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lS»L Morgen-Ausgabe Bezugs Prei- PÄg WpMcrTllMaü 7S.- Handelszeitung »8» Amtsblatt des Rates und des Rokizeiamtes der Ltadt Leipzig Pafttchrckkoat» Lei»,i« 8L8. Leipjia 838. Deutsche Bank, Filiale Leipzig Dep.-Kag« Glimm. Steinweg L ... s"«S2 lRaqt-tchlu») Tel.-Än chl. 14 893 >14694 t Ullarmein« Deutsch« Tredtt» Lankkonto: < - «nI,°lt^Brühl,75/77. , Mr Leipzig und Vorort« durch »ni«r« Ikäaer und Spediteur« 2mal täglich m» vau» gebracht: » Pf. »onatl., L70 Ml. vieneliädrl. Bet unser« Filialen ». An» nahmeftelten abaeholt: 7S PI. «onatt, LLi Mk. oterteljährl. Durch di« Post: innerhalb Deutschland, und der deutschen Kolonien vierteljährl. S.iitl!VIt., monatl. I.SÜ Ml. austchl. Postbestellaeib. Ferner in Belgien, Dänemark, den Donaustaaten, Italien. Luremdura, Niederlande, Nor wegen, Oenerrrich-Unaarn, Nutzland, Schweden und Schweiz. In allen übrigen Staaten nur direkt durch die Geschäito» stell« de» Blatte» erhältlich. Da» Leipziger Tagrdlatt erscheint 2mal täglich, Sonn- u. 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Zshrgsns Nr. 421 Montag, üen >9. gugult l9l2. rmnl. rre ;se »tsl WUll. Wasser und rudern oder staken sie gleich darauf vor den Bock, wo sie einen nach dem andern im Abstande oon mehreren Metern verankern, so das; sie unter genauer Ausrichtung der gleichgeformten Border und Hinterteile quer über den Strom eine Reihe bilden. Vom Bock aus legt man nun Balken zum ersten Kahn und bedeckt sie mit Brettern, wodurch eine lückenlose Diele entsteht. Dann schiebt man Balken zum zweiten Ponton und so weiter, bis alle untereinander verbunden sind und den Dielen! lag erhalten. Mittlerweile hat man hier je mehrere Fässer ins Wasser gerollt und durch darüber gelegte Balken zu einem Steg verbunden. Dieses floszartige Ge bilde treiben je vier oder fünf Soldaten, die darauf stehen, jetzt durch Ruder und lange Stangen ins tiefere Wasser, um es vom Dock aus quer hinaus nach der Flußmitte zu fcstzulegen. Ander« folgen mit gleichen Schmalflößen und hängen sie davor, bis man das jenseitige Ufer erreicht. Jede einzelne Abteilung befestigt ihren Teil wieder durch Verankerung. Drüben angekommen, finden die Pioniere bei jeder der beiden inzwischen auch grösstenteils schon mit Bohlen und Dielen belegten Brücken eine Anzahl ihrer Kameraden vor, die je in einem oder mehreren Pontons das Balkenmaterial für die jenseitigen Brückenböcke hinübergerudert haben und nun, im Wasser watend, diese Gestelle bereits so weit fertig hergerichtet haben, daß deren Verbindung mit den Kähnen oder Fässern sogleich erfolgen kann. Vielfach stellt man die Verbindung vom Lande zur Faßbrücke, wie auch zu Strohsackbrücken, ohne Böcke durch Bohlenstege — je nach Wassertiefe und Stromstärke — her. Strohsackbrücken braucht man namentlich in besonders flachem oder sumpfigem Wasser, zumal bei Mangel an Baumaterial und bei langen, unwegsamen Strecken. Nun dauert es nur noch einig« Minuten, bi» man an beiden Längsseiten der Brückenbahnen dünne Seile an Stelle der Geländer in entsprechen der Höh« an Holzpfostcn oder Eisenstäben befestigt und die Dielung beendet hat. Die Dielenbohlen sind entweder mit Stricken an die Tragbalken be festigt oder durch eiserne Klammern, die je an Heiden Außenseiten der Dahn durch ausgesparte Schlitze greifen, untereinander und mit den Längshölzern fest verbunden. Jetzt nehmen auch di« Posten, di« in den einzelnen Pontons oder auf