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Ausaabe Q un-D Nummer 239 — 31. Jahrgang kr!ch«tn> «>mac wöchv. nM MulN.MraNtcbeUagei, .Hemm! «nt> Well' und der NtndecbcUage .Für iinlre ItetneiiLeote'. lowie den reildeilage» .Uiilcrhaltnna und Wissen'. .Di« praNIlche Haut ran'. »Da» anl» Hock:'. Mouallirüer vezua?pr«IS NuSaabe N mit Si.-Benno-Blaii 2,70 NuSgab« 0 ohne St.-Benno-BIait« 2,29 linjelnnmmer 10 4 Sonnabend, u. Eonniagnnmmer «0 4. Hanpilchrlstieli«r Dr. G. D«rcjhk, Dresden. Dienstag, den 11. Oktober 1932 Veriaadorir Dresden 4ln,etgenvreise: D>- iacwaliene peiii-eile .'»<> FamtNen- an,eigen u.SleNeugeluche LO Die petiireklamezeile. 89 mm breit. I sstir Anzeigen antzerbalb deZ AerbreituttgSgeo ete) 4» die Pelilrelianiezciie >Vriesgeb.ltO^. FmFaue kölrere, <Newal> erlisch! lede «ervsiichiung aui viesernng sowie Erfüllung v. Anzeigen - Anslrägen ». Leislnng v. Schadenerlad «eichüillichcr Dell 1«. Winkel. DreSde». volksseuuns (8et»Sf«»ft«llr, Druck ruid »Verlag: Gernianl», zinchdrnckcrei und «erlag OreSden-A.>, polierslr.>7. Ferurnl 2IVI2. poslschecklonlo Dresden I02S. Bank- konlo Stadldauk Dresden 7Ir. 91767. Für chriMche Nolitik und Kultur Redaktlou der Sächsischen volkSzellnng tlreSden-kUlü-dl I Polierslrab« >7. FernnU 2V7U und 21912. Der Prozeß gegen das Reich Wegen -er Aeichsexekution vom 2V. Juli — Kerriol reisl am Mittwoch nach London Grotzer Tag im Reichsgericht Leipzig, 10. Oktober. Unter dem Vorsitz des Reichsgerichtspräsidenten Dr. Bumke begann heute vormittag die Verhandlung der Klage gegen das Reich, die die Länder Preutzen- Bayern und Baden angestrengt haben. Eg handelt sich um dag Verfahren, das das gröhte deutsche Land in Gang gebracht hat, wegen der von, Kabinett Papen gegen Preus,«» verhängten Exekution vom 2 0. I u l k. * Echo» längere Zeit vor de,,, auf >-11 Uhr angesetzten Ver handlungstermin waren die Zuhörerplütze des Hauptsaales des Reichsgerichts völlig besetzt. Unter dem Auditorium bemerkte man führende Juristen und Staatsrcchtlcr aus allen Teilen des Reiches. Die Prozetzpartcien selbst sind durch die regelrechten Delegationen vertreten. — Um 1,11 Uhr betrat Reichsgerichts präsident Dr. Bumke den Verhandlungssaal. Dem Richterkollegium gehören nutzer dem Reichsgerichts präsidenten Dr. V u m k e als Vorsitzenden noch an als Bei sitzer: Die Neichsgerichtsrüte 2 ch m i tz (Berichterstatter), T r i e- bel, Dr. Schwalb sowie die Oberverwallungsgerichtsrnle Dr. v. Müller-Berlin, Dr. G ü m b e l-München und Dr. Striegle r-Dresden. Die Vertretung der prcutzischen Staats regierung führt bekanniiich Ministerialdirektor Dr. Brecht. Ehe die eigentliche Verhandlung beginnt, stellt Reichs- gerichtspräsildent Dr. Bumke fest, datz der Reichskanzler als preußischer Reichskominissnr nicht besonders vertreten ist. Der Vertreter des Reichs, Ministerialdirektor Dr. Gott hei »er, verweist darauf, datz diese besondere Vertretung sich erübrigt, wie das Reich bei seinen Schriftsätzen nusgesührt habe. Auch der preutzische Vertreter Dr. Bracht beantragt, weiter zu ver handeln. Daraus hielt der Berichterstatter des Gerichtshofes ein längeres Referat aus den verschiedenen Schriftsätzen der Pro zess Parteien, das die Ursachen des Rechtsstreits darlegl und die Auffassungen der Prozetzbeteiliglen widerspiegelt. Im Hinblick daraus, datz eine größer« »Anzahl hervorragen der Sachi>erstündiger von beiden Seilen zu dem Prozeß geladen ist, ist mit einer raschen Urteikssällung nicht zu rechnen. Vielmehr ist anzunehmen, datz die Verhandlung lcetrachtlicke Zeit in Anspruch nehmen wird und vor der Urteilsverkündung eine neue Verhandluno.spause eingeschoben werden wird. Kerrioks Besuch bei Mac-onald London. IN. Oktober. Dem diplomakisck)«» Korrespondent«,, des Daily Telegraph zufolge hat Macdonald Herriot nach London eingeladen, um die Abrüstungslage zu erörtern. Diese Zusammenkunft werde im Laufe der Woche stattfinden. Die versöhnliche Antwort Ber lins an London, deren Inhalt der britische Botschafter in Paris am Sonnabend Herriot mitteiltc, habe Herriotg entschiedenen Widerstand gegen eine Erörterung des deutsche,, Anspruck^s auher in Genf und unter