liebe und Ver- ehrung in geradezu überschwenglicher SVeise Aus- vruck gaben. Die prächtigen Räume mit den un zähligen Erinnerungen an die schauspielerische Lauf bahn des Verstorbenen, mit den Bildern und Büsten an den Wänden, den kunstgewerblichen Kostbar keiten auf den Tischen und Kamin-:», den Bergen von Kränzen und Adressen, den reichgefülltcn Mappen in den Schränken waren in einen ununterbrochene» Blumenhain verwandelt. Draußen blickten die ur alten, noch zu den Zeiten des Großen Kurfürsten ge pflanzten riesigen Pappeln, di« „Weißbäume", wie sie der Berliner nennt, dem Jubilar vom Tiergarten in die Fenster seiner Eckwohnung Drakestraße 1, gany in der Nähe der jetzt so traurig verödete» Villa, wo jetzt der bald achtzigährige Reinhold Begas künst lerisch verstummt und menschlich gebrochen dahinsiecht. Am Abend jene« Tage» konnte Haas« im Savoyhotel am Bahnhof Friedrichstraße, wo er seine Freunde zu einem Festmahl vereinigt hatte, über vier Stunden die anstrengenden Pflichten der Repräsentation mühe- los ausüben. Haase lebt« während der letzten Hahre geradezu non der Geselligkeit, in der er wie kein Zweiter ein vollendeter Meister war. Entweder sab er abends gute Bekannte bei sich oder er erschien vei ihnen zu Gast im Kreise schöner Frauen, die er anschwärmte und von denen er sich bewundern ließ, um erst lang« nach Mitternacht das Bedürfnis »ach Ruhe zu fühlen. Silvester und Neujahr iahen ihn ausgelassen wie ein Kind beim munterlten Geplauder. Zwischen Flaschen edelsten Weines und von den Wolken der schwersten Havannas umgeben, von denen er als richtiger Kettenraucher sich «ine nach der andern zwischen die Lippen schob. Bei diesen beneidenswerten gesellschaft lichen Vorzügen scheint er sich körperlich übernommen zu halun. wobei ein altes Blasenleiden sich ver schlimmcrte und ein« Operation notwendig macht«. Haases Befinden schien bisher allen Beschwerden des Alters zu trotzen bis auf di« jährlich wiederkehrenden Gichtanfälle, die den hochgewachsenen, schlanken und eleganten, wahrhaft aristokratisch wirkenden alten Herrn grausam Mitnahmen. Eine Frühlingsiur in Karlsbad und ein Herbstaufenthalt in Teplitz er wiesen Och jedoch stets als so heilkräftig, daß man die Fahre nicht zählen mochte, die den so interessanten Künstler und Menschen noch beschiedcn sein konnten. Seit sünftehn Jahren haben wir ihn nicht mehr auf der Bühne gesehen, glauben aber immer noch die Worte „^ciiou, ariicm. POUI' toujours!" zu ver nehmen, mit denen er sich damals am 14. Januar 1896 vom Kgl. Schauspiclhause verabschiedete. Dann trat er nur noch einmal auf Wunsch des Deutschen Kaisers vor einer Hofgesellschaft im Neuen Palais in Pots dam auf. Seine persönliche Erscheinung wurde durch seine Kastspieltätigkeit in Deutschland und Oesterreich, Rußland und Holland sowie durch die Vereinigten Staaten Nordamerikas von New Part bis San Fran cisco sowie durch zahlreiche Bilder, Büsten, Photo graphien, Skizzen usw. allgemein bekannt und beliebt. Schon mit 17 Jahren sah -er im alten Hohenzollern- schloß geborene Sohn des ersten Kammerdieners Friedrich Wilhelms HI. sich auf einem Porträt ver ewigt, das der später jo gefeierte Bildnismaler Gustav Richter von ihm ausgestellt hatte. Bis in jein späteres Alter beschäftigte sich die Oeffentlichkeit ununterbrochen mit diesem merkwürdigen Manne, der so gar nichts Greisenhaftes an sich hatte, immer mit zärtlichen Augen um sich blickte, in stolz erhobener Haltung über die