Suche löschen...
02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 03.03.1911
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-03-03
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19110303022
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911030302
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911030302
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-03
- Tag 1911-03-03
-
Monat
1911-03
-
Jahr
1911
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
BezugS-Prei» v»rch dt« Heft: i,E»«N> L»m1<di<uu>« und lxr di^chu» «»l»n»» vierttljLhtt. «.»« ^l, »onatl. l^kH autichl. Postdestrllgcld. Kerner in Belgien, Dänemark, den Donauslaaten, äralieu. Luxemburg, Niederlande, Nor- m«rn. Lesierrerch Ungarn, Bubland, Lchwcken, Schweiz u. Spanien. Ja alle» übrigen Staaten nur direkt durch di« üteichättdiieü« de« Blatte» erhtulich. La« Leipziger Tageblatt erichemt 2 »al Itglich, Sonn. u. Feicriagi nur morgen». Ldonn« «m-Annadme: NuauNnäplatz 8, bei unteren Tragern, Filialen, Spediteuren und Annadmestellen, >owt« Postämtern und BriettrLgern. Lin,,l»erkaoi»prei« der Morqen- «u»gad« W^l, der ».bend u»gad« » «». Redaktion und VefchLsläkell« Jobanniegass« v. Fernsprecher r t4ü»L l«6lti, T4SS4. Abend-Ausgabe. 'chttgcrTluMM Handelszeitnng. Amtsblatt Ses Rates und Ses Nolizeiamtes Ser Stadt Leipzig. Anzeiger»-Preis M Inserat« an« Leist'» und Umgedanq di» Sgeioalten« SO mm breite vetttzeil« L H, di» 7» au» breite SieklamezeU« I aulwärt» lM Tz, -ieklamen l.Tll Inserate von Bebdrden « amtlichen Teil dt» 74 mm breit« PetitzeU« M «eschLitranlelgen wtt P agvorschniten und in der tldendau»aabe im Preii« erbodl. blabari nach Taris. Beilagegebiihr ü p. Tausend «xkl. Postgebühr. Kefterteilt« «u'träge können nichi zurück- gezogen werden. Für da» Urscheinea an dtilimmte» Tagen und Plätzen wird kein« Garantie übernommen. Anzeigen. Annahme: kluguftusplah bei sämtlichen Filialen u. allen Annoncen- «Lrpeditionen oe« In- und Ausländer. Haupt-Filiale verlin: Sarl Duncker, Her,»gl. Banr. Hosbuch- banblung Lüyowstia' e IO. (Tel. Phon Vl. Nr. 4M3). Haupt-Filiale Dresden: Leestras- ». t (Telephon -tn-'l). Nr. S2. /rrlwg, üen S. Msr; lSll. los. Jahrgang. Sicherung üer Angestellten üer Griskrsnkenksllen. Die Reichsversicherungskommission kam am Donnerstag zu einem Beschluß über die Anstellung der Kassenbeamten. Die Vertreter der einzelnen Parteien faßten noch einmal ihre Gründe zusammen und betonten mehrfach, daß an der Verschärfung der Verhältnisse nur die Sozial demokraten selber schuld seien. Von einer Schädigung der Selbstverwaltung oder Entrechtung der Ver sicherten sei keine Rede; auf jeden Fall aber müsse für die Zukunft verhütet werden, daß di« Krankenkassen zu sozialdemokratischen Agitations- und Kampf zwecken mißbraucht würden. Der Vertreter der Volkspartei begründete nochmals die ab lehnende Stellung seiner Freunde zum Kompro- mißantrag, unter Bezugnahme darauf, daß der Passus „insbesondere für eine unparteiische Wahrnehmung der Dienstgeschäfte" leicht zu mißbräuchlicher Anwendung führen könnte, und man über einen Schutz der nichtsozialdemokratischen Arbeiter gegen einseitigen parteipolitischen Terror der Sozialdemo kratie nicht hinausgehen dürfe. Der Kompromißantrag wird sodann