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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 22.01.1912
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1912-01-22
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19120122014
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1912012201
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1912012201
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1912
-
Monat
1912-01
- Tag 1912-01-22
-
Monat
1912-01
-
Jahr
1912
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Gberdürgermeilter Dr. Sittlich über üie Aulgaden Les Staates In der Donnevstiagssitzung der Ersten Säch sischen Kammer sprach unser Leipziger Oberbürgermeister Dr. Dittrich bei der Etatberatung in bemerkenswerter Weise über die Aufgaben des modernen Staates. Die Aus führungen Dr. Dittrichs, die weit über den Rahmen einer gewöhnlichen Etatrede hinausgingcn, seien ihrer Bedeutung wegen nachstehend ausführlich wieder gegeben. Oberbürgermeister Dr. Dittrich führte folgen des aus: Meine Herren! Mit Rücksicht auf die vorgeschrit tene Zeit nur einige turze Bemerkungen, zu denen mir in ser Hauuplsache die Aeußerungen der Herren Bor redner Beranlassung gegeben haben. Zunächst die Bemerkung des Herrn v. Sahr, daß er der Hoffnung sei, das; sich doch einige Aufwen dungen, Sic für Gebäude in den ordentlichen Etat eingesetzt seien, in den außerordentlichen Etat über tragen ließen. Ich bin nicht dieser Auffassung, ich teile vielmehr im allgemeinen durchaus die Meinung, die vorhin Herr Kollege Keil zum Ausdruck gebracht hat, als er sich auf den Standpunkt der Vorsicht stellte in der Finanzgebarung. Aber ich gehe noch etwas weiter Ich meine, daß wir auch bei dem vorliegenden Etat doch nicht daraus besonderes Gewicht legen sollten, nachzuschauen, wo sich etwa Minderungen hinsichtlich der Ueberschüsse erzielen ließen, daß wir vielleicht auf der einen Seite die Ein nahmen etwas höher, die Ausgaben etwas niedriger schätzten. Ich meine, daß das Finanzgebaren, das der Staat bisher beobachtet hat, doch, wie wir auch soeben von Sr. Exzellenz dem Herrn Finanzminister gehört Haven, sich durchaus bewährt hat. sSehr richtig!) Ich glaube, man soll in dieser Vorsicht des Staates verharren und dadurch für die Zukunft vor bauen. Wir haben ja eben wieder gehört seitens des Herrn Finanzmüristers, daß die Zukunft sehr hohe Forderungen an den Staat stellen werde. Wir haben gehört, daß der Staat die Aufgabe sich gestellt hat, Kohlenfelder zu reservieren, «in Vorgehen, das ja Leipzig und Umgebung sehr lebhaft interessiert. Ich stehe auf dem Standpunkt, daß dieses Vorgehen durchaus berechtigt ist. Ich freue mich, daß seitens des Staates das nun endlich nachgeholt wir-, was schon — ich scheue mich nicht, es auszusprechen —, was ,schon vor Jahrzehnten hätte geschehen sollen, daß end lich nun einmal der Staat selbst Kohlenfelder er wirbt. Hoffentlich sind es solche, die auch wirklich ergiebig und rentabel sind. Nur habe ich die dringende Bitte, daß die Königliche Staatsregierung und insbesondere der Herr Finanzminister bei der Aufschließung der Felder — es werden darüber wohl voraussichtlich Jahrzehnte noch vergehen — seinerzeit, wenn es darauf ankommen sollte, dafür ein tritt, daß die Naturschönheiten, soweit sie ins besondere in Wäldern bestehen, für die Zu kunft erhalten bleiben, und wenn sich das nicht ohne weiteres vielleicht ermöglichen läßt, daß jedenfalls für alle Zeiten dafür gesorgt wird, daß der Waldbcstand in der dortigen Gegend in keiner Weise geschmälert wird. Ich glaube mich in dieser Beziehung durchaus mit den Auffassungen der Königlichen Staatsregierunq eins, denn ich weiß, wie der Königlichen Staatsregierung gerade der Wald am Herzen liegt. Ich kenne ihre Fürsorge für die