Straße ging und wegen seiner musterhaften Eleganz auch denen auffallen mußte, die sonst wenig oder nichts von ihm wußten. Er war ein glücklicher Mensch, am meisten vielleicht deshalb, weil er bestimmt an eine Seelenwanderung glaubte und fest davon überzeugt war, nach seinem Tode auf einem andern Stern wieder zu erwachen und dort ebenso erfolgreich wie auf unserer Mutter Erd« ringen und schaffen, schwärmen und lieben zu können. Lusvv Tadel. Sin Lmpkang -er auslSnüilchen prelle in Berlin. tNachdrucl verbvic».) Au» Berlin wird uns von unserem Mitarbeiter geschrieben: Unter den gesellschaftlichen Veran staltungen, die um die Nachmittagsstunden in unseren großen Hotels stattfinden, zeichnete sich der Jahresempfang der ausländischen Presse am Freitag im ,.Ad lo n" durch «inen be sonderen Glanz und eine bemerkenswerte ..Hüll« der Gesichte" aus. Die ganze Flucht der Festsäle oo« Pariser Platz bi, zur Wilhelmftraße zeigte ein un aufhörliches Gewl>ge von reizenden Frauen- und Mädchengestalten und interessanten Männerköpfen, die durch den lebhaften Fremdenverkehr dieser Wochen noch eine bemerkenswerte Verstärkung erhielten. Di« Bedeutung Berlins als Weltstadt erfordert es, daß di« große» Blätter in London und Paris, in Wien und Petersburg, in Rom und New Pork und anderen Mittelpunkten hier ihre eigenen Korrespon denten unterhalten, von deren Bureaus sich täglich ein reger Verkehr mit allen Kreisen unserer Gesellschaft anspinnt. Ein ganzer Stab von Franzosen, Eng ländern, Russen, Italienern, Oesterrcichern, Ameri kanern hat sich infolgedessen zu einem Verein zu- sammengeschlossen, der in unserem geistigen Leven eine nicht zu unterschätzende Macht bildet. Sie auch äußerlich zur Anschauung zu bringen, war der Zweck dieses Empfanges, der, nach den Toiletten und der fröhlichen Stimmung zu urteilen, bereits einen aus gesprochen friihlingsmäßigen Charakter trug. Die Männer der Feder, die als Regisseure bei diesem Schauspiel tätig waren, hatten ihre Sache ganz vortrefflich gemacht. Hatte Las Gewühl der Gäste im ersten Augenblick auch etwas Beängstigendes, nament lich bei dem Ansturm auf die Garderoben, so stellte sich bald eine gefällige Ordnung ein, bei der jeder einen freundschaftlichen Händedruck austauschcn konnte und etwas Liebes zu sehen bekam. Das Nette bei diesen Festen besteht darin, daß ihnen durchaus nichts Einseitiges und Kleinliches anhaftet, daß alle Stünde und Berufsarten dabei vertreten sncd und die Unterschiede von Rang und Stellung vor der Un gezwungenheit des Verkehrs in Wegfall kommen. Natürlich erweckt es große Genugtuung, bei solcher Gelegenheit die führenden Persönlichkeiten aus unseren Ministerien und Behörden, die Botschafter und Gesandten, die Chefs unserer Großbanken und Fabriken, die Gelehrten, Künstler und Dichter aus unmittelbarer Nähe bewundern zu dürfen. Aber lie streifen dabei auch ihre Gottähnlichkeit völlig ab, lassen sich von jedem ansprechen, machen und ver tragen Scherze, so viel man davon auch vorbringt. Besondere Aufmerksamkeit erregte diesmal der Komponist Leoncavallo, der Schöpfer der ..Bajazzi" und d«^ „Roland von Berlin", der zur Aufführung seines neuesten Werkes „Maja" am Opernhause in Berlin eingetroffen war. Er hat in seinem Aeußern Har nichts von einem eleganten Italiener an sich, sondern ist ein breitschulteriger, phlegmatischer, sich wegen seiner Körperfülle schwer fällig bewegender Herr mit grauem Bart, liebens würdig und dankbar für jedes