gegen die Stimmen der Sozialdemokraten und der Volks partei angenommen. Doch wird der Wortlaut dahin geändert, daß .statt „Ortskrankenkasse" „Krankenkasse" gesetzt wird; hierdurch werden auch die B e t ri e b s krankenkassen unter die Be stimmungen des so wiedereingesührten 8 356 gestellt. Die weiteren Beschlüsse über die Dienstordnung sind Folgebestimmungen. U. a. wird bestimmt, daß die Kündigung oder Entlassung der Angestellten nur auf übereinstimmenden Beschluß der Arbeit geber und Versicherten im Vorstand erfolgen darf, kommt aber ein solcher Beschluß nicht zustande, auf Beschluß der Vorstandsmehrheit, mit Zustimmung des Vorsitzenden des Versicherungsamtes; nach zehn jähriger Beschäftigung darf sie nur aus einem wich tigen Grunde stattfinden. Angestellte, die ihre dienst liche Stellung oder ihre Dienstgeschäfte zu einer religiösen oder politischen Betätigung mißbrauchen, hat der Vorsitzende des Vorstandes, nachdem ihnen Gelegenheit zur Aeußerung gegeben worden ist, zu verwarnen, und bei Wieder holung sofort zu entlassen; die Entlassung be darf der Genehmigung durch den Vorsitzenden des Versicherungsamtes. Eine religiöse oder politische Betätigung außerhalb der Dienstge- schäfte und die Ausübung des V e r e i n i g u n g s- rechts dürfen, soweit sie nicht gegen die Gesetze ver stoßen, nicht gehindert werden, und gelten an sich nicht als Gründe zur Kündigung oder Ent lassung. Jettlympwme. Für die Beurteilung unserer politischen Verhält nisse ist unter Umständen dasjenige, was nicht ge schieht, von erheblicherer Bedeutung, als dasjenige, was geschieht. Welche Fülle von Kombinationen bietet allein das im Jahre 1908 in Kraft getretene Enteignungsgesetz für die Ostmarken! Man erinnert sich, welches Aufwandes es bedurfte, um dies Gesetz im preußischen Herrenhause durchzu dringen; wie selbst der Schwager unseres Kaisers und Generalseldmarschall Gras Haeseler gegen das Gesetz entschieden. Gewiß konnte man sich bei seinem Inkrafttreten versichert halten, daß es in liberalem Geiste gehandhabt werden würde; jetzt — nach fast dreijährigem Bestände — Hal man von diesem Gesetze noch immer keinen Gebrauch gemacht, vielmehr sucht die Regierung geflissentlich damit zu beruhigen, das Gesetz werde in Wirksamkeit treten, sobald es die Zeitumstände erforderten. Bei dieser Redewendung kann man sich alles oder braucht sich auch nichts zu denken. In Wirklichkeit hat sich die Notwendigkeit für die Enteignung polnischen Großgrundbesitzes längst eingestellt, die Gelehrten waren sich darüber schon einig bei der Einweihung des Kaiserschlosses in Posen. Daran wurde auch nichts geändert durch die später erfolgte Erklärung des preußischen Landwirt, schaftsministers, daß für die Dauer eines Jahres noch genügend Land für Ansiedlungszwecke zur Verfügung stehe. Die Behauptung ist von fachkundiger Seite als Irrtum längst nachgewiesen; nichtsdestoweniger geschieht nichts, weil man es anscheinend mit den Polen und dem Zentrum nicht ver derben will. Die preußische Regierung braucht sich aber nicht zu wundern, wenn die nationalen Elemente in den Ostmarken wegen solcher Unschlüssig keit mit Mißtrauen erfüllt werden. Will man weitere Unterlassungs sünden der Regierung charakterisieren, so darf man daran erinnern, wie