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Sächsische Volkszeitung : 19.10.1932
- Erscheinungsdatum
- 1932-10-19
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-193210191
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19321019
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19321019
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1932
-
Monat
1932-10
- Tag 1932-10-19
-
Monat
1932-10
-
Jahr
1932
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 19.10.1932
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*«n« des System, de» Stenerrllckveeglltuns in Erwägung zu ziehen. Es würde zweifellos als Akt aus gleichender Gerechtigkeit empfunden «erden, »enn auch unser« Arbeitnehmerschaft einen Teil der hohen Steuerlast die sich aus dem Lohnabzug ergibt, in Form von Steuerfcheinen zurllckver- gütet erhielte. Jeder dieser Steurrfcheine würde sich abr auch Landwirtschaft «nmlttelbar in verbrauch umfetzea und eine belebende Wirkung auf die Wirtschaft ausüben. Diese zweiseitige Bekiimpsung der Krise durch di« Privatinitiative und «ine gleichzeitig« Kon- sumsteigerung mühte doch noch mit gröberer Sicherheit zu einer Erhöhung der Umsatztätigkeit, Minderung der Arbeitslosenzahl und damit auch zu höheren Steuereinnahmen führen. und Industrie für Ihre Handelspolitik an» den Erfahrungen der letzten 14 Tage zu ziehen haben! Warnung an die Regierung Ich nannte vorhin als Drittes eine brauchbare psycho logische Atmosphäre sur eine erwünschte Wirtschasts» belebuna. Noch nie hat vielleicht das Wort so stark gegolten wie bei unserer heutigen nutzen- und innenpolitischen De pression: Politik ist Schicksal der Wirtschaft und Wirtschaft Schicksal des Volkes. che Industrie gegen den handelspoli- 7, > die schärfsten Bedenken hat, so a-uf die notwendigen Lebcnsverhältnisse widerspruchsvolle Handelspolitik Ein ganz grotzer Widerspruch in den wirtschaftspolitischen Ueberlegungen der Reichsregierung liegt ferner in den weit gehenden Kontingenticrungsmatznahmen gegenüber dem Ausland. Die Regierung scheint von der Fest stellung auszugehen, das, es möglich sein wird, den eintrctenden Ezportausfall durch ein« Stärkung der Kouskrast aus seitcn der Landwirtschaft auszugleichen. Dieses Experiment aber, konsequent durchgesührt, ist nicht nur gewagt, sondern unmög lich. Alle Anregungen und Hilfen, die der Wirtschaft jetzt ge geben werden, sind nutzlos, rvcnn eine mehr oder weniger syste matische Abricgelungspolitik gegenüber dem Ausland statt fände. Ein unsachliches, innenpolitisches Prestige bedürfnis der Reichsregicrung scheint autzer dem Nebeneinander von Reichsernährungs- und Wirtschastsmini- sterium tatsächlich eine der Hauptursackzen für die Unlogik der letzten Matznahmen und di« zahlreichen Kompetenzschwierig kelten, die zwischen diesen beiden Ressorts seit Jahren ausgctra- aen werden, zu sein. Es rväre wahrhaftig an der Zeit, diese beiden Ministerien z u sa m m e n z u l e g c n und an ihre Spitze einen für die Führung der Wirtsckzaftspolitik allein verantwortlichen Minister zu stellen. Eine Negierung, die den Begriff Autorität Lei jeder Gelegenheit betont und eine Re form der Reichsvcrwaltnng an Haupt und Gliedern durchführen will, lallte zuerst das Nebeneinander zweier Autoritäten in der deutschen Wirtschaftspolitik beseitigen. Wenn die deut i, tischen Teil der Matznahmen nicht deswegen, weil ie auf di ... unserer Landwirtschaft keine gebührende Rücksicht nehmen wollte. Gerade die aus dem Boden der Zentrumspartei stehende gewerbliche Wirtschaft ist sich voll darüber klar, datz eine ren table Landwirtschaft für den Wiederaufbau des deutschen Vol ke, und seiner Wirtschaft unerlätzltch ist. Sie ist auch der Auf fassung, datz Brrpslanzung von Menschen aus der Stadt aus das Land, die für uns national-, bevölkerungspolitisch wie allge mein wirtschaftlich so dringend notwendige