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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 18.03.1911
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-03-18
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19110318022
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911031802
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911031802
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-03
- Tag 1911-03-18
-
Monat
1911-03
-
Jahr
1911
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März ll>> l tär Inserate au« uovi'g llmge»ui-i di, Sgeivaltene SO mm breit« Petttzeiie 2d ch, di« 7« mm breite Reklamezeile l chk von an «wärt« R) ch, ReNamrn l.20 Inserate non Beddrven i» amtlichen Lei di« 74 mm breit« Petit,eile 40 ch. cheschältSanzeiac i mit Ptahvorschristr» un» m der Abendausgabe im Preise erhöht Rabatt nach Daris. Beilagegebühr S cht p. Lausend exkl. Postgebühr. ,s«kerieilt« Aal träge können nicht zurück gezogen werden. Für da» ürscheinrn a» bestimmten lagen und Plätzen wird krin- üiarantt« übernommen Anzeigen- Annahme: Auguüuäplatz >>> bei sämtlichen Filialen u. allen Annoncen- ttxpebuioneii de« Ja» und Auslände«. Redaktion und (Aeschäfttstelle: Johannisgass« 8. Fernsprecher r I4ÜV2, 14««, I4ÄU4. Haupt-Filiale Dresden: Seestrade 4, 1 ».Lelephoa 4621-. los. Jahrgang. Lin Leltrsg MM Gelehrten- praletsrlst. Die kürzlich bearbeitete Universitäts statistik gab bekannt, bah von 1898/99 bis 1908/09 die Zahl der immatriknlierten männlichen Studieren den im Deutschen Reiche von 31697 auf 46 381 ge stiegen sei, und zwar in Preußen von 17 015 auf 25 245, in den übrigen deutschen Bundesstaaten von 12 520 auf 17 558. Man hat das Reich auch nach Zonen «ingeteilt und ermittelt, daß auf je 10 000 männliche Einwohner Studenten entfielen in Landes teilen des 18S5/S6 lS08/V8 östlichen Reiches 9,18 12,33 westlichen „ 10,22 14,38 südlichen „ 11,86 15,79 Verhältnismäßig am wenigsten Studierende stellen die Provinzen Westpreußen und Posen, wo diese Sätze auf 7,87 bzw. 9,17 Studierende sinken. Den höchsten Derhältnissatz finden wir im Eroßherzogtum Hessen mit 21,31, Baden mit 18,44, in der Provinz Hessen-Nassau mit Waldeck mit 18,27, der Provinz Brandenburg mit Berlin mit 17,11. Die Zahlen lassen zunächst erkennen, daß der allgemeine Bildungsstand, die wirtschaftliche Lage, die Dichtigkeit der Bevölke rung einen erheblichen Einfluß auf die Wahl der aka demischen Laufbahn ausüben, daneben aber auch ge wisse Einrichtungen und lleberlieferung in der Ver waltung. So wird man sich den stärkeren Verhältnis- jatz der süddeutschen Bundesstaaten wohl aus dem Umstand zu erklären haben, daß beispielsweise für die höhere postalische Laufbahn im Königreich Bayern mehrere Semester juristischen Studiums verlangt werden. Aber ganz allgemein betrachtet, wird man zugeben müssen, daß die Zahl der Studierenden in einem den Bedarf bei weiten: übersteigenden Maße zugenommen hat, und daraus ergeben sich für die nahe Zukunft vielfach ern st hafte Besorg nisse. Schon jetzt leiden die akademischen Berufsstände eigentlich durchgehends unter einer Ueberprodultion; es mag sein, daß heutzutage Akademiker in Stellungen verwandt werden, für die man früher auf akademisches Studium verzichtete; so eröffnet dennoch die Ver mehrung der Studenten um etwa 40 v. H. innerhalb eines dreizehnjährigen Zeitraumes trübe Aussichten, wie ein normaler Ausgleich erreicht werden könne. Dazu kommt auch, daß jetzt mehr und mehr die Mädchengymnasien weibliche Studierende auf die Universitär entsenden. Der ärztliche