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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 04.03.1911
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-03-04
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19110304018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911030401
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911030401
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-03
- Tag 1911-03-04
-
Monat
1911-03
-
Jahr
1911
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DezugS-Prei» vi«rt«Nthrl. v«i uni« ». L». na!,»«strllrn adgeholi, 72 H x««L, R.T2 » rn^I L drl. , . D»rch di« Vv«: »««tz«N> Drulichiand« und »er dollch«, «»l»nie» inmrliLhr». it.k» «onoU. l^k« audlchl. PostdrHellgcib. ferner m Belgx», Dänemark, den Donauslaaleu, Jiak«, Lurrmdnrg, Niederlande, N«v, nxae«. Oefterrelch - Ungarn, Rußland, Schwede», Schwei, n. Spant«,. In alld« üdrtgen Staate, nur direlt durch di» GetchälrälieU« de« Bia Nr« erhäulich. Da» Leip»iger Daaidlatt ertcher», 2 mal täglich, Sonn. ». Feier wat ,« morgen«. iM>ollne^«ur-Lnnatzme: mugukusvletz 8^ b« untere» Drägern, Filialen, Spediteuren und Lumdinellellen, sowie Postämtern und Brwsträgern. Ei,g,l»erkau>«prel« der Morgei»» «u»--d« IS der r.bemd u«<,ab« 2 «d. Redaktion nnd Teschäft«fteller Iohanniegaste 8. Fernsprecher: 14W2, iäS«j, 14SS4. Morgen-Ausgabe. WpMcrTMblM Handelszeitung. Amtsblatt des Aales und des Aolizeiamtcs der Lla-t Leipzig. 2!n-clgrn-PretS sär Inserai« au« ^«vvg uns umgrdnng di« stgetvaltene SV mm breit« Prtit^il« 22 H, di« 7« mm breile »ieklamezeil« l von au«wän« ai) NeNamen i.2l> ^U: Inserate von üebdrden m amtlichen Deü di« 74 mm breite Petit,eil« 4> »eschättlan,einen mit P apvorlchrlttrn und tu der Lvendau-gabe >m drc>x erhöht, «avati nach Taris. Äeilageaebüdr s p. Lautend ex kl. Postgebühr. Fest erteilte Autträge können mcht ,urück- -ezogen werdxn. Für da« ^richcinen an bestlmmlen Lagen und Pläyen wird keine Garantie übernommen. «neigen-Ännaüme: Augustusplatz 8z, bei sämtlichen Filialen u. allen Annoncen- tLxpebilionen de« In- nnd tllutlande«. Haupt-Filiale Berlin: llarl Diinäer. Herzog! Baar. Hofbuch. Handlung Lüyowstiatie Id. (Tel vdon VI. Nr. 4603). Haupt-Siliale Dreddem Seesrraiie -t, 1 (Telephon tüüt). klr. S3. Sonnabrnü, ürn 4. Mrr lSN. 105. Jahrgang. Das wlchtlglte. * Der Reichstag erledigte am Freitag in -weiter Lesung den Militäretat bis auf den Titel „Erlös aus Grundstücksverkäufen" (Tempel hofer Feld) und vertagte sich auf Dienstag. (S. d. Reichstagsbericht.) * Im preußischen Abgeordnetenhause kam am Freitag bei der Beratung des Etats der Bauverwaltung das Schiffahrtsabga be n - G e s e tz zur Sprache. (S. d. des. Bericht.) * Die Pest nimmt in Ostasien wieder er schreckend -u. (S. Tageschr.) Die Spaltung üer Liberalen unü üle Reichstsgsmshl. Die letzte Hoffnung des blauschwarzen Blocks auf abermaligen Sieg in der kommenden Reichstagswahl ruht aus dem Vruderkampf der Liberalen. Im übrigen ist die Stim mung in seinen Reihen tief gedrückt. Die Rede des Herrn v. Heydebrand im Abgeordnetenhause gegen den nationalliberalen Abg. Schiffer war die Explosion eines verbitterten, von trüben Ahnungen erfüllten Gemüts, nicht aber einer hoffnungsvollen Seele, und schwerlich ist seitdem jugendliche Zuversicht ein gezogen. Ein nationalliberales Blatt hatte ihm Desperado-Politik vorgeworfen; er finde sich in den Sieg der Linken und rechne jetzt nur noch darauf, daß mit einem solchen Zustände im Reichstag entstehen würden, die die Regierung zu Gewaltakten zwängen, wodurch die Konser vativen wieder zur Macht kämen. Das be streiten freilich die „Kreuz-Zeitung" und ihre Freunde, aber in der Sache dürfte die „Köln. Ztg." doch Rocht haben. Ohne das Zentrum sind die Konservativen schon jetzt im Reichstag machtlos. Bei der nächsten Wahl dürften sie so viel verlieren, daß sie auch mit dem Zentrum keine Mehrheit mehr bilden können. Anfang 1910 hatten die beiden konservativen Fraktionen zusammen 86 Mitglieder; das Zen trum 104. Schon diese Aufstellung bleibt um 9 hinter der Mehrheit zurück, doch konnten die fehlenden aus den Antisemiten und der Wirt schaftlichen Vereinigung, zusammen 22, sowie den 19 Polen leicht herangezogen werden. 