Waldbestände und vertraue deshalb auch, daß jetzt wie in der Zukunft seitens der Königlichen Staats regierung hinsichtlich des Staatsforstes auch in der Ebene und insbesondere in der Leipziger Gegend keinerlei Schmälerung zugelassen wird. (Bravo!) Mit der Frage der Kohlenfeldcr hängt eng zu sammen auch die Frage, die von dem Herrn .Vize präsidenten vorhin erwähnt wurde, die Frage der Elektrisierung, und vielleicht läßt sich Lurch den Er werb Loch noch, wenn auch erst in einiger Zukunft, ein Einfluß gewinnen auf die Ueberlandzentralen. Ich siehe durchaus auf dem Standpunkte, den der Herr Vizepräsident vorhin entwickelte. Es ist sehr betrüb lich, daß der Staat seinerseits sich nicht den Einfluß aus die Ueberlandzentralen gewahrt hat, so daß er die entscheidende Stimme hat. Für unsere Volks wirtschaft wäre das jedenfalls von enormer Be deutung. Vielleicht findet sich noch ein Weg, um diesen Einfluß zu erlangen, und da kann ge rade die Erwerbung von Kohlenfeldern mit von Be deutung werden. Wenn ich so warm eintrete für die Vorsicht in der Finanzgcbarung und Etatisierung, so geschieht dies, weil ich mir klar bin, daß auch für die Zukunft fort dauernd neue Aufgaben an uns herantreten werden. Nun hat freilich der Herr Finanzminister eben erklärt, daß für neue Aufgaben jetzt kein Geld da sei, daß der Etat schon so belastet sei, daß nun ein mal Schluß gemacht werden möchte. Der Herr Vizepräsident hat vorhin der König lichen Staatsregierung den Dank zum Ausdruck ge bracht für die Förderung, die der Kunst im Etat zu teil wird und hat dabei ausgeführt, daß es Pflicht des Staates sei, für die Förderung der Kunst allezeit einzutreten. Ich kann mich dieser Auffassung nur an schließen und ebenso seiner Freude darüber, daß eine erhöhte Summe für Vermehrung der Sammlungen eingestellt ist und ein größeres Kapital zur Errichtung entsvrechender Gebäude. Ich muß aber die Bitte / daran knüpfen, daß die Förderung der Kunst, die ich ebenso wie der Herr Vizepräsident für eine Kultur ausgabe des Staates halte, sich nicht beschränkt auf die Stadt Dresden, sondern daß man das ganze Land berücksichtigt. (Sehr richtig!) Ich darf z. B. mitteilen, daß wir in Leipzig —- wir besitzen, wie bekannt, drei Museen: das Museum für bildende Künste, das Kunstgewerbemuseum und das Museum für Völkerkunde — innerhalb des letzten Jahrzehntes allein aus unseren städtischen Mitteln zur Komplettierung und Ergänzung der Museen eine Summe von mehr als 2 Millionen Mark aufgewendet haben, dabei nicht gerechnet die wervollen Schen kungen, die uns von Gönnern der Museen zuteil geworden sind. Wir haben diese schweren Opfer gebracht, weil wir, wie auch der Herr Vizepräsident vorhin sehr richtig ausführte, der Ueberzeugung waren, daß jetzt die allerhöchste Zeit ist, wenn man wirklich inhaltsreiche Museen schaffen will, zuzu greifen, denn auf allen Gebieten, sowohl auf dem des Kunstgewerbes, wie ans dem der Ethnographie und der bildenden Künste steigen die Preise fortdauernd. Es wird zum Teil unmöglich, noch entsprechende Er werbungen zu machen, wenn nichr jetzt die Mittel bereitgestellt werden. Insbesondere durch Amerika wird die Konkurrenz derart groß, daß wir in unseren deutschen Museen kaum noch mitkommen können. Aber eben weil das der Fall ist, bitte ich dringend, diese tatkräftige Förderung der Kunst als ein not wendiges Bedürfnis anzuerkennen und dafür — ich vertraue auf den Herrn Finanzminister, daß das im nächsten Etat möglich sein wird — entsprechende Mittel zur Verfügung zu stellen. Wir sind stolz darauf, daß wir in Sachsen Museen mit wertvollen Beständen haben, und wir müssen, wenn wir der All gemeinheit nützen wollen, ihren hohen Stand er halten. Es ist meines Erachtens gerade erfreulich, daß in verschiedenen Städten Museen entstanden