den Teilflösien die Verankerung phetiscb.verkündete: „Tu gisch entwöder an Haupt- schtudent oder an Hauptlump." Er hat sich entschlossen, baS erstere zu werden, wenn er selbst auch behauptet, ein wenig von dem letzteren geworden zu sein. MsnSuerbilüer. Von Ewald Anders. I. Pioniere beim Brückenschlag. Noch ist die Dämmerung dem Tageslicht nicht ge wichen, noch die Sonne nicht aufgegangen, da be ginnt es am Ufer des mäßig breiten, aber raschen Flusses lebendig zu werden. Mehrere Wagen, je mit vier Pferden bespannt und durch Trainsoldaten vom Sattel aus geleitet, rücken unter Bedeckung durch einige Züge Kavallerie und gefolgt von zwei Pio nier-Kompanien, heran, um dicht am Wasser haltzu machen. Ein Teil der Kavallerie geht in Gruppen bis zu zehn Mana durch den Fluh, wobei die Pferde in der Mitte schwimmen müssen. Andere Reiter benützen für sich ein leichtes, oon einem Wagen herabgehobenes Boot, wohinein sie auch Waffen, Sattelzeug und Gepäck nehmen, und halten dabei die daneben watenden oder schwimmenden Tiere am Zügel. Zn mehrere Abteilungen gegliedert, haben die Pioniere der ersten Kompanie nach Ablegung der Gewehre, der Tornister und des Schanzzeuges ihre Waffenröcke mit den leichten weihen Drillichjacken vertauscht. Eine Abteilung legt auch noch Stiefel und Strümpfe oder Fußlappen ab. um mit einigen Balken auf den SHUtern ins seichte Wasser dicht am Ufer zu steigen. Die andern haben rasch weitere Balken und Bretter sowie eine größere Anzahl von aus Blech gefertigten Kähnen, den sogenannten Pontons, abgeladen. Di« zweite Kompanie nebenan nimmt außer d«m Holze große Fässer von den Fahrzeugen herab und rollt sie dicht ans Ufer. Auch bei dieser befindet sich «in Teil der Mannschaften eine kl«in« Strecke ab wärts schon im Wasser und errichtet, wi« bei der ersten, aus Balken den Brückenbock oder Brückenkopf, di« Verbindung zwischen dem Land« und d«r schwim menden Brücke. Hier soll eine Faßbrück«, wenige Meter stromaufwärts eine Schiffs, oder Ponton brücke entstehen. Jetzt tragen dort Soldaten die Kähne ins Von feinem Vater erzählt Hansjakob, daß er „Brot buk, Schnaps schenkte und die Bauern an Sonn-Md Werktagen unterhielt". Es war ein Mann mit offenem Kopf, energischem Willen und von aus- dauerndem Fleiß, ein „kreuzbraver Familienvater". An „Bildung" stand er der Mutter nach; denn diese hatte die Bücher zu führen. Tie Gäste in der Wirts- stube, sie alle, die da ein und aus gingen, hinter ließen, je nachdem, ob sie mehr oder weniger „Wilde Kirschen", d. h. Originale waren, mehr oder weniger Eindruck bei dem Knaben, der mit offenen Ohren und großen Augen dem Geschwätze der Alten stunden lang lausck^en konnte. Aber viel näher noch als die Gäste in der Wirtsstube standen seinem Herzen die Dienstboten in dem Vaterhaus. Das waren Hugo, der Knecht, der Sepp, der Toni und der Peter, die Bäckerlehrlinge, und die Mägde. „Alle waren einfache Bauernkinder, aber alle sind glänzende Sterne an seinem Kinderhimmel." Ter Hugo lehrte ihn die Tiere lieben, der Sepp war sein Lehrer in der Tauben- und Vogelkunde und der Geschichten erzähler in der Backstube, bei dessen Vorlesungen der klein« Hansjakob „mehr Ideale in seine Seele ausgenommen, als später in allen Kollegien über Geschichte, Philosophie und Anthropologie". In den Kinderbimmel gehören aber auch seine Großmutter, „die Zuflucht der kleinen Sünder und Sünderinnen, und die „Lenebas", eine alte ledige Schwester der Großmutter, sein „bester Lehrer in der Gottesfurcht und in der GottcserkenntniS". In der Schule waren des kleinen „Beckephilipple" Leistungen keine glänzenden; im Rechnen Null, im Schreiben und im Stil mitelmäßig, „wie heute noch", und nur im Lesen gut. Ta kann es denn nicht wundernehmen, daß der Lehrer dem Vater von einem weiteren Studium abriet. So mußte denn der Arm«, nachdem sich am Weißen Sonntage des JahveS 18v1 mit dem Verlassen der Schule der „Kinderhinrmel" geschlossen, in die väterliche Back- stube eintreten, wo er mehrere Wochen lang die Brötchen und die Brote für die Bürger Haslachs wog und formte, was ihm „in der Säl' zwider" war. Aber, kurz und gut, es gelang doch den vereinten Anstrengungen deS Kleinen, der Mutter und der Großmutter, sowie einiger Nachbarn, die bei dem Jungen „Intelligenz" bemerkt zu haben glaubten, es bei dem Vater durchzusetzen, daß der Heinrich bei dem Kaplan deS Städtchens Lateinunterricht erhielt. > Tamit war denn der Weg für seine spätere Au- kunft geebnet, und wie der Färber Basil ihm pro- Aus Zugenätsgen AsnAkods. (Zu seinem 75. Geburtstage.) Z Tveiunddreißig Jahre schon war Heinrich Hansjakob alt, als Fritz Reuters „Meine Vater stadt Stavenhagen" und Bogumil Goltz' „Buch meiner Kindheit" — wie er selbst bekennt — in ihm den längst schlummernden Gedanken zum Ausbruch brach ten, die Erinnerungen an seine erste Jugendzeit zu Papier zu bringen. „Ter Himmel auf Erden ist für den Menschen die erste Jugendzeit und das Paradies, in welchem die Kindheit ihre „Augenblicke Gottes" feiert, die Heimat." Tas ist das Leitwort, das Hansjakob seinen Jugenderinnerungen mit auf den Weg gegeben, und fürwahr! kein besseres hätte er wählen können. Tic Jugendzeit ist für Hansjakob alles; aus ihr schöpft er all sein Denken und Empfinden, die Leute seiner Jugend haben ihm die Ernte für seine Charakter- köpfe abgegeben. Mitten im lieblichen Kinzigtale des an wunderbaren Talgründen so reichen Badener Landes erhebt sich seine kleine Vaterstadt Haslach, im Volksmunde Hasle genannt. An seinem Ge burtsort hänat Hansjakobs Herz in fester, starker Liebe, und die Haslack>er sind für ihn zu großem Teile Menschen, die „jene wunderbare Originalität entwickeln, um derentwillen sie nicht unbeschrien ver- sinken dürfen in die herkömmliche Vergessenheit". Viel Witz sogar Galgenhumor, Unabhängigkeitssinn, Wahrheitsliebe und nicht an letzter stelle „ein böses Maul" sind den Bewohnern Hasles angeboren. Stets haben die Haslacher ihr Mundwerk zu braiuchen gewußt, und daß auch Hansjakob, der Haslacljer in Reinkultur, nicht auf den Mnnd gefallen ist, was ihm nicht selten Unannehmlichkeiten gebracht hat, daS bekennt er einmal selbst, als er von seiner Mutter schreibt: „Ich möchte um alle Welt nicht, daß ick ein« andere Mutter gehabt hätte, als die ick hatte, und die Herz und Zunge auf dem rechten Flecke trug, in der Rede keinem etwas schuldig blieb und am rechten Ort und zur rechten Zeit derb zu schimpfen wußte. Ich habe diese von der Mutter ererbten Eigenschaften schon ost büßen müssen, allein ich will lieber als Märtyrer durchs Leben gehen, denn alS Katzenbuckler und Buttermann." Sonst aber war seine Mutter ein lebenslustiges, echtes und rechtes HaSlacher Kind, „mit kleinen, leb haft funkelnden schwarzen Augen". Vorstellung beim Kaiser entzogen haben, ist ja nicht weiter verwunderlich. Diese Partei begehrt die Einführung des parlamentarischen Systems, wie es in England gilt. Aber auch der linke