sie ruhig zusieht, daß dieFidei- kommißbildung ungeahnte Fortschritte macht, ohne daß der Fideikommißgesetzentwurf vom Jahre 1903 endlich einmal dem Landtage zur Be ratung vorgelegt wird. Charakteristisch war es auch, daß die Regierung bei der Beratung des Reichswert zuwachssteuergesetzes es ruhig geschehen ließ, daß die Fideikommisse bei dieser Steuer begünstigt wurden, schließlich sei zum so und so vielten Male daran er innert, daß unser Einfuhrscheinsystem der Reichskasse fortgesetzt die schwersten Opfer auferlegt, ohne daß die Regierung auch nur einen Schritt tut, um den Getreide- und Kleieverkehr wieder in gesunde Bahnen zu lenken. Unter solchen Umständen braucht sich die Regierung wirklich nicht zu wundern, daß das Vertrauen zu ihr gegenwärtig im Schwin den begriffen ist. pvlitllche Nachrichten. Die englische Vetobill. Wie bereits gemeldet, stellte am Donnerstag im Laufe der zweiten Beratung der Vetobill im eng lischen Unterhaus« Thamberlain einen Komvro- mißantrag, der die Unabhängigkeit des Oberhauses als zweite Kammer erhalten wissen wollte. Nach lebhafter Debatte wurde der Antrag jedoch abgelehnt und das Gesetz angenommen. Es wird darüber noch gemeldet: London, 3. März. (Tel.) Bei lebhafter Bewegung des Hauses wurde auf Antrag des Permiermimsters beschlossen, die Debatte zu schließen. Das Amendement Thamberlain wurde mit 365 gegen 244 Stimmen abgelehnt und die zweiteLesung derDetobill mit 368 gegen 243 Stimmen angenommen. Monarchistische Verschwörung gegen die Republik Portugal? Rio de Janeiro, 3. März. fTel.) Die Zeitungen wissen von einer monarchistischen Verschwörung zu berichten, die sich gegen die Republik Portugal richte und deren Anhänger den Weisungen eines Komitees folgten, das seinen Sitz in London habd. Das Blatt „Paiz" veröffentlich ein Faksimile von vertraulichen Briefen, die die Ver schwörer an ihre Sendlings nach Lissabon richteten. Sie enthalten die Aufforderung, Theophil Braga und andere Mini st er zu ermorden. Der Polizeichef von Rio de Janeiro leitete eine Untersuchung ein. Die Union und die Friedensbewegung. Washington, 3. März. sTel.) Das Repräsen tantenhaus lehnte eine Resolution ab, nach der der amerikanische Delegierte bei der internatio nalen Friedenskonferenz angewiesen werden sollte, für den Abschluß eines internationalen Ab kommens einzutreten, das sich gegen die Kriege richtet, Lie zum Zwecke der Erwerbung eines neuen Gebietes geführt werden. Der Bau der Amurbahn. Petersburg, 3. März. (Tel.) Die Budget kommission der Reichsduma beriet über eine Gesetzesvorlage, betreffend Len Kostenanschlag des östlichen Teils der Amurüahn. Der Vertreter des Wegebauministers teilte mit, die Bahn könne zu dem festgesetzten Termin nicht fertig gestellt werden. Grtsgeletz über Sie Erhebung einer Lierttener in Leipzig. Nachdem die Stadtverordneten in ihrer letzten Sitzung dem Ortsgesetz über die Erhebung einer Zierst euer in unserer Stadt zugestimmt haben, veröffentlichen wir nachstehend die einzelnen Be stimmungen desselben. Es sind folgende: 8 1. Von allem im Bezirke der Stadt Leipzig zum Ausschank oder sonst zum Verbrauche kommenden Bier sz. B. Lagerbier, bayrisches Bier, böhmisches Bier, Erätzer Bier, Weißbier, Lichtenhainer Bier, Gose usw.), gleichviel ob es aus hiesigen oder aus wärtigen Brauereien stammt, wird nach diesem Orts gesetz eine Bier st euer zur Stadtkasse erhoben. 