sowie der Lehr beruf dürften sehr bald den Wettbewerb des weib lichen Geschlechtes verspüren. Die ungünstigsten Aussichten bietet gegenwärtig die richterliche La ufdahn; cs dürfte bald die Zeit gekommen sein, wo Assessoren mit zehnjähriger Dienstzeit keine Seltenheiten mehr sind. Aber auch die Philo logen werden wohl bald in die Lage kommen, auf die Anstellung lange Zeit warten zu müssen. Eine gewisse Beachtung verdienen in der Uni- nersitätsstatistik die Ziffern, die di« Reichsaus länder betreffen. Ihre Zahl hat sich im letzten Jahrzehnt von 2162 auf 3578 vermehrt, also noch stärker als die der Inländer. Angesichts der vielen Klagen, die bas Studium der Ausländer auf deutschen Universitäten im Gefolge hat, wird es gewiß mit Genugtuung begrüßt werden, wenn jetzt von diesen höhere Zmmatrikulationsgebührcn be ansprucht werden. Wir wissen uns eines Sinnes mrt den berechtigten Forderungen unserer akademischen Jugend, wenn der Anspruch erhoben wird, nicht bloß die Einschreibgebühren, sondern auch die Kollegren- gelder für Reichsausländer beträchtlich zu erhöhen. Unsere Steuerzahler haben es wirklich nicht nötrg. mit ihrem Geld« den Ausländern das Studium auf deutschen Hochschulen zu erleichtern. Man braucht in dieser Beziehung keine übertriebenen Rücksichten auf das Ausland zu nehmen; es bleibt diesem ja un benommen, seinerseits gleichfalls die Studiengelder für Ausländer zu erhöhen. Jedenfalls bieten die Ziffern der Unioersitätsstatistik zu mannigfachen Be trachtungen Anlaß; sie enthalten gute Lehren, zugleich aber auch ernste Warnungen. Oeutlüttsnüs Krlegsberettlchstt zur Zett üer llnnermn Bosniens. Abg. Wolf machte in der kürzlich abgehal tenen Versammlung des Deutschnatronalen Vereins für Prag und Umgebung sehr interessante Mitteilun gen über die Operationsdispositionen Deutschlands zur Zeit der bosnischen A n - nexionskrisrs. Man war sich, so sagte Abg. Wolf, in Rußland und England der mißlichen Situation, in der sich Oesterreich damals befand, wohl bewußt, und diese Mächte nahmen anfangs auch oie Vorstellungen Deutschlands nicht ganz ernst. Ruß land, von England gewissermaßen getrieben, ließ dre deutsche Regierung nicht im unklaren darüber, daß es fest entschlossen sei, durch einen Krieg mit Oester reich sein durch Len Krieg mit Japan stark rampo niertes Prestige wiederherzustellen. Drei Tage vor der Abdankung des serbischen Kronprinzen machte Deutschland der russischen Regierung die Mitteilung, daß zur Mobilisierung der deutschen Arme« alle, vor- berertet sei. Aber Rußland und England wollten noch immer nicht an den Ernst Deutschlands glauben. Da wurde der deutsche Militärbevollmächtigte in Petersburg beauftragt, der russischen Regierung dezi diert zu erklären, daß zwei sächsische Armee korps kriegsbereit seien, um im Falle der Kriegserklärung zwischen Oesterreich und Serbien, sofort in Böhmen cinzurücken, um hier eine tschechische Revolution, die allgemein befürchtet wurde, zu ersticken, daß ferner die bayrischen Armeekorps bereits Marschorder hätten, um die südliche Grenze Oesterreichs gegen Italien zu schützen, das sich, so sagte Abg. Wolf, damals, die Gelegenheit benützend, eben anschickte, uns Triest und Trentino aus dem Leibe zu reißen; ferner hatte der deutsche Bevollmächtigte zu erklären, daß auch für die Operationen gegen Ruß land alle Vorkehrungen bereits getroffen seien. Unmittelbar nach dieser Erklärung Deutsch lands war die Kriegslust in Rußland vorbei, die Hetze Englands verstummte, und Oesterreich hatte es nur mehr mit Serbien und Montenegro zu tun. mit dem es bekanntlich dann ohne Krieg fertig wurde. p Milche Nachrichten. Die Schisfahrtsabgabenkommission verhandelte am Freitag über 8 2 , der die ver schiedenen für Rhein, Weser und Elbe vor gesehenen Bauprojekte behandelt. Wegen der Rhein projekte wurden von freisinniger und sozialdemo kratischer Seit« verschiedene Bedenken, namentlich auch wegen der geplanten Binger Schleuse, geltend gemacht. Zur Disposition gestellt. Berlin. 