gute Wort, das man an ihn richtet, und sichtlich von Sorge erfüllt, irgend jemanden, der ihm nützlich sein könnte, bei diesem Anlaß zu übersehen. Auch Baron v. Eckard st ein, der früher lange unserer Botschaft in London an gehört« und kürzlich eine schwer« Erkrankung durch, gemacht hat, gehört« zu den interessanten Persönlich keiten, die das Ausland zu diesem Fett hergeschickt halt«. Man begegnete auf Schritt und Tritt irgend, einer Berühmtheit, und ost gab cs freudige lieber- raschungen beim unverhoffte» Wiedersehen. Auch darin lag ein« rühmenswerte Eignischaft dieses Empfanges der ausländischen Presse, daß er genau, wie es angegeben war, um 5 Uhr seinen An- fang nah« »Kd ebenso -räzts um 7 Uhr zu Ende war. Auch unser Gesellschaftsleben muß fahrplanmäßig ge ordnet werden, wenn der einzelne nicht darin er sticken soll.Q 2. Kunst Mlü rvillenlchskt. * Friedrich Haase veröffentlichte noch kurz vor seinem Hinscheiden im „Theaterkalender 1911" (Oesterheld Co., Berlin) persönliche Erinnerungen an die Zeit seiner ersten Erfolge „Dor 60 Jahren", die jetzt besonderes Interesse erregen dürsten. * „Die Rathausweihe", ein historisches Festspiel von Anton Ohorn, wird in Chemnitz aus Anlaß der Einweihung des dortigen Rathauses dargestellt werden. Als Schauplatz des im Jahre 1498 spielenden Stückes dient der Neumarkt, der dem Ausgang des 15. Jahrhunderts entsprechend hergerichtet werden soll. Etwa 300 Personen werden an der Aufführung beteiligt sein. * Halms „Sohn der Wildnis" wurde im Hildes heimer Stadttheater der Vergessenheit entrißen. Das romantische Schauspiel wurde bei seiner Uraufführung im Wiener Hofburgtheater von Friedrich Hebbel nicht sehr wohlwollend beurteilt, und auch die glänzende Darstellung, die es in Hildesheim fand, läßt es nicht als geeignet für die heutige Bühne erscheinen. * Heimatschutz. Holland hat sich jetzt dem deut schen Vorgehen zur Gründung von Heimatschutzverbän- Len angeschlossen. Unter dem Namen „Heemschut" wurde ein solcher Verein inAmsterdam ins Leben gerufen. * Einen Kursus zur rechts- vnd staatswissenschast« lichen Fortbildnng veranstaltet wie alljährlich im Frühjahr und Herbst die Kölner Vereinigung für rechts- und staatswissenschaftliche Fort bildung vom 21. April bis zum 2. Juni in der Städtischen Handelshochschule in Köln. Dieser um faßt eine Reihe von Vorträgen aus dem Gebiete der Rechtswissenschaft, der Staatswissenschaften sowie aus verschiedenen anderen Wissensgebieten, Besich tigungen städtischer und staatlicher Einrichtungen und von Fabrik- und sonstigen Anlagen sowie eine lOtägiqe Studienreise nach Baden, dem Elsaß und der nördlichen Schweiz. Die Kurse sind berechnet für gereifter« Personen, die bis zu einem gewissen Grade eine rechts- oder staatswisienschaftliche Vor bildung besitzen und eine Erweiterung und Ver tiefung ihrer Kenntnisse erstreben. Interessenten können den Studienplan in der Kanrlei der Leioziger Handelskammer einsehen oder durch die Geschäfts stelle der Vereinigung in Köln beziehen. * Ein «euer griechischer Steinschneider ist vom Direktor des Münchner Münzkabinetts, Dr. Habich, in einer von einem Münchner Sammler erworbenen Glaspaste von uvgewöhnlicher Schönheit, Größe und Stärk« entdeckt worden. In dem soeben erschienenen „Archäologischen Jahrbuch" beschreibt Dr. Habich die sehr gut erhaltene Paste, di« den Namen des Meisters Karbon (ein griechischer Handwerkername) trägt.
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