2m neuen Reichstag wird schon das Zentrum, das seiner Wähler noch am sichersten ist, schwerlich seine Macht voll behaupten. In die anderen 127 Vertreter werden aber furchtbare Lücken ge rissen werden, außer bei den Polen, die jedoch nur vorübergehend in die Regierungsfront ein treten können, im übrigen sich aber nicht eignen, schon weil sie in der preußischen Politik scharf oppositionell find und der Radikalismus bei ihnen um sich greift. Der Antisemitismus ist fast am Aussterben. Wenn das Zentrum mit 100 bis 104 Mann zurückkehrt, dürfte es auf der Rechten einschließlich der Antisemiten usw schwerlich 66 Mann wiederfinden, ganz gewiß aber keine 85, die die Polen entbehrlich machten. Höchst wahrscheinlich ist dagegen eine Mehr heit aus Zentrum und Sozialdemokra ten, sei es ohne, sei es mit Polen. Die Sozial demokraten dürften gegen 100 Mann stark werden. Aber mit den Genossen zur Linken kann das Zentrum auch nicht viel anfangen. Positiv mit ihnen schaffen kann es nicht, im Verhindern aber wird es allmächtig sein, Das ist ein Sturz der Konservativen von ihrer jetzigen Macht, den sie ihren Sünden zuzuschreiben haben: der Reichsfinanzreform, der Ablehnung der Wahlrechtsreform für Preußen, der Ver brüderung mit dem Zentrum. Ihnen müssen die Sozialdemokraten es anrechnen, daß ihre 1907 so scharf zurückgedrängte Macht eine Auferstehung feiern wird. Auch die Liberalen haben von der Neu wahl viel zu hoffen. Die Stimmung der Wähler hat sich ihnen zugewandt wie seit lange nicht. Die Nati onalliberaten haben einen Eesundungsprozeß durchgemacht. Nur wenige scheiden verdrossen nach rechts aus. Die Schwer industrie Rheinland-Westfalens hat ihren Ein fluß verloren und gewisse reaktionäre Organe die sich mit „nationalliberalen" Zuschriften ein trügerische» Air zu geben pflegten, haben nicht» mehr zu bedeuten. Viele auf der Grenze zwischen liberal und konservativ stehende Kreise, angeekelt durch die materielle Politik der Kon servativen, vollends seitdem diese sich die fana tische Politik des Vatikans so passiv gefallen lassen, werden liberal wählen. Und gar wenn man ihnen zumutet, einen Zentrumsmann zu wählen, werden sie Rebellion machen. Es sind vorzugsweise die mehr kirchlich gesinnten Kreise, die der alten Parole nicht mehr folgen wollen. Die Freisinnigen dürfen auch auf Zuzug rechnen; denn redlich haben sie an dem Versuch mitgearbeitet, durch den Bülowschen Block eine gerechtere Politik zu erwirken. Beide liberale Parteien stehen der Tatsache gegenüber, daß dieses Mal Zentrum und Konservative nicht nur bei den Stichwahlen, sondern schon im ersten Wahlgang für einander ein treten werden. Der Zweck ist überall, den liberalen Kandidaten aus der Stichwahl zu drängen und einen Konservativen oder Ultra montanen mit dem Sozialdemokraten den letzten Wahlgang ausfechten zu lassen. Das handgreiflichste Interesse der Libe ralen dagegen geht dahin, so viel wie mög lich eigene Kandidaten in die Stich wahl zu bringen, sei es mit den Reaktionären, sei es mit den Sozialdemokraten. Denn was sie auch heute reden und schelten, die Radikalen werden doch schließlich lieber den Liberalen als die Blauschwarzen siegen sehen; und den Konser vativen wird der Sozialdemokrat die unsympa thischste Nummer von allen sein. Selbstverständlich verringern sich aber die Aussichten der