sind, sie tragen den Bedürfnissen der einzelnen Städte Rech nung Ich denke z. B. an Chemnitz mit seiner Dor- bilderjammtung und an die Industrieschule in Plauen mit ihren Sammlungen. Ich bin sicher, daß durch solche Sammlungen der Industrie und dem Gewerbe eine Förderung von gar nicht hoch genug zu schätzen der Bedeutung zuteil geworden ist. Wir in unserem ethnographischen Museum in Leipzig und in dem Bildermuseum haben ganz wesentlich — das darf ich. ohne unbescheiden zu sein, aussprechen — dazu beigetragen, daß der Universität zahlreiche Hörer ge worden sind, die in diesem Museum vielfache An regung finden. Ich weiß, daß heute diejenigen, die aus dem Gebiete der Ethnographie ihr Doktorexamen ablegen wollen, aus ganz Deutschland nach Leipzig kommen, um dort in unserem ethnographischen Museum zu arbeiten. Unser ethnographisches Museum ist heute nach dem Museum für Völkerkunde in Berlin das bedeutendste. Wir haben wohl alle die lleber- zeugung, daß gerade solche wertvolle Sammlungen nicht nur für eine einzelne Sradt, sondern für das ganze Land von der größten Bedeutung sind. Ich bitte deshalb, die Fürsorge, die so erfreulich jetzt für Dresden eingetreten ist, nunmehr auch uns. die wir gleichen Bestrebungen im Lande huldigen, in tat kräftigster und ausgiebigster Weise zuteil werden lassen zu wollen. Es ist wiederholt von der Dürre des Sommers gesprochen worden und von dem Herrn Vizepräsi denten auch angeregt worden, die Wasserverhältnisse entsprechend zu registrieren und damit zu fördern. Ich möchte bitten, daß man auch für die Zukunft die Mittel für Flußregulierungen, die im Etat vorge sehen sind, allmählich entsprechend erhöht, um diese Flußregulierungen in geeigneter Weise zu be schleunigen. Auch hier liegt ein großes Volkswirt» schaftliches Interesse vor. Zur Anregung — ich ver mag freilich keine positiven Vorschläge zu machen — wenigstens zur Erwägung möchte ich doch anheim geben, ob nicht von der Forstwirtschaft Maßregeln getroffen werden können, daß der Abfluß des Wassers aus unseren Forsten etwas verlangsamt wird. (Sehr richtig!) Ich habe mir von Sachverständigen sagen laßen, daß ein Teil der Kalamität, die wir seit Jahren in unseren Quellen, Bächen und Flüssen haben, eine Wirkung unserer rationellen Forstwirt schaft sei. Man bat mir gesagt, daß die Beseitigung z. B. der großen Moore und sümpfe usw. wesentlich dazu beigetragen habe, daß das Wager, das durch den Regen zur Erde kommt, sehr schnell abfließt, in den Flüssen alsdann sehr bald verschwindet und die Reservoire, die wir früher im Gebirge gehabt haben, uns verloren gehen. Vielleicht läßt sich, ohne der Rentabilität der Forstwirtschaft wesentlich zu nahe zu treten, doch ein Ausweg finden. Ich würde aber auch nicht zurückschrecken, auf Kosten der Rentabilität der Forstwirtschaft solche Maßnahmen zu empfehlen, wenn es solche gibt, denn in erster Linie kommt für das ganze Land die Versorgung mit Wasser in Frage, sie muß uns höher stehen, als daß wir eine besonders hohe Rente aus der Forstwirtschaft herauswirt schaften. Die Dürre hat noch auf anderen Gebieten Schwie rigkeiten verursacht, insbesondere hinsichtlich des Futtermangels. Ich möchte nicht unterlassen, hier darauf hinzuweisen, daß vor ganz kurzer Zeit ein Erlaß -es preußischen Herrn Landwirtschuftsministers erschienen ist. in dem die Vertreter der Landwirtschaft ersucht werden, doch ja intensiv einzutreten für eine Pflege der Viehwirtschaft. Es wird darauf hinge wiesen. daß, wenn das nicht geschehe, leicht ein erheb licher Mangel an entsprechendem Vieh eintreten könnte. Daß die Fleischprerse heute ziemlich hohe sind, darüber brauche ich kein Wort zu verlieren, das wissen wir, aber - wenn wirklich ein derartiger Mangel an Schlachtvieh eintreten sollte, so würden sich ganz"äsiderc "Verhältnisse noch ergeben. Das letzte Iahr hindurch sind ja die Preße in der Hauptsache konstant geblieben, sie sind nicht wesentlich in dis Höhe gegangen, aber wenn wirklich Mangel an Schlachtvieh eintretcn sollte, könnten doch Schwierig teilen entstehen, denen duxch die Zufuhr aus der Landwirtschaft nicht betzuksMmen sein würde. Des wegen möchte ich auch hier »er Bitte Ausdruck geben, daß die König!. Staatsregierung beim Bundesrat mit dafür cintrete, daß die Bestimmungen über die Untersuchungen an der Grenze nicht schärfer gehand habt werden, als sie notwendig sind im Interesse der Abhaltung der Seuchengefahr, daß jedes Mehr ver mieden wird und auf dies« Weise wenigstens eine Möglichkeit gewährt wird, daß uns von außen ent sprechende Zufuhr würde: daß aber auch weiter die Möglichkeit gewährt wird, Versuche mit der Einfuhr gefrorenen Fleisches zu machen. Ich weiß wohl, der Herr Reichskanzler hat sich dagegen sehr ablehnend verhalten, aber ich meine, es ist eine Frage von sol cher Wichtigkeit, daß sie nicht von der Tagesordnung verschwinden kann. Wir haben ja gelesen, daß ein solcher Versuch in Chemnitz jetzt gemacht wird, man wird abzuwarten haben, wie er ausfällt, jedenfalls müssen die Versuche hier im Lande gemacht werden. Mit den Erfahrungen, die man in England macht, läßt sich nach meiner Ueberzeugung bei uns nicht wirtschaften. Ich bin durchaus noch nicht sicker, ob der Versuch bcr uns gelingen wird, aber der Versuch ist wert, ins Werk gesetzt zu werden, und ich würde sehr dankbar sein, wenn die König!. Staatsregierung auch weiterhin die Aufmerksamkeit Les Bundesrates auf diese Frage lenken wollte. Wir alle, die wir für eine Fleischzufuhr von außen eintretcn, wollen dabei in keiner Weise unserer Land wirtschaft zu nahe treten, irgendwie ihre Rentabilität schmälern. Wir sind nur der Ueberzeugung, daß sich hier eine entsprechend« Ergänzung ermöglichen läßt. Es muß selbstverständlich die Viehzucht rentabel blei ben, denn nur dann wird der Zutrieb von Vieh ge sichert (Sehr richtig!), aber diese Rentabilität läßt sich aufrechterhalten auch bei einer entsprechend regu- lierten Zufuhr. Wenn nun jetzt Verhältnisse ein treten sollten, die den Fleischbeoarf durch die Land wirtschaft nicht decken ließen, so würde gar nichts übilgolerben, als daß auf Abhilfe gesonnen wird. Wir alle stehen ja auf dem Standpunkt, den vorhin in so treffenden Worten der Herr Geheimrat Waentig gekennzeichnet hat, daß Industrie und Landwirtschaft auseinander angewiesen sind, und daß wir zusammen gehen müssen, wenn wir t«as Ziel, das Wohl unseres Landes, erreichen wollen. Dies haben jedenfalls di« Vertreter der Städte allezeit im Auge, wie wir ja hoffen, daß auch di« Herren Vertreter der Landwirt schaft uns unterstützen in den Bemühungen zur För derung unserer Industrie und unseres Handels. Nun noch «ine kurze Bemerkung zu dem, was Herr Kammerherr von Frege g«sagt hat. Er hat die Er richtung der Zentralbibliothek in Leipzig erwähnt. Ich nehme hier gern Gelegenheit, erneut dem Herrn Finanzminister und dem Herrn Minister des Innern meinen Dank auszusprechen für das Entgegenkommen, das sie beide in dieser Frage bewiesen haben, sie haben erkannt, um welche wichtige Sache es sich handelt. Es ist mir aber nicht möglich, heute dieser Frage näher zutreten. Es schweben noch Verhandlungen auf diesem Gebiete, die erst zum Abschluß gelangen müssen, «he es mir und den anderen Herren rm Haufe, di« sich mit dieser Frage beschäftigt haben, möglich ist, uns darüber zu äußern. Es wird ja durch das Entgegen kommen der König!. Staatsregierung uns die Mög lichkeit geboten werben, bei der Beratung über den Nachtragsetat uns hierüber besonders auszusprechen. Dann hat Herr Kammerherr von Frege von mir Auskunft gewünscht über die