Reagrarisierungs- politik und damit das ganz« Siedlungsproblem nur dann von Erfolg begleitet sein wird, wenn die Manschen in der Land wirtschaft auch ihr Auskommen finden. Wir können aber Lei alledem nicht verschweigen, wie un- heil- und widerspruchsvoll die Kontingentierungsversuch« der Regierung zu dem gesamten Notprogramm erscheinen, beson ders auch im Hinblick auf die kommende Weltwirlschastskonse- renz, für die doch gerao« die Parole ausqegeben wurde: .Heraus aus der Isolierung!" Auch der Kanzler von Pap en hat in seiner kürzlichen Münchener Rede diesen offenbaren Widerspruch in keiner Weise zu widerle gen versucht. Im Gegenteil, man kann aus seinen Ausfüh rungen selbst eine wachsende Einsicht in die Fraglichkeit dieser agrarpolitischen Matznahmen erblicken. Sern Hinweis auf den Zusammenhang zwischen Kaufkraft der Arbeiterschaft und der Aufnahmefähigkeit für landwirtschaftliche Erzeugnisie deutet in etwa auf em« solche Erkenntnis. Der Kanzler hat indirekt, wenn vielleicht auch nicht gewollt, selbst zugegeben, datz durch unser« jetzig« Handelspolitik eine Erschlverung unserer Aus fuhr «intreten mutz und datz die Kontingcntierunqsmatznahmcn der Landwirtschaft selbst nichts nützen können, wenn sie so schäd liche Rückwirkungen auf die deutsche Industrie haben, wie dies heute bereits in Holland, Italien, in den nordischen Staaten usw. mit täglich wachsender Sorge konstatiert werden mutz. Wir wünschen unseren Freunden in der Landwirtschaft jede ans dir Dauer tatsächlich mögliche Entlastung, wir wünsche» ihr auch die neueste Zinshils« und sonstige» Erleichterungen. Wir müssen aber verlangen, datz bei all diesen agrarpolitischen Maß- uahmen auch die Interessen der Industrie und der Konsumenten schaft gebührend« Berücksichtigung finden. Ohne Würdigung driser Gruppen wird jede Schutzmahnahme für die Landwirt schaft auf die Dauer ein Fehlschlag bleiben und zwar nicht nur materiell, sondern auch psychologisch. Es scheint uns auch politisch und ökonomisch inkonsequent, wenn die Regierung den von ihr so sehr geschmähten „Wohlfahrtsstaat" bei der Sozialpolitik abbaut, um ihn bei der Agrarpolitik neu auszu richten. Die Einfuhr der durch die Kontingentierung betroffenen Waren beziffert sich insgesamt im ersten Halbjahr auf 200 Mil lionen, während unsere Exportaussuhr nach den durch die Kon tingentierung betroffenen Ländern sich im ersten Halbjahr auf rund zwei Milliarden beläuft. Was daher für unsere Export industrie, die diese Maßnahme in weitem Umfange als aus gesprochenen Ezportmord betrachtet, aus diesem Schritt erwächst und darüber hinaus für unsere so dringend notwendige aktive Handelsbilanz, wird jedermann mit größter Sorge verfolgen müssen. Datz ein sehr hoher Preis dafür bezahlt werden muh, steht autzer Zweifel, gezahlt nicht nur mit Zollerhöhungcn und Exportkontinaenlierungcn für die deutsche Ausfuhr, sondern auch mit einem Preis, der sich zahlenmäßig nicht erfassen läßt, mit schwerster Mißstimmung gegen Deutschland, mit der gefähr lichsten psychologischen Belastung seiner wahrhast heilte nicht mehr leichten außenpolitischen Position. Es ist die „größte Er rungenschaft" dieses sogenannten Agrarprogramms, daß es alle Länder gleichzeitig hernussordcrt und datz cs die ganze Welt gleichzeitig handelspolitisch zu »nscrem Feind zu machen droht. Und dazu ist ans verschiedenen Gründen noch zn befürchten, daß das Papenschc Hilssprogramm für die Landwirtschaft sich aus die Dauer als Programm gegen die Landwirtschaft erwciftn wird. Brüning hat wahrhaftig viel und mehr getan für die Agrarwirtschaft, ohne aber die Interessen der anderen Wirt- schastsgruppen aufs Spiel zu setzen. Gewiß kostete die Agrar- hilse Brünings viel, viel Geld, die Papens kostet uns aber die Exportchancen und die Zahlungsfähigkeit als Industriestaat. Fürwahr, wenn die Männer der jetzigen Regierung keine Aben teurer sind und das Volk