Flügel der Oktobristen und einige verwandte Gruppen beschränken ihre Wünsche auf Herstel lung ettva jenes gemäßigten Konstitutionalismus, der im außjerbayrischen Deutschland wie in Ja pan besteht, wo die Auswahl der Minister abso lutes Kronrecht geblieben und nicht an die parla mentarische Mehrheit gebunden ist. Und die rechtsstehenden Oktobristen, wie Gutschkow, wol len zwar am Wortlaute der Verfassung vom 30. Oktober 1905 vorläufig nicht gerüttelt, die Anwendung aber der zarischen Gerechtsame, auch ohne und gegen Parlamentsbeschlüsse kraft seiner grundsätzlich fortdauernden Autokratie Ukase mit Gesetzeskraft zu erlassen, ja den In halt der von der Duma beratenen Vorlagen hinterher willkürlich zu ändern, den äußersten Notfällen Vorbehalten wissen. Statt dessen haben die Regierungen, zumal die des verstorbenen Stolypin, die Kabinettsgesetzgebung fast zur Regel, die unveränderte Verkündigung des vom Parlamente festgestellten Gesetzestextes zur Aus nahme gemacht. In Petersburg begnügt man sich nicht mit einem Notparagraphen, etwa wie dem berühmten vierzehnten der österreichischen Verfassung, der das kaiserliche Verordnungsrecht beiläufig auch nur in Ermangelung von Kammerbeschlüssen, nicht bei zuwider laufenden, zuläßt; ferner nur mit einstweiliger Geltung. Der von Stolypin geschaffene Ge brauch aber drückt förmlich alle Dumavoten zur bloß beratenden Teilnahme an der Legis latur herab. Und damit ist mich die Fraktion Gutschkow nicht zufrieden. Aber trotz solch homöopathischer Dosierung der Volksvertretungsrechte steht die äußerste Rechteder Purischkjewitsch, Dubrowin usw. nach wie vor ablehnend auch diesem bescheidenen Kon stitutionalismus gegenüber. Wenigstens stellt sie sich so. Denn wahrscheinlich würde Herr Pu rischkjewitsch eine tatsächliche Wiederabschaffung der Duma doch sehr schmerzlich als den Ver lust seiner letzten politischen Betätigungsmöglich keit empfinden. Selbst die größten Heldentaten bei einem Pogrom können sich an Weltruf nicht mit gewaltsamen Entfernungen aus parlamen tarischen Regierungssälen messen. Diese Oppo sition ist jetzt aber, auch von ihrer Unaufrichtig keit abgesehen, für den Fortbestand der Ver fassung ungefährlich geworden. Während der ersten beiden, von Kadetten und Revolutionären beherrschten Duma war mit der Möglichkeit zu rechnen, daß die „echten russischen Männer" mit polizeilicher Unterstützung Straßssnkundgebnngen für Wiederaufhebung in Szene setzten. Nachdem in einer fünfjährigen Periode nicht bloß die zur Verständigung mit der Regierung sich bereit er klärenden Oktobristen dominiert haben, sondern sich auch gefallen ließen, daß ihre Verständi gungsbereitschaft der Regel nach mit Mißachtung übergangen wurde, hat die Negierung das Inter esse an Getvaltschritten gegen eine so zahm ge wordene Institution verloren. Ja, man konnte, zumal an den Ministern Iswolski und Kokowzew, wiederholt beobachten, wie an genehm es ihnen war, zu dem neu eingesetzten Fenster des russischen Hauses heraus ein oder zweimal im Jahre an die Adresse Europas reden zu dürfen! Die Hauptfrage wird freilich sein, ob dieses Idyll einer regierungsfrommen Duma sich auch in ihre vierte Auflage hinein fortsctzen wird. Die eingehenden Stimnrungsberichte lauten ver schieden. Manche sagen einen Rückfall in die revo lutionäre Kraftmeierei der beiden ersten voraus. Tlber im allgemeinen rechnet man nicht mit einer solchen Gefahr, die ja auch durch die zwischen der zweiten