Liberalen, einen der ihrigen überhaupt nur in die Stichwahl zu bringen, geschweige denn im ersten Wahlgang zu siegen, geradezu verhängnisvoll, wenn sie sich in zwei Heerhaufen teilen. Ob man nun vereinigt hier 20 000 oder dort 40000 Stimmen zählt: jedeStimmengruppc, die sich absondert, beschwört die Gefahr herauf, daß beide ausfallen und sich mit dem nicht beneidens werten Vergnügen abfinden müssen, zwischen Sozialdemokraten und Reaktion zu entscheiden. Durch ihre grundsätzliche Vereinigung würden sich ihre Aussichten bester gestalten, als seit langen Jahren! Wollen sie diese verspielen? Es ist ein großer historischer Moment gekommen. Wohl empfindet man das im Libe ralismus. Wohl ist man zu Verhandlungen über gemeinschaftliches Vorgehen geschritten. Aber die Aussichten auf Gelingen haben sich in letzter Zeit eher getrübt. Wir sprechen heute nicht darüber, durch westen Schuld. Wollen wir denn wirklich der Reaktion die unsägliche Freude machen, daß wir uns abermals selbst zerfleischen? Mit welchem Hohngelächter wird man von rechts und links über uns her fallen, wenn wir mit zwei Kandidaten aus fallen, wo wir mit einem in eine aussichts reiche Stichwahl gekommen wären! Ob diese oder jene der beiden liberalen Fraktionen ein Dutzend Stimmen mehr oder weniger hat, das ist von verschwindender Wichtigkeit gegen die Frage, ob wir vereint so stark werden, daß wir der blauschwarzen Koalition ein kräftiges Paroli im Reichstag bieten können. Das ist der springende Punkt. Svnltantlnopeler Sriek. (Von unserem Konstantinopeler Korrespondenten.) Konstantiuopel, 28. Februar. Schon seit mehreren Wochen bietet Konstantinopel ein Bild kriegerischen Gepräges. Aus allen Teilen des Landes kommen Truppen hierher, um nach kurzer Musterung nach Femen verschifft zu werden. Die Redifs und Nisams, die da in voller Feldausrüstung durch die Straßen marschieren — von manchem herz lichen Zuruf des Publikums begrüßt — machen in ihrer strammen, entschloßenen Haltung einen recht günstigen Eindruck. Es ist unzweifelhaft, daß die lungtürkische Regierung in der Armee di« meisten Er folge ihrer bisherigen Reformtätigkeit aufzuweisen hat. Nun will die Regierung der neu erzogenen Armee auch eine Tätigkeit geben, und damit zugleich der Welt den Beweis liefern, daß sie nicht gewillt ist, an der Integrität der Türkei rütteln zu lassen. Schon seit Jahren ist die arabische Provinz aufständisch. Neuerdings hat der Aufstand einen größeren Um fang angenommen, ja seine Führer haben — mehr oder weniger von dritter Seite ermutigt — sogar die Losreißung der Provinz von der Türkei proklamiert. Da will nun die Regierung einen großen Schlag ausführen. Sie entsendet eine außer gewöhnlich starke Truppenmacht nach Jemen, um in einem allgemeinen Kesseltreiben dem Aufstande ein Ende zu bereiten. Zum Kommandeur dieser Truppen war der Marschall Abdullah-Pascha — be kannt als letzter türkischer Gouverneur Kretas — er nannt worden. Auf der Reise nach Jemen erlitt er aber einen Schlagfluß und starb. An seiner Stelle tzrt man jetzt den Dioistonsgeneral und Ehef des Generalstabes der Armee Isset-Pascha -mn Kommandeur der mobilen Truppen in Jemen er- nannt, und auf dessen alsbaldige Abreise dorthin ge drungen. die denn auch bereits erfolgt ist. In jungtürkischen Kreisen kolportiert man. daß England bei dem Aufstande in Jemen sein« Hand im Spiel« habe. In der Tat scheinen die Rebellenführer Be-iehungen zu einer auswärtiqen Macht oder wenigstens deren Hintermänner zu unter halten, denn aufgefundene Papiere und Waffen deuten darauf hin. Die Haltung der „Times", die die deutschen und österreichisch-ungarischen amtlichen Kreise — natürlich völlig unberechtigt — beschul digen, die türkische Regierung veranlaßt zu haben, alle nicht nur aus Jemen, sondern