nicht aus Eigensinn in neuro Elend stürzen wollen, dann müßten sie erkennen, welch« Lehren sie Wenn wir dies« verschiedenen, hauptsächlich aus politisch psychologisch und ökonomisch widerspruchsvollem Gebiete liegen den Einengungen und Vorbehalte zu der wirlschastspolitisckzen Rettungsarbeit der Regierung von Papen machen, so wollen wir wahrhaftig nicht ans irgendeiner parteipolitischen Einstellung heraus die wirtschaftlichen Rettungsversuche der Regierung ein seitig und engstirnig kritisieren. Wir wünsck-en ausrichtig, daß sie im Interesse unseres Volkes und unserer Wirtschaft erfolg reich sein möchten. Nicht die unfruchtbare Negation, sondern nur die opferbereite Arbeit für das Mögliche, die von der Sorge für unser ganzes Volk und unsere Wirtschaft getragene sachlich« Kritik allein vermag uns die Dinge noch meistern zu leisen. Es ist von jeher Tradition der Zcntrumszmrtei gewesen, das Gute auch am Gegner anzucrkennen und zu dessen Durchführung sach lich die Hand zu bieten, aber auch laut und deutlich zu warnen und zu hemmen, wenn es nötig erscheint, wenn die Volksinter- essen in Gefahr sind und einseitige Interessen zu stark gespielt werden. Es gibt für die Zentrumspartci keine Negation um der Opposition willen, am wenigsten um einer Person willen. Die Opposition der Zentrumspartei ist auch keine Opposition um ihrer selbst willen. Di« Partei kennt vielmehr aus eigener hingehender Arbeit genau und genügend die unermeßlichen Schmierigkeiten der gegenwärtigen Situation und beneidet die jenigen nicht, die an der Stelle ihrer Freunde jetzt den Versuch machen, das sturmumbrauste Staatsschisf in Sicherheit zu brin gen, um die von ihnen anscheinend leichthin übernommen« Ver antwortung. Die Partei fühlt aber ihrerseits die Pflicht, zu raten und zu warnen, ihre Stimme zu erheben, w«nn immer di« leitenden Persönlichkeiten Fehler machen oder irren. So fühlen wir uns vor Gott, dem Gewissen und dem deut schen Volke verpflichtet, dieRegicrungwarnendanzu- sprechen: Ein Erfolg wird nur dann elntreten können, wenn die gan ze» wirtschaftlichen Maßnahmen auch de» für ei» Gelingen psychologisch notwendigen Resonanzboden im ganzen Volke vor- jinden, der heute leider nicht vorhanden ist. Die Schuld hieran ist aber fachlicherweise nicht dem Volk, sondern der Regierung zuzuschreiben! Was von Papen vergitzk Sie öffentlichen Defizite Meine Damen und Herren! Ich habe bereits eingangs be tont. datz die Bezeichnung ..Wirtschaftsprogramm" reichlich über trieben erscheint, und datz m. E. an einem Wirtschastsprogramm noch wesentlich« Bestandteile fehlen, selbst wenn man die mitt lerweile erlassen«» agrar-, zinspolitischen und sonstigen Maß nahmen dabei noch berücksichtigt. Es fehlt noch die Regelung der Grundlagen allen gesunden Wirtschaftens, der Etatofragen in Reich, Ländern und Gemeinden. Die Etats weisen bis heute bereits einen Fehlbetrag von rund 1,2 Milliarden auf, der bis zum Ablauf des Rech nungsjahres auf rund 1,7 Milliarden geschätzt wird. Es ist wohl richtig, daß man beim Beginn einer Wirtschastsbelcbung nach der Richtung keine allzu große Angst zu empfinden braucht, da ja dann auch allmählich die Steuerquellen wieder reichlicher fließen und so die Fehlbeträge nachträglich abgedcckt werden kön nen. Für alle Fäll« müßte m. E. eine verantwortungsbewußte Regierung die Steuersenkungen im Ausmaß von rund 2 Mil liarden in den Jahren 1933 bis 1938 durch verminderte Aus gabenpolitik kompensieren. Wir hätten nach der Richtung zweckmätziaerweise ein Junktim der Regierung gewünscht. Wir fürchten, daß die Regierung Papen außer von dem geistigen und finanziellen Anlagekapital, dem Ansehen und der Ordnung, die Brüning schuf, nur noch vom Pump aus die Zu kunft lebt. Es mutz schlimm enden, wenn die Spekulation auf die Belebung der Wirtschaft eine Fehlspekulation wird. Ge ¬ sunde Wirtschaftspolitik allein ist es nach