und der dritten Periode erfolgte Rückwärtsrevidierung des Wahlrechts wenigstens stark vermindert er scheint. Ein hervorstechender Eharakterzug aber der vierten Duma möchte ein starkes Her vortreten des geistlichen Elementes wer den. Auffallend viele Popen sollen sich, auf An regung ihrer Bischöfe, um Mandate bewerben. Bei dein großen Einflüsse, den die orthodoxe Kirche noch heute auf das russische Volksgcmüt ausübt, wäre mit einer solchen Wendung aller dings die Einwurzelung der konstitutionellen Ordnung in der Volksseele sichergestellt. Aber in welchem Sinne ist ein solchergestalt erstrebtes systematisches Eindringen der Geistlichkeit zu deu ten? Soll die vierte Duma mit diesem Mittel vollends in ein reaktionäres Fahrwasser gesteuert werden? Oder bereitet man aus irgendwelchen innerkirchlichen Gründen eine Nachbildung der deutschen Zentrumsgruppe vor? Die Spekulationen des Synods könnten leicht fehl schlagen. Auf die niedere Geistlichkeit haben die Tol stoischen Gedanken einen starken Einfluß ausgeübt. Möglicherweise könnte aus dieser Be wegung gegen den Willen ihrer Urheber sich eine christlich-demokratische Richtung her- ausbildcn, die späterhin der Regierung gefähr licher tvürde als der überwundene heidnisch-demo kratische Radikalismus der ersten Kammern. Denn dieser war in seinem Ursprünge ein fremdländi sches Gewächs; ein religiös gefärbter Sozialis mus steckt aber der russischen Nation sehr tief im Blute. Das Linheitsgeltzotz. * Die Einführung des Einheitsgeschosses bildet jetzt die wichtigste Frage auf artilleristischem Gebiete. Die Artillerie führte bisher zwei verschiedene Ge schosse: die Granate und das Schrapnell. Dies war notwendig wegen der Verschiedenartigkeit der Ziele, die im Felde auftrcten, und beschossen werden müssen: lobende Ziele; teilweise ungedeckt, teilweise dicht hinter steilen Deckungen oder unter wagrechten Eindeckungen, ferner sehr widerstandsfähige Ziele, entweder aufrechte, wie Mauern, Häuser usw. oder wagrechte, wie Panzerbatterie und Hohlbauten jeder Art. Das Schrapnell, dessen Inneres mit einer gro ßen Zahl oon Kugeln gefüllt ist, die sich bei der Ent zündung nach der Tiefe ausdohnen, ist hauptsächlich zur Bekämpfung ungedeckter lebender Ziele bestimmt. Es bildet das Hauptgeschoß der Feldartillerie und ist deshalb auch am zahlreichsten in der Munitions ausrüstung vertreten. Die Granate wirkt als Voll- goschoß zum Durchschlagen starker Deckungen, zur Be kämpfung toter Ziele, und durch seine Sprengstllcke gegen Ziele dicht hinter Deckungen, gegen die das Schrapnell nicht mehr genügende Wirkung besitzt. Derartige Ziel« treten aber im Feldkriege verhält nismäßig selten auf, so daß es genügt, wenn sich eine geringe Zahl von Granaten in der Munitionsaus rüstung der Foldartillerie vorfindet. Seitdem aber die Schildbatterien eingeführt worden sind, langte die Wirkung der Schrapnells nicht mehr, um die feind liche Artillerie wirksam zu beschießen. Di« Hartblei, kugeln prallten wirkungslos an den Schilden ab. Eine wirksame Beschießung war nur durch Granaten zu erreichen, allerdings bei erheblichem Munitions aufwande, wozu die bisher mitgeführte Eranatzahl nicht gereicht hätte. Da eine Vermehrung der Mu nitionswagen aus taktischen Gründen ausgeschlossen war, hätte sich eine Vermehrung der Granaten nur bei gleichzeitiger Verminderung der Schrapnells er reichen lassen. Dies war aber ausgeschlossen, da das Schrapnell nach wie vor das Hauptkampfmittel