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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 25.08.1912
- Erscheinungsdatum
- 1912-08-25
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-191208257
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19120825
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19120825
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1912
-
Monat
1912-08
- Tag 1912-08-25
-
Monat
1912-08
-
Jahr
1912
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Br^ugS Preis Itr LelpUa »nd Vorort« durch «,)««« Träg«r und Corbttrur« 2mal täglich in, Kau, gebracht: «tPf. monatig L7o MI. »Kneliährl. B«t anf«rn Filialen «. Bn- natzmestellen adgehoU: 75 Ps. manatl, LLSMI. vierteljähri. »nrch »t, P»ft: Innerhalb Deutschland, und der deutschen Kolonien vierteljährl. ».»» Mk., monatl. ILVMI. aurschl. Poslbrstellgeld. Ferner in Belgie». Dänemark, den Donausraalen, Italien, Uuremburg, Niederlande, Nor» wegen. Oesterreich »Unaorn Nukland, Schweden und Schweiz. In allen adrigen Staaten nur direkt durch die ILeichait»« stell, de, Blatte» erhältlich. Da, Leipziger Tageblatt erlchrtn» Sinai täglich. Sann» a. Feiertag, nur morgens Ädonnementa-Annahme. 2»h,nnt,g,ls, 8. det unseren Trägern, Filialen, Spediteuren »nd Annahmestellen, sowie Postämtern und Briefträgern. Gtnzelvrrtaut.vret, lv Pt. MiWgcr TagMM ^el.-Anschl. 14 «92 IK.cht,,schl»U 14 «SS 14694 Handelszeitttng. I Allgemein« Deutsch« tlredlh» SanKK0ttt0' i D,uUch°"Ban?^Fil/alr Leipzig I Dep,.tkaff« Trimm. Stetnweg S Nmtskkatt des Rates rmd des Rokizeiamtes der Ltadt Leipzig. WML' Änzergen» Preis fR« Iaserat, au, Letpztg and Umgebung »t« lfpalti«, Pititzeil« L Pf-dl« Neklame- »«U« l Ml. aan au»wäN«M PI. NeNamen 44» Ml. Inserat» von Behörden im amt» Uchen T«il di. Petttzeil» !» Ps. Geschäft»anzeigen mit Plahoorschrtfte» im Breis« «rhöht. Nadatt nach Tarif. Bctlagegeblldr Gesamt auflag« L Mk. o. Taulend erkl. Poftgebühr. Tetlbetlag« höher. Feftertrilt« Äufträae können nicht zvrlllk» ««ragen werden. Für da. Erscheinen an bestimmten Tagen und Plätzen wird kein« Garantl« llbtrnominen. Lnz«tg«n»Annadm«: A»danin»g»N« ii, bet sämtlich«n Ftlial«n u. allen Annoncen- Erpedilionen de» In» and Auslandes Drall »ad Berlag »«» Fische» ck Atzrsta» Inhaber: Paul Kürftea. R«»aktiaa »ad Teschöllsstell«: Iohannisgass« »l. -eapt- Ftlial« Dresden: Eeeirraste 4, l lTelephon Eli. Nr. 433. Sonntag, Len 25. August lSI2. los. Irrhrgrum. Unsere gestrige Abeudausgalie umfaßt 8 Seite», die vorlicgendc Morgcnnummer -8 Seiten, zusammen ÄiZ Leiten. Oss Wichtigste. * König Friedrich August gedenkt den Festlichkeiten in Merseburg am 26. und 27. August beizuwohnen und wird während dieser Tage in Leipzig Wohnung nehmen. (S. Dtschs. R. S. 2.) * Der Kaiser hat wegen einer Erkältung die Teilnahme an den M a n ö v e r s c st l i ch - teilen im Königreich und in der Provinz Sachsen abgesagt. (S. Letzte Dep. S. 3.) * Die tirr tische Regierung wird den Bor sch lag des Grafen Berchtold offiziell nicht zur Kenntnis nehmen, da sie ihn als einen Eingriff in die i n n c r p o l i t i s ch e n Ver hältnisse der Türkei betrachtet. (S. bcs. Art. S. 1.) * Rußland soll an der türkischen Grenze in Sarykamt) sch 60000 Mann zusammengczo- gen haben. Montenegro hält an der Grenze 34 000 Mann unter den Waffen. (S. des. Art. 2. 