Gründe, di« zum Bau einer Tauostummenanstalt in Leipzig führten. Ich glaub«, er hat sich da an die falfche Adresse gewandt: «h bin hierfür nicht zuständig, das König!. Kultus Ministerium ist diejenige Instanz, die die Entschlie ßung hierüber hat. Wir als Stadt Leipzig haben uns nur bemüht, in finanzieller Hinsicht die Durchführung zu erleichtern. Endlich möchte ich noch unterstreichen die Bemer kung des Herrn Kollegen Keil hinsichtlich der Krüppelfüriorg«. Auch ich bin unterrichtet durch üie Beziehungen, die ich zu unserem Leipziger Krüppel heim habe, über die Bestrebungen, di« dort gepflegt werden, und ich kann nur sagen, daß diese Krüppel fürsorge für unser Land von der allergrößten Bedeu tung ist, gerade von dem Gesichtspunkt aus, den Herr Kollege Keil hervorhob, daß wir dadurch diese armen kranken Mitmenschen dort in die Möglichkcir versetzen können, daß sie sich ihren Erwerb selbst suchen können, daß sie wieder insoweit unabhängig werden, wenig stens gesetzlich unabhängiger werden als sonst von Unterstützungen. Das ist von der allergrößten Be- deurung. Der Herr Vizepräsident hat sodann noch seiner Freude Ausdruck gegeben darüber, daß man jetzt an die Ausgestaltung der Mädchenfortbildungsschule herantrete, sie im neuen Volksschulgesetz voraussichtlich die entsprechende Regelung erfahren werde. Ich stehe ganz auf seinem Standpunkte und freue mich vieler Regelung, und wir werden in Leipzig, glaube ich, die Ersten sein, die diese Mädchenfortbildungs schule durchführen. Ich habe nur — damit möchte ich schließen — die Bitte, daß, wie man sich hier der Mädchen annimmt, ebenso seitens des Staates im Auge behalten möge, sich unserer männlichen Jugend, und zwar nicht bloß während der Fortbildungs schulzeit, sondern auch darüber hinaus anzunehmeir. Wir haben hier eine Aufgabe zu erfüllen, die meines Erachtens — wir können uns alle den Vorwurf nicht ersparen —, bishe: nicht so beachtet worden ist, wie sie es verdiente. Wir haben eine große Verant wortung auf uns, daß wir unsere männlich« Jugend erziehen zu Staatsbürgern, die sich klar sind neben den Rechten auch über die Pflichten, die den einzelnen Staatsbürgern obliegen, die sich aber auck> klar sind über die Bedeutung des Vaterlandes für jeden Deutschen. Daß auch seitens des Staates in um fassendster Weise diese Bestrebungen, denen sich — es ist das nicht dankbar genug anzuerkennen — im ganzen Lande hilfsbereite Männer freudig und selbst los zur Verfügung gestellt haben, tatkräftig unterstützt werden, ist dringend zu wünschen. Ich vertraue der Zukunft, daß diese Arbeit nicht umsonst sein wird, daß durch sie unserem Vaterlande ein Dienst geleistet wird, für den wir allen denen dankbar sein werden, die daran Mitarbeiten. (Bravo!) so wird die Türkei doch nicht ruhig die Hände in den Schoß legen. Man glaube nicht, daß das türkische Kalifat sich nicht dann an die Mohammedaner der ganzen Welt wenden kann und die Bewohner aller islamitischen Länder zum Schutze des Kalifats an ruft. Die Türkei als Staat wird ihre Rechte in Tripolis nicht aufgeben und als Kalifat erst recht nicht. V» t'aoto ist Tripolis noch in der Hand der Türkei. Italien muß es erobern, wenn es tatsächlich annektieren will. Gegen eine Vergewaltigung von selten der europäischen Mächte wird sich das Kalifat zu verteidigen wißen. Man wog« es. Die Welt würde Wunder erleben. Vttterimgsoerlsuf im Dezember lSU. (Zusammengestellt von der König!. Landes Wetterwarte aus Grund der Beobachtungen von 18 Sorrespondenzitationen.) Der erste diesjährige Wintcrnionat in meteorologischer Hin sicht — -er Dezember ISN — war ein aukerordeutlich milder, da die vorherrschende Luftströmung di» südwestliche war. In den Höhenlagen unter 30ü Meter trat nur zwei- (Dresden) bis achtmal Nachtfrost ein, zivisch.u 