in der offenen Feldscylacht bildet. Um diesen Mißstand zu vermeiden, ist das Bestreben der Erfinder und Kon- strukteure schon lange darauf gerichtet, «in Geschoß zu bauen, das die Eigenschaften der Granate und des Schrapnells in sich vereinigt. Unsere großen Geschoß- fabriken Krupp und Ehrhardt haben auch bereits der artige „Ei n h e i ts g e scho s se" verfertigt, die vollkommen kriegsbrauchbar sind und sich bei den Versuchsschießen sehr gut bewährt haben. Ein derartiges Einheitsgeschoß kann naturgemäß nicht dieselbe Wirkung haben, wie die Granat« oder das Schrapnell sie in ihrer Eigenart einzeln aufwei sen. Es stellt gewissermaßen ein Kompromiß dar, das sowohl nach der Richtung der Granate als auch nach der des Schrapnells gerade nach eine ge nügende Wirkung ausübt. Denn es müssen in dem neuen Geschoß zwei Forderungen erfüllt werden, die sich eigent-lich gegenseitig ausschließen: eine hohe Granatwirkung verlangt starke Geschoßwände, eine starke Schrapnellwirkung einen großen Geschoßhohl- raum zur Aufnahme zahlreicher Sprengkugeln, was sich nur bei dünnen Wänden erreichen läßt. Ein kriegsbrauchbares wirksames Einheitsgeschoß ließ sich erst verfertigen, seitdem man im Trinitro toluol ein geeignetes Mittel zum Festlegen der Füll kugeln fand. Es ist dies ein der Pikrinsäure ver- Die vorliegende Ausgabe umfaßt 10 Seiten. Das Wichtigste. * Ter Ziegeleiarbeiter Karl Deutsch, der am Freitagabend den Jagdaufseher I a h n in Modelwitz durch einen Schrotschuß schwer verwundete, ist am Sonntagmorgen verhaftet und in das Gerichts gefängnis in Schkeuditz abgelicfert worden. (S. des. Art.) * In der Mölkauer Straße 31 in Stöt teritz wurde durch eine Benzinexplosion t eine Frau lebensgefährlich, ihr Mann schwer verletzt. (S. bes. Art.) * Tas Zeppelinluftschiff „Viktoria Luise" hat am Sonntag eine wohlgclungene Fahrt von ' G o t h a n a ck Dr e s de n und zurück unternommen. iS. bes. Art.) , * Ten Kronprinzenpreis, der am Sonntag in Magdeburg gelaufen und von 17 Pferden bestritten wurde, gewann Tr. Rieses Maas lieb unter ihrem Besitzer. — Im Kronenpreis in Karls horst siegte Herrn Brekows Fair King. — Ten Grand Prix von Deauville (100 000 Franken) gewann Mr. San Miguels Gorgorito unter Jockei Sharpe. .. * Thcateranzeigen siehe Seite 10. Rutzlsnü vllr Neuwahlen. Die dritte Duma hat wirklich ein ..ntürlichcs Ende gefunden. Vor ihrem Ausein andergehen ist sie sogar noch eines Empfanges durch den Zaren gewürdigt worden. Der Mon arch soll dreimal die Frage wiederholt haben, ob denn tatsächlich sämtliche Deputierten zugegen seien. Und alle drei Male hat man ihm tvahr- heitswidrig die Frage bejaht. Daß, die Sozia listen nicht mit erschienen waren, mußte doch von vornherein selbstverständlich sein. Trotz der somit glücklich überstandenen fünf jährigen Probezeit läßt sich aber eigentlich noch nicht behaupten, daß das russische Verfassungs leben seinen Befähigungsnachweis erbracht habe. Selbst die Oktobristen, deren Geist in der jetzt nach Hause geschickten Versammlung den Ton angab, also diejenige Partei, die sich ehrlich auf den Boden der gegebenen Verfassung gestellt hat, sind nicht befriedigt worden. Daß die „Ka detten" (konstitutionelle Demokraten) abseits stehen geblieben sind und zum Teil auch sich der Preise, kreise. olprig: Eroberen. coiier Heissen). eipel?: missen" ! 8o,dr>a. ucxvill. irxvill. »rg;cvill. rzvül. k'SN. — »rät l Man beacht« a««h -»« Inserat« in -«r Ab«n--An»gab«. "WD