auch aus Maze donien in den letzten sechs Monaten eingcggngenen ungünstigen Nachrichten der Oeffentlichkeit oorzuent- halten, um unterdessen -en türkischen Truppen Zeit zu gönnen, um mit Gewalt und Brutalität einen für die Türkei günstigeren Stand der Dinge herbeizu führen, ist zudem sehr verdächtig. All diesen Treibereien gegenüber steht Deutsch land als der beste und uneigennützigste Freund der Türken da. Der deutsche Bot schafter Freiherr Marschall von Bieber stein, an besten Sturz eine Zeitlang von gewißer Seite gearbeitet wurde, ist wiederum — wie zu Abdul Hamids Zeiten — der einflußreichste Mann am Gol denen Horn. Zu ihm wallfahrten alle Türken in verantwortlichen Stellungen, um sich in schwierigen Fällen Rat und Belehrung zu holen. Es gibt keinen Türken, der nicht die Weisheit, das staatsfreundliche Entgegenkommen und die große diplomatische Ge wandtheit des deutsäien Botschafters laut pries«. Alle Diplomaten suchen seine Freundschaft, seinen Worten lauscht alles gleich einem Orakel. Davon konnte man sich erst jüngst bei dem Ball über,zeugen, den das Botschaftcrpaar gab. Herr von Marschall war von der großen und kleinen diplomatischen Welt ständig umringt, und seine in einem köstlichen Fran zösisch — das er zwar mit einem fremden Akzent, aber so meisterhaft wie selten ein Nichtfranzose spricht — vorgebrachten dozierenden Darlegungen, die ge wählte. tiefgründige Ausdrucksweise erweckten immer aufs neue die Bewunderung aller. Einer seiner größten Verehrer ist der hiesige ser bische Gesandte Nenadowitsch. Dieser ist schon seit einigen Jahren hier, und es hieß bereits wieder holt, daß er auf den nun schon seit so langer Zeit verwaisten Gesandtenposten in Berlin kommen werbe. Indeßen haben sich diese Gerüchte bisher immer als unrichtig herausgestellt. Von sehr schlecht informier ter Seite wurde vor einiger Zeit verkündet, die Ber liner Regierung habe Nenadowitsch abgelehnt, weil dieser zu den Verschwörern gehört habe, die dem König« Alexander von Serbien und seiner Gemahlin ein blutiges End« bereiteten. Es ist dies eine Ver dächtigung. die zurückgewiesen werden muß. Man hat dieselbe wohl lediglich aus dem Umstande her aus konstruiert, daß Nenadowitsch ein Vetter des jetzigen Königs Peter ist. Nenadowitsch, der aus einer begüterten Familie stammt, hat nach einer sorg fältigen Erziehung an der Universität Leipzig die Rechtswissenschaften studiert und dabei deutsches Wesen und deutsche Sitten in sich ausgenommen. Nach vollendetem Studium wurde er in Belgrad zum Uni versitätsprofessor gewählt. Da dies aber im Hinblick auf das verwandtschaftlich« Verhältnis Nenadowitsch' mit dem verbannten Thronprätendenten Peter Kara- georgewitsch von der damaligen Regierung als ein gegen den König Alexander gerichteter oppositioneller Akt der Universität aufgefaßt wurde, so wurde ihm kurz nach Uebernahme der Professur nabegelegt, diese wieder anftugeben und außer Landes zu gehen, welchem Winke er auch obne Widerrede Folge leistete. Er lebte dann teils in München und Wien, teils in Paris und Genf. Nach der Thronbesteigung König Peters kam er wieder nach Serbien, wo er alsdann in den diplomatischen Dienst eintrat. Es würde sicher für Deutschland nur ein Gewinn sein, wenn dieser sympathische und kenntnisreiche Mann, der zudem auch ein aufrichtiger Freund Deutschlands ist, aus den Gefandtenposten in Berlin berufen würde. Gewerbsmäßige Güterllblächterci. Die „Franks. Oder-Ztg." berichtete letzthin, daß im Regierungsbezirk Frankfurt a. O. fortwäh rend Bauerngüter verkauft und parzel liert worden seien. Um die gewerbsmäßigen Güterverkäufe und Parzellierungen zu bekämp fen, hätten sich einzelne Gemeindeverwaltungen mit Genehmigung des Regierungspräsidenten dazu ent schloßen, den kommunalen Umsatz stempel