30t> und 300 Meter an IS biS 18 Tagen, und nur die höheren Lagen halten 28» bis Slmal Frost. An 8 Tagen lagen die durchschniitiichen Mittelwerte der Temveratur mehr al- 1 G>ad über den normalen, am Ll. und 23. um 5,3 bis 8 Grad; die Maxim« stiegen am IS. über > Ist Grad, die Min ina gingen nur vereinzelt unter — 5 Grad herab. Das Mvnatsmittel der Temperatur war im Durchschnitt der l3 gvrrespondenzstationen nahezu 3 Grad zu hoch gegen das vieljährigc, im einzelnen stellten sich mit Mittelwerten von 3,5 Grad lZschadras,) bis — 1,< Grad tReitzciibain) Ueberschüsse von 1,4 Grad (Reitzenhain) bis 8,8 Gras (Zschadraß, Plauen, Schneeberg) ei«. Die Hüchstbcträge wurden aui 18. mit lt>,7 Grad t Schneeberg) und 1>,3 Grad (Aunabcrg) beobachtet, also in Höhenlagen von i'st bis 600 Meter, eine Folge der sog. Tcmperaturumkchr; die tiefsten Temperaturen brachte der letzte Tag des IabreS mi! Beträgen vor. — 5 Grad bis — S Grad in der Lausitz und im Gebirge. Cinzclnen heiteren Tagen «eben 13 «Plauen) bis 28 (Elfter) trübe gegenüber, doch war die mittlere Bewölkung des Monat» ' im Durchschnitt nur 2 .Zehntel zu dicht, während sie im ein», zelncu niit 67 Prozent (Annaberg) bis 86 Prozeni tlrlfter) um 8 Prozent zu gering, bis 12 P.vzent zu hoch war. Die Niederschläge, die au 14 bis 18 Tage« sielen, über- > trafen meist ihre Normalwcrte; nur in Planen wurden mit 37 Millimeter« 3» Millimeter zu weuig gemciien, in Altenberg ergaben sich mir 1«3 Millimeter» 81 Millimeter zuviel, in Frei- berg und Chemnitz mit 85 bis 86 Millimetern 33 bis 38 Milli- Meter. Die größten Tagesmeugeu betrugt» am 13. (Zittau), 22., 24., 28., 29. und 31. zwitchcu 14 bis IS Millimeter (Rcitzett- , Hain). Lchnecsall sand nur an 1 bis 13 Tage» statt und lirserte in den unteren Höhenlagen geringe Mengen, er rief im Flach- lande überhaupt keine Schneedecke hervor, bis zu 560 Meter nur an 2 bis 6 Tagen eine schwache und im Gebirge an 12 bi» 31 Tagen eine solche non 12 bis 3t> Zentimetern am Ende Monats. Am 2S. hatte Zittau fernes Gewitter, vom 2«. zum 21. *) vir gebe» den obigen Artikel de« bekannten sung- »gpptischen Führe,» al» besonder» bemerkenswert wieder, da er zweifellos nicht lediglich die Stimmungen eines einzelnen osmautschen Politiker», sondern auch die Anschauungen der türkischen Regt»rung»kreis« spiegelt. D. Red. 8lo Idr Llock ixesuvö. mm>t« uack fnsed sied «t- vickelv sekeo voll«», ,o xedso 8i« idm vr. Hammel', U»em»togeo. zVarvunp! An» verlang »usöritclcliek ckev >nwvv vr. Uvwwel. Uebcr- Slster: t-s- 26), Slb» Röder und Lande»- Ultternchtsmelen! : Praker« Resorm - School, Johan niSplatz 3, unter richtet nach der „direkten Methode", die vom Kongreß der Sprachlehrer Paris ISS» angenommen und in London 1SS8 mit dem „Grand Prix" ausgezeichnet wurde. Tic Lektionen sind derart eingeteilt, das, das Interesse des Schülers stet» rege gehalten wird. Gelchsltsverkeyr. Rodert Röser, Fleischermeister, Leiozig-Reudnld, Wallwi,straft« Nr. 2, Fabrik si. Fleisch- und Wurstwaren, stellt während der Dauer der oom 21. bi» LS. Januar 1912 hier srattsindendan Groften Kochkunst-. Gastwirt»- und Hotel-Fach-Ausstellun- im Etablissement Stadt Nürnberg zu Leipzig, veranstaltet vom Verbände der freien Gast-und Schankwirt« Deutichlands, seine Fabrikate aus. w»rau hiermit ganz besonder, öinaewiejeu wird, und kein« Hau»srau verfehlen sollte, die Ausstellung zu besuchen, um sich von der Gute seiner Ware zu überzeugen. Wetterleuchten, das auch in Chemnitz beobachtet wurde. Di« Lonne schien in Dresden an 17 Tagen <7 Stunden oder IS Prozent der mögliche» Zeit, gegen 4S Stunden im viel jährige» Durchschnitte 1966 10. Nach den Bierteljahrsauszcichnuttgen der 13 Korrespondenz» statione» Verliesen der Zeit nach ", Prozent des Monat» an. haltend sonnig, 24 Prozent beiter und 42 Prozent trübe, aber trocken; 28 Prozent waren von Niederschlägen begleitet. Die Verteilung der letzteren in den 8 Hauptslußgediete» und im Landesmittel nach Millimetern oder Literquadrat- Metern »cbst den in Klammern mit s-i-) beigrsügtcn schlissen gegen die Normalwcrte war folgende: Weihe 47 (0), Zwickauer Mulde: '18 (4- l4), Zschopau: 79 Freiberger und Vereinigte Mulde: 72 s-s Zuflüsse: 73 (-!