18. März. (Tel.) Der Kommandeur der 1. Division Generalleutnant Hasse, der Komman deur von Metz Generalleutnant v. Puttkamer und der Inspekteur der Landwehrinspektion Dort mund sind dem „Militärwbl." zufolge in Ge nehmigung ihrer Abschiedsgesuche m:t der gesetzlichen Pension zur Disposition gestellt worden. Ein sonderbarer Antrag. Zur zweiten Lesung des Etats für das Reichs schatzamt hat das Zentrum den Antrag gestellt, die verbündeten Regierungen zu ersuchen, tunlichst bald eine Novelle zum Bärsengesetz vorzulegen, durch die gegen die Entscheidungen der Zu lassungsstelle der Reichskanzler als Be rufungsinstanz eingeführt wird.' Zur internationalen Pestkonferenz. Auf dem in Mulden geplanten internatio nalen Pesikongreß wird, wie die „N. pol. Korr." erfährt, aucy Deutschland vertreten sein. Be kanntlich haben sich vor einiger Zeit die deutschen Aerzte Eothein, Mende und Bier mann über Sibirien nach dem Pestgebiet begeben; sie werden auch an den Besprechungen in Mulden teil nehmen. Ein Ritt der Rechten gen Westen? In Köln a. Rh. soll, wie die „Mil.-pol. Korr." hört, innerhalb etwa der nächsten vierzehn Tage eine große konservative Versammlung statt finden. Als Hauptredner wird der Präsident des preußischen Abgeordnetenhauses von Kröcher, M. d. R., über die innerpolitische Lage und die kommenden Reichstagswahlen sprechen. Gegen da» Trinkgelderwesen. Pest. 18. März. (Tel.) Am Montag werde» hier drer große öffentliche K e l l n e r o e r s a m m - tungen stattfinden, deren Tagesordnung die Ab schaffung der Trinkgelder verlangt. Winzerunruhen im französischen Weinbaugebiet. Troyes, 18. März. (Tel.) Die Aufregung in dem ganzen Weinbaugebietc nimmt zu. Allent halben demissionieren die Gemeinde behörden. Die Winzer entfalten rote Fahnen und läuten in den Dörfern die Sturmglocken. Für Sonntag planen die Winzer eine Kundgebung in Bar-sur-Aube. Raufereien zwischen Republikanern und Karlisten in Spanien. Paris, 18. März. (Tel.) Mehreren Blättern wird aus Madrid gemeldet, daß Saragossa und Valencia der Schauplatz von ernsten Raufereien zwischen Republikanern und Karlisten ge wesen ist, bei denen von Feuerwaffen Gebrauch ge macht wurde. Eine große Anzahl Personen wurde verwundet. Die Polizei nahm bereits Verhaftungen vor. Fräulein Rogstad im Storthing. Lhristiania, 18. März. (Tel.) An der gestrigen Nachmittagssitzung des Storthing, zu üer sich auf Len Tribünen ein zahlreiches Publikum, darunter viele Damen, emgefunden hatten, nahm für den beurlaub ten Abgeordneten Bratlic Fräulein Anna Rogstad teil. In seinen Begrüßungsworten bc zeichnete der Präsident, während die Abgeordneten sich von ihren Sitzen erhoben, den heutigen Tag als einen Merktag in der Geschichte Norwegens. Auch der Ministerpräsident, mit dem die meisten an deren Vertreter der Regierung erschienen waren, bc grüßte Fräulein Rogstad, d°r zahlreiche Glückwunschtelegramme und Blumcnspenden zugingen. Sus Lelkttlg und Umgegend. Leipzig, 18 März. Wetterbericht der Kgl. Sachs. Landeswetterwarte zu Dresden. Voraussage für den 19. März 1911. Nordostwinde, tagsüber heiter, früh und abends Nebel, nachts kalr, tagsüber