um t/2 Prozent zu erhöhen, aber nur unter der Voraussetzung, daß eine Besitzesdauer von 2 Jahren unterschritten wird. Diese geringfügige steuerliche Erhöhung dürste die Eüterschlächtcrci kaum merklich beeinträchtigen. Weit zweckmäßiger wäre eine Bestimmung etwa des Inhalts: Der kommunale Um- satzstempel beträgt 3 Prozent des Kaufpreises; davon werden 2 Prozent zurückgezahlt, falls die Besitzung innerhalb 3 Jahren nicht parzelliert oder von einem gewerbsmäßigen Unternehmer angekauft worden ist. Don einem schwunghaften Güterhandel und Zer trümmerung bäuerlicher Besitzungen hören wir auch aus anderen Regierungsbezirken; namentlich kommen derartige Klagen aus den Regierungsbezirken L i e g- nitz, Breslau, Potsdam und Hannover. Dazu wird uns berichtet daß ungünstig« wirtschaft lich« Verhältnisse der Besitzer nur in seltenen Fällen den Anlaß zum verkauf böten; vielmehr seien es ge rade di« kräftig gestiegenen Bodenpreise, di« neuerdings allzuhäusig den Verkauf beschleunig ten. Auch könne leider nicht in Abrede gestellt wer den, daß das Heimatgefühl bei -en besitzenden Klaßen unserer Landbevölkerung abgenommen habe; die Bodenständigkeit und Schollentreu« seien seit Jahren bedenklich ins Wanken geraten. Mannigfache Ursachen haben dabei mitgespielt; schlechte Leuteverhaltnisse, namentlich die notwendig gewordene Heranziehung der unzuverlässigen Arbeiter. Auch hat das Land- l«ben unter einer völligen Umgestaltung der Arbeit,, und Wirtschastsverhältnisse seine Poesie «ingebüßt. Aber für unseren Staat und seine Agrarverfassung bleibt die Mobilisierung des Grundbesitzes und na- mentlich die Guterschlächterei «in Krebsschaden. Nach wie vor muß di« Bodenpolitik darauf gerichtet sein, der Grundbesitzoerteilung eine möglichst pflegliche B«- Handlung zuzuwenden. Volksverllcheruny unü ArbeHersnlirüelung. In seinem bedeutsamen Vortrage im Deutschen Landwirtschaftsrat über die Entschuldung der Landwirtschaft betonte Generallandschafts- -irektor Dr. Kapp u. a., welch« lseroorragende Auf gabe er darin erblicke, die Lebensoersicherungsanstalt der oslpreußischen Landschaft in den Dienst auch des kleinen und kleinsten Grundbesitzes zu stellen unü so die Lebensversicherung als Volksoersicherung einzu- führen; wörtlich erklärte er: „Die Volksversicherung kann zur Seßhast- machung der Landarbeiter beitragen. Sic vermag hier in zwei Beziehungen segensreich zu wirken. Einmal wird sie, wie bereits bei den an gesessenen Wirten, so auch bei den erst neu anzu setzenden Stellen die Tilgung der Nesthypolheken sich zur Aufgabe machen. Anderseits kann im Wege der abgekürzten Versicherung bis zur Zurllckleguna eines Alrcrs etwa von Z5 bis 50 Jahren ein genügendes Kapital angesammclt werden, um Landarbeitern, Sie noch nicht angesessen sind, nach FälligwerLen der Ver sicherungssumme den Ankauf einer eigenen Wirtschaft zu ermöglichen. Auf diese Weise versicherte Arbeiter werden aller Voraussicht nach den Lockungen der Ab wanderung erfolgreich widerstehen, da ihnen und ihren Kindern die sichere Aussicht wirtschaftlichen Auf steigens in der Heimat winkt. Die Kinder der an gesiedelten Arbeiter, die die väterliche Wirtschaft nicht übernehmen, stellen wieder den Ersatz zur Ergänzung des Gesindes der Instleute, Deputanten und Land arbeiter, bei ihnen wird sich dann der gleiche Vorgang wiederholen. Bei Umgestaltung der Volksversicherung in wahrhaft gemeinnützigem Sinne kann aber auf nennenswerten Gewinn nicht gerechnet werden. Die junge Anstalt wird daher die Einführung dieser Versicherungsart so lange zurückzustellen haben, bis sie durch Pflege der sogenannten großen Lebensversiche rung über einen ausgedehnten Versicherungsbestand verfügt und ihre Rentabilität durch eine Reihe von Jahren erwiesen hat. Wegen der ihm obliegenden