1.) * Th cetera »zeigen siehe Seite 23 u. 24. Die krsnzWchen Msrokkowryen. (Von unserem Pariser Mitarbeiter.) Paris, 23. August. Eine offiziöse Mitteilung aus dem gestrigen Ministerrat besagt: „Es wurde beschlossen, die militärischen Operationen nicht bis nach der Hauptstadt des Südens, Marrakesch, aus- zudehnen. Sie würden in der Tat bedeutende Verstärkungen erfordern. Die gegenwärtige Politik der Negierung ist eine Politik des langsamen, vor sichtigen und logischen Vorgehens. Zunächst müssen wir unsere Stellung in den verschiedenen bereits be setzten liegenden gründlich festigen und dann plan mäßig unsere Posten nach dem Süden vorschieben. Wir brauchten 30 Jahre, um Algerien zu unter werfen; die Oefsentlichkeit ist sich darüber klar ge worden, dass wir auch mehrere Jahre brauchen, um die gleiche Aufgabe in Marokko zum guten Ende zu führen." Dies Kommunique beruhigt einen Teil der fort schrittlichen Presse, die nur ungern den ständigen Truppennachschub nach Tasablanca sah. Einige Hiobsbotschaften der letzten Tage liehen befürchten, die Regierung werde dem Drängen der Kolonial partei nachgeben und statt dem oft verhöhnten System „par pstits paczuots" auf einmal ein ganzes Heer zur Eroberung Marrakeschs hinüberwerfen. Das französische Publikum nimmt, was gesagt werden muh, die Nachrichten von allerlei Schlappen und empfindlichen Verlusten des Expeditionskorps gelassen, beinahe wie etwas Selbstverständliches auf. Die verbreitetsten Tageszeitungen vermelden Kämpfe, bei denen selbst fünfzig Mann auher Gefecht gesetzt wurden, ohne Sensationstitel, und dies nicht etwa, weil ihr patriotisches Empfinden Uber kommerzielle Er wägungen triumphiert, sondern weil sie damit nie mand aufregen würden. Frankreich hat eine zu lange Kolonialgeschichte hinter sich: die Opfer, die es für Algerien, Jndochina und Madagaskar brachte, sind unvergessen, lasten die neuen für Marokko ganz natürlich erscheinen. Niemand bestreitet heute mehr, dah das französische Kolonialreich das Blut und Gold, die es gekostet, wert war, und von Marokko verspricht man sich für die Zukunft einen bedeutenden Machtzuwachs. Auherdem braucht der Franzose den kleinen patriotischen Nervenkitzel, dah irgendwo unter der Trikolore gefochten wird, zumal wenn es schwarze, braune und gelbe Truppen sind, die sich zusammen mit Fremdenlegionären zum Kampf für Frankreichs Eröhe haben anwerben lasten. Keneralresident Lyautey selbst scheint großes Verständnis für die begrenzten Möglichkeiten zu haben. Er war es, der die Räumung von Marrakesch anordnete (ohne dah sein Befehl von allen Franzosen rechtzeitig befolgt wurde.) In einer Ansprache an die Kolonie in Rabat sagte er, dah er endlich auf eine Mitwirkung der marokka nischen Behörden zählen könne; die loyal« Hilfe des neuen Sultans Muley Justuf, der in 14 Tagen in Rabat eintreffen soll, wäre ihm gesichert. Mittels Automobils begab er sich dann an die Südgrenze des am längsten besetzten Schaujalandes, um sich selbst von den Maßregeln gegen den Sultan des Südens, Muley Hiba, zu überzeugen. Dieser Hiba dürfte aller Voraussicht nach eine hübsche Zu kunft haben; genau wie vormal« Muley Hafid schwingt er sich in der heiligen Stadt Marrakesch zum Sultan auf und verspricht, die Franzosen zum Lande hinauszujagen! Die Katds M ' Tugt und Elaui, die sich in der alten Hauptstadt stritten, wurden gute Freunde, als der fromme „Roghi" hcranmarschierte, und stellten gar auf Wunsch des französischen Konsuls 600 Mann in Waffen unter den Mauern auf. Hiba brachte es unterwegs auf 3000 gut ausgerüstete An hänger. Als er am 18. August anlangte, gingen die 600 Verteidiger Marrakesck>s mit Jubelgeschrei zu ihm über, und er hielt seinen triumphalen Ein zug in die Stadt. Dorte befanden sich im Hause El Glauis Konsul Maigret. Vizekonsul Monge, Major Verdet-Hanus und Leutnant Haring (Jnstruktionsoffiziere des Tabors). Sie hatten im letzten Augenblick erst abziehen wollen, mußten aber nach einstündigem Ritte umkehren. Die ersten Meldungen besagten, die vier Franzosen wür den