unserer Auffassung, wenn nicht die Regierung selbst spekuliert, sondern durch ein« wohlüberlegte und weitsichtige Gesamt Politik dem privaten Unternehmer die Voraussetzungen für das Wagnis schafft. Einen «xsentlichen Bestandteil eines Wirtschaftsprogram mes bedeutet für uns auch di« Mährungssrage, und eng damit verbunden di« Manipulierung unserer Auslandsverschuldung, bzw. unserer Devifenfituation. Es würde zu rveit führen, hierüber nähere Ausführungen zu machen. Fest steht nur, datz bei unserem derzeitigen Devtsen- nud Goldbestand von rund 950 Millionen, ivovon rund 450 Mil lionen nicht uns gehören, und bei dem Absacken unseres Ausfuhrüberschusses auf di« Dauer eine Zahlung der rund 1,2 Milliarden Valutazinsen usw. an das Ausland pro Jahr eine absolute Unmöglichkeit und eine Gefährdung unserer Währung bedeuten mühte. Es liegen hier Ge fahren. die noch dadurch gröher werden, datz wir bei den steigen« Len Rohstosfpreisen für unsere notwendigen Rohstosfbeziige, und Zwar bei gleichem Quantum, schon heute rund 25 Prozent Devisen mehr notwendig haben. In einem wirklichen Svirtschaftsprogram ist nach unserer Auffassung neben dem Gesichtsvunkt der sofortigen auch der einer systematischen allmählichen Behebung unserer Arbeits losigkeit zu berücksichtigen. Ich kann hierbei im Rahmen dieses Vortrages nur ai» deutungsweise einige Fragen berühren: die autzerhäuslich« Das Kreuz -es Kilian Anruh Roman von Rudolf Ulfch lNachdruck verboten.! (15. Fortsetzung) Sie hatte ihr steifes und herrisches Wesen vollständig abgelegt, streichelte sein Gesicht, kühle ihn sogar herzhaft auf den Mund. „Bring mir den größten Krug, der im Hause ist, Bärbel", sagte er, seine Stimme klang noch immer rauh «nd hart . .. 3. Kapitel. Als Kilian nach Hause ging, war es Mitternacht. Er hatte lehr viel getrunken. Trotzdem gelangte er auf dem holperigen Dorsweg schnell vorwärts, obwohl er manchmal rln wenig nach den Seiten schoß. So nett war die Bärbel noch nie zu ihm gewesen wie an diesem Abend. Also konnte sie doch auch anders fein. Zweifellos: die Bärbel war ein Gespans für ihn — war kerngesund, kräftig, konnte arbeiten wie ein Mann - also so, als ob sie von Gott extra für ihn geschaffen morde" sei. Und eine solche Frau mutzte er haben. Keine andere Dann brachte sie auch Geld mit — und nach dem Tode des Alten fiel ihr noch manch gut Stück Land und Wald und wohl auch noch ein Dut^nd Hüttentage zu. Was schadete es da, wenn sie etwas eigen- und vielwillig war. Ganz ohne Fehler war ja letzten Endes kein Mensch. — Gut war es, datz er die Fremde aus dem Hause gestoßen hatte; sie hätte ihm sicherlich allerlei mißliebige Scherereien geschaffen. Wer weiß was alles durch sie entstanden wäre? — Nein, nein, nur kein Abenteuer — nichts durste zwischen seine Pläne treten. Auch wollte er nichts Fremdes im Hause — ungemütlich wäre es immer dort gewesen. Nein, nur nichts Fremdes ... Am Himmel zogen viele kleine, vom Mond erhellte Wolken in rascher Fahrt gen Norden. Sie waren io "i-dria. daß sie fast die Spitzen der Berge streiften. Ihre Schatten wanderten über die Erde, sprangen Uber Bäum« und Häuser hinweg wie geheimnisvolle körperlose Wesen. Last am Ende des Dorfe- begegnete Kilian einigen Männern, die sich noch eifrig Uber irgendeine Cache unter hielten. Er erkannte sofort die Stimme des Soldaten Gustav Schmengle. Natürlich führte er wieder das Wort. Glaubte wohl, jetzt der Held des Tages zu sein — dieser Leichtfuß und Windbeutel. Bildete sich was darauf ein, unter Wallenstein gedient zu haben. — Sein Bat«r, der alte Hüttenschulze, dem er vor Jahren durchgebrannt war, hätte ihn gar nicht mehr aujnehmen sollen. Aber er hatte, als er zurückkehrte, klingende Münzen in der Tasche, und als der Sohn einige Goldstücke blinken ließ, die «r vielleicht irgendwo einem armen Teufel gestohlen hatte, war der Zorn des Alten verflogen und er nahm ihn