vorzugsweise» Wahrung privater Erwerbsinteressen erscheint der privatwirtschastliche Betrieb der Lebens Versicherung seinem ganzen Wiesen und seinen Aus gaben nach zur Lösung des Problems der Volksver- sichcrung nicht geeignet. Die ' ö f f e n t l i ch e Lebensversicherung allein wird in absehbarer Zeit imstande sein, diese Aufgabe in befriedigender Weise zu erfüllen. . . . Die öffentliche Lebensv»r sicherung ist auf provinzieller Grundlage auszubauen Nur eine vom Vertrauen der Provinz getragene, in ihrem Wirtschaftsleben wurzelnde Anstalt wird ge schäftliche Erfolg« erzielen und die der öffentlichen Lebensversicherung obliegenden Aufgaben zufrieden stellend erfüllen können. Die Lebensversicherung soll öffentlich-rechtlich, aber keineswegs verstaat licht werden." Wie man sieht, sind es große Ziele, die sich die ost preußische Landwirtschaft gestellt hat. Ihre Tätigkeit, die sich bisher hauptsächlich auf die Ausgabe von Pfandbriefen beschränkt hat. wird durch diese Be strebnnqen bedeutsam erweitert. Deutsches Seich. Leipzig, 4. März. * Keine Benachteiligung der sächsischen Industrie? Wie bereits gemeldet, haben die sächsischen Handels kammern dagegen opponiert, daß kürzlich bei einer Besprechung im Berliner Auswärtigen Amt zur Reform des Konsulatswcsens kein Vertreter der sächsischen Industrie zugezogen worden ist. Hierzu teilt die „Neue Vogtl. Ztg." aber folgendes mit: „Tatsächlich befand sich unter den Vertretern der deutschen Industrie, Schiffahrt und des Han dels, die vom Auswärtigen Amt zur Teilnahme an der vertraulichen Beratung, die am 23. Januar unter der Leitung des Staatssekretärs von Kiderlen- Wächter stattfand, gebeten waren, auch ein sächsischer, und zwar ein Plauener In dustrieller. Sachsen war, was die Zahl anbelangt, nicht im Nachteil, denn die übrigen Herren ver teilten sich angemessen auf die übrigen deutschen Staaten. Aber auch von einem Uebergchen der sächsischen Handelskammern als solche iann nicht gesprochen werden, denn es hatte überhaupt keine deuftche Handelskammer einen Vertreter entsendet." * Ueber die Bolksschulresorm sprach nach den „Dr. Nachr." im Dresdner Lehrerrerein in der letzten Sitzung vor zahlreich erschienenen Mitglie dern Landgerichtsdirektor Hettner über „Bemer kungen zur Volksschulreform". Redner führte u. a. aus: Ein Unterschied in den Zielen für Stadt- und Landschulen soll nicht gemacht werden. In unserer modernen Zeit kann nur der Staat der Herr oer Schule sein. Die Kirche hat mit der Schule an sich nichts zu tun, wir müßen uns von allen kirchlichen Einwirkungen auf die Schule frei halten. Der Staat bestimmt auch die Erteilung des Religionsunter richtes. Die Schulunterhaltung soll jedoch rom Staate den Gemeinden überlaßen werden. Der jetzige Zustand ist der richtige; nur bei ihm kann die Selbstverwaltung auH zukünftig nutzbar gemacht werden. Die Schulaufsicht werde natürlich nur von Fachmännern ausgeübt, denen man aber die bureau kratischen Arbeiten möglichst abnehmen möchte. Zu diesem Zwecke ist auch ein Beirat zur Bezirksschul- inspcktion nötig, er kann sich aus Eltern, Pädagogen und Gemeinderatsmitgliedern zusammensetzcn und muß das Recht haben, selbständig« Anträge zu stellen. Der höchsten Stelle werde ein Landesschulbeirat bei gegeben. Das Volksschulwesen muß dem Kultus ministerium unterstellt bleiben oder doch selbständiger gestaltet werden. Die Ortsschulaufsicht ist unnötig. Das Direktorat in größeren Schulen ist beizube halten. doch sei der Direktor der pvimris intr»r paneec und habe keinen Einfluß auf die pädagogische Tätig keit des Lehr«rs. Die Lehrcrkonferenz kann ober selbständiger gemacht werden. Die Frage, ob Si multan- oder Konfessionsschule, ist, wenn auch theore-
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