belagert, dann hich es, sie genössen die Gast freundschaft Muley Rechids, eines Vetters von Busses. Es wird die Befürchtung ausgesprochen, dah letzterer sie zwar gut behandeln, aber als Geiseln zurückbehalten wird, was die Lage sehr verwickeln würde. Zwei Tage vor Bustcfs Ein zug wurde das Eeschäftsviertel von Marrakesch von den Berbern geplündert: niemand dachte an Wider stand und hoffte nur darauf, daß Busses, der sich als bald als neuer Sultan ausrufen lieh, einige Autorität ausüben werde. Generalresident Lyautey hatte versucht, Hiba in der Richtung auf Mogador abzu lenken, wo er ihn mit den Kriegsschiffen will kommen geheißen hätte. Er hatte den Obersten Mangin, den großen Organisator des Schwarzen Heeres, von Mechra-Bcn-Abbu, dem südlichsten Posten der Schauja, an der Spitze von 10 Kompanien In fanterie nebst einigen Kanonen auf Cuk-el-Arba de Nehmna, 00 Kilometer von Marrakesch, vorgeschoben. Mangin sollte nur Eindruck auf die Grenzstämme machen, damit sie nicht zu Hiba übergingen. Er wurde aber dreimal angegriffen: am 1ö. August von 40 Nehmna-Reitcrn (2 Senegalesen verwundet), am 16. August von einem zahlreicheren Feind (1 Toter, 1 Verwundeter) und am gleichen Tag, abends, von dichten Feindcsscharcn (2 Tote, 26 Verwundete). Natürlich waren alle Gefechte siegreich — aber die Gesamtocrluste lehrten, was es kosten würde, jetzt Marrakesch entsetzen zu wollen. Obendrein hat man in der Umgebung von Fez ausreichende Arbeit! Die Kolonnen Eourauds haben die unmittelbare Umgebung gesäubert, aber 30 bis 40 Kilometer entfernt befinden sich alle Stämme im Aufruhr. Der Noghides Nordens (denn es gibt auch einen Eegensultan im Norden!) hat sich mit einem andern großen Agitator, El Hadjami, einem alten Feinde der Franzosen, ver- bündet. Die beiden haben die schlaue Taktik er funden, mit ihren Leuten in die Dörfer einzufallen, die sich unterwarfen, zu plündern oder auch den Fran zosen Bataille zu liefern und sich dann auf das rechte Ufer des Uerga in die spanische Zone zurück zuziehen. wo sie in Sicherheit sind! Es ist die höchste Zeit, dah Frankreich und Spanien sich aus söhnen, um gemeinsam die Ordnung in Marokko herzustellen; denn bis jetzt wurde von beiden Seiten häufig über „moralische Mitschuld" geklagt. Die Kolonne des Oberstleutnants Pein, die in letzter Zeit die härtesten Kämpfe zu bestehen hatte, hat am 17. August zum dritten Male den Ort Muley Bucht« im Sturm genommen und ist zum dritten Male vom Feinde wieder hinausgeworfen worden! Diese und schlimmere Gefechtsmeldungen kommen täglich. Sie regen aber, wie gesagt, die öffentliche Meinung nicht auf. Man weih, daß die völlige Er oberung Marokkos zwarnm Jahre dauern kann — aber was sind zwanzig Jahre im Leben einer Nation? Die türkilche Krisis. Seit Graf Berchtolds Anregung eines Meinungs austausches über die innertürkischen Balkanfragen be kannt geworden war. herrschte in den Auswärtigen Aomtern der Großmächte «ine gewisse Spannung gegenüber der Frage, wie sich wohl die Türkei selbst zu dem Vorschlag stellen werde. Jetzt liegt darüber folgendes Telegramm vor: Konstantinopel, 24. August. Die ottomanische Regierung wird das Projekt des Grafen Berchtold unter dankbarer Anerkennung der guten Absicht nicht in Beratung ziehen, da sie dann einen Eingriff eines fremden Staates in die inneren Verhältnisse des ottomanischen Reiches sieht. Selbst eine offizielle Kenntnisnahme wird dankend ab gelehnt werden. Es fragt sich, welche Erwägungen und auch welche Einflüße die Pforte zu dieser Entschließung bestimmt baben. Dah Graf Berchtold mit seinem Vorschläge keinen Eingriff in die Verhältnisse der Türkei, son dern eine Unterstützung ihrer Negierung und erne Sicherung