8 2. Die Biersteuer beträgt 65 Pf. für das Hektoliter. Für Bier mit einem Alkoholgehalt von höchstens 1^ vom Hundert der Menge beträgt die Abgabe 30 Pf. für das Hektoliter. Bei dem Biere, das beim Eintritt -er Steuerpflicht i8 4) bereits auf Flaschen gezogen war oder bereits auf Flaschen gezogen in den Stadtbezirk eingeführt wird, wird die Steuer nach dem Inhalte der Flaschen berechnet. Dabei sind von Len Flaschen bis zu einem halben Liter Inhalt 200 und von größeren bis zu einem Liter haltenden Flaschen 100 gleich einem Hektoliter zu rechnen. 8 8- Verpflichtet zur Entrichtung der Biersteuer sind: 1) die Gast- und Schank wirte, sowie alle die, die sonst im hiesigen Stadt bezirke gegen Bezahlung Bier ausschenken oder ab geben, einschließlich der Flaschenbierhändler hinsichtlich des von ihnen angeschafften Bieres; 2) die Brauer und Brauereien hinsichtlich Les von ihnen selbst ausgeschenkten oder unmittelbar an die hiesigen Konsumenten einschließlich der Ge sellschaften und Vereine der in Ziffer 3 erwähnten Art, abgegebenen oder im eigenen Gewerbebetriebe oder Haushalte verbrauchten Bieres: 3) Privat personen hinsichtlich des von auswärts bezogenen Bieres. Den Privatpersonen gleich zu achten sind Gesellschaften und Vereine, die von aus wärts Bier für gemeinschaftliche Rechnung beziehen und nicht durch besondere Gesellschaft!)- oder Vereins wirte ausschonken lassen. 8 4. Die Steuerpflicht tritt ein: 1) bei den Brauern, sobald sie Las Lier an die Konsumenten abgebcn oder zum eigenen Ausschank oder zum Selbst verbrauch auflegen: 2s bei den Wirten und Bier« Händlern, sobald sie das Vier in den Keller oder die Niederlage einlegen: 3) bei allen übrigen Steuer pflichtigen, sobald das Bier in den Stadtbezirk ein geführt wird. tz 5. Die in 8 3 unter 1 und 2 genannten oder diesen gleichzuachtenden Steuerpflichtigen haben, so weit nicht die Kontrolle bei ihnen durch ein be sonderes Abkommen mit dem Rat« geregelt wird, über das von ihnen zu versteuernde Bier ein Buch sB i e r st e u e r b u ch) zu führen, worin die Bezugs quelle, die Art und Menge des Bieres, sowie 1) bei Brauern der Tag der Ablieferung au die Konsumenten oder der Beginn des Ausschankes oder des Selbstoerbrauches; 2) bei Wirten und Bierhändlern 4, 2) der Tag der Einlegung des Bieres in den Keller oder in die Niederlage; 3) bei allen übrigen Steuerpflichtigen der Tag des Empfangs oder der Einführung des Bieres in den Stadtbezirk in die hierfür bestimmten Spalten genau mir Tinte oder Tintenstift einzutragen sind. Diese Einträge sind an dem Tage zu bewirken, an dem die Steuerpflicht einttitt (8 4). Die Biersreucrbücher werden dem Steuerpflichtigen das erstemal unentgeltlich, später aber nur dann unentgeltlich verabfolgt, wenn die mit Einträgen ausgefüllten alten Bücher vorgelegt werden. In andern Fällen ist für ein solches Buch' der Stadtkasse der Selbstkostenpreis zu erstatten. 