Teil nahme aller Interessierten nicht überwunden. Infolgedessen habe Macdonald zu einem schon ost angewandten Verfahren gegriffen. Er habe den französischen Ministerpräsi denten sondieren lassen, ob er bereit wäre, demnächst zu einer vertraulichen Besprechung nach London zu kommen. Herriot habe allerdings diese Anregung nicht gerade mit Begeisterung ausgenommen. Bisher liegt noch keine amtliche Mitteilung darüber vor, ob Herriot die Einladung zu eine», persönlichen Gedankenaustausch mit Macdonald annehme,, wird. Der poli tische Korrespondent der Daily Mail glaubt allerdings zu wis sen, datz Herriot die Einladung bereits angenommen habe. Der Pariser Korrespondent des Daily Telegraph nennt sogar den »Mittwoch als wahrsäjeinliches Datum der Abreise H e r r I o t s. Mil der Reise des französischen Ministerpräsidenten nach London beginnt ein neuer Abschnitt in den Verhandlungen über die deutsche Forderung nach Gleichberechtigung in der Ab- riisltingsfrnge. Bisher hatte es den Anschein, als werde es nach der schroffen Antwort, die Deutschland sowohl aus Paris wie aus London erhalten hat, überhaupt nicht zu weiteren Verhand lungen kommen. In London glaubt man aus der letzten deut scheu Role ein Einlenken heraushören zu können und will nun einen neue» Versuch machen, die im ganzen peinlich verfahrene Sache wieder in Fluß zu bringen. Diese neue Initiative Englands kann insoweit begrützt werden, als sie der Förderung der Abrüstungsbestrebungen dienen will. Sie birgt aber auch gewisse Gefahren in sich. Wir wissen von früheren Verhandlungen ähnlicher Art, datz eine englisch-französische Fühlungnahme vor der Verhandlung mit Deutschland wiederholt dazu geführt hat, datz die deutschen Vertreter bei der Konferenz sich einer geschlossenen englisch französischen Einheitsfront gegenübersehen. In dieser Richtung scheinen die Absichten Herriots zu gehen, der auch mit dem amerikanischen Berlrelcr Norman Davis, wen,, man sich aus die Meldungen der Pariser Presse verlassen kann, in solchem Sinne verhandelt Hal. Auf diese Möglichkeiten wird man bei den weiteren Verhandlungen aus deutscher Seite achten müssen, wenn es auch selbstverständlich falsch wäre, aus solchen Befürchtungen heraus Verhandlungen, die nach einer vorherigen englisch-französischen Fühlungnahme slattsinden, von vornherein abzulehnen. Frankreichs neuer Abrüstunqsplan Paris, tU. Oktober. Laut Volonb'' geht der neue sranzösisllx' Siäterlieils und Abriislnngspla» dahin. Hoovers Memorandum als Grundlage zu nehmen, aber unter der Bedingung, datz dieser Plan durch Bestimmungen über die Organisierung der siclrerheit durch gegenteilige Hilie leislung ergänzt werde. Die Bereinigten Staaten würden, wie das Blatt weiter mitteilt, ausgeforderi werden, die wiriichafl- liche Blockade gegen den Angreiser zugunsten der Angegriffenen zu verhängen. England mützle darüber hinaus an einer Or ganisation gegenseitiger Hilseleistn n g in Europa teilnehmen. Die von Deutschland geforderte Gleichberechtigung wurde dann ohne Angelegenheiten möglich sein. Das Blatt fordert vor der endgültigen Annahme dieses Planes, der die Kristallisierung des politischen nnd territorialen siains guo darstelle, eine Regelung der französisch deutsch-polnischen Streitfragen namentlich be treffend die deutsch)« Ostgrenze. Ohne das Zenlrrrm Die Dienstag-Sitzung des Auswärtige,, Ausschusses. Berlin, in. Oktober. Auch das Zentrum wird sich an den Beratungen des Ans wärttgen Ausschusses des Reichstages an, Dienstag nicht be teiligen. Es wird lediglich den Abg. Dr. 2lell als Beobachter in den Ausschuß entsenden. Die Sozialdemokraten werden sich erst am Dienstag vormittag darüber schlüssig machen, ob eine Teilnahme an den Beratungen einen Zimck lptt angesichts der Tatsache, datz die Regierung nicht im Ans- schütz erscheint. Da die Deutschnationalen schon mitgeteilt haben, datz auch sie an der Ausjchutzsitzung nicht teilnehmen werden, i>t es möglich, <,atz Ralionalsoziaiisten und Kommunisten allein bleilwn werden, datz es unter diesen Umständen zu einer Beratung überhaupt kommen kann, ist sehr unwahrscheinlich. Kampf ums Kapitol lVon unserer Berliner