des stündlich gefährdeten Friedens auf dem Balkan beabsichtigte, rst eine Tatsache, die auch die Pforte ruhig anerkennen sollte. Die türkischen Finanzsorgen. Das Reuter-Bureau meldet aus London: Der Bericht de: „Frkf. Ztg.", daß die Türkei über einen Vorschuß von 125>0 000 türkischen Pfund mit der Ottomanbank verhandle, ist ungenau. Die Bank fungiert nur als Vermittlerin und ist bemüht, Schatzanweisungen bis zu obigem Betrage unterzu bringen, was teilweise bereits geschehen ist. Don Be- dingungen über die Verwendung des Geldes ist keine Rede, ebensowenig davon, daß das Kontrollrecht Vor behalten worden sei. Die Lage in Albanien. Aus Konstantinopel wird gemeldet: Wie Informationen aus türkischen Kreisen be. sagen, hat Montenegro an der Grenze 34 000 Mann konzentriert. Der Mali von Erzerum hat telegra phiert, dah Rußland in Sarykamysch 60 000 Mann zusammengezogen habe. Auf der Bahnstrecke Saloniki —llesküb sind zwischen den Stationen Köprülü und Gradsko zwei Bomben gefunden worden, die von Passa gieren des Zuges entfernt werden konnten. Aus Saloniki wird ferner gemeldet: Abdullah Effendi, der Gehilfe des Leiters des Steueramtes in Metsovo, ist von einer fünfzehn köpfigen griechischen Bande entführt, sciy Beglei ter, ein Beamter des Telegraphenamtes, tödlich verwundet worden. G Die Kämpfe bei Vodrida. Konstantinopel, 24. August. Nach einer im Ministerium des Innern eingclaufenen Depesche haben die Italiener am 17. August das türkische Lager bei Hodeida beschossen. Einige Schüsse sind in der Nähe des Hoytales niedergefallen, wobei fünf Personen verwundet wurden. Die Lanöesreile Les Königs. Planen, 24. August. In Hammerbrücke wurde der König von Pfarrer Grün berg begrüßt. Zwei junge'Mäd chen überreichten denk König Blumensträuße. Ter König betrat ein Podium, das Freihr. von Trützschlcr am Waldessaum hatte errichten lassen. Hier hatten fick' eingefunden Freihr. von Trützschlcr zum Falkenstein, Freihr. von Trützschlcr auf Torfstadt, Frau Amtshauptmann von Nostitz-Wallwitz, Super intendent Nietzsche-Auerbach, Schulrat Richter, Kom merzienrat Sormann-Klingenthal, Gemeindevorstand Grüner-Klingenthal, Kommerzienrat Wolff-Treuen, Landtagsabgeordnetcr Singer-Rothenkirchen, Kam merrat Weidlich-Brunnoöbra und Fabrikbesitzer Schuster-Rodewisch. Boni Podium aus sah der König WMM—n mm « vrr Irrtum. Skizze von Pierre Mille. Uebersetzung von M. Doering. lNachdruck verboten.) Mit besorgter Miene beobachtete Fraisine Weston die Bewegungen des Gepäckträgers, der ihr Hand- geväck im Netz eines Coupös zweiter Klasse des nach Philadelphia bestimmten Schnellzuges unterbrachte. Und als er ihr die Trinkgeld heischende Rechte ent gegenstreckte, da gab sie rhm einen so reichlich be messenen Obolus, daß der Neger sie einen Augenblick verblüfft anstarrte. Er hatte die wie eine einfache Lehrerin Gekleidete nicht so hoch eingeschätzt. Miß Fraisine Weston war auch keineswegs glän zend situiert. Aber ihr scheuer Charakter und ihre ständige Angst, durch ihr linkisches Wesen, dessen sie sich gar wohl bewußt war, lächerlich zu wirken, ver anlaßten sie, durch ein reichliches Trinkgeld diese Mängel wettmachen zu wollen. Ihre Freundin, Mabel Brentmoor, legte einige illustrierte Zeitschriften auf das Klapptischchen des Abteils: „Da, Liebste, die Lektüre wird dich während der langen Fahrt etwas zerstreuen" meinte sie freundlich: „Also viel Glück und gute Reise!" Miß Fraisine zuckte resigniert Vie Achseln. Was half ihr der gute Wunsch? Hatte sie, die bescheidene Klavierlehrerin, doch niemals vom Becher des Glück, genippt. Zerstreut ließ sie ihre Blicke über den Bahnsteig gleiten. Ein einzelner Herr stand in Hör weite der beiden Damen. Und