warm, vorwiegend trocken. Pöhl berg: Schwache Schneedecke bis Anna berg, Schneetiese 10 Zentimeter, glänzender Sonnen unter- und -aufgang, Himmelsfärbung orange. Fichtelberg: Gute Schlittenbahn bis in die Täler, Schneetiefe 270 Zentimeter, starker lang an haltender Reif, großartiger Rauhfrost, glänzender Sonnenunter- und -aufgang, Abend- und Morgenro:. * Postscheckverkehr. Im Reichspostgebiet ist die Zahl der Kontoinhaber im Postscheckverkehr Ende Februar 1911 auf 52 780 gestiegen (Zugang im Monat Februar allein 1280). Auf diesen Postscheck- kanten wurden im Februar gebucht 875^ Millionen Mark Gutschriften und 875^ .tt Lastschriften. Das Gesamtguthaben der Kontoinhaber betrug Ende Februar 97^ Millionen Mark, ihr durchschnittliches Gesamtguthaben während desselben Monats 107'^ Millionen Mark. Im Verkehr der Reichspostscheck ämter mit dem Postsparkassenamt in Wien, der Post sparkasse in Pest, den schweizerischen Postscheckbureaus und der neuerdings an diesem Verkehr mit teil nehmenden belgischen Postverwaltung wurden fast 4 Millionen Mark umgesetzt, und zwar auf 1V50 Uebertragungen in der Richtung nach und auf 7250 Uebertragungen in der Richtung aus dem Auslände. * Der genaue Ertrag des Margaretentages. Wie uns vom Komitee mitgeteilt wird, beläuft sich der Reingewinn des Margaretentages nach Eingang nachträglicher Spenden nunmehr auf genau 159 705 Mark und 39 Pfennige. Die Gesamt einnahmen betrugen 168 472,57 die Unkosten 8767,18 * 1. Königin-Earola-Gedächtnisstistungs-Lotterie. Wir wollen nicht verfehlen, darauf hinzuweisen, daß die Gewinnlose nur noch bis 20. März abends 7 Uhr beim „Jnvalidendank". Leipzig, Erimmaischc Straße 21, I., eingelöst werden. * Platzmusik. Am Sonntag den 19. März findet di« militärische Platzmusik auf dem Schmuckplatz an der Montbeftraße vor dem Dienstgebäude des kom mandierenden Generals durch das Trompeterkorps des Feldartillerieregiments Nr. 77 statt. Beginn 11 Uhr 30 Min. vormittags. Musikprogramm: 1) Kaiser-Ariedrich-Marsch von C. Friedemann. Die Dame in Grau. 15) Roman von Anny v. Pannhuqs. (Nachdruck verLoteu.) „Nun, Fräulein Wiegler, beruhigen Sie sich erst ein wenig, kommen Sie, trinken Sie noch ein Glas, oas tut gut, und dann setzen Sie sich nieder", freund lich sagte es der Kommissar. Gehorsam wie ein Kind leistete die Aufgeregte und vom Weinen Erschöpfte dieser Aufforderung Folge und nach einigen Minuten erholte sie sich so weit, daß sie geordnet erzählen konnte, und was da zum Vorschein kam, war eine alte Geschichte, die immer neu bleiben wird. Die Geschichte einer Liebe, die sich bis zum Verbrechen erniedrigt, um den ge liebten Menschen vor Schmach und Schande zu be wahren. Vor ungefähr zwei Monaten lernte Meta Wiegler in Köln einen hübschen, jungen Mann, namens Fritz Körner, den Angestellten eines Bankgeschäftes ken nen. Bald entspann sich eine Liebschaft Mischen den beiden, und das Herrchen versprach dem Mädchen, es zu heiraten, sobald sein Gehalt erhöht würde, was nach Andeutungen seines Ehefs für den ersten Januar sicher zu erwarten sei. Das früh verwaiste Mädchen, das sich schon von Jugend an unter fremden Menschen Herumdrücken mußte, um für ihres Lebens Unterhalt zu sorgen, träumte sich allmählich in eine schöne Zukunft hinein, in der endlich das Brot der Unabhängigkeit winkte. Doch sollte sie jäh aus ihren Träumen gerissen werden. Vor wenigen Tagen teilte ihr der Bräutigam mit, er wäre verloren, falls er nicht innerhalb einer Woche sechshundert Mark schaffe. Soviel hätte er nämlich, um einen leichtsinnigen Freund zu retten, unter