Schriftleituna.f V. l* Am 8. November, zwei Tage nach der Ent scheidung in Deutschland, wählt Amerika seinen neuen Präsidenten und — teilweise — seinen neuen Kongress. Wir haben es in Europa erlebt, wie Handel und Wandel stockten, als die Verantwortlichen mit einer großen Geste auf das bevorstehende Plebiszit ihrer Nationen hinwiesen und zu handeln vergatzen. Die Wahlen lähmen auch Amerikas Handlungsfreiheit, werden sie wohl noch auf Monate hinaus lahmlegen. Denn eines ist fast zur Ge wißheit geworden: Hoover wird nicht als Präsi dent z u r ü ck k e h r e n, die Demokraten ivcrden nach langer Pause wieder ihren Mann ins Äveiße Haus ent senden. Der Wahlausgang in Maine, der den Republika nern eine schwere Niederlage brachte, hat divinatorische Bedeutung und di« „Probeabstimmung" der Zeitschrift „Literary Digest" hat Roosevelt mit zweieinhalbsacher Mehrheit zum Favoriten herausgestellt. Auch Hoover scheint das Opfer jener Weltkrise werden zu sollen, die schon manchen Staatsmann zur Strecke gebracht hat, weil das Volk Ursache und Wirkung zu verwechseln pflegt. Zwölf Millionen Arbeitslose, Millionen notleidender Farmer und kriscnerschöpster kleiner Unternehmer werden dem Mann der Opposition ihre Stimme geben, und der ipäte Entschluß Hoovers, sich auf das für seine Veranla gung besonders schwierige Gebiet der offentliclzen Wahl agitation zu begeben, ist mehr eine Aenßerung der Ver legenheit als eines siegesbewußten Angrifsswillens. Wenn Hoover einem demokratischen Erdrutsch zum Ovser fällt, wird erst im März ins Weiße Haus ein Präsident ein- iehen. der für drei kommende Jahre die Arme frei hat. sofern, wie erwartet, der Kongreß eine klare demokratische Mehrheit mitbringt. Vor dem März lM wird also vor aussichtlich Amerika nicht handeln können. Die Rückwirkungen siir Europa liegen aus der Hand. Eine Entscheidung über die europäische Schulden srag e um die Jahreswende wird dadurch höchst ungewiß, zumal Roosevelt einer einfachen Schuldenstreichung noch abweisender als Hoover gegenübersteht. Eine Verrechnung der Schuldenzahlung auf den Europaexport Amerikas, wie ihn Al Smith als erster in Vorschlag brachte, würde im Sinne der Schuldner keine reinliche Erledigung der Schul Ken frage bedeuten. W as wird da n n aus Lau sanne? Was wird aus den Auswirkungen, die man von den Entschlüssen dieser Konferenz erwartete? Gewiß ist es einsichtigen amerikanischen Wirtschastskennern seil langem klar, daß man nur die Wahl hat. politische nnd private Schuldensordernngcn gleichzeitig einziibüßen, oder durch einen politischen Verzicht wenigstens einen Teil der privaten Schulden nuszutauen. Aber es wird einer über ragenden Autorität bedürsen, dem non eigener Wirtschasts- noi geschüttelten amerikanischen Staatsbürger den Ver zicht auf wohlerworbene Rechte abzuringen. Mehr als ein Provisorium mit den Schuldnerländern ist jedcnsalls bis zum Verfallstermin des 16. Dezember nicht mehr zu er warten. Es gibt nur eine Hoffnung und einen Ausweg aus dem Dilemma, die heißersehnte W e l t k o n j u n k t n r. die alle Verzichte mit einem wohltätigen Schleier zudeckt. Aber eben diese Konjunktur wird durch die bestehende Un gewißheit hintangehalten. Hoover hat ein äußerstes ver sucht. nnd durch das Hineinpumpen von Milliardcnbeträ- gen in die Wirtschaft tatsächlich eine S ch e i n k o n j u n k - 1 u r zustandegebracht. deren Auswirkung bis nach Europa zu verspüren war. Eine deutsche Reichsregierung hat so gar ihr gesamtes Wirtsli-aftspronamm aus diese ungewissen Hossnnungen auigebaut und ein einzigartiges siaatspolitisches Experiment damit ans eine einzige unbe- kante Karte gesetzt. Wird sie steckten ? Die Warenlager in der Welt haben sich entleert, die Rohitosspreise haben zum Teil erheblich angezogen, der Blutkreislauf der Gelder be lebt sich, aber der notwendige nächste Schritt, die Anregung der Wirtscbastsinftiative, ist bis heute ausgeblieben. Die politijck)« Ungewißheit bildet das ganz große Fragezeichen, und die Wirtschaftspolitik geht sogar einen ständig rück läufigen Weg. In Lausanne hatte man beschlossen, zu einem nahen Zeitpunkt eine Krisenkonserenz aller Weltvölker zusammen-