al« die Freundin chr ein: „Auf baldige«, gesundes Wiedersehen, Fraisine!" zurief, da sprang der Fremde im letzten Augenblicke vor der Aofahrt des Zuges in das CoupS der verschüchtert Dreinvlickenden. Ohne ihren Mitreisenden weiter zu beachten, ver tiefte sich Miß Fraisine in die Lektüre. Gleicy auf der ersten Seite fesselte sie ein schauriger Kriminal artikel. Je weiter sie la», desto lebhafter färbten sich ihre Wangen. Ihr« Lippen begannen zu beben, und ein entsetzter Ausdruck trat in ihre Augen, al« sie den Artikel zu Ende gelesen hatte. War doch ihr eigener, seltener Vorname, dem sie sonst fast nirgends begegnete, in dem schauerlichen Artikel genannt, der die Untaten eines weiblichen Blaubartes schilderte; Fraisine Harwood, eine Farmerswitwe im äußersten Westen, hatte nach und nach nicht weniger ak» fünf zehn Freier, die, herbeigelockt durch eine Heirats annonce, sich um ihre Hand bewarben, kaltblütig er mordet. „Fraisine, genau so wie ich", dachte Miß Weston schaudernd. Und während der ganzen Fahrt ver folgte sie der Gedanke an ihre grausame Namens schwester. Jyr Mitreisender ließ sie nicht aus den Augen und vernetz nur auf einer kleinen Zwischenstation für kurze Zeit das Coups, um ein Telegramm aufzu geben. Und im Moment, da der Zug in Phil adelphia hielt, legte der Fremde Miß Weston die Hand auf die Schulter und erklärte in scharfem Tone: „Ich verhafte Sie, Miß Fraisine Harwood!" Erst, nachdem man die arme Miß Fraisine zwei Tage in Haft behalten hatte, wurde der Irrtum auf geklärt, der durchs ihre Aehnlichkeit mit dem Steck briefbilde der Mörderin und die Gleichheit des seltenen Vornamens entstanden war. Mit Hilfe einiger guter Bekannter und eines geschickten Advo katen gelang es ihr endlich, ihre Freiheit wieder zu erlangen. „Was soll nun aus mir werden?" seufzte Miß Weston. „Wer wird seinen Kindern Klavierunter richt von einer Dame geben lassen, die man ins Gefängnis gesperrt?" Ihre Zukunft erschien ihr trüber denn je zuvor. Doch es sollte noch schlimmer kommen, als sie dachte. Als sie am Tage nach ihrer Freilassung in einem bescheidenen Boardinghaus erwachte, brachte ihr das Zimmermädchen die Tageszeitungen, die iyr Bild aufwiesen mit der fettgedruckten Unter schrift: „Miß Fraisine Weston, di« irrtümlich für Miß Fratfine Harwood, den weiblichen Blaubart, ge- halten wurde." „Meine Stellung ist dahin", jammerte die Aermfte weinend, „ich bin verloren!" Und sie ver barg schluchzend ihr Antlitz in den Händen. Sie be- kam Migräne vor Aufregung und blieb den ganzen Tag im Bett. Am anderen Morgen ganz früh brachte ihr das Dienstmädchen einen umfangreichen Stoß Briese: „Der Briefträger wartet, daß Sie Ihre Unter schrift noch für ein ganzes Paket eingeschriebener Briese geben", berichtete sie. Aufs höchste verwundert, begann Miß Weston diese ungewöhnliche Korrespondenz zu sichten. Sie las und las und war starr vor Staunen. Die Briefe enthielten ausnahmslos Liebeserklärungen und schmeichelhafte Heiratsanträge. Ja, einige der ein geschriebenen Sendungen wiesen sogar Bargeld oder Schecks auf. Der Inhalt der Briefe war der gleiche, nur die Phrasen variierten: „Ich habe Ihr Bild gesehen und bin von Ihrem Reiz entzückt." „Ich komme noch heute, um Ihnen meine Hand und mein Herz anzubieten." „Machen Sie einen Menschen, der Sie innig liebi, glücklich und Sie werden selbst das höchste Glück erlangen!!" „Sind denn alle diese Leute närrisch geworden?" dachte die von allen Seiten Bestürmte fassungslos und schob die Briefe beiseite. Sic hatte nicht mit der Vorliebe der Pankees für das Außergewöhnliche und mit ihrer Sensationslust gcrechner. Am Nachmittag erhielt sie unerwarteten Besuch von Mabel Brentmoor, die