-24), Elbe in Lachsen: 63 s-i-24), Pulsnitz: 64 (-)- 21), Lausitzer Flüsse: 6» (s- 13). mittel: 63 s-s-16). Lln-elrmüt. (Für den. Inhalt der Einlendunaen unter dieser Rubrik übernimmt di» Redaktion nutzer der »,etzg,s«tzltl«n totne Verantwortung.) Mehr Ballett. Könnte nicht das Ballett des Stadttheater», das im Gegensatz zu früher heute doch auf choreogra phischem Gebiet wirklich Künstlerisches leistet, in nächster Zeit wieder selbständig auftreten, z. B. in Del des' „Coppelia"? Außer der „Puppenfee^ ist da» Ballett zurseit nicht weiter im Repertoire vertreten: in der Ballettmeisterin Frl. Grondona besitzt aber ne geeignete Persönlichkeit. doch das Ctadttbeater die geeignete Persönlichkeit, da» Leipziger Publikum mit interesianten wertvollen Werken der dramatischen Tanzkunst bekanntzumachen. Die Kieüensgerüchte. Von Dr. Moharrem Beq.*) Unkontrollierbare Nachrichten staben in den letzten Tagen der überraschten Welt gemeldet, daß die Türkei sich in Friedensverhandlungen mit Italien einge lassen stabe. Man ging sogar so weit zu berichten, Said Pascha hätte nach seiner Wiedercrnennung zum Eroßwesir den Wilajet-Gouverneuren in einem Rund schreiben unter anderem von seiner Absicht, baldigst Frieden mit Iatlien zu schließen, Kenntnis gegeben. Diese Meldungen wurden ganz kategorisch offiziell dementiert. Anderes war ja auch nicht zu erwarten. Denn wenn man die Kriegslage in Tripolis ruhig und sachlich überlegt, so findet man, daß die Türkei auf dem Kriegsschauplätze nichts mehr verloren hat, als sie vor 3!L Monaten aus Humanitären und strate gischen Gründen freiwillig ausgab. Einen nennens werten materiellen oder moralische« .Schadevlshldh»«- die Osmanen während Lieser Kriegszeit auch nicht erlitten, denn es kostet ihnen der Krieg ebenso an Menschen- und Kriegsmaterial wie an Geld herzlich wenig. Das Osmanenreich hat keine genügenden Gründe zum Fricdensschluß. Es kann den Frühjahrsoormarsch der Italiener in die Wüste ruhig abwarten. Das Friedensbedürfnis liegt scheinbar aus seiten des Gegners. Die italienische Preße, auch die offiziöse und offizielle, behandelt seit ein paar Wochen schein bar recht gerne das Thema: Frieden, Friedensver- handlungen, Fricdensbestimmnngen usw. usw. und bespricht es in allen Tonarten. In den letzten Tagen aber, als man in der Consulta die Ueberzeugung gewann, daß weder durch die inneren politischen Schwierigkeiten, noch durch die inszenierten Bomben attentate, noch durch die angedrohte Aufwühlung der Balkanbevölkerung im kommenden Frühfahr die Türkei sich düpieren läßt, griff man zu anderen Mitteln. „Der europäische Friede ist bedroht, wenn die Türkei zur Aufgabe ihrer beiden Provinzen nicht schon vor dem Frühjahr genötigt wird." Dies soll so verstanden werden: Italien hat den militärischen Spaziergang in Tripolis zu beschwerlich gefunden, seine Geldquellen sind scheinbar bald erschöpft, die Unzufriedenheit unter dem Volk nimmt zu und die Zahl der Fallissements mehrt sich — deswegen muß eme Koalition der Großmächte eingreifen, sonst würde Italien einen Balkanbrand nach der Eisschmelze in Szene setzen. Dies ist nicht nur die Ansicht der italienischen Preße, sondern auch derjenigen Pariser Presse, die von der Consulta inspiriert wird, und an deren Spitze der „Temps" und der „Matin" voran- marschieren. „Die Türkei muß begreifen", so sagen sie, „daß zwar ihre legitimen