schlagen. Nun sei dieser Freund plötzlich abgereist, ohne eine Nachricht zu hinterlassen, wohin; der Un dankbare hätte ihn schmählich im Stiche gelassen, und ehe er selbst sich noch irgendwie nach Rettung hätte umsehen können, entdeckte der Thef die Sache und gab ihm auf sein dringendes Birten hin eine Frist von acht Tagen, in der die fehlende Summe ersetzt werben müsse. Meta Wiegler zermarterte sich bin Kopf, um dem Geliebten zu helfen. Sie besaß nur dreihundert Mark Erspartes, die gab sie ihm zwar, und er brachte das Geld gleich zum Chef, „um ihn zu beruhigen, wie er sagte, aber es fehlt« doch noch immer die gleiche Summe. Was war zu tun. Ach, er kannte wirklich keinen Menschen, der ihm schnell aus der Verlegenheit zu helfen vermochte. Endlich fiel Meta eine alte, wohlhabende Patin in Berlin ein, vielleicht lieh die ihr das Geld. . . . Da paßte es sich nun ausgezeichnet, daß ihre Herrin gerade nach Berlin reiste. Am Abeno vorher brachte Fritz Körner dem Mädchen die Nachricht, er würde den gleichen Zug benützen. Im Fall sie das Geld nicht auftreiben könne, sei es überhaupt besser, er bringe sich in Sicherheit. Er würde dann sofort von Berlin aus in die Schweiz flüchten, wenn sie dagegen das Geld bekomme, schicke er es von Berlin aus gleich an seinen Chef. Mit seiner Stellung in Köln sei es ja sowieso vorbei, in der Hauptstadt hatte er zudem mehr Gelegenheit, sich um eine neue zu kümmern. Dreizehntes Kapitel. Als der V-Zug am anderen Morgen aus dem Kölner Bahnhof rollte, saß Fritz Körner in einem Coup« dritter Klasse, während Fräulein von Prede- witz mit ihrer Jungfer in einem Abteil zweiter Klasse Platz genommen hatte. Beim Fahren mußte Meta immer daran denken, was geschähe, wenn ihr die Patin das Geld ver weigerte. dann mußte er flüchten, ihr schöner, ele ganter Schatz, wie ein gemeiner Verbrecher, er, der doch nur aus allzugutem Herzen fehlte, und etwas wie Haß erwachte in ihr gegen ihre Herrin, die so viel Geld verdiente und die >o wertvollen Schmuck besaß, ein einziges Stück davon hätte ihr und dem Geliebten Ruhe und Glück wiedergeben können, ach. und sie nannte so gar nichts ihr eigen, nichts, nichts. Mehrmals traf sich das Pärchen für einige Minu ten draußen in dem Gang des Zuges. Auf diese Weis« erfuhr Fritz Körner auch, daß man in Barmenstädt mehrere Stunden Station zu machen gedenke, und daß Meta am Bahnhof oie Rück kehr der Sängerin erwarten solle. „Dann steige ich gleichfalls aus. damit dir die Wartezeit nicht zu lang wird", versprach er. Sie war es zufrieden, sic war ja glücklich, wenn sie nur mit ihm zusammen sein konnie. Und der Zug sauste dahin durch die Landichast. und das Mädchen grübelte und grübelte. Die Patin würde noch dem Zweck des Geldes fragen, was sollt« sie ihr antworten, wie di« alte Frau am besten über zeugen, daß sie es nötig brauche. Der Kopf schmerzte ihr und die Augen brannten von den Tranen, die sie gewaltsam zurückdrängte.- „Fehlt Ihnen etwas, Meta?" fragte ihre Herrin sie mehrmals. Da hatte sie, sich zusammennehmend, erwidert: „Nein, ich habe nur ein wenig Kopfweh", und ihre Augen hingen an dem Kreuz, das Fräulein von Preoewrtz um Len Hals trug. Wenn das ihr gehörte! Wenn sie das in ihren Besitz bringen könnte! Nicht stehlen — oh, nein, nur — leihen, nur für kurze Zeit es versetzen für dreihundert Mark und dann später wieder einlösen und seiner Eigentümerin vorsichtig zurücksenden. Ach, wenn das ginge, wenn das ginge! Doch, das war ja unmöglich, Fräulein von PreLewitz trug das Kreuz ständig; nein, dieser Gedanke hatte keine Aussicht auf