ihrer Freundin nach gereist war. Als Mabel den Bricsstoß durch geblättert hatte, begann sie eindringlich auf die Freundin einzurcden: „Weißt du, Liebste, das Beste, was du tun kannst, ist einen deiner Freier zu heiraten. Was willst du sonst in deiner immerhin peinlichen Situation an fangen? Du wirst einstweilen doch das Ziel zu dringlicher Neugier bleiven. Warum willst du nicht in der Ehe dein Glück suchen? Ich an deiner Stelle würde mir einen der Bewerber aussuchcn." Miß Weston überlegte hin und überlegte her und willigte schließlich in den Vorschlag der Freundin ein. Ein schlichtes Schreiben, das nur die Versiche rung enthielt: „Ich glaube Ihrer nicht unwert zu sein", beantwortete sie in bejahendem Sinne. Kurze Zeit darauf registrierte ein Standes beamter als Neuvermählte: „John Murphy und Fran Fraisine, geborene Weston. John Murphy war ein unbedeutendes, schwaches Kerlchen mit dünnem, blondem Schnurrbart und wasserblauen Augen, die schüchtern dreinblickten. Aber sein Frauchen erhoffte trotzdem von der Ehe mit ihm die Freuden des Paradieses und umgab ihn mit liebevoller Zärtlichkeit. Aber er schien seinerseits auf irgendeine Ucber- raschung von ihr zu warten und benahm sich mehr als reserviert gegen seine junge Frau. Die Tage verliefen in bleierner Gleichmäßigkeit, und die Eheleute kamen einander um kein Haarbreit näher. Da begannen die Nerven der jungen Frau allmählich zu revoltieren, ihre Bewegungen wurden hastig, ihre Mienen nahmen einen strengen Ausdruck an und ihr Benehmen dem Ehemann gegenüber wurde schroff, ja fast rauh. Da hellten sich des Gatten Mienen nach und nach auf. Und als sie ihn wieder eines Tages sehr scharf und heftig angefahren hatte, da ergriff er ihre Hände, drückte sie freudig und rief: „Ja, Fraisine, so habe ick mir dich gedacht! Nicht wahr, Liebste, die Polizei hatte sich nicht ge täuscht? Du aber hast sie alle hintcrs Licht geführt, denn du bist doch das mutige Weib, das die lästigen fünfzehn Freier getötet hat! Sag ja!" „Du bist toll!" keifte Fraisine und stieß ihn so heftig gegen die Brust, Laß er bis ans entgegen gesetzte Ende des Zimmers taumelte. Einen Augen blick später fühlte sie sich von ihm umarmt, und seine Lippen preßten sich auf ihre Lippen: „Liebste, diese Kraft! Und wenn du tausendmal sagst, daß du keine Mörderin bist, ich glaub's dir nicht. Ich fühle es, du hast die Fünfzehn getötet. — Mich aber, mich laß leben! Schwöre es mir!" Und er vrang so lange in sie, bis sie den Eid leistete, ihn nicht zu ermorden. Natürlich hat sie den Schwur gehalten. Die öeüuinen. Zu der Schaustellung der Beduinenkarawane im Zoologcschen Garten. So weit wir die Geschichte Nordafrikas nach rück wärts verfolgen können, finden wir das lSebiet west lich von den Oasen Aegyptens bis zum Atlantischen Ozcan von Berbern bewohnt. Wir nennen so eine Gruppe von Völkern der mittelländischen Rasse, die Mundarten einer dem Aegyptischcn nahe verwandten Sprache reden, und dadurch dem hamitosemitischen Sprachstamme eingegliedert werden. Die zahlreichen libyschen Stämme, von denen uns Römer und Grie chen berichten, die Neffaumoncn, Psyller, Garaman ten usw, sie alle waren Berber. Massinissa müssen wir uns als berberischen Stammeshäuptling dencen, dem es gelang, für kurze Zeit seine Macht über ein größeres Gebiet auszudchnen. Aber so wenig, wie ftin Reich bestehen olieb, so wenig hatte einer der späteren Versuche zur Schaffung größerer berberi cher Staatenbildungen ein dauerndes Ergebnis. Die ständigen Eifersüchteleien zwischen den Einzelstäm men verhinderten das und kamen den Bemühungen fremder Eindringlinge, ihren Machtbereich auf Kosten
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