Interessen zu berück sichtigen sind, weit mehr aber noch die Rechte und die Interessen Europas respektiert werden müssen." „Europas Frieden", fügen sie hinzu, „ist mit Anbruch des Frühjahres bedroht, folglich muß die Türkei vor Ablauf von zwei Monaten zum Frieden gezwungen werden. Es muß eine Koalition der Großmächte einen ernsten Druck auf die Regierung in Konstan tinopel ausüben, um dieselbe zum baldigsten Ab schluß eines Friedens zugunsten Italiens zu zwingen." Dies wäre für Italien ein schöner Traum, nur ist er nicht realisierbar. Die Türkei als Staat und als Kalifat kann in dieser Frage nur der Gewalt weichen. Welche Großmächte also dürfen und können von dieser Gewalt Gebrauch machen? Rußland mit den 10 Millionen Mohammedanern hat vorläufig — und möglicherweise auf Jahre — in Persien und in der Mongolei alle Hände voll. England, das die Stimmung, aber auch das Machtwort des Kalifats vom Jahre 1859 her in der islamitischen Welt genau kennt, wird sich hüten, die Stützen des Kaiserlichen Thrones in Indien, die 90 Millionen Mohamme daner. in ihren heiligsten Gefühlen zu verletzen. Frankreich hat genug wegen und in Marokko zu tun. Auch wird es die Abdul Kaders noch nicht ver- geßen haben. Oesterreich, das zu gleicher Zeit Bundesgenosse und Erbfeind von Italien ist, hat nicht das geringste Intereße, den Italienern aus ihrer schwierigen Lage herauszuhelfen, jedenfalls nicht mit Waffengewalt. Und für was sollte denn eigent lich Deutschland Italien diesen Liebesdienst erweisen? Etwa aus Dankbarkeit für Algeciras? Oder dafür, daß Italien es auf dem Gewißen hat, wenn die Türken an der Freundschaft Deutschlands zweifeln muhten? Aber gesetzt den Fall, die europäischen Mächte würden sich wirklich zu einer drohenden Haltung gegen die Türkei einigen und vielleicht vereinbaren, dieselbe mit Waffengewalt zu bezwingen, damit Italien sein „versprochenes Land" ohne Mühe erhält. - - Sus Leipziger Innungen. «5 Hchiektt-.rmd ZiegeUrecker-Jnnung und der Arbeitgeoerschutzverband für das Dachdeckergewerbe hielten in „Zills Tunnel" gemeinschaftlich ihre Ge neralversammlung ab. Dem nach Begrüßung der Teilnehmer vom Obermeister R. Hantle erstatteten Jahresberichte war erfreulicherweile zu entnehmen, daß der Geschäftsgang im allgemeinen als ein guter bezeichnet werden konnte, wozu sehr viel das an haltend trockene Wetter des Vorjahres beitrug, das die Bautätigkeit günstig beeinflußte. Die Innung zählt -18 Mitglieder. Ein Mitglied schied aus wegen Geschäftsaufgabe. Bei Innungsmeistern sind 15 Lehr linge beschäftigt. Losgesprochen wurden 3 und 6 haben ihre Lehrzeit am Ende April beendet. Im Vorjahre fand eine Meisterprüfung statt. Die Innung veranstaltete 4 Quartalversammlungen und 5 Vorstandssitzungen. Außerdem beteiligte sie sich an 16 Sitzungen, die teils vom Jnnungsausschuß, teils von der Mittelstandsvereinigung und teils vom Submissionsamte veranstaltet worden waren. Die Zahl der Arbeitsuchenden überstieg die Zahl der offenen Stellen ganz erheblich. Von den um Arbeit nachsuchenden 311 Ziegeldeckern und 136 Schiefer deckern konnten im ganzen 303 Gehilfen eingestellt werden. Die Meister nahmen den Arbeitsnachweis in 205 Fällen in Anspruch. 22 durchreisende Gesellen erhielten das Innungsaeschenk. Nach Erledigung der Kassengeschäfte und Wahl der Revisoren erstattete Franke den Fahnengenossenschaftsbericht, worauf als Delegierte für den 28. Verbandstag in Schweidnitz Hantle und Rank gewählt wurden. Sonst sanden noch verschiedene interne Angelegenheiten Erledigung. .... Fabrik jj. Fleisch, und Wurftwaren. stellt während der Dauer der oom 21. bi» 29. Januar 1912 hier ftattfind«nd«n Groften lürnberg zu Leipzig. _ id Schankwirt« Deutichlands, seine Fabrikate aus. w»rau
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