in Gnaden wieder auf. — Jetzt erzählte dieser Taugenichts im Dors von feinen Heldentaten und Abenteuern und log dabei, daß man es suhlen konnte. Arbeit schien ihm ein fremder Begriff geworden zu sein, den ganzen Tag über lungerte er herum und spielte den großen Herrn, schäkerte mit den Mädeln und stahl seinem Herrgott die Zeit weg. Kilian besaß für solche Menschen wenig Sympathien, er behan delte Gustav Schwengle mit Geringschätzung und Verach tung, wie ihm ja überhaupt alles, was nur nach Soldaten roch, zuwider war. Dieser Schwengle hatte auch sofort nach seiner Rückkehr bei der Bärbel sein Glück versucht und sich von seinem Dünkel und Soldatenmut so weit hinreißen lassen, daß die Bärbel eg für nötig sand, sich mit einigen schallenden Ohrfeigen zu verteidigen. Jaja, die Bärbel konnte noch schlimmer drausschlagen als ein Schwede. Sie wurde ihrem Kilian nicht untreu wegen eines eingebildeten Soldaten. Als Kilian an den Männern vorbeikam, sprach ihn Gustav Schwengle sofort an: „Schwerenot, hat dich aber deine Liebste lang fest- gehalten. Kilian!" Er lachte so laut, als ob er Wunders was gesagt habe. Um Kilians Mund spielte nur ein verächtliches Lächeln. „Ich denke nicht, daß du etwas dagegen hast", versetzte er brüsk. „Gott bewahre, ich freue mich stets, wenn jemand Glück bei den Mädchen hat!" „Recht so", sagte Kilian im Weiierschreiten, „dann haste wenigstens auch was davon. Viel mehr wirste wohl nie haben . .>." Gustav Schwengle vcrzog das Gesicht und strich sich den kleinen Schnnrrdark. Mit diesem Bauern da ließ sich nicht gut Kirschen essen. Schon als Bub' — er war fast so alt wie Kilian — hatte er nie recht mit ihm harmonieren können. Wie oft hatte er sich mit ihm geschlagen und ge zankt. Kilian war noch genau so wie früher. Und Kilian dachte: Er soll mich in Ruhe lassen, der Windbeutel! — Ich will mit einem Soldaten nichts zu tun haben. Ob er bei den Schweden war oder den Wallen- steinern. das ist mir gleichgültig Alle langen keine Bohn«. Bauernschinder sind sie alle gewesen. Der Kuckuck soll es holen — das Soldatenpack. Nun näherte er sich seinem Gehöft. Er stampfte Uber einen zerfahrenen Flurweg. Ties drückten sich die Absätze der Stiefel in die vom Regen aufgeweichte Erde. Fahl lag der Schein des Mondes auf den toten Feldern. Jetzt erst dachte Kilian an die Fremde und eg drängte sich ihm die Frage aus: Wo mag sie jetzt weilen? — Wohin hat sie sich gewendet? ... Es muß doch eigentlich schrecklich fein, so ganz mutterseelenallein — und dann noch als schwaches Mädchen — durch die Nacht zu irren, ziellos — und ohne zu wissen, was der morgige Tag brftrgt. — Kilian verspürte eine Regung des Mitleids in seiner Brust, doch gleich unter drückte er sie und sagte grimmig: „Mag sie sehen, wo sie hinkommt! Was geht sie mich an? — Die Bärbel hatte recht: „Mein Haus muß mir zu schade sein für so eine . Ruhig und still lag der Hof da, nichts regte sich, kein Licht erhellte die Fenster. Der Knecht war natürlich schon längst zu Bett gegangen, der Schuster auch. Also der Schulter hatte der Bärbel berichtet, daß eine Fremd« In seinem Hause sei. Das soll dir leid tun, Schuster! — Kilian konnte reine Klatschbasen leiden. Er stand vor der Tür und wollte gerade öffnen, da hielt er plötzlich ein. Regte sich dort nicht etwas unter dem Lager des alten Wagens? — Wirklich, da lag jemand ans einem Bund Stroh. Kilian sah nur ein dunkles Etwas. Seine Blicke bohrten sich durch Vie Dunkelheit. Er kannte keine Furcht, dies Gefühl war ihm fremd. Doch mit großer Vorsicht näherte er sich dem Wagen, denn in diesen Zeilen war der Besuch von Räubern und Dieben keine Seltenheit. Instinktiv nahm er, während er langsam vorwärts schritt, eine Peitsche von der Wand des Hauses und faßte den dicken Eichenstiel jo an. datz er sofort Zuschlägen konnte. (Fortsetzung soigii.
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