Verwirklichung. Dennoch mußte sie immer und immer das glitzernde Kleinod betrachten, und plötzlich dachte sie an Fräu lein Wendland, die Las gleiche Kreuz besaß und die heut' in Barmenstädt gastierte, im „Fall Clämenceau". Und sie erinnerte sich, Laß diese Dame ihren Talis man niemals im ersten Akte trug, sie wußte, wo das Kreuz lag und kannte die Gewohnheiten ihrer ein stigen Gebieterin. Gleich einer Fata Martina tauchte eine Ide« in ihr auf und nahm immer festere Gestalt an und ließ sich nicht mehr abweisen. Dann brauchte sie nicht erst bei der alten Patin zu betteln und zu bitten, nein, wenn ihr Plan gelang, und er mußte gelingen, dann war der geliebte Mann ge rettet. Das gab den Ausschlag, Las befestigte die letzt« Unentschlossenheit in ihrem Innern. A^ar es denn nicht überhaupt ein Fingerzeig des Himmels, daß sie in Barmenstädt Aufenthalt mach ten? Gewiß, es sollte wohl so sein, alle Bedenken schwanden: es war einfach ihre Pflicht, den Geliebten vor Schande und Flucht zu bewahren. Als sie in Barmenstädt aus dem Coupe stieg, stand ihr Entschluß felsenfest. Fräulein von PreLewitz begab sich sofort ins Theater und Meta unterrichtete ihren Bräutigam von ihrer Absicht. Sie fürchtete und hoffte auch zu gleich bei ihm auf Widerstand zu stoßen, koch im Gegenteil, er dankte ihr mit heißen Worten für das Opfer, da« sie ihm zu bringen gedenke, und von den Schmeichelworten des Mannes vollends betört, wie unter dem Zwange einer Suggestion, führte sie ihren Plan aus. Alles glückte! Als sie wieder an die Bahn kam. war es noch früh, sie übergab dem Wartenden das Etui mit dem kost baren Inhalt; er steckt« es, ohne es zuvor zu öffnen, sorgfältig in die Brusttasche. Sie nahm dann an einem Tisch im Wartesaal Platz. Kaum hatte sie sich niedergesetzt, als ein Dienstmann an den Tisch herantrat und das Mädchen fragte, ob sie Fräulein Wiegler sei. Erstaunt bejahte sie. Darauf zog er sein Notizbuch hervor, blätterte darin, und darauf machte er die Bestellung von Fräu lein von PreLewitz, nicht auf sie zu warten, sie müsse di« Nacht über bei ihrer plötzlich erkrankten Schwester bleiben, sie solle sich sogleich in den Gasthof ;ym „Roten Männchen" begeben und dort weitere Nach richten abwarten. Als der Dienstmann gegangen, äußerte sic zu Körner, sie könne absolut nicht begreifen, warum ihre Herrin sie nicht zu sich kommen lasse. „Vielleicht ist in dem Hotel, wo ihre Schwester wohnt, kein Platz, oder die Dame hat einen anderen wichtigen Grund", erwiderte er ihr. Schließlich ging sie das „Warum" auch gar nichts an. sie öeruh'gt« sich, und ihr Bräutigam brachte sie, da ihm bis zur Abfahrt des Zuges noch reichlich eine halbe Stunde blieb, zu einem Wagen. Er selbst rief dem Kutscher zu: „Ins „Rote Männchen"." Dort angekommen, nahm sie sich ein Zimmer und wunderte sich nur, warum Fräulein von Predewitz sie gerade hierher schickte, wo beinahe niemand wohnte Trotzdem schlief sie wundervoll, der Diebstahl bc schwerte sie nicht allzusehr. Fritz Körner, der sich überschwenglich bei ihr be dankte, hatte ihr im letzten Augenblick noch die Hoff nung erweckt, daß er das Kreuz wahrscheinlich gar nicht benötige. Ihm wäre eben noch ein guter, alter Bekannter eingefallen, der ihm vielleicht das Geld vorstrecken würde. Wäre ihm das Glück günstig, so soll« ihr ein Telegramm sofort die freudige Nachricht bringen, das Kreuz wollte er dann gleich al» einge schriebenes Briefpaket an Fräulein Wendland zuruck senden. Natürlich anonym und höchst vorsichtig. (Fortsetzung folgt.)
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