8 6. Die nach 8 5 zur Führung von Biersteuer büchern verpflichteten Steuerpflichtigen haben inner halb der ersten Woche der Monate Januar, April, Juli und Oktober eines jeden Jahres auf einem vom Rate zu beziehenden Meldeschein unter gleichzeitiger Vorlegung ihres Biersteuerbuchcs anzuzeigen, wieviel Vier innerhalb des letzten Vierteljahres von ihnen zu versteuern gewesen ist. Stellt ein solcher Steuerpflichtiger seinen Gewerbebetrieb vor Ablauf eines Vierteljahres ein, so hat er die Anzeige innerhalb einer Woche nach Beendigung seines Gewerbebetriebes zu erstatten; die zur Führung von Biersteuerbüchern nicht verpflichteten Sleucr- pfl.ckstlgen (8 3, 3 und 8 5) haben innerhalb einer Wocye, vom Empfange des Bieres an gerechnet, die Bezugsquelle, Art und Menge des Bieres mit Melde schein anzuzeigen. 8 7. Die Biersteuer ist fällig am letzten Tage des Monats, in dem die Stcuerpflicht nach 8 4 eingetreten ist, und ist spätestens am siebenten Tage des nach st folgenden Monats an die hierfür bestimmte Kassenstelle ^u entrichten. Hierbei macht es keinen Unterschied, ob das Bier, hinsichtlich dessen die Steucrpflicht bereits eingetreten war, sich noch im Besitze des Steuerpflichtigen befindet, an Dritte abgegeben, ausgeschenkt oder sonst verbraucht worden ist. Wird die Zahlungsfrist wiederholt ver säumt oder liegen Gründe vor, die den Eingang der Steuer gefährdet erscheinen lassen, so kann der Rat die Vorausbezahlung oder Sicher stellung der Biersteuer fordern. Gegen Sicherheits bestellung ist die Steuer für eine Frist von sechs Monaten zu stunden, ohne Sicherhcitsbestellung kann sie auf drei Monate gestundet werden. 8 8. Für das nachweislich hier bereits in anderer Han- versteuert« oder aus dem Stadtbezirke wieder ausgeführte oder als verdorben unter Polizei als Sie während Les ersten Aktes in Fräulein Wend lands Garderobe waren. Geben Sie das zu?" „Nein, was sollte ick denn in der Garderobe? Außerdem verlieh ich doch den Mantel gerade wäh rend des ersten Aktes." „Sie verliehen ihn?" „Ja." „An wen?" „An die Kammerjungfer von Fräulein Wend land!" ,Mn die Jungfer von Fräulein Wendland?" Die beiden Herren wechselten einen erstaunten Blick. „Natürlich! — Ah, jetzt begreife ich. Es kam uns auch gleich ein bißchen sonderbar vor, als " Der Referendar fiel ihr ins Wort. „Bitte, Fräulein — pardon, darf ich um Ihren Namen bitten?" „Ullmann." „Also, Fräulein Ullmann, erzählen Sie der Reihe nach, weshalb Sie während des ersten Aktes Ihren Mantel verliehen." Das Mädchen trocknete sich mit dem Taschentuch noch die letzten Tränen ab, die ihr an den Wimpern hingen und begann: „Die Felden, Blajschek und ich saßen im ersten Akt in der Garderobe, wir hatten eben ein Weilchen nichts auf der Bühne zu tun und unterhielten uns. Da pochte es plötzlich an die Tür. Ich rief „Herein!" Eine gut angezogene Dame trat ein, blickte sich einen Augenblick so sonderbar um, so ungefähr, als sei sie in «in falsches Zimmer geraten, was wir auch zuerst dachten, und dann sagte ne: „Verzeihen Sie, wenn ich sröre, ich bin die Jungfer von Fräulein Wendland und möchte im Auftrage meines Fräuleins eine der Damen für kurze Zeit um ihren Mantel bitten." Ich fragte wozu. „Nachher, Fräulein, erkläre ich Ihnen das", er widerte sie. „Fräulein Wendland läßt recht sehr darum bitten." „Und Sie gaben Ihren Mantel, Fräulein Ull mann?" „Ja, ich gab den meinen. Gott, man erweist ja andern gern «ine Gefälligkeit. Das Fräulein meinte, sie bringe ihn sofort zurück. In ungefähr fünf Minuten brachte sie ihn auch wieder, doch sagte sie kaum „Danke?" und rannt« davon, als hätte sie riesige Eile." „Hm — würden Sie dies« Person wiedererkennen?" Die Dame in Grau. 3s Roman von Anny v. Paunhuys. (Nachdruck verboten.) „Guten Abend", sagte es leise. „Guten Abend, mein Fräulein. Bitte, seüen Sie sich einen Augenblick. Ich ließ Sie durch Herrn Drrektor hierher bitten, um Sie etwas zu fragen." Das Mädchen sah den Direktor und den Referendar verständnislos an. „Sagen Sie, Fräulein, wie kamen Sie dazu, heute in die Garderobe Fräulem Wendlands zu gehen und von der Jungfer der Dame in deren Namen Bronchialtabletten zu fordern?" „Ich verstehe Sie nicht, mein Herr." Leugnen Sie niHt, die Kammerjungfer der Künstlerin hat Sie wiedererkannt, als diejenige, die heute während des ersten Aktes zu ihr in die Garderobe kam. Sie stahlen dabei ein wertvolles Brillantkreuz." Stetten betonte den Satz Wort für Wort. Eine Sekunde lang starrte die Choristin den Sprechenden an, als hätte er ihr soeben verkündet, sie solle Königin von Siam werden, oder das Wiener Burgtheater wollte sie als erst« Tragödin engagieren, dann aber sprang sie von dem Stuhle, auf den sie sich vorhin wie automatisch niedergelassen, in die Höhe, und mit einer Stimme, die von Tränen bebte, sagte sie: „Wie können Ei« es wagen, einen solchen Ver dacht gegen mich auszusprechen? Ich stehle nicht, ich habe noch nie gestohlen! Wenn ich auch nur ein ein faches Thormädchen bin mit hundert Mark Monats gage, beleidigen lasse ich mich doch nicht!" „Ruhe, mein Fräulein", sein Verdacht sank, -er Ton des Mädchens war echt, das fühlte er, „setzen Sie sich, bitte, wieder, und dann passen Sie genau auf, was ich Ihnen sage." „Ach, Herr Referendar, machen Sie doch keine so großen Umstände mit ihr, sie wird's wohl gewesen sein , mischte sich jetzt der Direktor ein, „der Mantel, den sie trägt, ist ja so auffallend, den muß man ja wiedererkennen." „Was ist mit meinem Mantel?" Das Mädchen sah den Direktor fragend an. Stetten nahm das Wort. „Ja, dieser Mantel, den Sie da tragen, zeugt gegen Sie. Sie hatten ihn an, -O gewiß. Und die Felden und Blatschek haben fi« sa auch gesehen." „Herr Direktor, bitten Sie Fräulein Schulz zu mir. Die kleine, schüchterne Jungfer mit dem immer ängstlichen Gesicht erschien. Fräulein Schulz, Sie selbst ließen sich von diesem Fräulein" — er wies auf die Choristin — „während des ersten Aktes den roten Mantel " „Nein, das war die Jungfer nicht, die sah ganz anders aus", fiel ihm die Besitzerin des Mantels in die Rede. „Nicht? Das ist aber die Jungfer von Fräulein Wendland. Sie war es also nicht?" „Nein." „Und Sie, Fräulein Schulz, erkennen Sie in dieier jungen Dame dieselbe wieder, die während des ersten Aktes in Fräulein Wendlands Garderobe kam?" „Nein, jetzt sebe ich, daß ich mich vorhin irrte. Der Mantel ist es sicher, aber die andere war größer und hatte eine tiefere Stimme, und, fetzt er'nnere ich mich, si« hatte rötliches Haar." „Beschreiben Sie bitt« die Person, die sich von Ihnen den Mantel lieh, Fräulein Ullmann." „Groß und schlank. Sie trug ein einfaches, graues Tuchkostüm und einen Toquehut. Das Gesicht kann ich nicht genau beschreiben, aber es ;chien - hr hübich zu sein, rhr Haar war rotblond." „Ah!" Der Referendar stieß diesen Laut hervor. Die schöne Fremde aus der Nebenlogs trat plötzlich vor sein geistiges Auge. Er sah re vor sich: das rot blonde Haar, das graue Kleid, der Toquehut. Nach dem ersten Akt nahm sie erst ihren Platz ein, um schon vor dem dritten zu verschwinden, .ukapitulierte «r. Er sprach sie bei ihrem Namen an. sie gab ihre Identität nicht zu. Aber diese vlelgefeierte Sängerin würde doch nicht hierherkommen, nach Barmcnstädt, um einer gastierenden Sch.iüipl-'.er'n einen Schmuck gegenstand zu rauben? Gleichviel, wie Som auch sei, das erne stand fest, die Dlebii- mußte genau Bescheid wissen in dem Stück „Fall Elemenceau", und auch die Gewohnheiten der Wendland gut kennen. Sie wußte, daß die Schaust>>el.>rin wahrend des ersten Akt.'s nicht mehr in ihre Garderobe rstng, da sie in ihrem Auftritt kaum, »ob oo, der Szene kam, und wußte auch, daß die Künstlerin in diesem Akte das Kreuz nie zu tragen pflegte, sie war genau orientiert darüber, wo sich aas Schmuckstück befand, und kannte der Wendland Gepflogenheiten mit den Tabletten Ja, so bunt und wirr auch im ersten Moment die ganze Sache aussah, irgendeine Verbindung mußte doch da sein. Wirklich, so verworren hatte sich Stetten diese Diebstahlsgeschichte nicht gedacht. Die Jungfer stand wie ein verflogenes Vögelchen in eine Ecke des Zimmers gerückt, sie begriff einfach gar nichts mehr, die Choristin rückte ungeduldig auf ihrem Stuhle, der Direktor hüstelte ein menig. erwachte der Referendar aus seinem Sinnen. „Entlassen Sie nur jetst Ihr Personal, Herr Direktor, es kommt nach meiner Ansicht niemand davon in Betracht. Fräulein Ullmann, verzeihen Si« unfern häßlichen Verdacht und oerspreck)en Sie mir bttte, zu niemand über das, was Sie heute hier gehört, zu reden; unsere Nachforschungen nach der Diebin würden dadurch bedeutend erschwert." „Ich verspreche es Ihnen." „Ich dank« sehr." Der rote Mantel verschwand, begleitet von dem Direktor, der seinen Mitgliedern verkündete, daß es morgen vormittag 10 Uhr bei der „Nora"-Prode bliebe, da Fräulein Wendlands Unpäßlichkeit ge hoben sei und sie als Nora noch gastiere. Schade! Man hatte auf einen probefreien Nach mittag gehofft. Viertes Kapitel. Nachdem Stetten sich von der Künstlerin verab schiedet, natürlich mit dem Versprechen, was irgend in seinen Kräften stände, zu tun, um das vermißte Kleinod wieder in ihren Besitz zu bringen, wanderte er fast instinktiv dem Bahnhof zu. Er kombinierte: Wenn die Dame in Grau di« Diebin ist, so wird sie so schnell wie möglich versuchen, Barmenstädt den Rücken zu wenden. Um 9 Uhr 30 Minuten ging ein Schnellzug nach Berlin, den konnte sie aber wohl kaum noch erreicht haben, immerhin war es nicht gan§ aus geschlossen. Sollte sie aber noch im Orte sein, so machte es schließlich nicht allzu viele Schwierigkeiten, ihren Aufenthalt in einem der wenigen Hotels, die in Frage kommen würden, auszukundschaften. Sie war viel zu schön und elegant, um unbeachtet durchzu schlüpfen. Ein sonderbares Gefühl regte sich in dem Mann«, wenn «r sich vorstellte, daß dieses schöne Geschöpf, dem ein gütiger Himmel auch noch die Gab« ein«r wunder samen Stimme mit auf den Lebensweg gab, ein«
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite